Museen
Kreismuseum Bogenberg. Wie eine andere Welt
Andreas Riepl, Hobbyfilmer und Kenner historischer Filmtechnik, kümmerte sich um das Abspielen der Analogfilme. (Fotos: sus)
Analoge Schulfilme geben Einblicke in ein Alltagsleben aus vergangener Zeit
Bogenberg. Eine große Leinwand ist aufgebaut, der Film rattert, die Zuschauer warten gespannt darauf, dass es endlich losgeht. Am Donnerstagabend bot sich einigen Interessierten im Kreismuseum auf dem Bogenberg eine ganz besondere Gelegenheit. Museumsleiterin Barbara Michal stellte gemeinsam mit dem Hobbyfilmer Andreas Riepl alte, analoge Schulfilme vor, die mittlerweile zu wertvollen Quellen zum Alltagsleben der 1930er- bis 1950er-Jahre geworden sind.
Die Sonderausstellung „Vom Reiz der alten Dinge“ im Kreismuseum Bogenberg besitzt einen historischen Kinovorführapparat aus einem Schwarzacher Landkino und einen großen Fundus an Medien aus der früheren Kreisbildstelle Straubing-Bogen. Diese kamen am Donnerstag wieder zum Einsatz. Sechs kurze Schulfilme zu verschiedenen Themen wurden den Zuschauern vorgeführt. Museumsleiterin Barbara Michal, die den Filmabend organisiert hatte, stellte gemeinsam mit Andreas Riepl vor den Filmaufführungen das analoge Medium Film kurz vor. „24 Bilder müssen pro Sekunde abgespielt werden, damit das menschliche Auge die Reihe als Bewegung wahrnimmt. Meist erschienen die Analogfilme in einer Breite von 35 Millimetern, bei den Filmen der Kreisbildstelle handelt es sich jedoch um Schmalfilme, die nur 16 Millimeter breit sind“, erklärte Michal. Ein Problem sei der Stoff Nitrozellulose gewesen, aus dem die Analogfilme bestanden. „Weil dieser leicht entzündlich war, wurden viele Vorführapparate mit feuerfesten Boxen abgeschirmt“, erläuterte Barbara Michal. „Außerdem mussten die Lehrer sich anfangs um eine Stromversorgung in den Schulen kümmern. Einen solchen Zugang hatten zu Beginn der 1940er-Jahre nur rund 40 Prozent der Schulen im Landkreis.“ Nach der Einführung erklärte die Museumsleiterin in aller Kürze den Inhalt und die Hintergrundinformationen des ersten Films, genauso wie bei den folgenden Kurzfilmen. Es wurde dunkel im Saal und von hinten surrte der Vorführapparat. Die „Lehrerkonferenz in Bogen“ am 4. und 5. April 1935 wurde gezeigt. Bogener Straßenszenen, herumschwirrende Lehrer und Schüler boten sich dem Zuschauer, der feststellen konnte: Der Schwarz-Weiß-Stummfilm stellte einen starken Gegensatz zu den effektreichen Filmen, so wie man sie heute kennt, dar.
Hintergrundinformationen zu den Filmen stellte Barbara Michal vor.
Auffällige Spuren der NS-Rassenideologie
Der zweite Film aus dem Jahre 1941 griff das Thema „Exotik“ auf, das im Unterricht vermittelt werden sollte: „Urwaldzwerge in Zentralafrika“ wurde er betitelt. Zu sehen war das Leben der Iguri-Pygmäen in Belgisch-Kongo. Dieses Volk hatte sich im Laufe der Zeit durch seinen zwergwüchsigen Körperbau an seine Umgebung angepasst. Anhand dieses Films zeige sich laut Michal sehr deutlich das lange Nachleben der Rassenideologie des Nationalsozialismus, die nach dem Krieg in den Schulfilmen nur spärlich zensiert wurde. Es war beispielsweise von einer „Sonderform menschlicher Rassenentwicklung“ oder einer „gnomenhaften Erscheinung der Zwerge“ die Rede. „Bis weit in die 1980er-Jahre hinein waren Filme wie dieser in den Schulklassen zu sehen. Ein kleines zugegebenes Beiheft bot für den Lehrer zusätzlich eine Inhaltsangabe des Films sowie Anregungen zum Gebrauch des Films im Unterricht“, fasste Michal zusammen. Sehr beliebt war auch die Sparte „Heimatfilm“. Als „Imagefilm des Altlandkreises Bogen“ bezeichnete die Museumsleiterin den Kurzfilm „Der Landkreis Bogen“, der um 1959 gedreht wurde. Tradition – das Markenzeichen der Region – wurde hervorgehoben: Kirchen, traditionelle Veranstaltungen wie das Englmarisuchen oder uralte Gebäude waren zu sehen. Der Film erzählte aber auch über die Modernisierung der Region. Neue Schulen wurden gebaut, die Infrastruktur verbessert und Firmen fanden im Landkreis ihren Sitz.
Nostalgische Erinnerungen und neue Erfahrungen
In einer kurzen Pause konnten die Besucher analoge Filmstreifen, alte Beihefte, Dias oder auch sogenannte Daumenkinos bewundern. „Die analogen Schulfilme sind für mich wirklich eine willkommene Abwechslung zu den Filmen, die heutzutage gedreht werden“, meinte ein Zuschauer währenddessen. Abschließend gab es drei weitere Kurzfilme zu sehen. Das Thema „Natur“ war bereits vor über 80 Jahren ein Teil des Lehrplans. Gezeigt wurde bei dem Filmabend zuerst ein Röntgenfilm aus dem Jahre 1936, der das menschliche Verdauungssystem darstellen sollte. Ein Mensch war dabei durch einen Röntgenapparat gefilmt worden. Dieser musste gefärbte Nahrung zu sich nehmen, die durch das Gerät erkennbar wurde. „Bislang Unsichtbares konnte durch den Film endlich sichtbar gemacht werden“, erklärte Michal. „Es ist faszinierend, welche Hürden die Filmemacher von damals wegen der Wissenschaft auf sich genommen haben“, warf eine Zuschauerin ein. „Bedenken Sie doch, wie gefährlich und ungesund es ist, so lange vor einem Röntgenapparat zu sitzen.“ Ein anderer Kurzfilm zu diesem Thema, „Quick, das Eichhörnchen“ aus dem Jahre 1953, zeigte die Lernprozesse im Leben eines Eichhörnchens. Zum Schluss wurde ein bekannter Märchenfilm gezeigt: Der „Wettlauf zwischen Hase und Igel“ von den Gebrüdern Diehl aus dem Jahre 1938. „Diese Puppenfilme überzeugten die Zuschauer durch ihre liebevolle, detailreiche und überaus aufwendige Gestaltungsweise“, erläuterte Barbara Michal. „Der Igel ,Mecki‘ wurde gegen Ende der 1940er-Jahre zum Maskottchen der Rundfunkzeitschrift Hörzu und wuchs in den folgenden Jahren zur beliebtesten deutschen Comicfigur heran.“ Einige Zuschauer erfuhren an diesem Abend erst, wie das Schulkino früher funktionierte. Anderen bot sich die Möglichkeit, in nostalgischen Erinnerungen an die eigene Schulzeit zu schwelgen.
Quelle: sus/BOG Zeitung vom 7. Oktober 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer Sperrfrist)
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