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„Leise rieselt der Schnee …“ geht am Sinn des Advents vorbei

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Der Advent – ein Abenteuer? Ein abenteuerlicher Gedanke?

Predigt am 2. Adventssonntag in der Pfarreiengemeinschaft

... Mitterfels-Haselbach-Herrnfehlburg von P. Dominik Daschner OPraem || ... Link zum 1. Adventssonntag

Viele Menschen in unserer hektischen Zeit haben ein echtes Bedürfnis nach Ruhe und Entspan­nung. Da kommt die „staade Zeit“, als die der Advent Jahr für Jahr beschworen wird, doch gerade recht, möchte man meinen.


„Wenn die staade Zeit vorüber ist, dann wird’s auch wieder ruhiger.“ (Valentin)


Kein Wunder, dass es dann nervt, wenn in der ersehnten stillen Zeit die Glocken nicht süßer, sondern immer schriller erklingen, die Wochen auf Weih­nachten zu alles andere als ruhig verlaufen, sondern ein erhöhtes Stresslevel mit sich bringen, bei all den Terminen und Erledigungen, die da anstehen. Der Komiker Karl Valentin hat diese Diskrepanz auf den Punkt gebracht, wenn er gemeint hat: „Wenn die staade Zeit vorüber ist, dann wird’s auch wieder ruhiger.“


Der Stille der Heiligen Nacht geht ein aufrüttelnder Lärm voraus


Trotz des verständlichen Bedürfnisses nach Ruhe würden wir gänzlich am Sinn des Advents vorbeileben, wenn wir uns begnügen würden mit einem „Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See.“ Denn „in den Herzen wird’s warm“ und „still schweigt Kummer und Harm“ letztlich nur dann, wenn wir uns ein wenig einheizen lassen. Auch in der Liturgie der Kirche geht der Stille der Heiligen Nacht ein aufrüttelnder Lärm voraus, den uns die Lesungstexte im Advent zu Ohren bringen. Der Jesuit Alfred Delp hat den Advent deshalb als Zeit der Erschüt­terung bezeichnet, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.


Johannes der Täufer - der vorweihnachtliche Wachmacher …


Der vorweihnachtliche Wachmacher, liebe Gemeinde, der trägt einen Namen und ein Gesicht. Es ist Johannes der Täufer, von dem wir heute im Evangelium gehört haben; die große Gestalt des Advents. Er war gewiss kein Diplomat, ganz und gar kein Leisetreter. Eine Erscheinung, wie man sie vom Vorgänger des lange erwarteten Messias bestimmt nicht gedacht hätte. Er spricht nicht auf den Marktplätzen und predigt nicht in der Synagoge, sondern verkündet seine Botschaft draußen vor der Stadt, in der Wüstengegend am Ufer des Jordans.


… nimmt sich kein Blatt vor den Mund – lässt aufhorchen …


Schon seine äußere Erscheinung und sein Speiseplan, wie er auftritt und was er verlangt, das rüttelt auf, das klingt keineswegs einladend und sympathisch. Dennoch strömen die Leute in Scharen zu ihm hinaus. Sie scheinen zu spüren, dass sich da etwas anbahnt; dass sich hier die Worte des Propheten Jesaja erfüllen, der gefordert hatte: „Bereitet dem Herrn den Weg, ebnet ihm die Straßen.“

Der Rufer in der Wüste nimmt kein Blatt vor den Mund. Er nennt die religiösen Autoritäten seiner Zeit eine „Schlangenbrut“ und droht allen mit dem kommenden Gericht, die nicht zur Umkehr bereit und gewillt sind, gute Früchte zu bringen mit ihrem Leben. Johannes redet Klar­text.

2025 12 07 Colmar Isenheimer Altar

 

… und weist „mit übergroßem Zeigefinger“ auf den, der heilt, was Menschen verletzt haben


Angst und bange könnte dieser Rebell einem machen, wenn er nicht auch einen Fingerzeig hätte. Wenn er nicht hinweisen würde auf einen, der aufrichtet, statt vernichtet, der kommen wird, um all das zu heilen, was wir Menschen durch unsere Schuld verletzt und verwundet haben. Johannes weist von sich weg mit deutlichen Worten und mit übergroßem Zeigefinger, wie ihn Matthias Grünewald auf dem berühmten Isenheimer Altar gemalt hat. Er weist von sich weg auf den hin, der kommen wird, um die Umkehr von der Sünde und die Hinkehr zum wahren Leben möglich zu machen. Ja, er war alles andere als still, dieser brachiale Rufer in der Wüste. Doch es hat einen wie ihn gebraucht, um das Volk aufhorchen zu lassen.


Johannes würde anecken, die adventliche Berieselung gewaltig mit seinem O-Ton stören


Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn so ein Johannes der Täufer auf unseren Christ­kindlmärkten und Weih­nachtsfeiern auftauchen würde. Seine lautstarke Bußpredigt würde die liebliche adventliche Beriese­lung gewaltig stören. Wahrscheinlich würde er sofort mundtot ge­macht werden. Man würde dem Unruhestifter schnell eine Zwangsjacke über sein Kamelhaar­gewand überstreifen, ihn ab­führen und in Gewahrsam nehmen. Wir lassen uns doch unseren vorweihnachtlichen Frieden nicht stören von einem scheinbar Gestörten!

Doch der Schein vom adventlichen Frieden trügt, und so ist die Gefahr groß, dass wir uns selbst betrügen. Wenn wir ein Leben in Fülle von den Waren am Christkindlmarkt erwarten, dann können wir lange warten. Die Buden und Stände, an die Johannes heute vielleicht seine Axt anlegen würde, die werden spätestens am 27. Dezember wieder abgebaut sein, ohne dass sie uns nachhaltig innerlich erbaut hätten.


… mit seinem überdimensionalen Zeigefinger verweist er auf den, der allein unsere Sehnsucht stillen kann


Darum sollten wir Johannes im übertragenen Sinn tat­sächlich auf unsere Christkindlmärkte bitten und zu unseren Weihnachtsfeiern einladen, da­mit er uns innerlich wachrüttelt. Statt „Süßer die Glocken nie klingen“ könnten wir dann bibli­schen O-Ton zum Advent vernehmen aus dem Mund des Täufers vom Jordan, der eine wirklich hei­lige, weil heilmachende Botschaft für uns hat. Er verweist uns mit seinen schrillen Worten und dem überdimensionalen Zeigefinger auf den, der allein die Sehnsucht der Menschen stillen kann: auf Christus. Der will uns viel reicher bescheren als die üppigste Bescherung unterm Christbaum, weil er größer ist als jeder Vorläufer, auch wenn er sich in seiner Krippe noch so klein und unscheinbar macht.



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Predigt am 1. Adventssonntag in der Pfarreiengemeinschaft

Wir beginnen mit diesem Sonntag den Advent – wie jedes Jahr; alle Jahre wieder -, die vier­wöchige Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Die Bezeichnung für diese Zeit – „Advent“ - rührt vom lateinischen Wort „adventus“ her: Ankunft. Adventus Domini – Ankunft des Herrn.


   Adventus Domini – Ankunft des Herrn | adventure - Abenteuer


Der Begriff „Advent“ erinnert aber auch an das englische Wort „adventure“ für Abenteuer. Der Ad­vent als Abenteuer? Was für ein abenteuerlicher Gedanke!

Im Wörterbuch wird Abenteuer beschrieben als ein ungewöhnlich spannendes Erlebnis, als ri­sikoreiches Unternehmen. Ein Unterfangen, das man nie ganz in der Hand hat; von dessen Aus­gang man sich überraschen lassen muss. Nun war das Warten aufs Christkind zwar schon immer mit Spannung verbunden, aber als abenteuerlich und risikoreich würde es wohl niemand be­zeichnen. Unser Risiko im Advent beschränkt sich wohl meist darauf, die falschen Geschenke zu besorgen oder einen unpassenden Christbaum nach Hause zu bringen. Da hält sich das Aben­teuer in Grenzen.


   Aufbruch zu neuern Ufern? Eher nicht der Wesenszug von uns Christen!?


Uns liegt es näher, Bewährtes zu bewahren, die alten Traditionen zu pflegen, uns auf Alt­vertrautes zu verlassen. Aufbrechen zu Abenteuern und neuen Ufern ist eher nicht jener Cha­rakterzug, den man uns Christen nachsagt. So erwarten wir zwar Jahr für Jahr die Ankunft des Herrn, doch wir meinen längst zu wissen, wer da kommt, wenn er kommt. Seine Ankunft soll gefälligst nach Plan vor sich gehen. Wo kämen wir denn hin, wenn wir nicht wüssten, was der plant, der da bei uns ankommen soll!?


   Aber: Es verlangt schon Abenteuerlust, Gott in meinem Leben ankommen zu lassen


Doch Gott ist und bleibt der ganz andere, der stets Unbegreifliche. Ihn zu erwarten, ist deshalb tatsächlich gewagt. Nur wer sich darauf einlässt, nimmt den Advent wirklich ernst. Gott in sei­nem Leben ankommen zu lassen, verlangt mehr Abenteuerlust, als wir wahrhaben wollen. Aber, liebe Schwestern und Brüder, wollen wir das wirklich? Wir erflehen zwar in den Adventsliedern jedes Jahr aufs Neue das Kommen des Herrn, um unser Leben umzukrempeln, es zu erneuern, um die Welt ihrer Vollendung entgegenzuführen, aber was, wenn er wirklich käme?


   Was, wenn er wirklich käme?


Wollen wir wirklich, dass er kommt? Wir singen zwar Jahr für Jahr „Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab“, doch wir spannen den Regenschirm auf und stellen uns unter, um nicht nass zu werden vom Tau, den wir so schmachtend erflehen. Alle adventlichen Texte reden von der Sehnsucht des Menschen nach einem himmlischen Erlöser, vom Heimweh nach dem verlorenen Paradies und vom Hunger nach umfassender Gerechtigkeit. Doch in der Realität begnügen wir uns im Advent doch gerne mit Apfel, Nuss und Mandelkern bei romantischem Kerzenschein.


   Adventszeit? Nicht vordergründige Vertröstungs- sondern endgültige Erwartungszeit


Echter Advent ist ein anderes Kaliber. Im Advent geht es um mehr. Adventszeit ist endgültige Erwartungszeit, nicht vordergründige Vertröstungszeit. Wer wirklich Weihnachten feiern will, muss sich im Advent aufmachen zum Abenteuer, das Gott heißt. Menschen erwarten viel von ihm, aber erwarten sie auch ihn selbst? Beim kindlichen Warten aufs Christkind haben wir un­sere Erwartungen auf dem Wunschzettel klar formuliert.


   Mit „Dein Wille geschehe …!“ ist die kindliche Komfortzone endgültig vorbei


Aber diese kindliche Komfortzone ist unwiederbringlich vorbei. Wer als Erwachsener das Christkind erwartet, muss schon ein wenig offener und abenteuerlustiger sein. Er kann weder gewiss noch sicher sein, was das Christkind ihm bringt. „Dein Wille geschehe…“, so beten wir im Vaterunser. Zeugt das nicht von großer Abenteuerlust? Uns Christen ist damit ein gewisser Wagemut ins Stammbuch geschrieben. Nicht wie ich will, was ich für richtig und gut halte, soll werden, sondern ich soll und will mich stattdessen hineinfinden in den Willen Gottes für mein Leben, für diese Welt. Wer dem aus dem Weg geht, braucht von Gott nichts erwarten.


   Gerüstet sein für das Abenteuer mit Gott … und den Mitmenschen


Liebe Gemeinde, der Advent ruft uns zu – wie die Pop-Band PUR gesungen hat -: „Komm mit mir ins Abenteuerland!“ Es ist das Land vor der Krippe, das Land des Staunens und der Freude darüber, dass mit der Geburt des göttlichen Kindes eine neue Herrschaft anbricht: die Herrschaft des Friedens, der Güte und der Liebe. Für den Weg in dieses Abenteuerland braucht es keinen Kampfanzug und keinen Ritterschlag. Was wir brauchen, sind offene Hände, ein liebendes Herz und ein kindliches Gemüt. Diese Rüstung genügt für das Abenteuer mit Gott und unseren Mit­menschen, zu dem uns der Advent einladen will.

Welches Land die Gruppe PUR vor Augen hatte, als sie 1995 ihr Lied „Komm mit mir ins Abenteuerland“ getextet hat, weiß ich nicht. Aber man kann dessen erste Strophe durchaus ad­ventlich lesen und verstehen, wenn es darin heißt:

  • „Und ein kleiner Junge nimmt mich an die Hand.
  • Er winkt mir zu und grinst:
  • Komm hier weg, komm hier raus.
  • Komm, ich zeig dir was,
  • das du verlernt hast vor lauter Verstand.
  • Komm mit – Komm mit mir ins Abenteuerland.“

Ist der kleine Junge aus dem Lied womöglich der neugeborene Gottessohn in der Krippe, der uns in diesem Advent bei der Hand nehmen will für den Aufbruch zum Abenteuer mit Gott, zum Abenteuer des Lebens?

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