1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 27 Von der Schlosskapelle zur Ortskirche "St. Georg" (1734)
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Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
27 Von der Schlosskapelle zur Ortskirche St. Georg (1734)
Die Burg-und Schlosskapelle St. Georg ist schon seit 1224 bezeugt. Sie diente den Pflegern und Amtsleuten; das Patronatsrecht hatte der jeweilige "Dominus Administrator seu Curator Praefecturae Mitterfels". Der Pfarrvikar von Kreuzkirchen hielt an bestimmten Tagen Gottesdienst. Auch Taufen sind bezeugt, so zwei 1655 und später mehr. Der eine oder andere Pfleger hielt sich auch einen Schlosskaplan. Die Kapelle war konsekriert, bewahrte aber das Allerheiligste nicht auf. Das galt auch noch nach dem Neubau 1734, wie aus Kirchenrechnungen von 1764 hervorgeht: "Pro lumine perpetua nihil quia non adest Sanctissimum." ("Für das Ewige Licht nichts, weil das Allerheiligste nicht hier ist.")
Die Einnahmen sowohl für die Kirche als auch für den Pfarrvikar waren gering. Aus dem Mitterfelser Steuerbuch von 1579 erfuhren wir (in Kapitel 20), dass 4 Häuser zu St. Georg mit insgesamt 100 Regensburger Pfennigen zinsten. 1632 nahm der Pfarrer 30 Gulden für Jahresmessen ein, weitere 35 Gulden aus anderen Verrichtungen, wie Taufen. Nur 8 Gulden im Jahr zahlte der Pfleger, bis nach jahrzehntelangem Streit mit dem Abt von Oberalteich die Summe auf 30 Gulden erhöht wurde (ab 1696 - siehe Kap. 24).
Kupferstich von Michael Wening "Daß Churftl. Schloß Mitterfelß" (1726) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Dem Kupferstich von Michael Wening "Daß Churftl. Schloß Mitterfelß" (erschienen 1726, skizziert etwa 15 Jahre früher) entnehmen wir die einzige Bilddarstellung der Schlosskapelle. Sie stand rechts hinter der jetzigen Kirche. Die Apsis war nach Nordosten ausgerichtet; an der Südseite war ein Türmchen angebaut, die Kuppel darauf könnte aus dem 16./17. Jahrhundert stammen. Ein umzäunter Krautgarten schloss sich an und trennte den Dorfweiher - schon eher eine "Hilm" - vom Burggraben.
Neubau der Kirche St. Georg, 1734, mit der damaligen Mitterfelser Pfarrkirche in Kreuzkirchen links unten (Ausschnitt aus dem Gemälde unten) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Hierher kam 1734 der Kirchenneubau zu stehen. Auf dem Bild macht das Kirchlein einen guten Eindruck, doch ganz anders lautet ein Bericht des Pflegskommissärs Johann Thomas Überle (Yberle) vom 19. Januar 1730. Auf neun Seiten schrieb er, was er von der Geschichte der Georgskapelle wusste und wie "elend und miserabel" sie aussah, wie kaum ein anderes Gotteshaus in Bayern. Er schrieb unter anderem: Sie kann nicht einmal die Hälfte der Kirchenbesucher aufnehmen. Beim Eindrängen gibt es so viel Lärm, Gelächter und Angstschreien der Kinder und schwangeren Frauen, dass die Amtsleute viele Kirchgänger wieder hinausschaffen müssen. Der Priester hat am Altar kaum Platz zu seiner heiligen Handlung. Der Bau, der "sicher schon etliche Säcula steht", droht zusammenzufallen. (Wahrscheinlich erhob sich das Kircheninnere nur etwas über mannshoch.) Der Pfleger schlug vor, die Kapelle zu erweitern, und versprach, einen guten Plan und Kostenvoranschläge einzuschicken. Man errechnete zuerst 1745 Gulden für die Reparatur; schließlich wurden es aber 3324 Gulden. Es sollte nämlich die Kapelle ganz abgerissen und von den gleichen Meistern wie in Kreuzkirchen ein ganz neuer Bau daneben errichtet werden. Dem Gesuch des Pflegers wurde ein Attest des berühmten Oberaltaicher Chronisten P. Ämilianus Hemmauer beigelegt. Der schrieb: "Das nit allein Creuzkirchen ... sondern auch daß die würdtige St. Georgen Capelle und Filialkirchen zu Mitterfels so gar überaus bauföllig, schlecht, wüsst und ellendiglich beschaffen, daß derlaey glaublich im ganzen Rentambt nit anzutreffen, mithin die größte Notwendigkeit seye, wan anderst die Ehr Gottes und der heiligen nit längers leiden solle, daß dies von grund aus erpauet und bey einem, wann es nit gänzlich zu grunde gehen solle, dies langhaus und thurm ohne weitem verschub repariert und erweithert werden müsse. Habe hiemit also der Ohrten parochus Pflichtmässig attestieren wollen. P. Aemilian Hemmauer p. t. Prios Claustr. Parochus ibidem."
Das Zeugnis von Hemmauer, damals Prior des Klosters, war sicher wertvoll. Große Schwierigkeiten machte wieder die Finanzierung. Man dachte von neuem an eine Beteiligung der anderen Kirchen der Umgebung, besonders an diejenigen, welche Mitterfelser Gelder ausgeliehen hatten. Es ging wieder so wie in Kreuzkirchen. Ohne die "importante" Registratur waren keine Titel nachzuweisen, und von selbst bekannte sich niemand dazu. St. Mang bezeichnete sich immer noch als völlig depauperiert, und bei den anderen war es nicht viel anders. Da machte Überle einen anderen Finanzierungsplan. Er wollte Kirchen des Landgerichts um Anleihen angehen, die verzinst werden sollten. Er dachte an Konzell, den Gallner, an Rettenbach, Rattenberg, Neurandsberg, Hunderdorf, Gaishausen, Neukirchen, Kößnach , Pilgramsberg, Maiszell und Landasberg. Diese errechneten Konkurrenzbeiträge ergaben 672 Gulden. Sogar von Deggendorf erhoffte man sich Hilfe, das in seiner Filialkirche Ulrichsberg viele tausend Gulden stecken hatte. Auch eine Ehebruchstrafe von 287 Gulden wurde in den Finanzplan aufgenommen, dazu kam die Barschaft der Mitterfelser Kirche aus dem Zechschrein mit 569 Gulden. Aus dem Nachlassvermögen des ehemaligen Gerichtsschreibers Wolfgang Grissenauer wurden 388 Gulden in Anspruch genommen. Der Gerichtsschreiber hatte nämlich die Kirchengefälle, Zinsen, Pfenniggilten, Konvertitengelder usw. zwar verrechnet, aber nicht an das Hofzahlamt abgeliefert.
1702 und 1703 hatten die Kirchen des Landgerichts und die Hofmarken dem Kurfürsten im Voraus eine Kriegssteuer, die "Vorlehen", entrichten müssen. Diese Kapitalien wurden von 1728 ab mit 2,5% verzinst. Die Zinsbeträge sollten nun von 1728 bis 1737 nicht ausbezahlt, sondern zum Kirchenbau von Mitterfels verwendet werden. Das ergab 1575 Gulden, wenn auch die Hofmark Rattiszell dagegen Einspruch erhob.
120 Gulden machten die seit 33 Jahren bezahlten Zinsen aus Kößnach, dem Gallnerkirchlein und von Niederwinkling aus; 672 Gulden wurden von den anderen schon erwähnten Kirchen aufgenommen. Damit waren die 3324 Gulden beisammen. Die Regierung genehmigte den Plan, und im April 1732 bat Überle, die Kapelle nun abreißen und auf einem "Platz 8 bis 10 Schritt vom vorigen wieder neu aufbauen" zu dürfen.
Am 6. Mai desselben Jahres berichtete auch das Dekanat Pondorf, zu dem Mitterfels seit der Auflösung von Pfaffmünster gehörte, an das Ordinariat in Regensburg, dass der Dekan "den Augenschein in Mitterfels genommen" habe. Aus dem Bericht: "Die Schloßkapelle ist alt und baufällig Werk und so engfängig, daß sie kaum hundert Personen fassen kann , aber 300 kommen ...", auch habe der Pflegs Commissarius im dritten Gaden des Schlosses ein großes und sauberes Zimmer, das abseits vom Geschäftslärm des Gerichtes liege und seit Menschengedenken unbewohnt sei. Der Pflegkommissär bittet, dass in diesem Raum, den er herrichten wolle, bis zum Bau der neuen Kirche die Messe gelesen werde.
Am 14. Mai 1732 erteilte das Ordinariat die Erlaubnis zum Abbruch der alten Kapelle und zur Transferierung an einen anderen Ort sowie einen Neubau und die Vollmacht zur Segnung des ersten Steins nach Anweisung des Rituals. Das Sepulchrum sollte erbrochen, die Reliquien an einem "dezenten Platz" aufbewahrt und dort, wo der Hochaltar gestanden, ein Kreuz gesetzt werden. Die für Mitterfels fälligen Gottesdienste aber sollten bis zur Vollendung des neuen Baus im nächstgelegenen Gotteshaus abgehalten werden. Am 15. Februar 1734 gab dann die Regierung ihre endliche Zustimmung. Die Kostenvoranschläge der Zimmerer, Schreiner, Schlosser, Glaser usw. kannte man seit 1729. Für die Maurerarbeiten lagen gleich zwei Pläne bereit; der Voranschlag des Johann Dafner und churfürstlichen Hofmaurermeisters in Straubing sah 2164 Gulden vor; der Hofmaurermeister Johann Soher in Straubing, der auch Kreuzkirchen erweiterte, machte es um 1400 Gulden; er unterbot die reinen Lohnkosten Dafners gleich um die Hälfte. Die Zimmererarbeiten führte der uns schon bekannte Paulus Kienberger aus. Er brauchte zu dem 55 Werkschuh langen und 47 Werkschuh breiten Dachstuhl 27 große Stämme für die Brätten und 40 "Parnholz" (Balken). Für den Rohrboden, die Bretter und Latten, für eichene Pfosten, Scharschindeln, Nägel für die Bretter und Schindeln, für Farbe, Leinöl, Schmiedearbeiten am Dachstuhl und Löhne 316 Gulden; für 360 Arbeitstage verlangte er 757 Gulden. Der Schreiner Nikolaus Kimbl rechnete für die Fensterstöcke, die Aufbesserung des Altars, eine neue Rampe zum Antepedio und für einen neuen Deckel über die Öffnung oben "zur Auffahrt Christi" 71 Gulden.
Historische Szene, im Bildhintergrund Kreuzkirchen und Mitterfels. Gemälde im Pfarrhof Oberalteich. Datierung: zwischen 1734 (Bau von "St. Georg") und 1791 (Bau der Steinbrücke zur Burg). - Szene: Graf Aswin von Bogen und seine Gemahlin Luitgard überreichen (kurz nach 1100) dem Abt von Oberaltaich die Schenkungsurkunde über Bogen und Aiterhofen. - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Im September 1734 stand die Kirche im Ganzen fertig da, mit einem neuen Turm, zwei Sakristeien, zwei Oratorien, mit Musikantenchor und einem Holzgewölbe. Am 6. September wurde sie von dem Kammerer in Ascha, Rochus Posch, einfach geweiht ("simplicitier benedicta"). Die feierliche Konsekration erfolgte erst 140 Jahre später, am 17. Juni 1873, durch den Bischof Ignatius von Senestrey.
Am 24. 4. 1737 bekam die Kirche einen neuen Hochaltar, dazu Kanzel und Bänke um 230 Gulden. Der Hochaltar trug ein Bild von St. Georg und St. Margaretha, gemalt vom Straubinger Künstler Joseph Anton März um 40 Gulden. Am 29. Juli des gleichen Jahres wurde auch der Kreuzweg geweiht, und zwar im Beisein des Pflegskommissärs Überle und seines Archigrammaticus (Oberschreibers) Georg Pauer durch Pater Franciscus; der Kreuzweg kostete 23 Gulden.
Mitterfels hatte nun mit der neuen St. Georgs-Kirche eine mindest gleichwertige, wenn nicht noch größere und schönere Kirche als der Pfarrsitz Kreuzkirchen. 70 Jahre danach mochte dies bei der Säkularisation den Entschluss beeinflussen, den Pfarrsitz von Kreuzkirchen nach Mitterfels zu verlegen - zumindest war dies ein starker Trumpf für einen der Betreiber, den Landrichter Märkl. Mit den Ereignissen nach 1803 ist dies in den Kapiteln 35 und 36 dargestellt. Über die spätere Ausstattung der Kirche erfahren wir in Kapitel 68. [Diese Kapitel werden sukzessive online gestellt.]
Der Vollständigkeit halber muss noch auf ein zweites Kirchlein nächst St. Georg hingewiesen werden, von dem nur der Name und die Verwendung bekannt sind. Beides deutet darauf hin, dass es sich bei diesem St. Michaelskirchlein um ein Gruftkirchlein oder einen Karner handeln könnte. Tatsächlich wurde hier wiederholt beerdigt, so 1728 und auch 1729 ein Kind des Archigrammaticus Christian Bernhard Raab; 1728 wurde hier sogar der "Präfekt auf dem Schloßberg" beerdigt, 1731 wieder ein Kind des Raab. Dann scheint dieses Kirchlein abgebrochen worden zu sein; denn die Frau des Pflegkommissärs Überle wurde 1739 bereits in Kreuzkirchen beerdigt.
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