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Mühlen an der Menach (06): E-Werk beim Holzhauser
Ausschnitt der Mühlenkarte - gefertigt vom Architekturbüro Helmut Uekermann
Die Feldbauer von Menhaupten waren schon immer angesehene Leute. Nicht nur wegen ihres stattlichen Hofes von 100 Tagwerk, alles ums Haus herum. Sie waren tüchtig, fortschrittlich und gewannen so das Vertrauen der Gemeindebürger von Konzell. Diese übertrugen Ende des vorigen Jahrhunderts dem damals noch sehr jungen Johann Feldbauer für 17 Jahre die Bürde des Bürgermeisteramtes. 1924, in der wirtschaftlich schwierigen Nachinflationszeit, wählten sie ihn erneut zu ihrem Bürgermeister. Dass er dann aber 1933 abdanken musste, spricht nicht gegen, sondern für ihn.
Er war gegen das neue Regime, weil er wohl ahnte, dass gleiches Unheil wieder über die Welt gebracht würde, das schon im ersten Weltkrieg seinem einzigen Sohn das Leben kostete und das dazu führte, dass der seit Generationen bestehende Familienname nach seinem Tod erlöschen würde.
Bei den Konzellern war Feldbauer im Jahre 1921 ins Gespräch gekommen, weil er als erster in dieser Gegend ein Elektrizitätswerk errichtete. Eine wahre Pioniertat für diese Zeit. Mit seinen eigenen Menachquellen verfügte er über die dazu notwendige Antriebskraft. Diese Quellen haben, wie im Mitterfelser Magazin 4/1998 (bzw. im Internetartikel "Mühlen an der Menach (3): Ein Perlbach namens Menach") schon berichtet, eine hohe Schüttung. Zum regelmäßigen Betrieb aber reichte diese nicht aus. Ein regelmäßiger Betrieb war seinerzeit aber auch gar nicht nötig, denn Strom wurde hauptsächlich zur Beleuchtung gebraucht, also nur des Nachts. An Geräten, die elektrisch angetrieben werden sollten, gab es nur die „Gsodmaschine” und den Hakenzylinder für den Drusch in der Winterszeit. Also konnte das Werk tagsüber meist stillstehen. Um das Wasser in den Ruhezeiten zurückhalten zu können, damit es für den Nachtbetrieb ausreichend zur Verfügung stand, legte Feldbauer an der tiefsten Stelle des umfangreichen Quellgebietes einen Stauweiher an, der etwa 600 qm groß war.
Mühlrad mit Kampenrädern verschiedener Größe (Computergrafik von Matthias Bscheid)
Von diesem Weiher aus führte er dann am westwärtigen Hang entlang einen etwa 300 Meter langen, fast horizontal verlaufenden Wassergraben, um eine Fallhöhe von sechs Meter zu erreichen, denn so groß war der Durchmesser des Mühlrades. Mittels Kampenräder verschiedener Größe wurde eine hohe Drehzahl erreicht, die zum Antrieb des Dynamos notwendig war. In Konzell gab es den Handwerker Hermann Mühlbauer, der schon etwas von dieser modernen Technik verstand. Dieser montierte in dem Dynamohäuschen auch die Armatur, aus der die jeweils erreichte Stromstärke abzulesen war. Der Wasserdurchlauf musste so reguliert werden, dass die 110 Volt für Gleichstrom möglichst genau eingehalten wurden. Vom Dynamo weg wurde der erzeugte Strom mit einer Oberleitung zum gut 600 Meter entfernten Gehöft geführt. Die Leitungen im Haus waren primitiv isoliert. Zum 24-Stunden-Betrieb reichte die Wassermenge nicht, und deshalb wurde jeden Morgen nach Betriebsschluss der Wasserablauf aus dem Stauweiher gestoppt und am Abend dann wieder in Gang gebracht. Um dem Betreiber den weiten Weg zu sparen, übernahm der Holzhauser (so nennt man den Bewohner der Einöde Holzhaus) diese Tätigkeit; denn dessen Anwesen befindet sich zwischen Teich und Antriebsrad. Als Entschädigung dafür wurde sein kleines Anwesen kostenlos mitversorgt. Zuerst übte diese Tätigkeit zweimal am Tag der Vater aus, dann der Sohn Johann Müller, der mittlerweile 89 Jahre alt geworden ist. Wenn tagsüber in Menhaupten Strom zum Betrieb einer der beiden Maschinen gebraucht wurde, dann rief Feldbauer beim Holzhauser an. Dazu hatten sie sich eine hauseigene Telefonverbindung eingerichtet. Telefon und Stromkabel waren beide an den gleichen Masten verlegt. (Mit den Sicherheitsbestimmungen nahm man es damals noch nicht so genau.) Der Holzhauser musste dann zusätzlich zum Stauweiher gehen und das Wehr öffnen. Dann zurück, vorbei an seinem Haus, dann hinunter zum Mühlrad und dort den Schieber aufmachen für den Wasserzulauf; und danach noch die Stromstärke kontrollieren. Am Ende der Betriebszeit folgten die gleichen Wege und Tätigkeiten in umgekehrter Reihenfolge.
Das vom Wald umschlossene Holzhaus
Im Sommer klappte die Stromversorgung recht gut. Im Winter aber gab es oft Schwierigkeiten: Verursacht durch den täglichen Stillstand des Mühlrades vereiste dieses manchmal einseitig. Durch das Ungleichgewicht begann es zu eiern, die Drehung wurde ungleichmäßig. War das Schwergewicht oben, dann wirkte es als Antrieb und drehte das Mühlrad übermäßig schnell. Den Eisklotz aber wieder nach oben zu befördern, dazu reichte die Wasserkraft kaum. Die Stromstärke schwankte fortwährend so stark, dass selbst das Zeitunglesen zur Qual wurde. Da blieb dann nichts anderes übrig, als den schweren Steinschlegel zu schultern, durch den Schnee den weiten Weg hinunter zu stapfen und das Eis abzuschlagen. Dem Mühlrad hat dies sicher nicht gutgetan. Es musste im Laufe der Zeit zweimal erneuert werden, zuletzt durch eines aus Metall.
Im Großen und Ganzen aber hat die Stromversorgung mehr als 20 Jahre doch recht gut geklappt. Es war noch die Zeit, in der die Nachbarn von den Wohltaten des elektrischen Stromes nur träumen konnten. Da bot sich dem Betreiber die Möglichkeit, sich der öffentlichen Stromversorgung anzuschließen. Das Anwesen war mittlerweile auf Tochter und Schwiegersohn Höninger übergeben worden. Die OBAG dehnte das Leitungsnetz, vom Süden kommend, bis Haid aus. Dieses Haid liegt näher bei Menhaupten als das E-Werk beim Holzhaus. Höninger bewarb sich um den Anschluss und die OBAG sagte zu unter der Voraussetzung, dass er alles benötigte Material selbst besorge. Für Höninger war das kein Problem, er brauchte ja nur seine bisherige Stromleitung abbauen. Sie reichte für die Freileitung nach Haid.
Der Holzhauser (Jahrgang 1910)
Nun war der Holzhauser plötzlich alleiniger Nutznießer des kleinen E-Werkes. Er betrieb es zunächst unverändert weiter. Als aber dann auch das dritte Mühlrad den Geist aufgab, baute er um. Er konstruierte zusammen mit dem Dorfschmid eine Turbine und führte mit einer Rohrleitung das Wasser an diese heran. Die Turbine und den 6-PS-Dynamo verband er mit einem Antriebsriemen. Später tauschte er die Turbine dann gegen eine fabrikmäßige aus. 1947 erweiterte die OBAG ihr Betreuungsgebiet. Es wurde nun auch Kleinmenhaupten angeschlossen und Johann Müller hätte, obwohl weit abgelegen von der Ortschaft, zum günstigen Pauschalpreis anschließen können. Das lehnte er ab, weil er ja gut mit dem eigenen, billigen Strom eingedeckt war. Diese Entscheidung sollte er bald bereuen. Die Gemeinde Konzell kaufte nämlich dem Menhauptener die ergiebigsten Quellen ab und auch den Stauweiher dazu. Sie füllte den Weiher auf und fasste die Quellen zur Trinkwasserversorgung von Konzell. Das Restwasser reichte nun nicht mehr zum Betrieb des E-Werkes aus, nachdem auch die Staumöglichkeit entfallen war.
Der Holzhauser musste sich nun doch von der OBAG bedienen lassen, und dieser Einzelanschluss kam ihn teuer zu stehen. Eine Entschädigung konnte er von der Gemeinde nicht verlangen, weil er ja kein Wasserrecht besaß. So ging die Wasserkraftnutzung im Bereich der jungen Menach zu Ende.
Das Mühlgrabenwasser dient heute zur Fischzucht. Der ehemalige Mühlgraben ist am Bildrand rechts zu erkennen, das E-Werk stand in der jetzigen Fichtenschonung.
Quellen: Hermann Höninger, Menhaupten - Johann Müller, Holzhaus
Fotos: Otto Wartner
Aus: Mitterfelser Magazin 5/1999, Seite 38
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