So viel Totholz braucht ein artenreicher Wald

NPV BW PM 74 20 So viel Totholz braucht ein artenreicher Wald

Simon Thorn beim Leeren einer Insektenfalle im Nationalpark Bayerischer Wald. Dadurch kann man Rückschlüsse auf die Artenvielfalt des jeweiligen Gebietes ziehen. (Foto: Simon Thorn/NP)

Nach Störungen müssen Bäume liegen gelassen werden - Forschungsarbeit von Simon Thorn im Nationalpark 


Grafenau. Wird ein Wald vom Borkenkäfer befallen oder bei einem Sturm massiv geschädigt, greift der Mensch ein. Bäume werden gefällt, um aus dem Holz wirtschaftliches Kapital zu gewinnen. Doch wie wirken sich solche Abholzungen auf die biologische Artenvielfalt aus? Wie viel Holz muss im Wald bleiben, um einen bestimmten Wert an einheimischen Arten zu erhalten? Mit dieser Frage hat sich Dr. Simon Thorn im Rahmen seiner Forschungen an der Uni Würzburg und im Nationalpark Bayerischer Wald beschäftigt.

Die Idee zu der Studie kam Simon Thorn bei seiner täglichen Arbeit als Ökologe. „Wenn man bei Waldbesitzern oder Förstern dafür wirbt, einen Teil von Störungsflächen für natürliche Prozesse liegen zu lassen, kommt immer wieder die Frage, wie viel liegen gelassen werden soll“, berichtet der 32-Jährige. Nachdem es bisher keine Antwort auf diese Frage gab, beschloss er, eine entsprechende Studie zu beginnen. Bereits im Rahmen seiner Master- und Doktorarbeit hatte er sich mit dem Thema Störungen beschäftigt und die dabei erhaltenen Ergebnisse nun auch für seine jetzigen Forschungen genutzt.

Vor vier Jahren begannen die Vorarbeiten. „Wir haben Daten aus aller Welt gesammelt, zum Beispiel aus den Rocky Mountains, aus den Fichtenwäldern im Nationalpark Bayerischer Wald oder aus Eukalyptuswäldern in Australien.“ Erhoben wurde auch, welche Tier- und Pflanzenarten in den jeweiligen Wäldern vorkommen. „Dank vieler Partner und Mitautoren konnten wir über 200 Datensätze zusammentragen.“

Vor zwei Jahren konnte es dann richtig losgehen. „Wir hatten endlich die notwendige Methode entwickelt, um die Daten aus der ganzen Welt auszuwerten.“ Dabei war Simon Thorn allerdings nicht mehr – wie er es sonst gewöhnt ist – im Gelände unterwegs. „Für dieses Projekt war ich die meiste Zeit am PC und hab mit mathematischen Formeln Felddaten ausgewertet.“

Am Ende war Simon Thorn mit dem Ergebnis zufrieden.  „Wir können zeigen, dass 90 Prozent der vorkommenden Arten erhalten bleiben, wenn drei Viertel der Bäume nach einem Borkenkäferausbruch, Sturm oder Waldbrand nicht aufgeräumt werden.“ Dies sei eine leicht anwendbare Faustformel. Die Abholzung der Hälfte eines vorgeschädigten Waldes verringert die Artenvielfalt um ein Viertel.

Prof. Jörg Müller, Leiter der Forschungsabteilung im Nationalpark Bayerischer Wald, hat Simon Thorn zum Ergebnis seiner Forschungen gratuliert und freut sich über das ständig zunehmende Interesse von jungen Doktoranden am Nationalpark Bayerischer Wald. „Es wurden schon zahlreiche Arbeiten, vor allem zu den Auswirkungen natürlicher Störungen auf die Wald-Biodiversität, verfasst und auch weltweit publiziert“, so Müller. „Daher kommen viele Studenten und Doktoranden zu uns ins Schutzgebiet.“ Natürliche Prozesse, die das Ökosystem prägen, können hier erforscht und kennengelernt werden. „Für junge Forscher bietet der Nationalpark daher eine einmalige Chance und wir freuen uns, wenn wir Nachwuchswissenschaftler mit unserem bereits bestehenden Wissen unterstützen können.“

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