Johannes Fuchs: Wie Gemeinden alte Dokumente richtig archivieren

Dokumente Fuchs1 wJohannes Fuchs mit Bürgermeister Heinrich Stenzel und Geschäftsstellenleiter Berthold Mühlbauer (von links) im Archiv der VG Mitterfels. (Foto: ale)

Ei­ne Aus­wahl für die Nach­welt tref­fen

Johannes Fuchs ist ehrenamtlicher Archivpfleger der Gemeinden im Landkreis Straubing-Bogen. Er berät Gemeinden bei der Auswahl der Dokumente, die ins Archiv wandern müssen, und gibt ihnen Tipps zur richtigen Lagerung in einem Archiv. Denn, einfach alte Papiere in einen Ordner abzuheften und eine Vielzahl von Ordnern in eine Stellage zu stellen, hat mit Archivierung nichts zu tun, weiß Fuchs. Mit dem Mitterfelser Bürgermeister Heinrich Stenzel und dem Geschäftsstellenleiter Berthold Mühlbauer sichtet er die Unterlagen der Verwaltungsgemeinschaft Mitterfels-Haselbach-Ascha-Falkenfels. Das Archiv der Verwaltungsgemeinschaft befindet sich auf dem Dachboden der Alten Burg in Mitterfels. Mit Schnüren zusammengefasste Papierpacken stapeln sich neben Schnellheftern und nur durch Heftstreifen zusammengehaltene Blätter, dazwischen liegen alte Kladden und Kartons und Briefkuverts mit Papieren. Alles liegt lose aufgereiht nebeneinander in Stellagen. In manchen Stellagen sind die Ordner chronologisch und thematisch sortiert aufgestellt. „Volksbegehren von 1967“, „Belege der Gemeindekassen von 1943 – 45“ oder „Lastenausgleich Heimatvertriebene“ steht beispielsweise auf den Rücken der Ordner. Vor einer Stellage steht eine Kiste mit zusammengerollten Plänen. Ordner, Papiersammlungen, alte Postkarten und Briefe, Plakate und Fotos: An manchen Stellen sortiert, an vielen einfach nur aufbewahrt liegt die Geschichte der vier Ortschaften Mitterfels, Ascha, Haselbach und Falkenfels.


Wahllos aufbewahren ist nicht archivieren

Wie Mitterfels geht es fast allen der 37 Gemeinden im Landkreis. Der Platz in den Verwaltungsräumen reicht nicht aus, um die Dokumente unterzubringen. „Deshalb werden sie entweder auf dem Dachboden oder im Keller gelagert“, sagt Johannes Fuchs. Dabei haben in den meisten Fällen weder der Keller noch der Dachboden die nötigen klimatischen Voraussetzungen, um die Dokumente schadlos archivieren zu können. Fuchs war Berufsschullehrer und wurde wegen einer Erkrankung mit 59 Jahren pensioniert. Als das Landratsamt in der Zeitung nach einem ehrenamtlichen Archivpfleger suchte, bewarb er sich, bekam die Stelle und nahm zum ersten Januar die Arbeit auf. Mit Fortbildungen hat er sich umfassend auf seine Aufgabe vorbereitet. Richtiges Archivieren ist nämlich gar nicht einfach. Denn wahllos alles aufzubewahren, ist genauso falsch, wie alles unsortiert wegzuschmeißen.


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Ein typisches Gemeindearchiv: Ordner, alte Karten und Kartons mit alten Dokumenten werden auf dem Dachboden oder im Keller aufbewahrt. (re.) Eine Stellage voll mit alten Unterlagen. (li.)

Alte Vereinsunterlagen in der Gemeinde archivieren

Immer wieder stellt Fuchs fest, dass vielen Gemeinden einfach der Überblick über die alten Dokumente fehlt. „Sie wissen gar nicht, was und wo sie es haben.“ Zwischen Ordnern und Plänen liegen dann ungeschützt vergilbte Fotos und Vereinsdokumente, die die charakteristische Dorfgeschichte widerspiegeln. Der Bayerische Staatsanzeiger oder das Bayerische Gemeindeblatt stehen dagegen oftmals in Leder gebunden hinter Glas. „Aber gerade den muss eine Gemeinde nicht unbedingt aufbewahren, denn der Staatsanzeiger oder das Gemeindeblatt wird auch in der Bayerischen Staatsbibliothek oder im Staatsarchiv archiviert“, sagt Fuchs. Bei Archivierung geht es nicht darum, alles aufzubewahren, sondern die richtigen Unterlagen für die Nachwelt zu sichern. Per Gesetz ist jede Gemeinde verpflichtet, wichtige Schriftstücke 30 Jahre lang aufzubewahren. Doch was ist wert, über diesen Zeitraum hinaus aufgehoben zu werden und was kann unbesorgt entsorgt werden ? Protokolle von Gemeinderats- oder Stadtratssitzungen müssen unbedingt aufgehoben werden, weiß Fuchs. „Denn daraus lassen sich später wichtige Informationen über die historische Entwicklung eines Dorfes entnehmen.“ Auch die Rechnungsbücher einer Gemeinde, in denen die Ein- und Ausgaben vermerkt werden, und die Rechnungsprüfberichte sollten aufbewahrt werden. Als dritten Punkt nennt Fuchs orts- und gemeindetypische Geschichtsdokumente. „Unterlagen über Geschäfte, die es in der Gemeinde gab, oder über historische Gebäude sollte jede Gemeinde archivieren“, sagt Fuchs.


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Johannes Fuchs blättert in einem alten Ordner der Verwaltungsgemeinschaft Mitterfels. Er berät Gemeinden bei der Auswahl der Unterlagen, die ins Archiv wandern müssen. Wichtig ist ihm, dass die Unterlagen aufbewahrt werden, die die individuelle Dorfgeschichte dokumentieren.

Raumtemperatur zwischen 14 und 18 Grad Celsius

Auch Dokumente der Ortsvereine sollten unbedingt im Gemeindearchiv gesammelt werden. „Im Laufe der Zeit wechseln die Vorsitzenden der Vereine und mit jedem Wechsel gehen Unterlagen verloren.“ Auch alte Baupläne sind wichtig, können sie doch neuen Grundstücksbesitzern Aufschluss über die ursprüngliche Bebauung ihres Grundstücks geben oder zeigen, wie ihr Haus früher einmal ausgesehen hat. Wichtig ist Fuchs, dass die Dokumente aufbewahrt werden, die die individuelle Dorfgeschichte wiedergeben. Leider seien bei der Gebietsreform und der damit verbundenen Eingemeindung viele Dokumente weggeschmissen worden, die Auskunft über die Geschichte kleinerer Ortschaften gaben. Seit Anfang 2013 ist Fuchs im Amt. Im Laufe seines ersten Amtsjahres hat er jede Gemeinde im Landkreis besucht und ihr Archiv angeschaut. Doch kaum eine Gemeinde verfügt über geeignete Räume für die Archivierung. „Meistens sind die Räume zu kalt oder zu heiß.“ Dabei sind Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit entscheidende Kriterien für eine zweckgemäße Lagerung. Die Temperatur in einem Archiv sollte zwischen 14 und 18 Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit 45 bis 58 Prozent betragen und die Lichtverhältnisse sollten düster bis halbdunkel sein. Auch sollten Metallklammern aus Schriftstücken entfernt werden, um Rostflecken zu vermeiden. Falsch ist es auch, die Blätter in Folien zu packen. „Papiere müssen atmen können.“ Deshalb sollten Dokumente in einem speziellen säurefreien Umschlagspapier archiviert werden.


Gemeinden fehlt es an Personal und Räumen

Nach jedem Besuch bei einer Gemeinde hat Fuchs den Zustand des Archivs beschrieben und Tipps zur Lagerung der Dokumente gegeben. „Doch bei vielen Gemeinden ist nichts passiert, weil die räumlichen und personellen Voraussetzungen fehlen.“ Deshalb setzt sich Fuchs auch für das Landkreisarchiv ein, das im Kloster Oberalteich entstehen soll. Auf einer Fläche von 450 Quadratmetern sollen dort alle wichtigen Dokumente der Landkreis-Gemeinden archiviert werden. „Trotzdem würden die Gemeinden Eigentümer ihrer Dokumente bleiben.“ Ein Zentralarchiv würde sicherstellen, dass wichtige Dokumente jeder Gemeinde als historische Quellen für die Nachwelt erhalten bleiben, sagt Johannes Fuchs. „Denn, nur wer seine Vergangenheit kennt, kann die richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen.“

Quelle: Alexandra Beck/BOG Zeitung vom 24. August 2017

Nachtrag aus der Gesprächsrunde des AK Heimatgeschichte Mitterfels e.V.: Ein ganz gewichtiges Argument für ein zentrales Landkreis-Archiv, da waren sich die Anwesenden einig, wäre die Digitalisierung der Dokumente durch angestellte Fachkräfte. Somit würde heimatgeschichtlich Interessierten das "Gedächtnis" der Gemeinden leichter zugänglich sein.

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