Die Burganlage Mitterfels (Teil 1)

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Vom Ministerialensitz zum königlich-bayerischen Amtsgericht

Das Festjahr „800 Jahre Bayerische Rauten” (2004) war nicht nur eine Bogener Angelegenheit, die von Mitterfels und Umgebung nur aus gut-nachbarschaftlicher Sicht betrachtet wurde. War doch die Burg Mitterfels ein Ministerialensitz der Grafen von Bogen, und sicherlich wurden die Urkunden des Gerichtssitzes Mitterfels - nach dem Übergang an die Wittelsbacher - mit dem Erkennungszeichen der „Bogener Rauten” gesiegelt. Ein weiterer Grund für die Beteiligung von Mitterfels: Es gibt im Landkreis Straubing-Bogen keinen vergleichbaren Ort, der bis zur Auflösung des Amtsgerichts im Jahre 1973 eine derartige kontinuierliche Verwaltungsgeschichte vorweisen kann.

Der AK Heimatgeschichte Mitterfels beteiligte sich mit einem eigenen Vortrag mit Power-Point-Präsentation am Festjahr "800 Jahre Bayerische Rauten" mit dem Thema "Die Burganlage Mitterfels. Für die Idee, die Zusammenstellung und den Vortrag zeichnete Alois Bernkopf, die Präsentation erstellte Franz Tosch. Dieser Vortrag wurde danach im Mitterfelser Magazin 11/2005, Seite 13 ff, umgearbeitet.

Berchtoldus de Mitterfels

003_erstnennungAuslöser und Anhaltspunkt für den Termin der 800-Jahrfeier von Mitterfels im Jahre 1995 war die erstmalige schriftliche Nennung des Namens Berchtoldus de Mitterfels in einer Schenkungskunde von Kreuzkirchen an das Kloster Oberalteich durch Adelheid von Runding im Jahre 1194. (Cornelia Mohr datiert in "Traditionen des Klosters Oberalteich" bereits auf die Jahre 1184 - 1188.) Bei dieser Schenkung wird deren Bruder Berchtoldus als Zeuge benannt und als Ministeriale der Grafen von Bogen und Burghauptmann in Mitterfels bezeichnet.

Die Grafen von Bogen

Damit sind wir bei dem schwierigen Kapitel der „Ursprünge der Grafen von Bogen”. Nach neuesten Erkenntnissen (siehe Holzfurtner, Historischer Atlas von Bayern, Bd. Mitterfels, 2002) war diese Familie seit der Jahrtausendwende im Besitz des Landes zwischen Donau und dem Fluss Regen: „...Sie ist in einer sonst nur selten anzutreffenden Intensität prägend geworden für die Geschichte eines ganzen Raumes, und [...] war entscheidend für die Entstehung des späteren Landgerichts Mitterfels.” (S. 15) Ihre Machtfülle und der prägende Einfluss in unserem Gebiet war nicht zuletzt durch ihre Vogteirechte über mehrere Klöster bedingt: wie Prüfening, Niederalteich, Oberalteich, Metten und Windberg.

Die weit verzweigte Sippe tritt in unserem Raum bis zum Jahre 1100 unter folgendem Namen auf: die Grafen von Windberg-Bogen, die Domvögte von Regensburg, die Herren von Zeitldorn (Zidlarin), heute Unterzeitldorn, die Herren von Roth (Kirchroth), die Herren von Weinzier.

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Abb. links: Aswin von Zeitldorn und Friedrich II., dargestellt auf einer Grabplatte in der Klosterkirche Oberalteich - Abb. rechts: Besitzverhältnisse der Grafen von Windberg-Bogen und der weitverzweigten Sippe (Quelle: Historischer Atlas von Bayern, Bd. Mitterfels, S. 30)

Der erste aus der Familie der Grafen von Windberg-Bogen, der den Titel „Graf” führt, war Aswin von Zeitldorn. (Ein Altweg führte von Straubing über Unterzeitldorn, Münster nach Falkenfels.) Dieser Aswin gründete mit seinem Neffen Friedrich II., Domvogt von Regensburg, 1080 das Kloster Oberalteich. (Siehe auch MM 2/1996, S. 6ff) Sein Nachfolger verlegte nach Gründung des Klosters Windberg 1130 den Wohnsitz der Familie nach Bogen auf den Schlossberg, nicht wie lange angenommen auf den Bogenberg.

Die Ministerialen der Grafen von Bogen

Zur Sicherung ihres Herrschaftsgebietes benötigte jede Dynastie treue Gefolgsleute, damals Milites (Militär!), später Ministerialen (Minister!) genannt. Die „domvögtische” Linie rodete vor allem den westlichen Teil der Grafschaft (westlich der Kinsach), wovon die vielen „zell”-Orte dort Zeugnis geben: Wolferszell, Rattiszell, Haunkenzell, Riederszell, Willerszell, Eggerszell, Geraszell, Hüttenzell, Zinzenzell . . . Die Dienstleute der „Windberger” Linie dagegen rodeten vor allem im östlichen Teil.

Die Ministerialen entstammten teils dem niederen Adel oder waren aus einfachen Diensten aufgestiegen und als tüchtige Verwalter und Hauptleute zu Reichtum und Ansehen gelangt. Sie nannten sich nach ihrem Wohnsitz, der häufig eine befestigte Anlage, manchmal auch eine Burg war. Im Rang am höchsten standen die Burghauptleute. Sie verfügten über eine Besatzung und konnten dem Umland Schutz und Hilfe bieten - und sie führten die Aufsicht über Abgaben und Steuern, an denen sie erheblichen Anteil hatten. Solche befestigten Anlagen waren auf dem Natternberg, auf dem Degenberg, in Falkenfels, Randsberg und Mitterfels.

Als frühester Burghauptmann in Mitterfels wird Berchtoldus genannt, der 1194 (nach Mohr zwischen 1184 - 1188) bei der Stiftung von Kreuzkirchen an das Kloster Oberalteich als Zeuge auftritt. Bei dieser Stiftung treten auch Marquardus und Renaldus von Buchberg auf, sowie die Brüder Heinrich und Marquart Schaeubing von Grub, Buchberg und Scheibelsgrub hätten also 1994 ebenfalls ihr 800-jähriges Jubiläum feiern können!006_hauptburgen

Aus: Historischer Atlas von Bayern, Bd. Mitterfels, S. 72

Weitere Ministerialensitze um Mitterfels waren: Gschwendt, Wolferszell, Bärnzell, Ascha, Tiefenbach, Erpfenzell, Haselbach, Landasberg, Haibach, Sicklasberg, Punzendorf und Konzell. . .  Die gehobene Stellung einiger Ministerialen zeigt, dass z.B. ein Rudolf von Menach ein leiblicher Sohn von Albert I. war und ein Gebhard von Menach zwei Grafen von Bogen Marschalldienste leistete. Der befestigte Sitz der Menacher ist bisher nicht bekannt. Wahrscheinlich kann man ihn entweder in Niedermenach, auf dem sog. „Häuslberg” oder in Weidenhofen suchen.

Die Bedeutung des Burghauptmanns von Mitterfels kann man daraus erkennen, dass sein Todestag am 27. November im Totenbuch des Klosters Oberalteich genannt wird. Sein Todesjahr dürfte 1210 sein, da er 1209 zum letzten Mal als Zeuge auftritt.


 

Mitterfels geht an die Wittelsbacher

Nach dem Tode Albert IV., des letzten Grafen von Bogen, 1242, geht der gesamte Besitz der Grafschaft Bogen an die Wittelsbacher. Auf dem Bild in der St. Afra-Kapelle im Kloster Seligenthal in Landshut sieht man Herzog Ludwig I. bereits mit den Bogener Rauten auf dem Schild. Auf die Hochzeit Ludmillas, der vormaligen Gattin des Bogener Grafen Albrecht VI., braucht hier nicht eingegangen werden, die ist durch das Jubiläumsjahr hinreichend bekannt.

 

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St. Afra-Kapelle im Kloster Seligenthal, Landshut: Herzog Ludwig I., bereits mit den Bogener Rauten auf dem Schild, und Ludmilla, vormalige Gattin des Bogener Grafen Albrecht IV. (aus: Neueder, Hans: “Bogen: Grafschaft, Stadt an der Donau”, Dt. Sparkassen-Verlag, Stuttgart 1999)

Der Sohn von Ludmilla und Ludwig I., Otto II., der „Erlauchte”, wurde Erbe des Herzogtums. Nach seinem Tode 1253 regierten seine Söhne, Ludwig der Strenge und Heinrich der Ältere nur zwei Jahre gemeinsam. 1255 kam es zur ersten Teilung Bayerns. Ludwig erhielt Oberbayern mit der Pfalz, Heinrich Niederbayern, zu dem damals auch der östliche Teil Oberbayerns und das Innviertel gehörten.

Nun wurde auch eine Neueinteilung der Verwaltung nötig. Es wurden vier Viztumsämter gebildet (vice dominus = Herzogsstellvertreter). Straubing wurde Sitz eines der Viztumsämter und Mitterfels wurde Sitz eines der 16 Gerichte im Viztum Straubing. Das dürfte neben der zentralen Lage im Gerichtsbezirk auch in der Stärke der Festung begründet sein. (MM 9/2003, S. 28)

 

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Gericht Mitterfels im Viztum Straubing

Holzfurtner begründet dies auch damit, dass sich in Mitterfels bereits eine Schranne (Sammelstelle der Getreideabgaben) für die Eigengerichtsbarkeit der Grafen von Bogen befand, neben je einer für die Untertanen des Klosters Oberalteich und Windberg.

Dass im Süden des Gerichts Mitterfels nicht die Donaulinie eingehalten wurde, ist damit begründet, dass das Gebiet um das ehemalige Kloster Pfaffmünster zum Grundbesitz des Augsburger Domkapitels gehörte und von Straubing aus verwaltet wurde. Wie lange solche Verwaltungsgrenzen Bestand haben können, sieht man daran, dass das Gebiet um Steinach bis zur Landkreisreform 1972 zum Landkreis Straubing gehörte.

Im 2. Herzogsurbar (Besitzverzeichnis) von 1280 ist das Gericht Mitterfels in sechs Schergenämter eingeteilt: das Amt „Thurn” (zum "Turm” = Burg gehörig), zu dem auch der Ort Mitterfels selbst gehörte, Landasberg, Kriseszell, Weibing bei Bernried, das „Schwenchenamt” zu Weißach auf dem Bühel bei Schwarzach, Fahrndorf bei Mariaposching; später kamen hinzu das Amt Kößnach, das „Waldprobstamt” um Kasparzell aus dem Besitz des Klosters Windberg und das Amt Rattenberg. Zum Gericht Mitterfels gehörten 53 Hofmarken, Edelsitze und Klöster.

Vom Pfleggericht zum Landgericht und Amtsgericht

Anfangs gab es in jedem Gerichtsbezirk nur einen Träger der Amtsgewalt, den „Landrichter”. Bald kam eine zweite Person dazu, der „Pfleger”. Dieser war zunächst nur Burgwart (Burghauptmann). Er bot polizeilichen und militärischen Schutz und war später auch für die Verwaltungsaufgaben zuständig. Das hob natürlich seine Bedeutung, so dass sich allmählich die Bezeichnung „Pfleggericht” durchsetzte. Diese Bezeichnung blieb bis 1799, ab da gab es wieder „Landgerichte”.

Während der Richter (Judex), seit das gedruckte „Landrecht” galt, ein Jurist sein musste, war der Pfleger ein Adeliger mit meist erheblichem Landbesitz. Zeitweise wohnten die Pfleger gar nicht in Mitterfels, dann setzten sie Pflegverwalter ein. Das war von 1522 bis 1646 ständig der Fall. Die „Pflege” konnte nach dem Ableben des Pflegers auch auf dessen Witwe übergehen: also eine gute Einnahmequelle und Pfründe. Nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten die „Pflegskommissäre”, wie die Pflegverwalter nun genannt wurden, allerdings Volljuristen sein.

Der wichtigste Mann in der Praxis des Gerichts war allerdings der „Gerichtsschreiber”. Er musste ein „Archigrammaticus”, ein „Erzsprachkünstler” sein, um die Urteile sprachlich richtig zu fassen. Dieses Amt wird in Mitterfels von 1523 bis 1784 benannt. Dass man vom Gerichtsschreiber sogar bis zum Landrichter aufsteigen konnte, zeigt Karl Anton Märkl. Er war von 1784 bis 1803 Gerichtsschreiber und von 1803 bis 1818 Landrichter.

Von Mitterfels aus machte auch der Hilfsschreiber Johann Kaspar Thürriegl aus Gossersdorf Karriere. Nach seiner Tätigkeit in Mitterfels wurde er während des Österreichischen Erbfolgekriegs (1741 - 1745) zunächst Offizier im Heer des bayerischen Kurfürsten, trat später in französische und preußische Dienste und warb für den spanischen König als Oberst 6.000 deutsche Siedler für die Kolonisierung der Sierra Morena in Spanien. (MM 7/2001, S. 10 ff)

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Abb. links: Der einstige Mitterfelser Gerichtsschreiber Johann Kaspar Thürriegl machte Karriere. - 

Foto rechts: Amtsgericht Mitterfels - letztes Gruppenbild vor der Auflösung: Von links: Günther Herrmann, Josef Pschorn, Gerhard Hacker, Friedl Schkölziger, Walter Bauer, Franz Lohbauer, Isolde Spanfeldner, Josef Rieger, Heinz Woelki, Hans Neidl, Ernst Hafner

Ab 1879 wurde aus dem Landrichter ein „Oberamtsrichter”. Die letzten drei werden den älteren Mitterfelsern noch bekannt sein: Dr. Gustav Kelber (1930 - 1949), Günter Herrmann (1949 bis 1.2.1973), Josef Pschorn (1.2.1973 bis 1.7.1973): Am 1.7.1973 wurde das Amtsgericht Mitterfels aufgelöst.


 

Blutgericht, Hexenprozess, Galgen und Prügelbank

 

022_wappen_mDas Wappen von Mitterfels weist auf die historischen Verhältnisse hin. Die Rauten sind die Farben der Grafen von Bogen; das silberne Schwert im roten Schildhaupt ist das Symbol der Hochgerichtsbarkeit: Blutgericht für „Malefizverbrechen”; die Tanne auf dem Hügel veranschaulicht die Lage auf einem Höhenrücken des Bayerischen Waldes.

Während die niedere Gerichtsbarkeit bei 43 Hofmarken im Gerichtsbezirk lag, war für „Malefizverbrechen” das hohe Gericht in Mitterfels zuständig. Da sich - ohne den Gerichtssitz - Mitterfels nicht von den übrigen Orten der Umgebung unterscheiden würde, ist es angebracht, sich mit dem Thema „Gericht” eingehender zu beschäftigen.

Die Gerichtsurteile waren nicht nur im Mittelalter, sondern zum Teil bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr streng, um nicht zu sagen grausam. Seit 1751 gab es im Kurfürstentum Bayern ein einheitliches Strafgesetzbuch: den „Codex Maximilianeus Bavaricus Criminalis”. Kurfürst Max III. Josef hatte Wiguläus Aloysius Xaverius Freiherrn von Kreittmayr damit beauftragt. Damit war die Rechtsprechung im gesamten Kurfürstentum einheitlich geregelt und der Willkür der Richter Einhalt geboten. Freilich beruhte das von Kreittmayr entworfene Strafgesetzbuch noch überwiegend auf dem Prinzip der Abschreckung.

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Das Mitterfelser Gericht mit dem Gefängnisturm (Postkarten-Sammlung: Elisabeth Aumer)

In der „Chronik Markt Mitterfels” (S. 51 ff) sind viele Urteile und Hinrichtungen am Gericht Mitterfels aufgeführt. Hier einige Beispiele:

• 1746 wird der „fahrende Büttel” Ägidius Breithaeuser, 48 Jahre alt, mit dem Schwert hingerichtet, weil er trotz Ausweisung in das „Vaterland” (d.h. in den Heimatort) zurückgekehrt ist. Am gleichen Tag wird ein Wolfgang Pruner wegen Diebstahl gehängt.

• 1750 wird der Holzarbeiter Johann Hergang wegen Bestialität mit dem Schwert getötet.

• Am 28 September 1750 wird ein Stefan Rauscher mit dem Schwert hingerichtet, weil er dreimal versucht hat sich das Leben zu nehmen: durch Aufhängen, Aufschneiden der Adern und Verschlucken von Spinnen.

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• 1758 wird ein Josef Haimerl wegen Diebstahls gehängt.

• l759 wird die ledige Magdalena Kreindlein geköpft. (Delikt unbekannt!)

• 1772 wird der 42-jährige verwitwete Arbeiter Johann Sagstetter aus Pfelling wegen Diebstahls gehängt und sogleich neben dem Galgen verscharrt. Vorher war er 23 Wochen in der Fronfeste Mitterfels in Ketten an die Wand geschlossen. Er starb jedoch gut vorbereitet und von zwei Geistlichen zur Richtstätte geleitet.

• Tragisch erscheint der Fall der Anna Osterkorn aus Elisabethszell. Sie gebar ein lediges Kind, das sofort nach der Geburt starb. Sie begrub es nachts im Friedhof, wurde ertappt und des Mordes angezeigt, in Mitterfels verhört und wegen Leugnens auf dem Folterstock gepeinigt und schließlich zum Tod durch das Schwert verurteilt.

Für nicht weniger als 33 Verbrechen gab es die Todesstrafe, vollstreckt durch das Schwert oder den Galgen. Für die Urteilsfindung war auch noch die peinliche Befragung, d.h. die Folter, möglich. Ein humaneres Strafgesetz gab es erst seit 1813, unter König Max I., verfasst von dem Juristen Anselm von Feuerbach. Seit dieser Zeit wurde die Todesstrafe in der Regel nur bei Raub, Mord und Vergewaltigung ausgesprochen.

Galgen und Hinrichtungsstätte in Mitterfels

Dass die Hinrichtungsstelle öfter gewechselt wurde, geht daraus hervor, dass sich auf dem Liquidationsplan von 1838 zwischen der Aschaer und der Haselbacher Straße die Flurbezeichnungen „Galgenholz” und „Galgenacker” finden und westlich der Bayerwaldstraße die Bezeichnung „Auf der Köpfstatt”. Die letzten Hinrichtungen fanden auf der Wiese zwischen der Gaststätte Moosmüller und Höfling statt. Der „Blutstuhl” (auf dem der Verurteilte festgeschnallt war) wurde auf dem Hof in Höfling gelagert. Von dort kam er ins Kreismuseum Bogen. Seit 1945 ist er nicht mehr auffindbar.

 

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Foto links: Die Original-Prügelbank im Burgmuseum - Abb. rechts: So könnten die Galgen des Landgerichts ausgesehen haben. (Aus: Chronik Markt Mitterfels, S. 93)

Die Original-Prügelbank für leichtere Vergehen befindet sich im Heimatmuseum Mitterfels. Es hält sich die Anekdote über einen Haselbacher Bauern, der wegen eines Deliktes zu 25 Stockschlägen verurteilt worden war. Die beiden Schergen legten ihn rücklings entblöst auf die Prügelbank und fixierten Arme und Beine mit Hilfe von eisernen Schellen. Nun begann der Strafvollzug. Nach dem 20. Hieb meinte einer von den beiden: „Die letzten fünf schenk ma eam!” Entrüstet rief der Delinquent: „Von eich noudige Mitterfelser loß i mir nix schenga. Dats weida!”)

Hexenprozesse in Mitterfels

Natürlich gab es in Mitterfels auch Hexenprozesse. Nach den Forschungen von Dr. Gerhard Schwertl vom Staatsarchiv Landshut sind im Pfleggericht Mitterfels zwischen 1584 und 1738 48 Hexenprozesse nachgewiesen, wobei es viele Lücken gibt. Es ging dabei um die Delikte Hexerei, Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft, sowie um Schatzgräberei und Teufelsbeschwörung. Dabei gab es 16 Todesurteile, 15 Hinrichtungen und nur eine Begnadigung.

Nach 1600 gab es keine Hinrichtungen mehr durch Verbrennung bei lebendigem Leib, sondern - wie in der Malefizprozessordnung von 1616 empfohlen (!) - Strangulierung an einer hölzernen Säule mit anschließender Verbrennung der Leiche.

Eine Ausnahme war die Hinrichtung der Kindsmörderin Margaretha Würthin von Bumhofen (Pumphofen) bei Haselbach am 15. Dezember 1724. Sie wurde mit dem Schwert hingerichtet und anschließend zu Asche verbrannt (Abb. MM 1/1995, S. 23). Das 1995 zur 800-Jahrfeier vorgesehene Theaterstück um diesen Hexenprozess hat damals in der Gemeinde und in der Presse viel Staub aufgewirbelt und wurde nicht verwirklicht.

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Deckblatt zum Prozessakt der Margaretha Würthin von 1724 (StA Landshut, Pfleggericht Mitterfels, A163)

Die letzte öffentliche Hinrichtung in Mitterfels

Die letzte öffentliche Hinrichtung in Bayern fand 1865 statt. In Straubing wurde letztmals 1851 ein Raubmörder öffentlich hingerichtet. In Mitterfels war die letzte öffentliche Hinrichtung durch Enthauptung am 13. August 1847. Hingerichtet wurde der Schullehrer Dominikus Hahn aus Konzell. Er ließ durch den Knecht Egid seine Frau ermorden, weil er der verführerischen Magd, seiner Kusine Magdalena, in Leidenschaft verfallen war. Die beiden wurden durch König Ludwig I. zu lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt, Dominikus Hahn mit dem Schwert hingerichtet. Der Landrichter Ludwig Wieser verfasste darüber einen Prozessbericht, der gedruckt vorliegt.

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Titelblatt der Predigt (links) und des Berichts des Königl. Landrichters Wieser bei der Hinrichtung des Dominikus Hahn 1847. Auf dem Titel von Carl Oskar Renners Roman über diese Hinrichtung ist die Mitterfelser Burg in Anlehnung an Donauers Wandgemälde abgebildet.

Die Hinrichtungsstätte befand sich westlich der heutigen Gastwirtschaft Moosmüller an der Straße nach Straubing. Die Hinrichtungsbühne ragte etwa drei Meter auf, damit alle Zuschauer den Vorgang gut sehen konnten. Man wird an heutiges Reality-TV erinnert: Tausende von Neugierigen waren gekommen, manche bis von Passau her. Man sah viele Geistliche unter der Menge. Manche Frauen trugen ganz kleine Kinder auf ihren Armen. Es war ein Freitag, dieser 13. August, obwohl nach altem Aberglauben Hinrichtungen nur an Montagen und Samstagen stattfinden sollten.


 

Historische Darstellungen der Burg Mitterfels

Durch die Nennung eines Burghauptmanns (Berchtoldus) ist in Mitterfels schon um 1194 eine Burg bezeugt. Allerdings findet sich erst 1560 eine erste bildhafte Darstellung auf einer der Landtafeln des Philipp Apian, in Kupfer gestochen 1579 von Peter Weinerus.

Die Landtafel von Philipp Apian um 1560

023_apian1560_detailPhilipp Apian (1531 bis 1589) war Professor an der Universität Ingolstadt. Im Auftrag Herzogs Albrechts V. hat er um 1560 das Herzogtum Bayern das erste Mal vermessen und in „24 bairischen Landtafeln” dargestellt. Mit diesen Landtafeln besitzen wir die früheste und zugleich schönste Landkarte, die es von Bayern gibt.

Hier ist neben einer größeren Burg westlich der Menach eine kleinere Burg östlich der Menach dargestellt, die bereits „ruinös” erscheint. Es wird vermutet, dass sie im sog. „Löwleraufstand” (1489 - 1493) zerstört wurde. 46 Ritter des Bayerischen Waldes hatten sich zu einem Ritterbund zusammengeschlossen. Sie trugen als Abzeichen eine goldene Halskette, die aus kleinen Löwen gebildet war, daher ihr Name.

Herzog Albrecht der IV. hatte zur Modernisierung des Kriegswesens eine Kriegssteuer, das „Reisgeld” ausgeschrieben, die von Rittern, Bürgern und Bauern bezahlt werden sollte. Der Pfleger von Mitterfels, Christoph von Fraunberg ließ sie von seinen Schergen mit großer Härte eintreiben. Während die Bauern ihre kleinen Beträge willig abgaben, da sie dadurch vom „Landaufgebot” (Kriegsdienst) befreit waren, weigerten sich die Ritter im „Vorderen Wald” mit Hinweis auf die „Ottonische Handfeste” von 1311, bei der ihnen das Mitspracherecht bei Ausschreibung der Steuern zugestanden worden war. In diesem Aufstand, der sich zu einem regelrechten Krieg ausweitete, versanken nicht nur viele Dörfer in Schutt und Asche, sondern es wurden auch viele Burgen der Aufständischen zerstört. Wahrscheinlich wurde bei diesen Kriegshandlungen auch die zweite Burg Mitterfels zerstört. Auf dem Katasterblatt von 1920 ist der Standort der einstigen zweiten Burg als „Burgstall” gekennzeichnet. Heute sind an dieser Stelle der Standort des Turmes sowie Burgraben und Wälle im Gelände (in der vegetationsarmen Jahreszeit) noch deutlich zu erkennen.

Burg Mitterfels 1590: Wandgemälde von Hans Donauer im Antiquarium der Münchner Residenz

024_donauer1590Auf dem Wandgemälde von Hans Donauer im Antiquarium der Münchner Residenz ist - neben der großen Burg - auch eine kleinerer Burgturm östlich der Menach zu erkennen, der bereits eine Ruine ist. Das Gemälde zeigt eine sehr imposante Burganlage auf dem Steilhang über der Menach. Der Künstler hat wohl die Größe etwas übertrieben oder wollte dem Imponiergehabe des Herzogs entgegenkommen. Genaueres zur Darstellung von Donauer später bei Wening.

Darüber, wie es Mitterfels im Dreißigjährigen Krieg erging, wissen wir nichts Genaues. Sicher konnte der Türmer den Feuerschein der brennenden Dörfer in der Donauebene und der Stadt Straubing beobachten. (Max Lachner, 800 Jahre Geschichte um Mitterfels, S. 67:) „Auch Mitterfels konnte sich gegen die Schweden nicht halten. Das Schloss wurde besetzt, aber seine Gebäude wahrscheinlich nicht allzu sehr beschädigt. Nur das Archiv und die Registratur wurden auseinander gerissen, vieles wohl auch verheizt, verschmutzt und unbrauchbar gemacht. Alle späteren Pfleger und Landrichter beklagen sich immer wieder, dass sie keine Urbare und Gerichtsakte mehr hätten, um in Streitsachen zu entscheiden. Noch 1729 klagt der Pflegskommissär Johann Thomas Yberle, dass er keine Rechnungen mehr finde, weil die hiesige Gerichtsregistratur unter den vorgewesten Feintzeiten, forderts bei Ruinierung des Schlosses Mitterfels gänzlich distrahiert (auseinder gerissen) worden sei.”

Kupferstich von Michael Wening um 1710

025_wening1710Den besten Eindruck vom einstmaligen Ausehen und von der Funktion der Burganlage vermittelt uns der Kupferstich von Michael Wening, als „Churfüstl. Schloss Mitterfels”, um 1710 skizziert, 1726 erschienen als 3. Band der „Landbeschreibung der vier bayer. Rentämter München, Burghausen, Landshut und Straubing” (Abb. auf Seite „Historische Darstellungen”).

In der „Historio - Topographica Descriptio” ist der Gerichtssitz Mitterfels beschrieben (MM 1/1995, S. 8 uund 9; CHRONIK Markt Mitterfels,  S. 101 f). Hier ist zu bemerken, dass die Unterscheidung „Burg - Schloss” im kunstgeschichtlichen Sinn erst im 19. Jahrhundert erfolgte. Als allgemeiner Ausdruck für eine befestigte Wohnanlage galt bis ca. 1400 das Wort „castrum” = Burg, nach 1400 „veste” = Festung, erst im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde das Wort „Schloss” gebräuchlich.

Wening beginnt seine Beschreibung (CHRONIK… S. 101):  „Es ist Mitterfoelß ein altes auff einem Felsen erhoechtes Schloß mit zwey dicken Mauren / auch auff denen Seyten / so gegen Mittag und Nidergang der Sonnen stehen / mit einem tiefen, auß Stein außgehauten Graben geschlossen / gegen Auffgang aber und Mitternacht sencket sich das Ende deß Bergs in ein tieffes Thall gegen einem Perlhaltigen durch Klifften und Stein durchrauschenden Bach ... “

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Ausschnitt aus Michael Wenings „Historio-Topographica Descriptio” von 1726

Über die Gebäude und deren Zustand berichtet Wening lediglich: „Das Schloß ... hat am baeulichen Standt zwar keynen Abgang / aber Wohnungen von schlechter Zierlichkeit

Votivtafel: Mitterfels im Österreichischen Erbfolgekrieg  (1740 - 1747)

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Eine Darstellung der Mitterfelser Burg stammt aus der Zeit des Österreichischen Erbfolgekriegs (MM 9/2003, S. 131). Der Überlieferung nach soll Trenck der Pandur das Schloss Mitterfels sechs Wochen lang belagert haben. Dies ist jedoch schriftlich nicht belegt. Aber die Votivtafel der Mitterfelser Pflegersgattin Maria Josepha Yberle zum Dank für die Errettung in den Kriegsjahren 1742 bis 1744 gibt ein Zeugnis davon. Sie befindet sich im Original im Museum Mitterfels.


Mitterfels um 1750: Gemälde im Oberalteicher Pfarrhof

Eine weitere Darstellung der Burg Mitterfels mit dem alten Pfarrsitz Kreuzkirchen ist auf einem Gemälde dargestellt, das sich im Pfarrhof Oberalteich befindet (MM 1/1995, S. 6, und als Titelbild im MM 15/2009). Es zeigt eine Szene bei der Übergabe der Schenkungsurkunde durch Graf Aswin und seiner Gemahlin Luitgard an den Abt von Oberalteich. Einen Ausschnitt aus dem Gemälde zeigt das Titelbild des Historischen Atlas von Bayern, Band Mitterfels, München 2002 (MM 9/2003, S. 22). Hier ist bereits die neue Kirche St. Georg zu sehen, die an Stelle der ehemaligen Burgkapelle gebaut wurde, die ebenfalls dem hl. Georg geweiht war. Das Bild gibt einen guten Eindruck von der geringen Größe des Ortes Mitterfels wieder. Dabei dürfte sich seit der Steuerbeschreibung von 1579 wenig geändert haben.

Darin heißt es: Der „Waldort” Mitterfels besteht aus 19 schindelgedeckten Häusern, deren Bewohner überwiegend im Dienste sowie der Sicherung und Versorgung der Burg stehen, 9 davon sind Handwerker und Gewerbetreibende, nur 6 sind kleine Söldner. 4 Häuser gehören Amtspersonen des Pfleggerichts. Eines davon ist das Fürstliche Kastenprobstamt, Gerichtsschreiberhaus (heute Stiegler, Burgstraße 20). Bei der Renovierung im Jahre 1989 stellte sich heraus, dass es bereits im Jahre 1548 erbaut worden war und damit das bis dahin älteste datierte Blockhaus in Niederbayern ist. (Inzwischen weiß man, dass die „Hien­Sölde” noch älter datiert wird.)

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Das frühere Kastenprobstamt (heute Haus Stiegler) in der Burgstraße: Vor der Renovierung, die mit sehr viel Rücksicht auf den historischen Bestand durchgeführt wurde, und nach dem Umbau.

 

Die größeren Höfe, die den Klöstern Oberalteich und Windberg abgabepflichtig waren, befanden sich im Umkreis von Mitterfels. Daran änderte sich auch in den nächsten 200 Jahren kaum etwas. Die „Fassion” (Steuerbescheid) von 1808 stellt für das Dorf Mitterfels lediglich 32 Häuser fest. Diese befanden sich fast ausschließlich in der heutigen Burgstraße.

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Ein Vergleich zwischen dem „Fassionsplan” von 1808 und den Luftaufnahmen von 1941 und 1952 zeigt schon optisch, dass sich Mitterfels in diesem Zeitraum nicht überaus verändert hat. (Ansichtskarten: Elisabeth Aumer)

Landrichter Markus Meier stimmte 1824 dem Antrag der Bogener Bürger zu, den Landgerichtssitz nach Bogen zu verlegen, denn es gebe in Bayern wohl keinen so elenden Gerichtssitz wie in Mitterfels und es gebe auf der schmalen Landzunge auch keine Ausdehnungsmöglichkeit. Auch um die Versorgung stünde es schlecht, da die einzige Landstraße nicht zum Schloss führe, sondern am Rande vorbei (nach Kötzting). Diesem Ersuchen wurde in München jedoch nicht stattgegeben.

034_rentamtDie ungünstige geographische Lage und die schlechte Verkehrsanbindung verhinderten die Entwicklung des Landgerichtssitzes Mitterfels. Der Ort steht seit Jahrhunderten im Schatten des Marktes Bogen. Die wirtschaftliche Entwicklungsachse verlief und verläuft immer noch entlang der Donau. 1838 wurde aus dem südlichen Teil des Landgerichts Mitterfels das Landgericht Bogen gebildet. Mitterfels hatte zwar den größeren nördlichen Anteil und bekam 1860 sogar ein „Rentamt” (Finanzamt), aber bereits 1861 wurde die Verwaltung und Rechtspflege in Bayern getrennt und Bogen wurde Sitz des Bezirksamtes und des Bezirksamtmanns.

1860 bekam Mitterfels ein „Rentamt” (Finanzamt - heute als „Felsenkeller” bezeichnet).

 

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Ausschnitt aus Michael Wenings „Historio-Topographica Descriptio” von 1726

036_burgQuellen:

• Holzfurtner/Pindl: Historischer Atlas von Bayern, Bd. 62, Mitterfels, München 2002

• Bernhard Ernst: Burgenbau in der südlichen Oberpfalz vom Frühmittelalter bis zur frühen Neuzeit, Teil I, Büchenbach 2003

• Max Lachner, 800 Jahre Geschichte um Mitterfels - Zweite, erweiterte Auflage, bearbeitet von Franz Wartner, Mitterfels 1988

• Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 1-10

• Alois Bernkopf: Pflegerburg Mitterfels wurde saniert, in: Der Bayerwald 4/2001

• Alois Bernkopf: Gemeindebürger sind nun Burgherrn, in: Der Bayerwald 3/2003

Fotos: Alois Bernkopf, Wolfgang Feldmeier (Kastensölde), Martin Graf (Titelbild und nebenstehendes Foto)

Dank an Frau Elisabeth Aumer (Ansichtskarten) und Josef Brembeck (Apiankarte und Foto Votivtafel Yberle)

>>> Es folgt ein 2. Teil.

 

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