1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 02 Unter den Grafen von Bogen

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Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.

Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.

02 Unter den Grafen von Bogen

Anmerkungen zur Genealogie der Grafen von Windberg-Bogen

Nach der neueren Genealogie-Forschung die Grafen von Windberg-Bogen betreffend (durch Holzfurtner, Piendl, Mohr, Tyroller u. a.) ergibt sich – vereinfacht und zusammenführend dargestellt – folgendes Bild: Spätestens seit der Jahrtausendwende saß in unserem Gebiet eine besitzmächtige Familie mit einer weit verzweigten Sippe von Agnaten (männlichen Verwandten). Die These Tyrollers, dass sie vom Geschlecht der Babenberger abstammt, bleibt eine nicht beweisbare Hypothese und ist von anderen widerlegt worden. Zwei Linien des Hauses bildeten sich zu Beginn des 12. Jahrhunderts erkennbar heraus, weil Ihre Mitglieder als Inhaber von bedeutenden Ämtern fungierten, zum einen als „comes“, als Grafen (von Windberg-Bogen), zum anderen als Domvögte zu Regensburg. Alle anderen Kleinfamilien innerhalb des Hauses, die Zeitldorner, die Herren von Kirchroth, von Hofweinzier hatten nicht länger als zwei Generationen bestanden. Die genaueren genealogischen Verbindungen der einzelnen Glieder untereinander dürften zum Teil wohl nicht zu klären sein. Kar ist aber, dass ein relativ enger Zusammenhang unter den Linien vorhanden war. Das zeigt sich auch in der Beerbung der Domvögte durch die Grafen von Bogen, nachdem diese im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts ausgestorben waren oder an der Beteiligung der Ausstattung des Klosters Oberaltaich durch Schenkungen.  

Der Name „Grafen von Bogen“ ist allerdings erstmals bei Berthold II. 1142 in den Quellen zu finden, also nach der Gründung des Hausklosters Windberg dieser Familie. Windberg war zu dieser Zeit Sitz der Grafen-Linie, erst später wurde Bogen als der zentralere Ort Hauptsitz.

In der neueren Forschung besteht Einigkeit, dass die zentrale Gestalt in der ersten quellenmäßig fassbaren Generation

Liutgard, aus einem schwäb. Adelsgeschlecht stammend, ist. Sie ist nachweislich die Stammmutter der Grafen von Windberg-Bogen, da die Grafen Adalbert und Berthold in den „Traditionen des Klosters Oberaltaich“ ausdrücklich als ihre Söhne bezeichnet werden. Einig ist sich die neuere Forschung auch darin, dass der Gemahl Liutgards nicht As(ch)win von Zeitldorn sein kann, wie frühere Genealogieforscher glaubten. Die Aussage, Aswin von Zeitldorn sei Stammvater der Grafen von Windberg-Bogen, ist also widerlegt. Auch ein hypothetischer Gemahl Adalbert (Bruder des Domvogts Friedrich I.) ist durch nichts zu belegen.

Mit (Piendl und Mohr noch unbekannten) lange nicht beachteten Quellenaussagen erwägt Holzfurtner eine neue Variante von Beziehungen: In den „Traditionen des Klosters St. Paul zu Regensburg“ heißt es, dass der „Edle“ Friedrich unter Zustimmung seiner Hausfrau (Gemahlin) anlässlich des Eintritts seiner Tochter Tuta in das Kloster St. Paul Besitz an dieses übergibt. Mit Friedrich – so bei Holzfurtner – sei der Domvogt Friedrich I. gemeint. Es ergäbe sich das Bild, dass die Mutter der ersten Grafen von Bogen mit Domvogt Friedrich I. verheiratet war und in weiterer Konsequenz Domvogt Friedrich II. und die Grafen Adalbert und Berthold Brüder waren. Das würde auch heißen, dass die Grafen von Bogen von den Domvögten zu Regensburg abstammen und zwar von Friedrich I.

Wie stand nun Aschwin von Zeitldorn zur Familie der Domvögte und der Grafen von Windberg? Holzfurtner hält es nach den oben angeführten Quellen für erwiesen, dass Aschwin und Domvogt Friedrich I., der Gemahl der Liutgard,  Brüder waren - und Aschwin damit der Onkel des Domvogts Friedrich II. und der Grafen Adalbert und Berthold.

Die Grafik zur „Genealogie der Grafen von Windberg-Bogen“ in diesem Kapitel entstand mit Hilfe dieser neueren Erkenntnisse Holzfurtners.

Literatur

· Max Piendl, Die Grafen von Bogen I (Jahrbuch Historischer Verein Straubing 55, 1952); II (JbHVS 56, 1954); III und IV (JbHVS 57, 1955)

· Franz Tyroller, Genealogie des altbayerischen Adels im Hochmittelalter, München 1962

· Cornelia Mohr, Die Traditionen des Klosters Oberalteich, München 1979

· Ludwig Holzfurtner, Die Grafen von Windberg-Bogen und die Domvögte von Regensburg, in: Max Piedl/Ludwig Holzfurtner, Historischer Atlas von Bayern MITTTERFELS

Franz Tosch

 

 

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Unter den Grafen von Bogen

Erbliche Grafschaften bildeten sich um die Jahrtausendwende in großer Zahl, jede auf selbständigem Gebiet und bedacht auf Mehrung von Macht und Besitz, sei es durch Kauf, Tausch, Erbschaft oder auch Kolonisation im noch nicht voll erschlossenen Waldgebirge. Es waren gar mächtige darunter, die dem Herzoghaus nicht nachstanden.

Die Grafen von Bogen zählten auch zu den bedeutenderen. Sie hatten um 1060 den östlichen Donaugau von den Babenbergern übernommen; das war ein reicher Grundbesitz - wertvolles Bauernland zwischen Pfatter und Isarmündung, zukunftsträchtiges Rodungsland im Vorwald.

Die Bogener traten in zwei Linien auf: die "domvögtische" unter den Grafen Friedrich I., II. und III. und die "Windberger" (später in Bogen und Natternberg) unter Hartwig, Aswin, Albert I. , Berthold II. , Albert III. und Albert IV. Stammvater war der Graf von Abensberg, ein Abkömmling jenes Grafen von Scheyern (später Wittelsbach), dem man eine Nachkommenschaft von 30 Söhnen und 8 Töchtern nachsagt. [Siehe dazu Anmerkungen!]

Die hohe Rangstellung der Bogener erhellt aus ihren Vogteirechten: über das Hochstift (Bistum) Regensburg, über die Klöster Prüfening, Obermünster, St. Jakob, zeitweilig auch Niederalteich, und schließlich über ihre zwei Eigengründungen Oberalteich und Windberg.

Das Bedeutendste für unseren Raum ist die gewaltige Rodungs- und Siedlungstätigkeit der bei den Bogener Sippen. Die domvögtische Linie kolonisierte vorwiegend westlich der Kinsach, aber auch noch zwischen Hirschenstein und Zeller Höhe. Auf sie gehen die zahlreichen "zell"-Orte zurück: im Kinsachtal Wolferszell, Wiesenzell, Erpfenzell; um Falkenfels Riederszell, Willerszell, Eggerszell, Geßmannszell, Auenzell; und in noch größeren Höhenlagen Zinzenzell, Geraszell, Englbarzell u. v. a. Die Windberger Linie verlegte den Schwerpunkt ihrer Siedlungstätigkeit in den mehr östlichen Bereich. Neben den Klöstern (Oberaltaich seit etwa 1100, Windberg seit 1142) lagen Rodung und Besiedlung in Händen der zahlreichen Ministerialen, Dienstleute, damals auch als Miles, Milites, Militantes bezeichnet. Diese entstammten teils dem Adel, teils waren sie aus einfachen Diensten aufgestiegen zu tüchtigen Führern und Verwaltern und dabei selber zu Reichtum und Ansehen gekommen. Zwei Drittel des Neubruchzehnten standen ihnen zu - das steigerte ihr Interesse an der Neulandgewinnung und gab ihnen auch die Möglichkeit zu eigener Besitzausweitung. Sie nannten sich nach ihrem Wohnsitz, häufig eine befestigte Anlage, manchmal schon eine Burg.

Im Rang am höchsten standen die Burghauptleute. Sie verfügten über eine starke Besatzung und konnten so dem Umland Schutz und Hilfe bieten, konnten aber auch die Aufsicht führen und Abgaben und Steuern einziehen. Solch starke Festungen lagen auf dem Natternberg, am Bogenberg, auf dem Degenberg, in Mitterfels, Falkenfels und Randsberg.

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Von Mitterfels ist uns als frühester Burghauptmann Berchtholdus de Mitterfels bekannt; im Oberaltaicher Totenbuch ist sein Todestag als 27. November eingetragen, das Sterbejahr dürfte um 1210 liegen; 1209 erscheint er zum letzten Mal als Zeuge.

Aus der Dichte des Ministerialennetzes lassen sich Planmäßigkeit und Zielstrebigkeit für Rodung und Besiedlung ablesen. Im engeren Mitterfelser Bereich war zwar in erster Linie das Kloster Oberaltaich wirksam, es gibt aber dennoch auch hier eine ganze Reihe von Ministerialensitzen: Scheibelsgrub, Gschwendt, Wolferszell, Bärnzell, Ascha, Tiefenbach, Erpfenzell, Haselbach, Landasberg, Autsdorf, Steinburg.

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Tiefer im Wald lagen Haibach, Sicklasberg, Punzendorf, Konzell. Auf den westlichen Höhen lagen Wiesenfelden, Zinzenzell, Wetzelsberg und (vorerst als Nordgrenze) Sattelbogen. Im Bogener Umkreis waren es Pfelling, Freundorf, Lenach, Furth, Nieder- und Obermenach, Bärndorf, Stetten, Hofdorf, Hunderdorf, Taussersdorf. Im östlichen Bereich waren es Welchenberg, Hörabach, Schwarzach, Frammelsberg, Penzkofen, Meidendorf, Kolwessen, Perasdorf. - Der Griff nach dem inneren und hinteren Wald kam dazu: die Steinburger rodeten Böhmersried hinterm Predigtstuhl, und die Grafen begannen (um 1200) mit dem Burgenbau auf dem Hohen Bogen (Burgstall) und dem Großen Osser.

Die gehobene Stellung einzelner Ministerialen mögen einige Beispiele zeigen. Ein Rudolf von Menach war leiblicher Sohn des Grafen Albert I., ein Gebhard von Menach leistete zwei Grafen Marschalldienste; die Menacher hatten einen befestigten Sitz auf dem Häuslberg unweit Weidenhofen. Die Wetzelsberger fungierten als Mundschenk (Pinzera) der Grafen, die Penzkofer und auch die Hörabacher als Truchsess (Dapifer). Die Frammelsberger konnten sich eine große Gönnerschaft für das Kloster Windberg leisten; sie rodeten gegen den Hirschenstein zu. In den Zeugenlisten standen die Namen der bedeutsameren Geschlechter obenan. Dort erscheint auch Landold von Landasberg, das nebenbei auch (nach dessen Bruder Christian) als Christiansberg bezeichnet wurde. So steht für unseren Raum die Kolonisationsleistung unter den Grafen von Bogen obenan. Auswüchse einzelner Grafen auf kriegerischem Gebiet und gegenüber den Klöstern stehen auf einem anderen Blatt. 1242 starb der letzte Graf von Bogen Albert IV. Nicht seine Witwe Richizza trat das Erbe an, sondern seiner Mutter Sohn aus zweiter Ehe, der Bayernherzog Otto der Erlauchte. Für Mitterfels sollte das von entscheidender Bedeutung werden.

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St. Afra-Kapelle im Kloster Seligenthal, Landshut: Herzog Ludwig I., bereits mit den Bogener Rauten auf dem Schild, und Ludmilla, vormalige Gattin des Bogener Grafen Albrecht IV. (aus: Neueder, Hans: "Bogen: Grafschaft, Stadt an der Donau", Dt. Sparkassen-Verlag, Stuttgart, 1999)

Quelle: Franz Wartner, Chronik Markt Mitterfels / Bearbeitung und Bildrecherche: Franz Tosch

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