Geologie
Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
Nur noch eine Scheibelsgruber Erinnerung
In den Scheibelsgruber Erinnerungen haben Bachwiesen und „Wartnersäge" (rotes Kreuz im Kartenausschnitt) immer zusammengehört. Hier war alles und jedes Fleckl vertraut: die Wiesen von der alljährlichen Heug- und Hützeit, die Säge durch die noch immer eindrucksvollen Spuren, und weil auch das Wissen um sie über Jahrzehnte weitergegeben wurde.
Hier stand die Wartnersäge, links: vom Hochsitz aus gesehen; rechts: die Mulde aus der Nähe; vorne links der Abflussgraben.
Wer heute das Perlbachtal bachabwärts durchwandert, wird diese „Spuren" nicht übersehen. Unterhalb der Neumühle fängt es an. Das Tal hat sich zum Wiesengrund geweitet, und der Bach zieht darin sein Mäanderband. Nach 250 Metern rückt er ganz nah an unseren steilen Waldberg heran. Hier war der Bach einst angezapft, hier begann unser Mühlgraben. Nun sind seit einem Wegebau das Einlaufrohr und der gemauerte Schieber verschwunden, und auch der größte Teil des Mühlgrabens ist aufgefüllt; nur noch ein Stück Anfang und sein Ende sind erhalten.
Nach weiteren 500 Metern sind wir am Standort der ehemaligen Wartnersäge. Die große, tiefe Mulde links am Weg ist unübersehbar. Wer sich trotz des Wildwuchses an Bäumen und Gestrüpp hinunterrauft, der findet Teile des Fundaments, eine bemooste, lose aufgeschichtete Bruchsteinmauer. Und am unteren Ende schließlich den ganz erhaltenen Ablaufgraben, der über 70 Meter die Bachwiese durchschneidet und den Perlbach an der Stelle erreicht, wo ein Jägerhochsitz sich an die mächtigen Erlen lehnt (vom ihm aus ist auch das eine Foto gemacht). Wenige Meter danach durchquert eine Furt, eine „Heufahrt", den Bach und staut das Wasser zu einem steinfreien, sandigen „Bade-Dümpfl", wo bis vor 60 Jahren die Scheibelsgruber Buben die „Urform" des Schwimmens, das „Hundeln" lernten. So nahe beisammen - lauter Erinnerungen ...!
Nun bräuchten wir einen, der uns von der alten Wartnersäge zu erzählen weiß - auch nur vom Hörensagen, weil von denen keiner mehr lebt, der sie noch in Betrieb gesehen hatte. Da muss auch von den Erbauern, den alten Wartner erzählt werden. Sie sind die ältesten Scheibelsgruber, seit dem Dreißigjährigen Krieg in 10 Generationen nachweisbar (die zweitältesten sind die Lehner, die sich 1805 in's „Hauserhäusl" eingekauft hatten). Ab 1854 gab es dort zwei Wartner-Linien: die Stammlinie auf Hausnr. 3 (heute Stumhofer) und die Linie meines Urgroßvaters Johann Georg, der sich in's „Zollnerhäusl" Nr. 6 (heute zu Lehner) eingekauft hatte. Zur Unterscheidung nannte man sie einfach den „oberen" und „unteren" Wartner.
Die Wartnersäge stammt vom „unteren Wartner", der Erbauer war Franz Xaver, geb. 1847, geheiratet 1869. Durch Zukäufe war er auf 25 Tagwerk Felder und Wiesen und auf 13 ½ Tagwerk Wald gekommen - davon lagen Lenzberg, Ödgärten und Kufnerwies in Perlbachnähe. Als ihm der Gedanke kam, eine hauseigene Säge nebst einem Mahlgang zu er-richten, lagen die behördlichen Bedenken bei der Wirtschaftlichkeit für ein so „kleines" Anwesen (für die Scheibelsgruber war es ein „großes"). Und so vergrößerte er die Anbauflä-che durch eine arbeitsaufwendige Terrassierung des Ödgartenhangs (bis zur jetzigen Aufforstung war noch alles zu sehen).
275 m unterhalb der Neumühle waren Einlauf und Schieber (linke Abb.). - Letzte Erinnerung an die Säge: Mauerwerk längs des Wegs.
Das Wichtigste dazu, die nötige „Wasserkraft", löste er geschickt: 1878 kaufte er vom Bauern Winklmeier aus Furth ein Stück des Menachbaches, beginnend 250 Schritt unterhalb Neumühle, endend bei der Stegmühlbrücke - das sind, ohne die vielen kleinen Kehren gerechnet, um die 2 1/4 km. Der Abschnitt trägt die Plannummer 1642 1/3; der Kaufpreis betrug 342 Mk 86 Pfg.
Von seiner Kufnerwies (Pl. Nr. 1645) ließ er ein Rechteck wegmessen - nach Kataster 190 qm groß, etwa 9 ½ mal 20 m -, mit eigener Plannummer 1645/2. Auch der rd. 575 m lange Mühlgraben wurde mit eigener Pl. Nr. versehen: 1645/3.
Danach dürfte die Säge um 1880 gebaut worden sein, eine hauseigene Mahlmühle war dabei. Drei Jahrzehnte dürften beide gearbeitet haben, dann kam es, wie oft: Was der eine aufgebaut, wird beim nächsten schon verspielt. Der Sohn, auch ein Franz Xaver, 1883 geboren (wie mein Vater), ledig geblieben, bewirtschaftete zusammen mit seiner gleichfalls ledig gebliebenen Schwester Anna das Anwesen.
Nur wenige Jahre, dann musste er verkaufen. Man sagt ihm nach, er habe zu viel Zeit beim Wirt verbracht. Selbst seinem Käufer Samuel Mann aus Regensburg (firmiert als „Errungengemeinschaft"), der den Waldbesitz inspizieren wollte, habe er, nur wenige Schritte vom Wirtshaus entfernt, mit einer ausholenden Geste in Richtung Waldungen erklärt: „G'hört alles mei' (mir)"; was natürlich weit übertrieben war.
Alte Schneidsäge am Elisabethszeller Bach (Aufnahme von 1956, kurz vor dem Abbruch). Die Wartnersäge wird kleiner und einfacher gewesen sein.
Im Jahre 1910 begann das große Verkaufen, Tauschen, Zertrümmern, um alles, was nicht „wand- und bandfest" war, zu Geld zu machen. Auch mein Vater, kurz zuvor erst selbständig geworden, konnte als kostbares Winterfutter einen Wagen voll Gunkel ersteigern - aber aus dem Keller hat er sie selber mit dem Korb herauftragen müssen.
Neuer Besitzer wurde der ehem. Nachbar Stumhofer (Hs. Nr. 4), in dessen Anwesen kaufte sich Familie Wagner („Valentin") von Herrnberg ein. Dabei wurden viele Gründe „mitgenommen", mit anderen getauscht, auch „Fleckl" weggemessen und Wegrechte gesichert. Da war es ein Glück, dass im nahen Mitterfels sowohl das kgl. Notariat als auch das Messungsamt saßen - mit Justizrat Anton Zimmermann und Obergeometer Paul Fanderl, beide leidenschaftliche Jäger, Fanderl auch Fischer. Und der sicherte sich aus der Zertrümmerung den besagten Perlbach (Menach) nebst zwei Wiesen und zahlte dafür dem Samuel Mann stolze 1400 Goldmark.
Für die Säge fand sich kein Nachfolger. Was sollte einer damit in der Abgeschiedenheit und ohne eigenen größeren Waldbesitz. - Zu meinen eigenen ganz frühen und recht verschwommenen Erinnerungen gehört die Vorstellung, dass ich dort, nahe unserer Bachwiese, noch etwas von einem Holzschuppen gesehen habe. Das ist alles, was ich selbst zur „Wartnersäge" weiß.
Fotos: Franz Wartner (1, 2, 3, 4, 5, 6, 8) - Otto Wartner (7)
Quelle: Franz Wartner, in: Mitterfelser Magazin 2/1996, Seite 78f
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