Mitterfels
Mitterfels. Der Gefallenen und Vermissten gedacht
Kleines Bild: Henner Wehn (privates Foto) - Bei der Gedenkfeier (v. l.): Pfarrer Pater Dominik Daschner, Bürgermeister Andreas Liebl und Mitglieder der KuSK Mitterfels. Foto: Beate Schoyerer – Vergrößern durch Anklicken!
… mit der Ansprache beim Gottesdienst von Oberst a. D. Henner Wehn
Am Volkstrauertag wurde feierlich der Gefallenen und Vermissten aus den beiden Weltkriegen gedacht.
Nach dem Marsch und dem Einzug in die Heilig-Geist-Kirche durch die KuSK Mitterfels und die weiteren ortsansässigen Vereine wurde durch Pfarrer Pater Dominik Daschner der Gedenkgottesdienst mit Schubert-Messe eröffnet.
Leid soll sich nie mehr wiederholen
Zu Beginn des Gottesdienstes appellierte er an den Frieden, an die Brüderlichkeit und Menschlichkeit auf der Welt, dass sich solches Leid der Gefallenen, Verwundeten und Hinterbliebenen nicht mehr wiederholen möge. Im Laufe des Gottesdienstes wurden die Gefallenen und Vermissten beider Weltkriege aus der Marktgemeinde Mitterfels namentlich verlesen.
In der anschließenden Rede von Oberst a. D. Henner Wehn wurde betont, dass eine große Mehrheit der deutschen Gesellschaft vom Mai 1945 bis Februar 2022 davon überzeugt war von den Aussagen: „Nie wieder Krieg“ und „Frieden schaffen ohne Waffen!“. Leider sei dies durch den Überfall von Russland auf die Ukraine und dem Nahostkrieg schmerzlich widerlegt worden. (Mehr siehe unten!)
Im Anschluss an den Gottesdienst ging es zum Kriegerdenkmal. Hier wurde durch Pfarrer Pater Dominik Daschner eine kurze Andacht abgehalten.
Bürgermeister Andreas Liebl betonte in seiner Rede, dass wir leider wieder in bewegten, unfriedlichen Zeiten leben und Veränderungen mit historischen Ausmaßen erleben. Zweifel, Unsicherheit und Sorgen, die wir zuvor teils gar nicht mehr gekannt haben, prägen unseren Alltag. Man habe aus den zwei Weltkriegen mit den leidvollen Erfahrungen wohl nicht aus der Vergangenheit gelernt. Er bat darum, dass aus der Geschichte Lehren gezogen werden, welche helfen eine bessere Zukunft zu gestalten.
Zum Dank, als Anerkennung und als Zeichen der Verbundenheit legten Bürgermeister Liebl und der Vorsitzende der KuSK Mitterfels, Johann Attenberger, am Kriegerdenkmal einen Kranz nieder. Begleitet wurde der Gedenkakt durch drei Salutschüsse eines Mitglieds der Krieger- und Soldatenkameradschaften Mitterfels. KuSK-Vorsitzender Attenberger dankte abschließend allen für die Teilnahme am Volkstrauertag.
Pressemitteilung Markt Mitterfels/bsc vom 23. November 2024
Volkstrauertag 2024
Ansprache von Oberst a. D. Henner Wehn in der kath. Heilig-Geist-Kirche
Eine große Mehrheit der deutschen Gesellschaft war vom Kriegsende im Mai 1945 bis Februar 2022 überzeugt von den Aussagen:
„Nie wieder Krieg!“ und „Frieden schaffen ohne Waffen!“
Die acht Jahrzehnte des Friedens in Europa schienen diese Überzeugungen zu rechtfertigen. „Krieg in Europa“ war für die Mehrheit der Deutschen unvorstellbar geworden. Die deutsche Gesellschaft war pazifiziert und nahm die Existenz von Bundeswehr und NATO eher zähneknirschend hin. Sie sah nach der deutschen Widervereinigung keinen Sinn mehr in dem Unterhalt der teuren Bundeswehr. Die Wehrpflicht wurde abgeschafft, das Geld für die Bundeswehr drastisch verkürzt und deutsche Soldaten sollten am Hindukusch in Afghanistan die Bundesrepublik verteidigen! Ein Gedanke, dem die Deutschen kaum folgten.
Auch der jährliche Volkstrauertag war über die Jahrzehnte des Friedens der überwiegenden Mehrheit fremd geworden, wenn nicht sogar gänzlich unbekannt. Wir können aber stolz darauf sein, dass hier in Mitterfels trotzdem seit Jahrzehnten der Volkstrauertag begangen und die Toten der beiden Weltkriege nicht vergessen wurden. Die Namen der Söhne, Brüder und Väter werden in der Kirche verlesen. Sie bleiben immer in unseren Herzen.
Und dann überfielen in dem seit 80 Jahren so friedlich scheinenden Europa russische Soldaten am 22. Februar 2022 die Ukraine.
Und am 7. Oktober 2023 töteten Hamas-Terroristen über Tausend Israelis und entführten über 200 Menschen.
Der Ukrainekrieg und der seit diesem 08. Oktober tobende Nahostkrieg scheint kein Ende zu nehmen.
Unser Leben hat sich seitdem drastisch verändert.
- Fast unerträgliche Berichte und Bilder vom Krieg gehören wieder zu unserem Alltag.
- Diskussionen über Militär und Waffen in den Medien nehmen kein Ende mehr.
- Ja sogar über die Wiedereinführung einer Wehrpflicht wird öffentlich diskutiert.
Welche Wirkung hat das alles auf uns und vor allem unsere Jugend? Nach der neuesten „Shell Umfrage“ haben 81 Prozent der Jugendlichen „Angst vor einem Krieg in Europa“. Können wir dieser Angst mit „Pazifismus“ und „Diplomatie“ begegnen, wie uns einige Politiker und Publizisten erklären? Die deutsch-polnische Publizistin Anne Appelbaum hat in Frankfurt am Main in der Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen bekommen. Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu: In ihrer Dankesrede in der Paulskirche formuliert sie nur Verachtung für die zusehends aggressiver auftretende Forderung nach „Frieden“ und „Pazifismus“, die die deutsche Geschichte im Munde führt, aber jedem Gedanken an die Konsequenzen für die Ukrainer aus dem Weg geht. Wer „Pazifismus“ fordert und nicht nur Gebiete an Russland abtreten will, sondern auch Menschen, Prinzipien und Ideale, der hat rein gar nichts aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts gelernt.
George Orwell habe Pazifismus im Jahr 1942 als „objektiv profaschistisch“ bezeichnet, entsprechend müsse man ihn heute „objektiv prorussisch“ nennen. Ihre Rede war aber kein Angriff oder eine Abrechnung mit den Deutschen. Im Gegenteil. Deutschland könne den Kampf gegen Putin anführen. Ihr Schlusssatz lautet: „Wir, der Rest der demokratischen Welt, brauchen Sie!“ „Sie stand in der Paulskirche am Ende ihrer Rede bescheiden, verletzlich, fast zart vor den Zuhörern“ schreibt die Süddeutsche Zeitung vom 21. Oktober.
Welch ein Wandel zu der Zeit nach Kriegsende 1945. Die toten Soldaten aus dieser Zeit haben in der Wehrmacht gedient. Die Wehrmacht des Deutschen Reichs unter dem Befehl Hitlers hatte seit 1939 ganz Europa mit Krieg überzogen. Daher war die Freude über die Niederlage der Wehrmacht 1945 in Europa und der restlichen Welt sehr groß! Wir sollten daher auch nicht vergessen, dass unser Gedenken und die Trauer um die Gefallenen hier in Mitterfels im Kontrast zu dieser damaligen europaweiten Freude steht. Damals standen Soldaten aus England, den USA, der Sowjetunion, Polen und noch vielen anderen Ländern im Kampf gegen das Deutsche Reich. Ohne diese Soldaten wären wir alle nicht aus der Herrschaft der Nazis mit all ihren Grausamkeiten befreit worden. Deutschland war zertrümmert und alle unsere Nachbarn schienen uns auf lange Jahre feindlich gesinnt.
Welche Änderungen zu heute. Im Zweiten Weltkrieg dienten Millionen Ukrainer in der „Roten Armee“ Stalins. Heute kämpfen sie, von Russland überfallen, um ihre staatliche Existenz oder fliehen in das wohlhabende Deutschland. England, USA, Polen sind heute Mitglieder der NATO und damit unsere Verbündeten. In Polen haben nach schweren Hochwassern viele Bogener Pioniere noch vor wenigen Tagen beim Wiederaufbau geholfen. Viel positiver kann eine Entwicklung mit den Nachbarn über ca. 80 Jahre nicht laufen!
Warum also hat die Jugend Angst vor einem Krieg? Wir sind stark und wohlhabend und haben in Europa viele Freunde und Verbündete. Ja, unsere Verteidigungsbereitschaft müssen wir erst wieder neu aufbauen und glaubwürdig machen. Das wird viel Geld kosten. Aber wir sind immer noch ein reiches Land und unsere Jugend ist laut „Shell Studie“ fit und bereit für die Zukunft: Trotz Klimawandel, Wirtschaftskrise und der tobenden aktuellen Kriege
Wenn wir also heute am Volkstrauertag die Namen unserer Gefallenen gleich hören werden, ist das der Beweis dafür, dass wir unsere Toten nicht vergessen haben und die Zukunft nicht fürchten. Und wenn sie, die Opfer von Krieg und Gewalt in finsterer Zeit heute auf Mitterfels schauen könnten, - ihren Heimatort, den sie im Krieg so vermisst haben, - wären sie stolz. Denn Mitterfels, ist in Frieden erblüht und zeigt heute gegenüber Schwachen und Verfolgten Mitgefühl und Nächstenliebe. Das gilt auch besonders für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge, meist Frauen und Kinder.
Dazu habe ich noch eine kleine Geschichte von William Ashbume, die das deutlich unterstreicht: Als ein alter Mann bei Sonnenuntergang am Strand entlang geht, sieht er vor sich einen jungen Mann, der Seesterne aufhebt und ins Meer wirft. Er holt ihn ein und fragt ihn, warum er das tue. Die Antwort ist, dass die gestrandeten Seesterne sterben würden, wenn sie bis Sonnenaufgang hier liegen bleiben. „Aber der Strand ist viele, viele Kilometer lang und hier liegen tausende Seesterne“ erwidert der Alte. „Was macht es also für einen Unterschied, wenn Du Dich abmühst?“ Der junge Mann blickt auf den Seestern in seiner Hand und wirft ihn in die rettenden Wellen. Dann sagt er: „Für diesen hier macht es einen Unterschied!“
Zum Schluss noch eine kurze Geschichte, die uns lehren soll, wie wir mit der Angst und der Hoffnung umgehen können:
„Es war einmal eine kleine Frau, die einen staubigen Feldweg entlanglief. Sie war offenbar schon sehr alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei einer zusammengekauerten Gestalt, die am Wegrand saß, blieb sie stehen. Die kleine Frau beugte sich zu ihr hinunter und fragte: „Wer bist Du?“
Zwei Augen blickten müde auf. „ Ich? Ich bin die Traurigkeit!“ flüsterte die Stimme stockend und leise. „Ach die Traurigkeit!“ rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen. „Du kennst mich?“ fragte die Traurigkeit misstrauisch. „Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast Du mich ein Stück des Weges begleitet.“ „Ja aber… warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast Du denn keine Angst?“
„Warum sollte ich davonlaufen? Du holst doch jeden Flüchtenden ein. Aber warum siehst Du so mutlos aus?“ „Ich bin selbst so traurig!“ sagte die graue Gestalt. Die kleine alte Frau setzte sich zu ihr. „Erzähl mir, was dich so bedrückt.“ „Ach weiß du,“ begann sie zögernd „ mich mag einfach niemand! Wenn ich zu den Menschen komme, erschrecken sie! Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: ‚Papperlapapp, das Leben ist heiter.‘ Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: ‚Gelobt sei, was hart macht‘ …und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: ‚Man muss sich nur zusammenreißen!‘ - und sie spüren plötzlich das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: ‚Nur Schwächlinge weinen!‘ - und die zurückgehaltenen Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen!
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. „Dabei will ich den Menschen doch nur helfen! Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Aber nur wer seine Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Sie legen sich lieber einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.“ Die Traurigkeit begann zu weinen. Erst schwach und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. „Weine nur Traurigkeit. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde Dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt.“
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf. „Aber wer bist Du eigentlich?“ fragte sie ihre neue Gefährtin. „Ich?“ sagte die kleine alte Frau mit einem strahlenden Lächeln: „Ich bin die Hoffnung!“
Diese kleine Geschichte möchte ich zum Schluss ergänzen: Wenn zu der Hoffnung noch die Kraft des Glaubens kommt, sind wir gut gerüstet für das Leben. Dann kann weder die Verzweiflung über die schreckliche Vergangenheit noch die Angst vor der unüberschaubaren Zukunft uns erschrecken.
Das wünsche ich Ihnen an diesem Volkstrauertag!
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