Bayerische Geschichte
Thürriegl: Biografie eines "frühen Europäers" notiert
Das Leben von Johann Kaspar Thürriegl steht nun auf der Glaswand des Bushäuschens
Vor knapp drei Jahren hat es sich in Gossersdorf der Kulturverein Johann Kaspar Thürriegl zur Aufgabe gemacht, den wohl berühmtesten Sohn des Ortes aus der Vergessenheit zu holen ...
>>> Mit Links zum Erstbericht im Mitterfelser Magazin und dem Zeitungsbericht über die Denkmalsenthüllung
... hat ihm auf dem Dorfplatz ein Denkmal gesetzt und jetzt seine Biografie mit Porträt auf eine Glaswand geschrieben. "Es geht uns um Patriotismus und Heimatgefühl und darum, die Lebensleistung Johann Kaspar Thürriegls lebendig und wach zu halten", betonte Fritz Fuchs, Initiator und Vorsitzender des Kulturvereins, bei der Enthüllung der Thürriegl-Biografie an einer Glaswand des Bushäuschens. Johann Kaspar Thürriegl war ein "früher Europäer". So steht es auch auf der Büste geschrieben, die im August 2011 enthüllt wurde und ganz kurz die Daten Thürriegls zeigt, der 1722 in Gossersdorf geboren wurde. Gestorben ist er im spanischen Pamplona - allerdings erst im Jahr 1800 und nicht schon 1795, wie man bei der Aufstellung des Denkmals noch dachte.
"Mit der Gründung des Kulturvereins wollten wir Thürriegl wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen, auch weit über Gossersdorf hinaus", betonte Fuchs. Dass nicht nur das Leben des berühmten Gossersdorfers, sondern auch die Aktionen des Kulturvereins in Spanien ebenfalls bekannt sind, erzählt Sepp Obermeier, Verfechter des bayerischen Dialektes und Initiator der Bayerischen Sprachwurzel: "Das Gossersdorfer Thürriegl-Denkmal ist in der andalusischen Presse mittlerweile auch ein Begriff. Ein Artikel aus dem Straubinger Tagblatt wurde von der Stadt La Carolina auf Spanisch ins Internet gestellt. "
Neue Erkenntnisse
Die Idee, die komplette Biografie Thürriegls der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sei von allen Mitgliedern des Kulturvereins getragen worden, betonte Fritz Fuchs beim anschließenden Umtrunk im Dorfwirtshaus. Für die Glaswand am Buswartehäuschen habe man sich entschieden, weil sie direkt neben dem Denkmal steht und weil man Schüler und wartende Bürger so erreiche. Bei der Gestaltung hätten sich alle Mitglieder eingebracht und mitgearbeitet. Neue Erkenntnisse, die auf Forschungsarbeiten von Werner Wittig zurückgehen, seien eingearbeitet worden. Ausführender Künstler war Steinmetzmeister Leopold Deser junior, der auch die Thürriegl-Büste geschaffen und für die Biografie mit dem Porträt Thürriegls eine ganz neue Sandstrahltechnik angewandt hat.
"Dürfen stolz sein"
"Sie haben sich auf die Spuren von Johann Kaspar Thürriegl begeben, haben geforscht und sind fündig geworden", lobte Bürgermeister Michael Kienberger mit einem Dank an den Kulturverein. Man habe wenig von Thürriegl gewusst, vielleicht noch, dass er ein Glücksritter war. Das Wesentliche sei unbekannt gewesen. "Thürriegl hat deutsche Kultur nach Spanien gebracht. Darum dürfen wir stolz auf ihn sein." Mit der Enthüllung des Denkmals und der Glaswand sei Gossersdorf aufgewertet und das Bewusstsein für Thürriegl geweckt worden, betonte Kienberger.
Wie Fuchs mitteilte, plant der Kulturverein für dieses Jahr wieder ein Thürrieglfest. Auch sei man zwei Bildern von Thürriegl und seiner Frau Mariana auf der Spur, die 1939/40nach München verkauft worden seien.
Wie die Biografie auf dem Bushäuschen nun erläutert, erhielt Thürriegl "trotz einer bescheidenen Ausgangslage Zutritt zu höchsten Kreisen in halb Europa". Nach einer Stelle als Schreiber beim Gericht in Mitterfels ist er im Militärdienst gelandet, der österreichische Erbfolgekrieg war 1741 in vollem Gang. Später in die französische Armee eingetreten - Frankreich war damals Bayerns Verbündeter - brachte Thürriegl es zum Chef der Abwehr.
Im Auftrag des Königs
Im Jahr 1767 beauftragte ihn Spaniens König Karl III. in einem gut dotierten Vertrag, die entvölkerte Sierra Morena zu besiedeln. Viele Tausend Auswanderer, vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum, folgten Kaspars Aufruf. Die im Militärdienst gewonnenen ausgezeichneten Kenntnisse von Land und Leuten kamen ihm bei dieser organisatorischen Meisterleistung gerade recht. Schon Ende Mai 1769 hatte Kaspar seine Aufgabe "zur völligen Zufriedenheit seiner Majestät" erfüllt. Noch heute ist in der Sierra Morena die Erinnerung an Thürriegl wach, eine Straße ist nach ihm benannt, viele Familien tragen deutsche Namen.
Tod im Gefängnis
Schon zu Lebzeiten war die Person Johann Kaspar Thürriegl umstritten. Von den einen als Menschenfreund geliebt, war er gleichzeitig bei anderen und der Obrigkeit verhasst, Auswanderung stand unter schwerer Strafe. Immer wieder kam er mit den geltenden Gesetzen in Konflikt und saß auch wiederholt im Gefängnis ein, zuletzt wegen des Vorwurfes der Schmuggelei in Pamplona, wo er mit großer Wahrscheinlichkeit bis zu seinem Lebensende inhaftiert war. Mit einem Schreiben vom 31. Januar 1800 teilt der Militärrichter der Stadt Pamplona Mariana den Tod ihres Mannes mit.
Thürriegl starb in der Nacht des 26. Januar in der Zitadelle der Hauptstadt Navarras.
Foto: Sie enthüllten die Biografie von Johann Kaspar Thürriegl auf einer Glaswand am Buswartehäuschen: Bürgermeister Michael Kienberger, Steinmetzmeister Leopold Deser junior, Pfarrer Walter Strasser und Kulturvereinsvorsitzender Fritz Fuchs (von links). (Foto: erö)
Quelle: Elisabeth Röhn, in: SR-Tagblatt vom 5. Februar 2013, Seite 16
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