Mitterfels
Zeitzeuge erinnert sich an die Zeit vor Kriegsende
Vergrößern durch Anklicken!
Anlässlich des bevorstehenden Jahrestages der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg, dem 8. Mai 1945, erinnert sich Kriegskind Alfred Schindler aus Mitterfels an die ungewisse und beängstigende Zeit kurz vor Kriegsende.
Das Kriegsende sowie die Tage und Wochen davor und danach erlebte ich in Seybothenreuth, einer kleinen Ortschaft im südlichen Landkreis Bayreuth, Oberfranken.
Ich war damals ein „Dreikäsehoch“, geboren am 25. Juni 1941. Unser Vater war noch im Krieg. Nachrichten über seinen Verbleib hatten wir nicht – das war für uns beklemmend. Wir drei kleinen „Orgelpfeifen“, so nannte man uns in Verwandschaftskreisen wegen der Geburtenreihenfolge 1939, 1940, 1941, bewohnten mit unserer Mutter das Bahnhofsnebengebäude an der Bahnstrecke Bayreuth – Weiden. Wegen der Militärzüge, Transport von Kriegsgerät und Munition sowie der Nähe des Zielgebietes Bayreuth kein ungefährlicher Ort – mögliches Zielobjekt feindlicher Bomber!
Wiederholt heulte vor allem des Nachts am Wohnort die Sirene. Fliegeralarm. Schnell die schwarze Verdunkelung an den Fenstern herunterlassen, Licht aus und ab in den Keller. Dort saßen wir dann mit der Mutter bei Kerzenlicht verängstigt auf zwei gepackten Koffern und warteten zusammengekauert hoffend und bangend auf das Signal der Entwarnung. Die Bombenlast galt der nur wenige Kilometer entfernten Stadt Bayreuth. Dort brachte sie Tod und Zerstörung. Unser Dorf wurde in den letzten Tagen auch noch beschossen. Versprengte SS-Soldaten hielten sich hier versteckt, mindestens einer von ihnen ist gefallen, andere konnten sich fluchtartig absetzen, erzählte uns später unser Vater. Eine Panzergranate traf unser Haus, ein Bahnhofsnebengebäude. Welch eine glückliche Fügung – das Geschoss blieb als Blindgänger in der Hauswand stecken. Wir durften unverletzt überleben. Ich könnte noch heute die Stelle zeigen, wo die Granate einschlug.
Unser Vater, der in den mörderischen Krieg nach Russland hatte ziehen müssen, überlebte angeschlagen. Mit einer Verwundung am Arm, ein Granatsplitter hatte ihn getroffen, kam er im Frühjahr 1945 zur Familie nach Seybothenreuth zurück. Es war Nachtzeit. Hörbar klopfte unser Vater an die verschlossene Haustür und machte sich mit gedämpften Ruf „Kuni!“, Abkürzung für Kunigunda, bemerkbar. Ich wachte dadurch auf. Mein Gedächtnis als 81-Jähriger hat diese emotionale Situation klar gespeichert, als sei es gestern gewesen. 78 Jahre ist dies nun schon her. Wo ist die Zeit denn bloß geblieben? – Wie eine Prophezeiung erscheint in diesem Zusammenhang eine Begebenheit nur wenige Tage zuvor. Ein Militärzug hatte im Bahnhof einen längeren Halt einlegen müssen.
Einige Soldaten in Uniform kamen zu uns ins Bahnhofsnebengelände, um sich zu waschen, zu rasieren und sich etwas aufzuwärmen. Unsere Mutter konnte, sich entschuldigend, nur einen dünnen Malzkaffee, einen sogenannten „Muckefuck“, anbieten. Bei der Verabschiedung äußerten sie sich: „Möge euer Vater bald aus dem Krieg gesund heimkehren!“ und drückten uns einen Geldschein in die Hand; sie waren sehr freundlich. Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten – noch nicht vier Jahre war ich damals alt. Wenn ich mich heute daran erinnere, berührt es mich noch immer. Unsere Familie hatte viel Glück gehabt. Grund genug, dankbar zu sein. Die Kriegsgräuel heute, zu sehen fast täglich im Fernsehen, das Elend von Kindern und Jugendlichen, Menschen auf der Flucht oder in unmenschlichen Massenlagern interniert, finde ich unerträglich.
Der Liedermacher Wolf Biermann vermochte das Grundanliegen der Menschheit „Wann ist denn endlich Frieden?“ mit eindrucksvollen Worten so auszudrücken:
Vers 1:
- Wann ist denn endlich Frieden
- In dieser Irren Zeit
- Das große Waffenschmieden
- Bringt nichts als großes Leid.
Vers 2:
- Es blutet die Erde
- Es weinen die Völker
- Es hungern die Kinder
- Es droht großer Tod
- Es sind nicht die Ketten
- Es sind nicht die Bomben
- Es ist ja der Mensch
- der den Menschen bedroht.
Schließen möchte ich meine Geschichte mit der Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach.“
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Benno und die Räuber vom Perlbachtal
- Eine „Dipferlscheißerin“ in Haselbach
- Windberg. Kultur- und Festspielverein mit Videofilmabend
- Mitterfels/Scheibelsgrub. „Jeder soll Chance bekommen“
- Haselbach: Adventliches Singen
- St. Johann/Falkenfels. Konzert am ersten Adventssonntag
- 27. Mitterfelser Christkindlmarkt um die Burg 2024
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Waldleben ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Neues aus unseren Gemeinden
- Mitterfels. Der Gefallenen und Vermissten gedacht
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Baugebiet Pimaisset Mitterfels. Mit Regenwasser die Toilette spülen
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- Kalenderblatt Allerseelen. Zwei Münchner Friedhöfe der besonderen Art
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- „Kein kleiner Waidler-Adel“
- Waldleben ...
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Ascha. Alte Chronik im modernen Gewand