Gesprächsrunde über Sprachverlotterung

 

Sprachwandel SprachverhunzungDer AK Heimatgeschichte hat sich unter anderem den Erhalt der Sprache auf die Fahnen geschrieben.

So ging es in der zweiten offenen Gesprächsrunde in der Hien-Sölde, die wieder gut besucht war, um das Thema „Sprachverflachung – Sprachverhunzung“. Ein Lieblingsthema von AK-Mitglied Herbert Becker, der in das Thema einführte. Als Journalist und Autor sehe er sich nicht als Sprachschützer – „die Sprache hat sich immer verändert“ –, aber Sprache habe eine ungeheure Macht der Wirklichkeit gegenüber. Becker schlug einen Bogen von der Zeit Martin Luthers, als Dialekte die „deutsche“ Sprache bestimmten, über den Verein „Fruchtbringende Gesellschaft gegen verhunzende deutsche Sprache“, der 1617 gegründet wurde und hauptsächlich im Französischen kommunizierte, bis hin zu den klassischen Dichtern wie Goethe, Schiller und Klopstock Ende des 18./19. Jahrhunderts. Mitte des 19. Jahrhunderts sei eine Kultursprache entstanden, wobei sich Arthur Schopenhauer besondern kämpferisch gegen Sprachverhunzung aussprach, sagte Becker. Ihm sei es um die Schönheit des Sprachstils gegangen, „um die deutsche Sprache als Erbstück, das man nicht verderben darf“.

Schon immer habe es Sprachveränderungen gegeben, so Becker. Um Begriffe und Fremdwörter, die von anderen Volksgruppen übernommen wurden. In den 50er Jahren sei die Teenagersprache in Mode gewesen, heute herrsche die Computersprache. Da gehe es weder um Orthografie noch um Stil, hier herrsche eine Buchstabenersparnis, die zur Geheimsprache werden könne. „Das Gefühl für die deutsche Sprache kommt abhanden“. Die patriarchalische Gesellschaft habe sich ebenso in der Sprache niedergeschlagen wie die politische Entwicklung, die Rechtschreibreform heute oder der Gendergedanke. Dazu kommen Allerweltsworte wie „sozusagen“, „insofern“, „ein Stück weit“ oder „auf Augenhöhe“, Begriffe, die alles im Ungefähren lassen. Einfach falsch sei der Begriff „oberste Priorität“, unnötig der Ausdruck „zeitnah“, eine Umschreibung für „bald“. Becker bewies, dass viele der im Deutschen verwendeten Begriffe wie „das macht keinen Sinn“ aus dem Englischen kommen. „Wir Deutschen sind anscheinend anfällig für solche Übernahmen.“ Man solle die Sprache nicht so kaputt machen, „weil meine Sprache, Schriftdeutsch und Dialekt, meine Heimat ist“, sagte Becker. Dem schloss sich eine Diskussion an über Spracherfahrungen, auch kuriose wie „kiss and ride“ für eine Kurzzeitzone am Straubinger Bahnhof. Die nächste Gesprächsrunde ist für Mitte November geplant.

Quelle: Elisabeth Röhn/BOG Zeitung vom 20. Oktober 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)

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