Hexenschau’n bei der Rohrmühle

Hexnschaun1Die Rohrmühle am alten Baierweg in der Gemeinde Schwarzach. (Archivfotos: Josef Fendl)

Ein mög­li­cher Sa­gen-Wan­der­weg zwi­schen Schwarz­ach und Ein­fürst

Im Schwarzacher Umland hat sich ein ganzer Kranz alter Sagen erhalten, wie sie früher, vornehmlich im Winter, in den Bauernstuben und an den Hoagarten-Abenden erzählt wurden. Eine größere Anzahl solcher „Weizgeschichten“ ist im Westen des Gemeindegebietes angesiedelt. Etwa sieben dieser unheimlichen Orte lassen sich auf einem rund sieben Kilometer langen Wanderweg aufsuchen. Je nach Dauer des Verweilens und Sinnierens ist man dabei zwei bis zweieinhalb Stunden unterwegs. Besonders zu empfehlen ist eine solche Sagen-Wanderung im Herbst, gegen Abend zu, wenn aufsteigende Nebel das Gebiet geheimnisvoll einzuhüllen beginnen. Wenn man den Markt Schwarzach nach Westen verlässt, kommt man in knapp zehn Minuten an das Bauerngut Baumgarten, das mindestens schon seit 1760 im Besitz einer Familie Tremml ist. In diesem Hof befand sich bis in unsere Zeit herein ein sogenanntes Schrazelloch, ein Erdstall also, in dem der Sage nach ein altes Weiblein hauste, das Leute, die hier vorüberkamen, „abzwagte“, das heißt, blutig zwickte. Manche glauben heute noch, dieser „Schluf“ wäre der Anfang eines unterirdischen Ganges zur Burg Degenberg gewesen. Ende des vorvorigen Jahrhunderts wurde diese „Alraunhöhle“ auch wissenschaftlich untersucht und zwar von keinem Geringeren als dem Münchner Professor August Thiersch. Eine andere Sage erzählt, dass der Bauer von Baumgarten einmal des Nachts vom Wirtshaus in Einfürst heimgegangen sei und ihm am Bach unten einer von den sogenannten Hoj-Männern aufgesessen sei, der den Bauern erst verlassen habe, als er daheim die Haustür aufgesperrt hatte.


An der alten Kapelle hat es geweizt

Von Baumgarten aus ging früher durch den Wiesengrund ein Fußweg zur Rohrmühle, vorbei an einer Leonhardi-Kapelle. Der Gangsteig ist inzwischen aufgelasssen und die Kapelle an die neue Gemeindeverbindungsstraße hinaufverlegt. Man geht deshalb von Baumgarten aus ein paar hundert Meter in nördlicher Richtung zu dem kleinen Wäldchen und dann links auf der Straße weiter nach Penzkofen. Hier soll einmal um die Osterzeit unser Herr Jesus mit dem Apostelfürsten Petrus vorbeigekommen sein. An der alten Leonhardikapelle hat es früher geweizt. Besonders zur Allerseelenzeit gingen dort die Seelen der frevelhaften Penzbauernknechte um, die einmal einem hölzernen Herrgott die Arme abgeschlagen und dabei gespottet hatten: „Der heilige Lienhard is vuj mehrer wert wia du, denn der versteht aa mehr von dö Roß!“ Späten Heimkehrern aus dem Wirtshaus begegneten dort schwarze Katzen mit glühenden Augen. Wer sie sah, musste bis zum morgendlichen Gebetsläuten wie angewurzelt stehen bleiben. An den Fischweihern auf der anderen Seite konnte einen leicht die „Weihergoaß“ ins Ungewisse locken. Die alte Penzbäuerin war eine recht freigiebige Person. Kein Handwerksbursch und kein Bettlweib ging ohne ein Scherzl Brot und ohne ein Haferl Milch vom Hof. Die „Vergelts Gott!“, die sie dafür beikam, wollte sie nach eigenen Worten in den Schüsselkorb hinaufhängen. Als sie 1929 mit 82 Jahren starb, fiel die Schüsselrehm krachend auf das Küchenpflaster.


Wertvolle Schätze aus Kreuzzug-Zeiten

Hexnschaun2Torso des Gekreuzigten vom Penzkofener Kalvarienberg, möglicherweise ein Werk des Bogener Bildhauers Johann Gottfried Frisch († 1732)

Früher ging der Weg von Schwarzach zur Rohrmühle mitten durch den Penzbauernhof. Der Fußweg führte geradeaus durch den sogenannten Stoariegl, und der Fahrweg ging rechts zum großen Weiher hinab, bevor er sich dann links dem Rohrmühlbach zuwandte. Der erwähnte Steinriegel soll vor Zeiten eine Burg der Grafen von Bogen getragen haben. (Tatsächlich war Penzkofen im Hochmittelalter ein Ministerialensitz Bogener Dienstleute, die schon um 1150 in Windberger Urkunden auftauchen. Beim Straßenbau kamen 1975 auch zahlreiche behauene Steine zum Vorschein). Alte Leute wollen von den Eltern und diese wieder von ihren Eltern erfahren haben, dass im Inneren des Riegels noch wertvolle Schätze der Bogener lagerten, die diese von den Kreuzzügen mitgebracht hatten. Man müsste nur den Eingang zu dieser Schatzkammer finden! Im Rohrmühlbach lebte früher einmal ein eigenartiger Fisch, der die Unwetter und damit die bevorstehenden Hochwasser voraussagen konnte. Aber ein rabiater Mühlknecht schlug ihn eines Tages mir nichts dir nichts in die Pfanne. Einmal soll sogar der Leibhaftige selber zwischen Weihnachten und Neujahr in der Rohrmühle Roßbollen gemahlen haben. Am Kreuzweg hinter der Rohrmühle wollten einmal zwei Schwarzauer Burschen „Hexen anschauen“. Es kam auch tatsächlich eine von ihnen durch die Luft dahergefahren mit einer Kirm voller Steine, die sie auf die Burschen herabfallen ließ. Einer von den beiden wurde von den Trümmern erdrückt, der andere kam noch mit einigermaßen heiler Haut davon. Am Heilnstein über dem Rohrmühlbach stand bis in unsere Zeit an der Stelle eines alten heidnischen Opfersteins (Heilnstein = heiliger Stein) eine Kreuzsäule. Bevor sie errichtet wurde, soll es dort, besonders im Herbst, immer ein großes Lärmen und eine schreckliche Unruhe gegeben haben. An diesem Punkt treffen wir auch auf den alten Baierweg, der hier – von Englmar und Perasdorf kommend – einen Knick macht und zum Wetzstein hinaufführt, ebenfalls eine alte Wegmarke. Einen guten Kilometer nördlich von Heilnstein liegt jenseits des Baches am Eingang zum Geißelsteiner Holz die Einöde Ay. Dort hat einmal der Teufel einen Bauern, den er aus der Haselbacher Pfarrei entführt hatte, fallen lassen, weil er sich zu sehr über den „bellenden Laurenzihund“ (das Perasdorfer Kirchengeläut) geärgert hatte. Am nahen Schwarzenstein haben in Kriegzeiten Panduren oder Krowoten im dichten Nebel eine Viehherde, die sie konfiszieren wollten, völlig aus den Augen verloren. Vom Wetzstein aus, wo einmal einer hartherzigen Bäuerin ein Wechselbalg in die Wiege gelegt wurde, kommt man auf dem alten Fahrweg am Nordwestrand des Bachmeierholzes nach Einfürst. In diesem Waldstück, wo die drei Pfarreien Schwarzach, Perasdorf und Degernbach zusammenstoßen, hielten sich früher viele arme Seelen auf. Sie leuchteten späten Fuhrleuten oder Bauern und Knechten, die vom Einfürster Wirtshaus heimstolperten. Wenn man sich mit einem „Vergelts Gott!“ bedankte, konnte es sein, dass man sie erlöste.


Pakt mit dem Teufel endet schlecht

An diesem Scheitelpunkt des Baierweges war einmal ein Säumer unterwegs, der das Gebetsläuten der Schwarzacher Pfarrkirche missachtete, stattdessen gräuslich fluchte und deshalb vom Teufel entführt wurde. Auf der Kugelstatt des jahrhundertealten Wirtshauses, das früher den Degenbergern gehört hatte, haben einmal zwei Bauernburschen ihre Hochzeiterin ausgekegelt. Einer der beiden hatte sich aber mit dem Teufel verbündet und deshalb das Spiel und die Braut gewonnen. Das junge Weib freilich starb im Kindbett. Der Bauer hat dann das Saufen angefangen und schön langsam seinen Hof an die Wand hingeseicht. Als er dann selber auf dem Sterbebett lag, hat ihn der Gottseibeiuns schnurstracks durch die Luft davongetragen. Der Wirt von Einfürst hatte einmal einen Hütknecht eingestellt, der sich mithilfe einer geweihten Hostie, die er in seinem Geißelstecken versteckt hatte, die Arbeit erleichtern wollte. Für diesen Frevel musste er aber nach seinem Tod „umgehen“. Bei einem Nachbarn hatten sie eine Dirn, die das Heiratsorakel des Holzscheitl-Ziehens austricksen wollte. Aber der Knecht vereitelte dieses Sakrileg.

Wir folgen dem Verlauf des Baierweges und kommen an der „Quetschn“ (einem Granitsteinbruch) vorbei und gehen nach links hinunter zu unserem Ausgangspunkt Schwarzach. Danach haben sich alle Wanderer eine Einkehr verdient.

Anmerkungen: Während im übrigen Bayern die abendlichen Zusammenkünfte in Bauernstuben als Hoagartn bekannt sind, werden diese Treffen im ehemaligen Gerichtsbezirk Mitterfels Rojgartn genannt. Die hier angesprochenen Sagen können im Buch „Der Teufel im Backofen“ (Verlag Attenkofer, Straubing) ausführlich nachgelesen werden.

Quelle: Josef Fendl/BOG Zeitung vom 19. August 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)

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