Heimat erkunden
Mühlen an der Menach (09): Die Pirkmühl
Fototermin auf der Pirkmühl im Jahr 1930: Drei Generationen Pirkmüller. Die Großmutter lässt sich deswegen nicht von der Arbeit abhalten, sie stellt Eimer und Haferl gar nicht erst ab. Der Knecht Josef Steger dagegen nimmt die Gelegenheit wahr, den wohlgenährten, von ihm betreuten Ochsen sowie die nigel-nagel-neuen Holzschuhe vorzuführen.
Der Ortsname
Ortsnamen gehen oft auf Personen zurück oder verdanken ihre Entstehung geographischen Besonderheiten. Beim Ort Pirkmühl standen Birken Pate. Alle alten Aufzeichnungen belegen eindeutig diese Auslegung. Hier eine Auswahl der gefundenen Nennungen: Pircheinmuel, Pirkmüll, Birgmühl, Birklmühl, Pirgmihl, Pirkmühle, Pirkmühl.
Aus der Geschichte der Mühle
Die Gründung vieler Dörfer unserer Heimat liegt im Dunkel der Geschichte. Erst mit dem Aufblühen der Klöster tauchen sie dann in Aufzeichnungen auf. In der Klosterurkunde 23 von Oberalteich aus dem Jahr 1274 erscheint erstmals der Ort Pirkmühl. Neben dem Ortsnamen wird dann das Wirtschaftsgut „molendinum” (Mühle) erwähnt. Ob das Kloster die Mühle errichten ließ, geht aus der Auflistung der Besitzungen in dieser Urkunde nicht hervor.
“Jn Pircheinmuel eine Mühle.” (Aus der Klosterurkunde 23 Oberalteich von 1274 - Reproduktionserlaubnis des Bayr. HstA. München: AZ 45/1985 v. 9.1.1997)
Aus einer Abschrift der gleichen Urkunde von 1274: Ortsbezeichnung “Pirkmül” (Reproduktionserlaubnis Bay. HstA München: Az 2000/05379/GA v. 26.10.2000)
Mühlen waren für den Lehnsherrn, das Kloster Oberalteich, eine gut sprudelnde Einnahmequelle. Dies belegen die Salbücher (Steuerlisten). Die beiden Eintragungen aus den Jahren 1521 und 1544 vermitteln uns einen Einblick in die wirtschaftliche Lage der damaligen Zeit. Gleiche Abgaben über zwei Jahrzehnte zeigen eine große Geldwertstabilität ohne Preiserhöhungen.
Aus der Klosterurkunde 31 Oberalteich von 1521: “Oswald Pirckmüllner dient von der Mül 1 Schilling 10 Pfennig sive (= oder) zwei Ewiglaib, 24 Pfennig, 40 Eier, 4 Käse, 1 Hendl, 1 Malpfennig, 1 Stifthenne.”
Am rechten Rand: Herzogsteuer 1 Schilling Pfennig. Unten rechts: Amtmann 1 Laib Brot und 1 Vierling (= 24 Liter) Habern (= Hafer). (Reproduktionsgenehmigung: Bay HstA München AZ. 605/98v. 13.5.1998)
Aus der Klosterurkunde 32 Oberalteich von 1544: Der Salbucheintrag lautet: “Wolfgang Mülner dient (= zahlt) 1 Schilling 10 Pfennig für 2 Kumlaib (= Kümmelbrot), 24 Pfennig, 40 Eier, 4 Käse, 1 Hendl, 1 Malpfennig, 1 Stifthenne.”
dt (= dedit = er hat bezahlt) (Reproduktionserlaubnis: Bay HstA München. Az. 605/98 vom 13. 5.1998.)
Die Müller
Während der ersten 382 Jahre des Bestehens der Pirkmühl sind nur überliefert die angeführten Namen Oswald Pirckmüller auf einer Urkunde von 1521 und Wolfgang Mülner von 1544.
Nach dem 30-jährigen Krieg lassen sich die Besitzer aus Eintragungen in den Pfarrbüchern und ab 1808 aus den Liquidationsbüchern sowie den Hypotheken- und Grundbüchern lückenlos ermitteln. Von 1656 bis heute haben danach dreizehn verschiedene Müller auf der Pirkmühl gearbeitet, einer davon als Pächter. In den ersten 100 Jahren (seit 1656) sind es drei verschiedene Namen. Dann aber, seit 1760, kommt die Mühle nur noch ein einziges Mal in „fremde” Hände, in der Zwischenzeit wird sie jeweils an ein Familienmitglied weitergegeben.
Am 25. Januar 1656 wird auf der Pirkmühl die Walburga Hallmaier geboren als Tochter des Müllers Christoph Hallmaier. Von da an folgen lückenlos weitere Namen. Der genaue Zeitpunkt des jeweiligen Besitzüberganges lässt sich aus den Kirchenbüchern allerdings nicht feststellen.
Am 14.Juni 1684 wird eine Maria Stephanie Schreiner von Pirkmühl als Patin genannt. Weil es in Pirkmühl zur damaligen Zeit nur ein Haus gibt, dürfte deren Ehemann der Pirkmüller gewesen sein.
1705 sind Mathias Schambekh und seine Ehefrau Anna Besitzer der Pirkmühl. Ihnen wird am 30. Juni die Tochter Anna geboren. Taufpatin ist die Müllersehefrau Anna Lang von Recksberg. Auch bei späteren Geburten ist immer wieder feststellbar, dass als Paten die Müllersleute der benachbarten Mühlen Pirkmühl, Recksberg und Oberrecksberg (Obermühl) sich gegenseitig die Taufpaten machen. Das beweist, dass zwischen ihnen ein gutes gegenseitiges Einvernehmen besteht.
1740 gehört die Pirkmühl den Eheleuten Johann Georg Probst und seiner Frau Maria. Ihnen wird am 9. Mai 1744 die Tochter Anna Maria geboren. Denkbar ist, dass sie den 1736 geborenen Johannes Feldmayr heiratet. Der ist jedenfalls der nächste nachgewiesene Pirkmüller, und ihm folgen nun noch weitere vier Nachkommen aus seiner Familie. Der erste ist der Sohn Petrus Feldmayr (* 1778 - † 1859). Er heiratet die Anna Lorenz (* 1785 - † 1865).
Diese schenkt ihm elf Kinder, von denen aber fünf gleich nach der Geburt sterben. Der Sohn Peter Feldmayer (14. 3. 1815) heiratet 1848 die am 5. 3. 1821 geborene Katharina Fuchs aus Semmersdorf. Auch diesen beiden werden viele Kinder geboren. Die Sterblichkeitsrate ist bei ihnen aber noch höher, nur drei von den neun Kindern überleben. Und keines der Überlebenden übernimmt die Mühle. Deshalb überlässt Peter sie seiner jüngsten Schwester Maria (* 1822 - † 9. 3. 1877 ) und diese heiratet Johann B. Kinzkofer. Eine Tochter der beiden, die Therese Kinzkofer, heiratet dann einen Michael Vogl und der wirtschaftet eine Zeit lang als Pächter auf der Pirkmühl. Kinzkofer übergibt ihm die Mühle aber nicht, er verkauft sie an Johann Poiger (* Mai 1856 - † 25. 7. 1942) und dessen Ehefrau Franziska, geb. Prommersberger (* 1867 - † 15. 2. 1947).
Der Müller Johann Poiger (*1856 - † 1942 )
Die Nachkommen dieser beiden besitzen die Mühle noch heute. Die ersten drei Generationen sind abgebildet auf dem Foto von 1930. Seitlich die beiden vorgenannten Eheleute, in der Mitte die Tochter Kreszenz (* 16. 1. 1899) und deren Ehemann Xaver Laumer aus Obermannbach (* 14. 3. 1888 - † 17. 12. 1968). Diese beiden übernehmen nach ihrer Heirat am 11. August 1920 die Mühle. Im Vordergrund rechts die Tochter Franziska Laumer (* 6. 8. 1924), heute verehelichte Zach, und links die Kreszenz (* 26. 4. 1923), die heute noch als Austragsmüllerin auf der Pirkmühl lebt. Sie heiratet den aus Sparr stammenden Karl Pielmeier. Der am 16. 11. 1952 geborene Sohn Karl Pielmeier jun. übernimmt von seinen Eltern die Mühle und betreibt sie noch heute.
Getreidemühle
In den ersten 600 Jahren dient die Pirkmühl ausschließlich als Getreidemühle. Sie wird mit zwei Gängen betrieben und zu deren Antrieb sind zwei Wasserräder notwendig. Die Menach versorgt schon bachaufwärts eine Mühle, die Hadermühl. Während dort das Quellwasser der Menach und das des Irlberger Grabens zum Antrieb reichen müssen, steht auf der Pirkmühl schon wesentlich mehr Wasserkraft zur Verfügung; denn die beiden Wiedener Gräben, der Aigner Graben und der Hitzenberger Bach münden noch vor dem Mühlenstandort in die Menach. Trotzdem reicht dieses Wasser in Trockenzeiten nicht immer, um beide Wasserräder anzutreiben. In diesen Zeiten kann nur ein Mahlgang laufen.
Sägewerk
Um 1860 erweitert Johann Kinzkofer seinen Betrieb. Er fügt der Getreidemühle eine Sägemühle hinzu. Dazu braucht er noch ein drittes Wasserrad. Beide Mühlenarten können nur selten zur gleichen Zeit betrieben werden, dazu reicht die Wassermenge nicht aus. Sie reicht auch nicht für ein Vollgatter, die Säge hat deshalb nur ein einziges Sägeblatt. Damit ist sie wenig produktiv. Zur Herstellung eines Balkens sind vier Durchläufe notwendig statt zwei beim Vollgatter, und zum Bretterschnitt sind statt einem, je nach Stammdicke, zehn bis zwanzig Durchläufe notwendig.
Auch der Betriebsnachfolger Johann Poiger trägt zur Produktionssteigerung der Mühle bei, er erneuert die Mühlenanlage.
Die große Wende vollzieht sechzig Jahre später Karl Pielmeier senior. Der erweitert 1957 das Sägewerk durch Einrichtung eines Vollgatters. Das wird möglich durch die Hinzufügung eines Dieselmotors als zusätzliche Antriebskraft. So wird jetzt der Sägebetrieb zur Haupterwerbsquelle. Um diese Zeit hat bereits das allgemeine „Mühlensterben” eingesetzt. Auch auf der Pirkmühl wird die Mahlkundschaft von Jahr zu Jahr weniger und so entschließt sich Pielmeier die Mehlproduktion im Jahr 1967 gänzlich einzustellen. Drei Jahre später modernisiert er sein Sägewerk durch Erneuerung des Vollgatters.
Ab 1990 wird auf die Nutzung der Wasserkraft gänzlich verzichtet. Heute wird das Sägewerk ausschließlich mit Dieselmotor angetrieben.
Anmerkung:
Dank gebührt der Familie Pielmeier für die Auskünfte, Otto Schmid, Haibach, für seine Mitarbeit sowie Franz und Otto Wartner für zwei volle Tage Forschungsarbeit im Bischöflichen Zentralarchiv in Regensburg.
Quelle: Sigurd Gall, in: Mitterfelser Magazin 10/2004, Seite 125ff
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