. . . drin im Woid
Buchwald. Orkan und Wintergewitter
Woidblog
Wie war das, Orkan und Wintergewitter! Trotz aller Unwetterwarnungen machen wir uns mit Schneeschuhen auf den Weg nach Buchwald. Unser Weg ist es, unser Ziel, unser Unterwegssein – wir stapfen dahin im frischen Schnee bei feinstem alles durchdringenden Regen. Eben dieser gut ein Meter hohe Schnee unter unseren Schritten lässt uns das scheußliche Wetter vergessen! Denk einfach nicht dran! Auch wenn hin und wieder fette Tropfen aus den Brauen auf deine Wangen klatschen! Nur die Hartgesottenen kommen durch!
Finsterauer Filz - Vergrößern durch Anklicken!
Zum Finsterauer Filz jedenfalls passt die Stimmung, schmächtige Birken, verkorkst und krumm in grau diffusem Vormittagslicht. Über diese freie Schneefläche erwischt uns der Regen so richtig, immer wieder ertappen wir uns, - der Blick in die Baumkronen, in den Himmel, wann kommt der vorhergesagte Sturm? Einsam ist es im Wald, keine Menschenseele, nur die leise rauschenden Wipfel und unsere Gedanken. Es dauert einige Zeit, bis uns diese Stille erreicht, wir diesen Rhythmus der aus den Ästen fallenden Tropfen, jene mystische Ruhe eines triefendnassen Winterwaldes verinnerlichen. Bist du Baum, Birke, Fichte oder einfach nur buckelige Staude, du gehörst dazu, bist ihresgleichen, legst dir diese Wetterseite zu, denkst nicht mehr, gehst nur mehr, bist unterwegs und dankbar für jeden deiner Schritte!
Aus den Wolken taucht der Gipfel des Siebensteinkopf auf, als wollte er für einen Moment Luft schnappen, bis ihn diese quirlige graue Masse erneut verschluckt. Am Schwellgraben entlang ist der schmale Pfad von weit herabhängenden Ästen und den Kronen der Bäume vorm Regen geschützt. Der Schwellgraben wurde 1825 angelegt, er bringt das Reschbachwasser um den Siebensteinkopf herum zur Teufelsbachschwelle, vermehrte so die Wassermenge zur Holztrift. Unterm Schnee hören wir sein Wasser glucksen, erzählen von früheren Zeiten, von schwerer Arbeit und den Unabwägbarkeiten dieser Umgebung, mit all den Naturgewalten die es zu meistern galt. Die Teufelsbachklause wurde ebenfalls 1825 aus Holz errichtet, 1844 in Stein umgebaut. Je länger ich die mächtigen Steinblöcke betrachte, mich dabei ausklinke aus unserer Zeit, schwelge ich in früheren Jahren, fühle im rauen Fels verknorpelte, schwielige Hände, die Fußabdrücke der Holzhauer, ihre Kraft, ihren Überlebenswillen und jene Beharrlichkeit die es braucht um in diesen abgelegenen Wäldern zu wirtschaften. Ihre Spuren überdauern Jahrhunderte, sind in allen Ritzen und flechtengrauen, groben Rinden zu finden, ihre Axtschläge, ihr sägen, fast ist mir, als hörte ich ihre Stimmen. In durchnässten Schuhen, wollenen Joppen, in Lappen und Hadern gewickelt, meterhoher Schnee, Eiseskälte und wehe es verletzte sich einer der armen Kumpel!?
Wie ist das heute? Gore Tex, Hydratic in der Hose, Lammfell in festen, wasserdichten Lederschuhen, Stöcke aus Carbon, federleichte Schneeschuhe, feinstes Rucksacktragesystem, Handy, Bergwacht und Hubschrauber stets einsatzbereit!
Teufelsbachklause - Vergrößern durch Anklicken!
Ja, jetzt sitzen wir hier in der Hütte an der Teufelsbachklause, schlürfen heißen Tee und sinnieren über vergangene Zeiten, merken wie gut wir es haben, trotz nasser Handschuhe, die eisigen Dinger, die mehr einem wässrigen, ausgehöhlten Schwamm gleichen, darin stecken meine feuchtkalten, bleichen, runzeligen Finger, ähnlich die einer Moorleiche! Jammere ja nicht! Ich will es ja auch nicht anders, ich lebe noch! Wir packen zusammen, weiter geht’s!
Grenzübergang am Teufelsbach, Certovo potok, auf der schmalen Grenzbrücke liegt gut ein Meter Schnee, darunter rauscht das Teufelswasser, gischtet über Gesteinsbrocken, irgendwie auch freudig und munter trotz der drückenden Wolken und ziehenden Nebel. Diese Freude packt uns, nimmt uns mit ins Böhmische, es ist doch alles gut wie es ist! Wir stapfen dahin, leichtfüßig mit einem Mal, als hätten wir den Schmugglergang überstanden, dem Rest der Welt und ihrem fragwürdigen Treiben eins ausgewischt und glücklich heimatliche Gefilde erreicht!
Einfach in den Böhmerwald gehüpft, der Pfad nur zu erahnen, schlängelt sich durch tief verschneiten Jungwuchs, zieht sich hinauf nach Chaloupky, entlang verfilzter, dicht verwachsener Dickungen, so eine Art russischer Taiga, die sicher allerlei Waldtiere beherbergen. Wildschweine, ihre frischen Fährten, Erde vom letzten Graben und dreckige Wasserspritzer sind nicht zu übersehen, im Schnee hat sich die selbstbewusste, borstige Bande verraten.
Chaloupky/Hüttl, ein Schild erinnert an die einstige Ortschaft. Der Name Hüttl stammt von einer einfachen Waldhütte, in der die ersten Siedler Unterschlupf fanden. Erstmals besiedelt wurde „Hüttl“ um 1770, fünf Bauernfamilien zogen vom Gericht Stadln hierher. Es gehörte zur Pfarrei Unterreichenstein, 26 km entfernt, erste Kirchenbucheintragungen finden sich im Jahr 1776.
Der felsige Kopf des Siebenstein lugt zwischen den Baumkronen hindurch, es schneit feine Flocken, diese Stimmung, diese Stille, dieser Böhmerwald stiehlt sich in mein Inneres, heimst sich klammheimlich die kleinste Unentschlossenheit!
Nein, ich will noch nicht direkt über Mühlreutherhäuser nach Buchwald. Wir gehen jetzt nach Fürstenhut! Diese böhmische Einsamkeit packt dich, lässt nicht los, an uralten Ahornen vorbei, die mächtigen Stämme beschützen ein Wegkreuz mit lateinischer Inschrift. Dieser Gott wird steinalt und grau mit uns, wir haben uns so oft geirrt und glauben immer noch stets das Richtige zu tun! Wilde Schweine – und wieder reißt es mich aus meinem aufgewirbelten Gedankengut! Frische Spuren, schmale ausgetretene Rinnen in der schneebedeckten Wiese, diese Biester sind nicht weit, wahrscheinlich schauen sie uns zu, liegen in der Dickung und verdösen den Tag!
Friedhof in Fürstenhut - Vergrößern durch Anklicken!
Ein scharfer Wind fegt uns ins Gesicht und über die Hochebene von Fürstenhut. Der Kubani thront schwarz und schwermütig, durch nichts aus der Ruhe zu bringen in dieser Landschaft, auch diese Umgebung trägt diese schwermütige Ruhe in sich und zieht alles, was hier lebt und sich bewegt, in ihren Bann. Nicht nur der Mensch gestaltet eine Landschaft, diese selbst formt den Menschen. Nur fehlt es mir nicht an Leichtfüßigkeit, jeder hinterste noch so versteckte Winkel ist nicht sicher vor mir. Ich nehme alles mit, was ich in mir und an mir verstauen kann, jeden Duft, jedes Schneekristall, die Ausblicke und Augenblicke, in jeder meiner Poren verstecke ich ein kleines Erinnerungsstück!
Fein geschmiedete Kreuze, mühsam zurechtgehauener Stein, Namen und Jahreszahlen erzählen ein wenig von einstigem Leben, der düstere Himmel, graue, träge dahinziehende Wolken, finstere Stimmung am Friedhof in Fürstenhut. Kein Laut, nur das Schlurfen unserer Schritte und der Wind in den Wipfeln der alten Bäume, erzählen könnten auch sie, von damals, wie sich alles zugetragen hat, von Menschenschicksalen und Irrtümern, von Hirngespinsten und Sinnlosigkeit, von Menschen und ihrer verlorenen Menschlichkeit. Die Natur holt sich zurück, was ihr einst mit Fleiß und Mühe abgerungen wurde und sie zeigt uns ihre Stärke, ihre Überlegenheit und kehrt dieses auf beiden Seiten geschehene menschliche Unrecht um, in Harmonie und Frieden, in sanfte Ruhe, in grüne Einsamkeit. Es ist gut, wie es ist, auch ohne unser Zutun, wir sind Gast und dürfen bleiben, für kurze Zeit. Ein stilles Gebet hinaus in diese Welt, zwischen mächtigen Ahornen, am Wegkreuz letzte Rast, die Filze entlang des Weges, unheimlich, mystisch, finster.
Unsere Schritte werden schneller instinktiv, der Wald rauscht, Stämme und Wipfel schlagen aneinander, Äste wirbeln durcheinander, heftiger Wind zieht hinauf nach Bucina, treibt uns vorwärts, lässt uns aber auch innehalten und dieses himmlische Treiben bestaunen. Feinste Schneeflocken wirbeln im laut heulenden Sturm, der Blick zurück in diese Welt dort draußen, die Böhmischen Berge grau verhangen, dunkelblaue, fast schwarze Wolken lagern überm Waldland. Die alten Ahorne knarren im Wind, sperrige Äste fallen, ein Donner von weither.
Hinauf nach Buchwald - Vergrößern durch Anklicken!
Buchwald. Ankunft im Finstern - Vergrößern durch Anklicken!
Froh sind wir, Bucina erreicht zu haben, genießen die Wärme, Kaffee und Suppe in der Gaststube. Böhmische Krautsuppe und hinterdrein das erste Bier! Das Peschl-Hotel wurde vor dem Krieg als Rohbau errichtet, blieb unausgebaut als einziges Gebäude von Buchwald erhalten und wurde nach dem Fall der Grenzen als Hotel Alpenblick, Alpska vylhidka, eröffnet. Die Anfahrt zum Hotel ist zwischen 10.00h und 16.00h nicht erlaubt und ohnehin nur mit Fahrerlaubnis möglich. Menschliche Unruhe bleibt dem Hotel fern. Auf meine Anfrage per E-Mail, ob ein Zimmer frei wäre, bekam ich zur Antwort: „Ja, wir freuen uns sie begrüßen zu dürfen. Kommen sie mit Auto oder mit Ski?“ „Super, freuen uns auch, wir kommen mit Schneeschuhen!“ „Dobry“!
Bucina – Ein Ort der Ruhe und des Friedens, ein Fleckchen Erde den ich liebgewonnen habe, ein geschichtsträchtiger Ort gezeichnet von all den Unruhen, Kriegen, von Hass und Tod. Könnten sie erzählen, die Mauerreste ringsherum, von Freude, vom Lachen der Kinder, von Tanz und Frohsinn, vom Miteinander und Füreinander, von Freunden in schweren Zeiten, erzählen von Menschen die hier ihr Leben lebten. Sind es Träume und Sehnsüchte, die sich zwischen Steinfugen drücken, von der verborgenen, vergrabenen Liebe zueinander, vom Schicksal gezeichnet. Von Menschen zweier Nationalitäten, von politischen Ideologien getrieben. Er muss vorbei sein dieser Hass, wir sind Menschen, teilen gemeinsame Werte, gehören zusammen, es gibt nur ein Miteinander, gezeichnet von Loyalität, ein verschmitztes Lächeln und den guten Willen, versuchen zu verstehen, die Hand dem andern reichen, von ganzem Herzen und aufrichtig ehrlich.
Kaiser Karl IV. gab 1355 den Bergreichensteinern den Auftrag, einen Weg in das Bistum Passau zu schlagen, nachdem ihn die Stadtväter um das Recht ersucht hatten, mit bayerischem Salz Handel treiben zu dürfen. Nach den Hussitenstürmen (1420) brachte die Zeit von 1460 bis nach 1600 Ruhe und Wohlstand, der Handel auf den Steigen erlebte seine Blüte. An manchen Tagen zogen 20-30 Saumpferde übers Gebirge. Ab 1526 regierten die Habsburger in Böhmen. Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648, brachte furchtbare Not, die Folgen verheerend, um 1640 rückten die Schweden in den Böhmerwald vor, mordeten und plünderten. Nach Kriegsende kam der Goldbergbau zum Erliegen, der Handel auf den Steigen hörte auf, die von den Kaisern anbefohlenen Zollgebühren, machten den Handel gewinnlos. Eine Begehungskommission des Steiges im Jahre 1729 kam zu dem Urteil, dass man kaum zu Fuß und zu Pferd, geschweige denn mit einem Fuhrwerk weiter kommen könne. In der Zeit Maria Theresias 1740 – 1780, schritt die Besiedlung der Waldgebiete weiter fort. 1774 wurde die allgemeine Schulplicht eingeführt, 1781 Leibeigenschaft aufgehoben.
( Im Land der Künischen Freibauern Heimatbuch für den Mittleren Böhmerwald )
1755 erließ Kaiserin Maria Theresia den Befehl, dass zur Sicherung des Handelsweges nach Bayern das Gebiet um den Moldauursprung gerodet und besiedelt werden soll. Wege wurden ausgebaut, eine Belebung des Handels setzte ein und mit der Ortsgründung in Buchwald fanden die Säumer und Reisenden besseren Schutz und Unterschlupf auf ihrem gefahrvollen Weg in der weiten Waldwildnis zwischen Finsterau und Außergefild.
Um 1770 entstand Buchwald, Fürstenhut wurde erst 1802 als Holzhauersiedlung gegründet. 1786 ist Buchwald als Dorf mit 12 Häusern erwähnt, der Ort hieß Buchenwald und gehörte zur Herrschaft Großzdikau. 1846 kaufte Graf Thun von Hohenstein das Gut Groß Zdikau mit den ausgedehnten Waldungen um Buchwald, Außergefild und Kaltenbach und war Besitzer bis nach dem Ersten Weltkrieg. Als wilde Gebirgslandschaft in den höheren Lagen des Böhmerwaldes wird Buchwald beschrieben, dicke, finstere, undurchdringliche Wälder wie auch steile Felsen und beständiger Schnee von September bis Mai, Bären, Wölfe und Luchse seien dort häufig anzutreffen gewesen.
Im Jahre 1878 wurde der letzte Wolf im Böhmerwald erlegt. Dieser Wolf wurde im Revier Buchwald aufgespürt, drei Tage verfolgt bis in die Schwarzenbergschen Wälder und im angrenzenden Revier Freiung zur Strecke gebracht.
Das Kaisertum Österreich, die Habsburger Monarchie, die Donaumonarchie oder auch k. u. k. Monarchie endet mit dem Attentat in Sarajevo, mit dem Tod Franz-Ferdinand von Österreich.
Nach dem ersten Weltkrieg zerfiel die österreichische-ungarische Monarchie in sieben nationale Staaten. Der Böhmerwald kam zum neugegründeten Staat der tschechoslowakischen Republik, dieser wurde am 28. Oktober 1918 ausgerufen. Nach dem Münchner Abkommen fällt Buchwald 1938 dem deutschen Reich zu und gehört zum Landkreis Prachatitz, im Oktober 1938 rückten deutsche Truppen in die Sudetenländer ein. Im Sommer 1940 kamen erste Kriegsgefangene aus Frankreich und Russland nach Buchwald. Im Winter 1945 kamen geflohene schlesische Familien. Am 30. April besetzten amerikanische Soldaten das Dorf Finsterau, am 5. Mai rückten sie über Fürstenhut bis Buchwald vor.
Ende Juni 1946 wurden die letzten Bewohner Buchwalds mit Lastwagen abtransportiert.
(Erinnerungen an Buchwald - Ein Heimatbuch der höchstgelegenen Böhmerwaldgemeinde)
Kaiserin Maria Theresia, Königin von Böhmen - eine resolute, stämmige schwere Dame des Wiener Hofes, denk ich mir. Sie wusste sich durchzusetzen auch ihren Anspruch auf den Thron. Sie regierte mit Macht und Würde, ein Mythos, der bis in unsere Zeit reicht, Landesmutter war sie und mächtige Herrscherin. Ich sehe sie vor mir, wie sie durchs Wiener Schloss wandelt, wuchtig irgendwie im edlen Gewand, mächtig feilscht, handelt und Pläne ausheckt, Boten in den Böhmerwald befiehlt. Bis sie hier ankamen, es waren weite Wege und strenge, gefährliche Zeiten, unbequeme, beschwerliche Kutschfahrten und lange Tage!
Jetzt sitzen wir hier im Hotel Alpska Vylhidka, die Jahrhunderte sind im Moment schwer zu ordnen, Königin und Grafen und das dunkle Gambrinus fuchteln in mir herum! Hirschschnitzel mit Stampfkartoffeln, Bier und Becherovka – es geht uns gut. Schon damals leistete sich der Wiener Adel, wenn irgend möglich eine Böhmische Köchin – jetzt weiß ich warum! Was in den Wäldern wächst und lebt wird verwertet und ist seit jeher begehrt. Gewildert und geschmuggelt wurde auch seit jeher, auf bayerischer wie böhmischer Seite. Der berüchtigte Wilderer Rothschild musste sein Heimatdorf verlassen, er wurde zur Auswanderung gezwungen. Das Kaiserreich war groß, Rothschild wollte das Wildern nicht sein lassen und wurde nach Slowenien verbannt.
Respekteinflößend rauschen die Wälder ringsumher, irgendwo draußen klappert ein Blech im Gestöber, eine schwarze Wolkenwand wälzt sich vom Almberg über Fürstenhut herauf, Blitze zucken und langanhaltende Donner grollen übers böhmische Grenzland. Der Wind heult um das mächtige Gebäude, es schneit wie der Teufel, im Nu decken hohe Verwehungen alle Wege zu, dreimal wird in dieser Nacht die Straße nach Kvilda (7 km) geräumt, nur mit einem kleinen Traktor, mit Gespür, etlichen verrauchten Zigaretten und irgendwie auch Freude.
Reichlich Neuschnee beim Hotel Alpenblick - Vergrößern durch Anklicken!
Anderntags liegt reichlich Neuschnee, hohe Berge säumen die Zufahrtsstraße. Der Sturm hat sich gelegt, der Himmel bleigrau, eiskalt, ein richtiger Böhmerwald-Wintertag, schön ist es, nach draußen zu blicken, im kuschelig warmen zu sitzen, zu frühstücken wie Königin Maria Theresia, auch Böhmische Kolatschen dürfen nicht fehlen.
Im Schneetreiben verlassen wir Bucina und wissen längst, dass wir bald schon wieder kommen werden! Es ist die Ruhe und Leichtigkeit, die uns Schwermut in die Knochen treibt, die Welt hier drüben dreht sich leichter, sorgloser, zufriedener, diese Natur, die Herzlichkeit und das Miteinander zu verlassen fällt mir schwer. Über die Grenze schleichen wir vermummt, gehüllt in Böhmischer Vergangenheit und mit dem Rhythmus der Schritte verlieren wir die Zeit. Wir stapfen wortlos den Siebensteinkopf hinauf und haben Mühe den Weg zu finden, irgendwie immer bergauf, das letzte Stück tief verschneit, die kleinen Schilder, frostig, eisverkrustet, längst aus den Augen verloren. Ja, irgendwie hinauf, mitten hinein in die Jungfichten, Schnee flaumig, flockig, ein Traum, warm wird’s jedenfalls, und schon steigst du ins Leere, in die tiefen Krater, die der Wind um die Bäumchen geformt hat. Und dann schüttelt sich so ein Ast und die Ladung fällt dir ins Genick! Ja Krumifix!
Am Siebensteinkopf - Vergrößern durch Anklicken!
Siebensteinkopf – die Sonne mogelt sich durch die Wolkenmacht, als wollte sie uns empfangen, begrüßen, schnell mal zublinzeln, ins rechte Licht rücken! Wieder zu Hause, ob hier, auf dem Berg oder dort, einen Sprung über der Grenze! Nur unsere Schneeschuhspur zieht sich durch jungen Wald, an alten Haudegen vorbei, erstarrte Gesichter, Jungspunde, ihre im Wind leicht wippenden Äste, wie Schneegeister treiben sie ihr Unwesen, knacken mal hier, knarren mal da, sie sprechen es herum – wir sind da, wir sind nicht allein! Du musst sie nur hören und sehen lernen, verstehen lernen, mit jeder Stunde, die du hier verbringst, wird sie dir geläufig und vertraut die einsame Bergwelt. Kein Geräusch unserer umtriebigen Zeit, nur der Berg und du und ich, knirschender Schnee und der einsame Weg zur Reschbachklause.
Tief verschneite Reschbachklause - Vergrößern durch Anklicken!
Ungestört ruht sie in der Senke, eingebettet inmitten der Grenzwälder, wie viele Winter schon ausgeharrt, nur der Reschbach rauscht unter Eis und Schnee, erzählt von damals, wie viel Wasser gischtet ins Tal und gleitet hinüber zur Teufelsbachklause, Macht und Kraft liegen im braunen Moorwasser.
Es verlieren sich all diese menschlichen Hirngespinste. Du bist, was Du bist, einzigartig für kurze Zeit. Viele Tropfen gluckern hinunter, wandern hinaus, verliert sich der eine oder andere unterwegs. Meine Gedanken haben sich auch verloren, in der Weite des Waldes, irgendwo hinüber zur Schwarzbachklause – könnten wir nur dort im Wald hausen! Wie der alte Wilderer Rothschild, dessen Seele mit dem flüsternden Wind durchs Unterholz kreucht, sich versteckt mit ziehenden Nebelschwaden verschwindet, verschluckt von Waldeinsamkeit. Kerzenlicht fuchtelt durch die urige Stube, das Gewehr lehnt im Eck, der Rucksack hängt an der schweren Tür, Feuer prasselt, Hirschsteak in der Pfanne…, Becherovka, oder so…! Was brauchst du noch mehr? Wirklich mehr? Nichts! Nur den Menschen an deiner Seite, den du gern hast, Patronen in der Tasche, ein Messer in der Hose, und Feuer im Ofen! Nichts sonst, Nichts, dir genug sein und das Zeug zum Überleben!
Werk des Bibers am Reschbach
Wir schlendern dahin, hinunter zur Alten Klause entlang des Schwellgrabens – wie haben sich diese Menschen geschunden die Felsblöcke aufeinander zu legen, der Bach murmelt diese Geschichte, wird nicht müde, Jahrhunderte schon. Den Steig hinüber zum Wistlberg, Generationen von Füßen sind hier gelaufen, feinste Spuren, barfüßig, Pfoten, Hufe und klobige Holzschuhe, hörst noch ihre Schritte, horch hinein in den düsteren Winterwald! Ein flechtenbärtiger, hölzerner Waldgeist treibt Schabernack, zupft mal hier und kratzt mal dort, kichert leise vor sich hin:
„Magst eh ned furt, bleib glei scho do!“
„Hm, kimmst eh wieder, immer wieder!“
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