. . . und drum herum
Mühlen an der Menach (13): Die Breinmühle in Höllhaus
Breinstampf im Mitterfelser Burgmuseum
Sie waren fast schon in Vergessenheit geraten, die alten Getreidesorten wie Dinkel, Einkorn und Emmer.
Sie waren fast schon in Vergessenheit geraten, die alten Getreidesorten wie Dinkel, Einkorn und Emmer. Seit immer mehr Menschen zu gesundheitsbewusster Ernährung tendieren, hat man sie wieder entdeckt und heute werden vor allem in den Reformhäusern solche Arten angeboten. Darunter findet sich auch die Hirse, die bei uns in Bayern stets der „Brein” genannt wird.
Man kann die Breinpflanze ihrem Erscheinungsbild nach mit der des Reises vergleichen, denn beide Sorten sind vielblütig und die Früchte reifen an überhängenden Rispen. Während der Reis hauptsächlich in Asien angebaut wird, wo er günstige Wachstumsbedingungen findet, wächst der Brein auch sehr gut bei uns in Europa, wo sein Anbau schon seit der Steinzeit nachgewiesen ist. In unserer Gegend erlebte der Breinanbau nach dem letzten Weltkrieg vorübergehend nochmals eine kurze Blütezeit, als der beliebtere Reis noch nicht wieder zu haben bzw. für die meisten Leute zu teuer war. In eine Rein gefüllt, in Milch gebraten und mit Butterschmalz übergossen, schmeckt er so gut, dass manche Menschen ihn als Köstlichkeit bezeichnen. Aus meiner Kindheit habe ich ihn weniger rosig in Erinnerung. Da wäre es uns oft lieber gewesen, die Mutter hätte ihn als „Singerlfutter” verwendet. Zur Aufzucht der Küken war der Brein unentbehrlich und so hat man ihn abwertend meist so bezeichnet. Dass er uns nicht so geschmeckt hat, lag wohl an der fehlenden „Schmiere”, denn die Mutter musste das Butterschmalz stets sparen.
Breinstampf im Mitterfelser Burgmuseum
Die Ernte des reifen Brein erfolgte mit der Sichel und es musste sehr „rogler” mit den Rispen umgegangen werden, weil die Körner leicht ausfielen. Das Erntefahrzeug war mit Tüchern ausgelegt, damit kein Körnchen verloren ging. Zum Ausdreschen brauchte man keine Dreschmaschine. Stampfen mit den Füßen oder leichte Schläge mit dem Dreschflegel genügten, um die Körner vom Stroh zu trennen und die Feinsortierung erfolgte anschließend mit der Windmühle und einem Drahtsieb. Das kleine gelbe Breinkorn war dann aber noch umhüllt von einer sehr harten braunen Schale und um diese zu entfernen, bedurfte es einer großen Kraftanstrengung. Dazu diente der Breinstampfer. Solche Stampfer sind heute wohl nur mehr in den Museen erhalten. Der frühere Straubinger Landwirtschaftsdirektor Dr. Häring schreibt in seinem Buch „Söizog’n, strangkitzli und stoigrante”, dass es im Landkreis, abgesehen von einem Torso im Museum auf dem Bogenberg, keinen Breinstampfer mehr gibt. Er kannte also unseren Brembeck Sepp nicht, denn der hat sogar zwei vollständig erhaltene Stampfer aufgetrieben und im Mitterfelser Heimatmuseum ausgestellt (siehe die Fotos). Die beiden Stücke kommen allerdings von außerhalb des Landkreises. Wesentliche Bestandteile sind der Behälter, ein ausgehöhlter Granitstein, in den die Hirse gefüllt wird und ein Stampfer, auch Stößl oder Strempfl genannt, der mit seinem Eigengewicht gegen die Körner stößt und so die Enthülsung bewirkt. Einer der abgebildeten Breinstampfer wird mit der Hand bedient, der schwere Eichenholzstößl muss also nach jedem Absturz wieder mit dem Seil hochzogen werden. Wenn das Seil auch über eine Rolle läuft, ist dies doch eine sehr anstrengende Prozedur. Etwas kräfteschonender ist die zweite, größere Form. Bei dieser kommen die Füße zum Einsatz. Auf einem Balken stehend wird durch Gewichtsverlagerung, also durch Wippbewegung sowohl das Anheben des Stampfers wie auch dessen Sturz erreicht und die Stoßwirkung sogar noch verstärkt. Solch eine Anlage ist nicht gerade sehr produktiv, zum Entschälen der Eigenproduktion aber reichte sie allemal aus. Nur wenige Breinanbauer hatten ihren eigenen Stampfer und deshalb waren die meisten auf einen produktiv arbeitenden Breinmüller angewiesen.
So eine Mühle gab es in Höllhaus. Das Wort „Mühle” ist an sich irreführend, weil der Brein ja in der Regel nicht zu Mehl gemahlen, sondern nur entschält wurde. Der Name ist aber durchaus angebracht, denn alle Werke, die durch ein Mühlrad angetrieben werden, werden so bezeichnet, so zum Beispiel die Sägemühlen, Hammermühlen, Ölmühlen … .
Die Einöde Höllhaus besteht seit 1798, so berichtet Sigurd Gall im Magazin 3/1997. Sie ist wahrscheinlich als Hüterhaus errichtet worden und gehörte zum Besitz des großen Hofes in Höllgrub. Nach der Versteigerung des Höllgruber Anwesens wurde eine Familie Schlecht Besitzer, von diesem erwarb es der Landwirt Geiger aus Ried bei Windberg und 1950 ging es im Tauschwege über an die Eheleute Dietl aus Wachsenberg. Heute bewirtschaften Tochter und Schwiegersohn Haas das Anwesen. Die Breinmühle muss schon vom Höllgruber Bauern, spätestens aber von der Familie Schlecht errichtet worden sein, feststellen lässt sich das nicht mehr. Auch das Ende weiß man nicht genau, es wird wohl mit dem Rückgang des Breinanbaues in der 30er Jahren zusammenhängen. Sicher ist nur, dass die Anlage von den Geigerleuten später noch zum Antrieb einer Gsodmaschine benutzt wurde, also diente sie auch zu diesem Zweck. Nach dem Anschluss von Höllhaus ans Stromnetz ging auch diese Nutzung zu Ende. Beim Anwesen gibt es kein Fließgewässer. Zum Antrieb des Mühlrades hat der Erbauer deshalb den Kogler Graben umgeleitet. Dieser Graben wurde von Xaver Dietl nach Auflassung des Werkes eingeebnet. Der Verlauf ist aber auch heute noch deutlich erkennbar, weil er entlang der Grabenböschung Obstbäume gepflanzt hat. Die Mühle selbst stand etwa 20 Meter am Hang unterhalb des Anwesens im „Mühlloch”. So wird die Grube immer noch bezeichnet. Sie ist umgeben von dichtem Buschwerk und die erhaltenen Mauern darin sind jetzt vom Gras überwuchert.
Das "Mühlloch" beim Höllhaus. Darin drehte sich einst das Mühlrad der Breinmühle.
Wie funktionierte die Breinmühle in Höllhaus? Im Prinzip genauso wie beim Größeren der im Mitterfelser Museum zu sehenden Stampfern. Nur etwas kräftiger und damit leistungsfähiger dürfte sie gewesen sein. Das fließende Wasser übernahm die kräftezehrende Prozedur durch Drehung des Mühlrades, das mit einem Kampenrad (Zahnrad) fest verbunden war. Dieses Kampenrad übertrug die Drehbewegung weiter auf eine Welle mit Nocken und diese Nocken drückten den Holzbalken am einen Ende nieder, so dass das andere Balkenende mit dem Stößl angehoben und nach der Freigabe auf das Mahlgut stürzen konnte. Die Funktionsweise entspricht genau der einer Hammermühle. Die Bedinungsperson musste sich also nicht plagen, sie hatte nur die Wasserzufuhr zu regeln.
Nach dem letzten Weltkrieg waren diese Mühlen rar geworden, die Anlage in Höllhaus existierte nicht mehr, so mussten die Bauern bei uns ihre Ernte bis nach Schwarzach bringen, wo die letzte Breinmühle stand. Mit dem Pferdefuhrwerk bedeutete das eine Tagesreise.
Erstveröffentlichung: Mitterfelser Magazin 8/2002, Seite 39ff
Literatur:
Dr. Häring: „Söizog’n, strangkitzli und stoigrante”, S. 71-73
Schöner Bayerwald Nr.121
Dudenlexikon
Informanten: Frau Dietl († 2001) und Frau Haas, beide in Höllhaus, und Friedl Lehner, Rogendorf.
Fotos: Otto Wartner
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