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"Plötzlich schlugen aus der Gabel Funken"
Martin Graf aus Rogendorf beobachtet seit fast 40 Jahren das Wetter und die Natur
Eigentlich ist Martin Graf aus Rogendorf bei Haselbach ja gelernter Schreiner. Der Vorsitzende des Bayerischen Wald-Vereins, Sektion Mitterfels, der seit 1996 auch staatlich geprüfter Natur- und Landschaftsführer ist, hat aber noch eine andere Leidenschaft: Seit fast 40 Jahren macht er Wetter- und Naturbeobachtungen und zeichnet alles genau auf. Im Interview mit unserer Zeitung berichtet er über seine Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte, aber auch über die Veränderungen, die er in dieser Zeit festgestellt hat.
Warum haben Sie damit begonnen, das Wetter und die Natur zu beobachten?
Martin Graf: Das ist ein Hobby von mir. Schon als Kind habe ich Notizen über Kälte und Hochwasser gemacht. Wetterbeobachtungen sind interessant, auch deshalb, weil man so schnell vergisst, wie das Wetter war. Zum Beispiel hat es im Dezember 2010 nicht nur geschneit. Am 7. Dezember fielen in der Nacht 27 Liter Regen.
Wie sehen Ihre Wetterbeobachtungen praktisch aus?
Martin Graf: Ich lese an meiner selbst gebauten Wetterstation bis zu dreimal täglich die Temperaturen ab, messe die Niederschläge und notiere sie. Interessant ist, dass die Temperaturen schon zwischen Rogendorf und Mitterfels sehr unterschiedlich sein können. Ein richtiges Kälteloch befindet sich in Kreuzkirchen, bei der Höllmühle im Perlbachtal und in Höllgrub bei Landasberg. Dort habe ich einmal an Sonnwend Minusgrade gemessen. Erstaunlich ist auch, dass am Fuß des Gallners bei einem Wirbelsturm Windgeschwindigkeiten bis zu 160 Stundenkilometern gemessen wurden.
Konnten Sie besondere Wetterphänomene feststellen?
Martin Graf: Als ich vor einigen Jahren im Dezember auf der Wiese gearbeitet habe, es war ziemlich warm und eine Kaltfront zog auf, schlugen plötzlich aus meiner Gabel Funken. Vor Spannung hat es richtig geknistert. Von einer Sekunde zur nächsten zog ein starker Wind auf, als die Wolkenwand voller Kaltluft auf die warme Luft stieß.
Sie sind auch bekannt für Ihre zutreffenden Wettervorhersagen.
Martin Graf: Bestimmte Erscheinungen am Himmel kann man beobachten und deuten. Von Rogendorf aus kann ich auf die Donauebene hinunter sehen und zum anderen habe ich einen Blick auf den Gallner und den Himmel über dem Regental. Helle Streifen am Himmel über dem Gallner können darauf hinweisen, dass der Regen bald aufhört. Manchmal kann man auch beobachten, wie eine Schicht von Warmluft in Wellenbewegungen über die Kaltluftschicht läuft und die drei Gipfel des Gallners regelrecht widerspiegelt. Wetterbeobachtungen haben für mich auch einen praktischen Zweck: Wenn im Sommer bei klarem Himmel und gutem Wetter plötzlich hohe flache Wolkenstreifen mit kleinen Spitzen, sogenannte Burgzinnen-Wolken, auftreten, habe ich noch etwa sechs bis acht Stunden Zeit, vor dem Regen das Heu einzubringen.
Dem Perlbachtal wird ein besonderes Klimaphänomen nachgesagt. Was ist da dran?
Martin Graf: An warmen Sommerabenden sackt gegen Abend kalte Luft nach unten, es entsteht ein kalter Luftzug, der selbst bei brütender Hitze für einen Luftaustausch sorgt. Die schlechte, mit Schadstoffen angereicherte Luft wird regelrecht abgesaugt.
Haben Sie in den vergangenen 40 Jahren Klimaveränderungen beobachten können?
Martin Graf: Klimaveränderungen gibt es immer. Kein Jahr ist wie das andere. Es gibt Rhythmen in den vier Jahreszeiten, die man messen kann. Die vermehrte Anreicherung der Atmosphäre mit Schadstoffen wirkt sich auf die Bewölkungsdauer aus. Sie hat deutlich zugenommen. Ich sehe auch Zusammenhänge mit dem Auftreten von Sonnenflecken und unserem Klima. Häufigeres Auftreten von Sonnenflecken deutet auf niederschlagsarme Jahre hin. Meine Klimatabelle zeigt, dass der Sommer 2010 mit den hohen Niederschlägen im August eher untypisch war.
Kann man auch im Bayerischen Wald von Fön sprechen?
Martin Graf: Der Vorwald ist keine typische Föngegend. Im Lamer Winkel und am Kaitersberg kommt Fön gelegentlich vor.
Sie beobachten ja nicht nur das Wetter, sondern auch Tiere und Pflanzen.
Martin Graf: Ein besonderes Phänomen war der Zug der Distelfalter im Mai 2009, der in dieser Intensität 1931 zum letzten Mal auftrat. Die Falter fliegen von Spanien bis in die russische Steppe. Ich notiere auch, wann die erste Schwalbe kommt oder wenn ich Ende April den ersten Kuckuck höre und schaue nach dem Vogelzug. Wenn die Schwalben wieder wegfliegen, ist das ein trauriger Tag für mich.
Interview: Elisabeth Röhn (Straubinger Tagblatt vom 14. Februar 2011)
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