. . . und drum herum
Veit-Höser-Gymnasium Bogen. Direktor Helmut Dietl geht in den Ruhestand
Mit dem Ausräumen seines Büros hat VHG-Schulleiter Helmut Dietl schon ein paar Wochen vor Schuljahresende begonnen. Die Fotomontage im Hintergrund, die er von seinem Kollegium zum 60. Geburtstag bekommen hat, hat er aber noch hängen lassen. (Foto: lui)
„Mein Herz bleibt hängen am VHG“
Wenn am 28. Juli am Veit-Höser-Gymnasium in Bogen der letzte Gong den Schluss des Schuljahres einläutet, dann endet auch für Helmut Dietl eine Ära. 35 Jahre hat er am VHG als Lehrer unterrichtet, die letzten zwölf war er der Direktor. Nun geht er in den Ruhestand – was er selber eigentlich noch gar nicht so recht glauben kann. Im Interview lässt der 64-Jährige die Zeit an „seiner Schule“ Revue passieren und gibt einen Einblick in das, was er dort als Pädagoge erlebt hat. Und er verrät, was er für die Zeit „danach“ geplant hat – auch wenn sich die Freude darauf, zumindest im Moment, noch nicht ganz einstellen mag.
Herr Dietl, nur noch zwei Wochen, dann beginnt für Sie der Ruhestand. Freuen Sie sich schon?
Helmut Dietl: Im Moment kommt eigentlich noch keine große Freude auf. Ich scheide mit viel Wehmut vom VHG, immerhin war ich dort 35 Jahre Lehrer und zwölf davon Schulleiter. Die Freude am Ruhestand wird sich aber sicherlich noch einstellen – vor allem auch im Hinblick darauf, weil das Leben dann wieder selbstbestimmt ist.
Wie leicht fällt das Loslassen nach so einer langen Zeit?
Dietl: Nicht leicht. Wir haben hier eine tolle Schulgemeinschaft mit freundlichen, talentierten und engagierten Schülern und Lehrern. Auch das tägliche Schulleben ist schön. Das jetzt alles hinter mir zu lassen, das ist schwer.
Was werden Sie denn am meisten vermissen?
Dietl: Sicherlich meine Schüler und meine Lehrkräfte. Ich denke hier auch an die täglichen kollegialen und persönlichen Gespräche im Lehrerzimmer, an das gemeinsame Miteinander in unserer Schulgemeinschaft oder an die zahlreichen schönen Schulveranstaltungen. Mein Herz bleibt hängen am VHG.
Was wird Ihnen nicht abgehen?
Dietl: Dazu gehört sicher die umfangreiche, täglich größer werdende Verwaltungsarbeit im Direktorat. Ebenso wie die tägliche große Verantwortung für Schüler, Lehrer und Bedienstete. Auch der Termindruck von oben fällt weg.
In Ihrer Zeit am VHG haben Sie sicherlich viel erlebt – in positiver und negativer Hinsicht. An was erinnern Sie sich besonders gerne?
Dietl: Ein ganz besonders schönes Ereignis war 1998 unser erstes Musical, „Joseph“, von Andrew Lloyd Webber. Damals war ich zusammen mit meinem Sohn Christopher aktiver Mitwirkender. Mein Sohn stand am Keyboard – und er war der Pharao, ich habe den Bass gezupft. Außerdem erinnere ich mich gerne an die schöne Zeit in den 90er-Jahren, als wir mit unserer Lehrerband „Paukersound“ aufgetreten sind. Und natürlich blicke ich gerne auf die vielen Auszeichnungen der Schule zurück: Unter anderem ist das VHG eine anerkannte Unesco-Projektschule, es wurde zehn Mal zur Umweltschule, wiederholt zur MINT-freundlichen Schule gekürt und hat 2010 eine Europaurkunde bekommen. Besonders der umfangreiche Schüleraustausch mit den Verbindungen zu Partnerschulen in Europa und nach Australien ist ein Markenzeichen, auf das man im VHG stolz ist. Darauf blicke ich als scheidender Schulleiter gerne zurück.
Und der Unterricht an sich – hat der Ihnen immer Spaß gemacht?
Dietl: Generell hatte ich in meiner Zeit am VHG viele schöne Unterrichtsstunden mit leistungsbereiten Schülern. Ich denke hier vor allem an meine Lehrtätigkeit im Bereich Wirtschaft und Recht. 16 Jahre war ich der einzige Lehrer an der Schule, der dieses Fach unterrichtet hat. Mit den Schülern in den Grund- und Leistungskursen der Kollegstufe gab es viele gemeinsame Unternehmungen, Betriebsexkursionen und auch Exkursionen ins europäische Ausland. Sehr schön war für mich auch immer der Erdkundeunterricht in der Unterstufe – besonders der in der fünften Klasse, weil die Schüler da so begeisterungsfähig sind.
Es gab aber wahrscheinlich auch weniger Schönes ...
Dietl: Ganz sicher gehört da der Tod eines Schülers oder eines Lehrers dazu. Das ist sehr belastend.
Eine Schule ist ja ein Ort, an dem es durchaus auch „menschelt“. Mussten Sie in Ihrer Funktion als Direktor auch mal Dinge „richten“?
Dietl: Ja, sicher gab es Zeiten, bei denen ich als Schulleiter bei Eltern- und Lehrergesprächen mit dabei war oder wo ich mich um die Nachkorrektur von Schulaufgaben kümmern musste. Es menschelt natürlich auch am VHG, und wenn man zwischen 600 und 700 Schüler hat und Zensuren und Bewertungen vergeben werden, dann stoßen auch einmal unterschiedliche Ansichtsweisen aufeinander. Da muss der Direktor versuchen, auszugleichen.
Gab es Situationen, in denen Sie vor Ihren Grenzen standen?
Dietl: Ja, das war tatsächlich einmal der Fall. Als mein Vor-Vorgänger im Direktorenamt, Dr. Rudolf Gehles, 2012 verstorben ist, hätte ich in der Kirche die Trauerrede halten sollen. Da musste ich sagen, und zwar von Anfang an: „Das kann ich nicht, das geht an meine emotionale Grenze.“ Ich habe diesen Mann, der auch mein Mentor war, so sehr geschätzt und mich so super mit ihm verstanden. Mich da hinzustellen und vor so einem großen Publikum über ihn zu reden – das hätte ich nicht auf die Reihe gebracht. Die Rede hat dann der damalige Ministerialbeauftragte Klaus Drauschke gehalten.
Als Lehrer wissen Sie ja, dass Schüler auch mal Probleme mit Noten haben. Wie waren denn Ihre Zensuren als Schüler?
Dietl: Ich war ein guter Schüler. Ich hatte Freude am Lernen und bin auch gerne in die Schule gegangen. Das ist bis heute so.
Was waren Ihre Lieblingsfächer?
Dietl: Ich war eher Naturwissenschaftler und habe auch in Physik und Mathe Abitur geschrieben.
Die Lehrerlaufbahn wollten Sie aber schon immer einschlagen?
Dietl: Jein – eigentlich hätte ich den Handwerksbetrieb meiner Eltern in Mitterfels übernehmen sollen. Aber es ist dann doch anders gekommen und ich bin Pädagoge geworden. Ich hatte schon immer Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dass meine Aufgaben in diesem Bereich liegen, ist mir auch durch mein Engagement bei diversen Mitterfelser Vereinen klar geworden, wie beim Skiclub und beim Tischtennisverein.
Warum haben Sie die „Wirtschafts- und Rechtslehre“ zu Ihrem Fach gemacht?
Dietl: Weil mich die Thematik und die einschlägigen Sachverhalte schon immer interessiert haben. Am praktischen Aspekt der Lehre, am Durchschauen der wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge, daran hatte ich schon immer Freude. Als dann 1976 die verpflichtende Einführung „Wirtschaft und Recht“ am Gymnasium kam, war das für mich mit ausschlaggebend, dieses Fach auf Lehramt zu studieren. Hinzu kamen dann noch Geografie und Sozialkunde.
Als junger Lehrer am VHG haben Sie sich dann aber nicht nur mit dem bloßen Unterrichten zufrieden gegeben, sondern auch gleich den „Arbeitskreis Schule und Wirtschaft“ gegründet ...
Dietl: Ja, im März 1988, sechs Jahre nachdem ich am VHG angefangen habe. Es war mir von Anfang an wichtig, neben den theoretischen Lerninhalten auch die praktische Seite der Wirtschaft in die Schule zu holen. In der Zwischenzeit haben wir vonseiten der Schule ein sehr gutes Netzwerk aufgebaut, die Verbindungen zur heimischen Wirtschaft sind fest gewachsen. Schon viele Schüler haben die Möglichkeit genutzt, ein Praktikum in einem heimischen Betrieb zu machen – um dort später einen Arbeitsplatz zu finden. Die jüngste Auszeichnung des VHG mit dem Berufswahl-Siegel für die gute Berufs- und Studienorientierung beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Was war die größte Herausforderung, die Sie in Ihrem Beruf zu bestehen hatten?
Dietl: Alle vier Jahre muss ein Schulleiter eine dienstliche Beurteilung aller Lehrkräfte erstellen. Dabei gilt es, den vom Kultusministerium gesetzten Anforderungen, aber auch unmittelbar den Leistungen der Lehrkräfte gerecht zu werden. Das Ergebnis der Beurteilung sollte dabei die Lehrkräfte auch motivieren – wobei natürlich die Vorgaben von oben immer einzuhalten sind. Diese Beurteilungen sind eine Herausforderung für jeden Schulleiter.
Was steht bei Ihnen jetzt auf dem Programm?
Dietl: Im Einzelnen habe ich noch nichts Großes geplant. Ich werde sicher meine handwerklichen Fähigkeiten wieder stärker in den Vordergrund rücken und mich sportlich betätigen. Auch möchte ich Spanisch lernen und die ein oder andere Vorlesung zu Wirtschaft/Recht an der Uni besuchen. Das lasse ich alles auf mich zukommen.
Werden Sie Ihre alte Schule mal wieder besuchen?
Dietl: Mein Herz hängt auch nach meiner aktiven Zeit weiter am VHG. Ich werde auf jeden Fall wieder öfter an mein VHG zurückkommen und zum Beispiel die vielen tollen Aufführungen besuchen – von Schulorchester, von Musiktheater, von Theater und den Tanzgruppen.
Gibt es etwas, das Sie Ihrem Nachfolger am VHG mit auf den Weg geben möchten?
Dietl: Nein, jeder Schulleiter hat seinen eigenen Stil. Der künftige Rektor Clemens Kink findet hier jedenfalls eine tolle Gemeinschaft von Schülern und Lehrern vor.
Und Ihren Schülern?
Dietl: Bringt euch auch in Zukunft aktiv in unsere Schulgemeinschaft ein und holt euch auf diese Weise zusätzliche Erfolgserlebnisse. Das Miteinander von Schülern und Lehrern zeichnet das VHG aus. Ich wünsche euch weiterhin Durchhaltevermögen, schulischen Erfolg und Freude am Lernen!
*** Helmut Dietl ist am 3. April 1953 geboren und in Mitterfels aufgewachsen, wo er auch heute noch zu Hause ist. 1973 machte er am Ludwigsgymnasium in Straubing Abitur und studierte danach in Regensburg Wirtschaft/Recht, Geografie und Sozialkunde. Nach Beendigung seines Referendariats 1981 war er kurz am Robert-Schuman-Gymnasium in Cham tätig. Zum September 1982 erfolgte die Versetzung an seine „Wunschschule“, das VHG in Bogen. 16 Jahre war er dort der einzige Lehrer für Wirtschaft und Recht, zudem unterrichtete er Erdkunde und Sozialkunde. Mit Beginn des Schuljahres 2005/2006 übernahm er die Schulleitung am VHG.
Interview: Claudia Stecher/BOG Zeitung vom 15. Juli 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)
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