Brauchtum
Der Maibaum ist ein Stück lebendiger bayerischer Identität . . . aber jünger als von vielen gedacht
Wer mag sich hierzulande eine Gemeinde ohne Maibaum vorstellen? Dieses Sinnbild kommunalen Selbstbewusstseins und bayerischer Identität erstreckt sich inmitten unserer Ortschaften in den weißblauen Himmel. Und wer will den Kult darum missen – das Herrichten, Bewachen, Stehlen, Auslösen, Aufstellen und Feiern? All diese ritualisierten Handlungen zeichnen einen lebendigen Brauch aus.
Neben dem alten Herkommen motiviert der Wettstreit um medienwirksame Superlative und Spektakel zur Brauchausübung. So übertrumpfte 2005 ein 50,53 Meter hoher Maibaum in Eicherloh bei Erding den bis dahin kanadischen Weltrekordhalter. Allerdings währte die Freude nur kurz. Schon 2013 maß ein Konkurrent in Abbehausen bei Bremerhaven 56 Meter Länge. Die Bayern überbieten diesen Rekord zumindest mit einem Standort in außergewöhnlicher Höhenlage. Denn der höchstgelegene Maibaum steht auf der Zugspitze und überragt mit seinen lediglich 20 Metern alle seine Rivalen. Hier fand 2004 auch der spektakulärste Maibaumdiebstahl statt: Eine gewiefte Seniorengruppe klaute den Maibaum mithilfe eines Hubschraubers.
Stählerne Kuriositäten
2011 machte eine Gemeinschaft aus 14 Vereinen in Anzenkirchen im Rottal mit einer unkonventionellen Brauchinterpretation von sich reden: Sie stellte den ersten Maibaum aus Stahl auf. Seine Stabilität sollte eine Antwort auf die Sicherheitsvorschriften sein, nach denen vereidigte Sachverständige regelmäßig die Standsicherheit der Maibäume zu untersuchen haben.
In Aldersbach, wo die diesjährige bayerische Landesausstellung an 500 Jahre Reinheitsgebot erinnert, steht als Maibaumvariante ein stählerner Zunftbaum. Schließlich lagert das Bier heutzutage auch nicht mehr in Holzfässern. Trotzdem lässt man es sich hier wie andernorts in Niederbayern nicht nehmen, am 1. Mai einen hölzernen Baum aufzustellen.Ein fiktiver Maibaum hat es sogar in die derzeit angesagte regionale Krimi-Literatur geschafft: „Der Tote am Maibaum“ lautet der Titel eines Holledau-Krimis aus dem Jahr 2014.
Wilde Spekulationen
Der Maibaum-Brauch ist lebendiger denn je. Umso geheimnisvoller sind seine vorzeitlichen Datierungen und kultischen Zuschreibungen. Es wird noch immer von keltischen Fruchtbarkeitsbäumen, von der Lebensrute, vom Phallus-Symbol oder vom Baumkult der alten Germanen fantasiert. Handfeste Quellen gab es dafür nie. Stattdessen wird die mündliche Überlieferung beschworen. Doch diese verliert sich erfahrungsgemäß bereits nach drei oder vier Generationen im Nebulösen und trägt nicht über Jahrhunderte.
Das Phänomen, Bräuche möglichst alt zu reden, ist relativ jung – zumindest aus kulturhistorischer Perspektive. Es war die von den Brüdern Grimm angeregte „vaterländische Altertumsforschung“ des 19. Jahrhunderts, welche krampfhaft nach den heidnisch-germanischen Ursprüngen aller Volksüberlieferung suchte. Diese romantisch-deutschnationale Volkstumsbegeisterung teilten auch die damals zahlreich gegründeten Geschichts- und Altertumsvereine. Deshalb sah sich der Germanist Moritz Haupt (1808 – 1874) zu der sarkastischen Bemerkung veranlasst, „es werde bald kein roter Hahn und kein stinkender Bock mehr in der Welt sein, der nicht Gefahr laufe, für einen germanischen Gott erklärt zu werden“.
Kein bäuerlicher Brauch
Der Maibaum ist weder der „germanischen Scholle“ entsprossen, noch stellt er eine bayerische Besonderheit dar. Er ist in vielen europäischen Ländern, unter anderem in französischen, englischen, romanischen und skandinavischen Landschaften, nachweisbar.
Unter einem „Maien“ verstand man den „belaubten Zweig“. Von einem „Figurenmaibaum“ mit doppelseitigen, übereinander gereihten Sprossen war bis weit ins 16. Jahrhundert noch keine Rede.
Maifeiern kannten die höfisch-ritterliche sowie die frühe bürgerlich-städtische Gesellschaft, nicht aber die ländlich-bäuerlichen Schichten. Im 17. Jahrhundert sind vor allem die Soldaten Träger des Maibaum-Brauchs. Darüber existieren reihenweise Belege in bayerischen Archiven. Soldatische „Ehrenmaibäume“ wurden den Vorgesetzten oder Honoratioren gesteckt.
Diese Form der Ehrerbietung greift im 18. Jahrhundert die zivile Bevölkerung auf. Erst waren es Bürger-, dann Bauernsöhne, die ihren Angebeteten Ehrenbäume setzten. Weil aber die „Holzverschwendung“ überhandnahm, hagelte es im Königreich Preußen und Kurfürstentum Bayern strenge Verbote gegen „alles Maienschlagen und Maiensetzen“. Erst unter Ludwig I. wurde dieses Verbot aufgehoben. Von da an entfaltete sich der Maibaum-Brauch zu seiner Blüte.
>>> Der Beitrag im PDF-Format [... hier].
Quelle: Dr. Maximilian Seefelder, in: Bogener Zeitung vom 30. April 2016
Der Autor ist Kulturwissenschaftler und Bezirksheimatpfleger. Beim Bezirk Niederbayern leitet er das Kulturreferat. Zu seinen Aufgaben zählen die Förderung und Pflege von Regionalkultur. In seiner Freizeit pflegt er ebenfalls erlernte Tätigkeiten – das Musizieren und Schreiben. Sein aktuelles Buch handelt von Bräuchen und Traditionen.
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (65)
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Sankt Rupert ...
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahresversammlung verschoben
- Die Freiwillige Feuerwehr Haselbach feiert vom 19. bis 22. Juli ihr Gründungsfest
- Sommerferienprogramm 2024 Mitterfels
- Sommerferienprogramm 2024 Haselbach
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Haselbacher Jakobimarkt 2024
- Sommerferien-Leseclub der Gemeindebücherei Falkenfels
- Mitterfelser Sommer-Malwettbewerb
- Kultur in der Burg Mitterfels
- Mitterfels: Open-Air-Sommerkonzert des Burgtheatervereins
- Burgtheater Mitterfels. Über 30 Rollen zu besetzen
- Freundeskreis der Abtei Windberg fährt nach Speinshart
- Auerhuhn-Population ist deutlich gestiegen
- Unterwegs zu ehemaligen Ortschaften in Tschechien
- Mitterfelser Magazin 9/2003 jetzt digitalisiert
- Mitterfelser Magazin 10/2004 jetzt im pdf-Format digitalisiert
- MM 10/2004. Mit dem „Feuervogel“ …
- MM 10/2004. Bekannt für landwirtschaftliche Lohnarbeiten und seine Pferde
- MM 10/2004. Traum und Wirklichkeit
- MM 10/2004. Zur Einweihung des Erweiterungsbaues der VS Mitterfels 2004
- MM 10/2004. Dorf im permanenten Wandel
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Neues aus unseren Gemeinden
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Datenschutzerklärung
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (65)
- Mitterfelser Magazin 9/2003 jetzt digitalisiert
- Mitterfelser Magazin 10/2004 jetzt im pdf-Format digitalisiert
- MM 10/2004. Mit dem „Feuervogel“ …
- MM 10/2004. Traum und Wirklichkeit
- MM 10/2004. Bekannt für landwirtschaftliche Lohnarbeiten und seine Pferde
- MM 10/2004. Zur Einweihung des Erweiterungsbaues der VS Mitterfels 2004
- MM 10/2004. Dorf im permanenten Wandel
- Die Freiwillige Feuerwehr Haselbach feiert vom 19. bis 22. Juli ihr Gründungsfest
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Mitterfels: Open-Air-Sommerkonzert des Burgtheatervereins
- Auf den Spuren eines „Orgellebens“: Orgel aus Herrnfehlburg ...
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Sankt Rupert ...
- Haselbacher Jakobimarkt 2024
- Nationalpark BW. Gasthaus Fuchs wird Pächter vom Café Wistlberg
- SV Falkenfels. Büscherl-Trail am 7. Juli
- Pfarrfest 2024 der Pfarreiengemeinschaft ...
- Mitterfels. Demokratie - Lust und Last