28.-29. Juli 2012: 100 Jahre Männergesangverein Haselbach - Festpredigt

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Festgottesdienst „100 Jahre Männergesangverein Haselbach“ - Predigt: Pfarrer Dominik Daschner

 

Liebe Mitglieder des Männergesangvereins Haselbach, liebe Sänger und Musiker, verehrte Festgäste, Schwestern und Brüder in Christus!

 

Auch wenn es dafür keine archäologischen Beweise gibt, „die Verbindung zwischen Wort und Ton ist sicherlich so alt wie die Menschheit“, so stellt der Musikpädagoge Ferdinand Hiller fest. Die menschliche Stimme mit ihren melodischen Ausdrucksfähigkeiten erhebt das gesprochene Wort und lässt es zum Gesang werden. Sie ist „das älteste, echteste und schönste Organ der Musik“, wie auch Richard Wagner erkannt hat. Singen gehört zum Menschsein dazu.

Schon das kleine Kind in der Wiege, wenn es gestillt ist, zufrieden mit sich und der Welt, gibt lallend oder glucksend Töne von sich; ein erstes kleines Lied, wenn auch noch ohne Noten, ohne Taktgefühl oder geformte Melodie. Vom Anfang seines Lebens an tendiert der Mensch zum Singen. Ob der Mensch sich freut, ob ihn Sehnsucht umtreibt, wenn er das Heimweh spürt nach einem lieben Menschen oder einer geliebten Landschaft, nach seinem Zuhause, wenn Lust oder Leid der Liebe sein Herz packt, wenn Angst ihn bedrängt oder Sorge den Tag trübe erscheinen lässt, dann greift der Mensch zum Lied und beginnt hinauszusingen, was seine Seele bewegt.

Wo die Argumente des Verstandes verstummen, da beginnt die Sprache des Liedes. Liebe kann man nicht begründen, aber singen kann man von ihr. Glück kann man oft gar nicht aus­sprechen, aber besingen kann man es. Sehnsucht, Hoffnung, Freude, Friede, Gemeinschaft, Leid und Tod, eben all die großen Grunderfahrungen unseres menschlichen Daseins, sie drän­gen über das bloß gesprochene Wort hinaus. Dafür reichen oft bloße Worte nicht, wir müssen sie besingen. Wie wir mit einer Textzeile aus einem Gotteslob-Lied sagen: „mehr als Worte sagt ein Lied.“ Im Singen erhebt der Mensch seine Seele, verhilft er ihr zum Atmen, zur Weite und Höhe, lässt sie erahnen, dass der Mensch zur Freiheit berufen ist.

Da wundert es wohl nicht, liebe Schwestern und Brüder, dass auch im Gottesdienst Musik und Gesang ihren festen Platz haben. Da geht es ja um diese großen Fragen des Menschseins, um diese grundlegenden Erfahrungen unseren menschlichen Daseins: um unser Woher und Wohin; was wir hoffen dürfen; wie wir recht leben. Darum gehört Singen ganz wesentlich zum Christsein dazu. „Das Höchste muss man singen“, schreibt Peter Rosegger, „weil man’s nicht sagen kann.“ Und ähnlich der französische Schriftsteller Victor Hugo: „Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“

Gott können wir mit Worten nicht adäquat benennen, ihn nicht mit Definitionen beschreiben. Da kommen unsere menschlichen Worte und Begriffe an ihre Grenzen; vor dem Geheimnis Gottes versagen sie. Aber von Gott schweigen können wir eben auch nicht; das ist unmöglich für den, der etwas von Gott erfahren hat. Darum greifen wir zum Gesang. Maria singt Gott ihr Magnificat; sie stimmt ein Lied an, als ihr in der Begegnung mit Elisabeth klar wird, welch Großes Gott an ihr getan hat mit der Erwählung zur Mutter Gottes. Denn wenn wir Gott auch nicht mit Worten erfassen können, so können wir ihn doch besingen, können wir ihm unser Lob singen.

Darum ist die Heilige Schrift voll von Stellen, in denen der Mensch zum Lobgesang für Gott aufgefordert wird. Vor allem die Psalmen laden uns dazu ein. Immer wieder heißt es im Buch der Psalmen zum Beispiel: „Lobe den Herrn, meine Seele; vergiss nicht, was er dir Gutes ge­tan hat.“ Oder: „Singet dem Herrn ein neues Lied!“ Und der Psalmbeter bekennt: „Ich will dem Herrn singen und spielen, solange ich da bin.“

Es freut mich deshalb als Pfarrer, und ich will an dieser Stelle dafür auch ausdrücklich Danke sagen, er freut mich, dass der Männergesangverein Haselbach nicht nur bei kulturellen oder weltlichen Festanlässen singt, sondern dass seine Sänger ihre schönen Stimmen immer wieder auch bei Gottesdiensten zur Ehre Gottes erklingen lassen. Wenn wir es recht bedenken, erfährt darin ihr Singen seine höchste Berufung.

Denn unser Leben insgesamt soll ja letztlich zu dem werden, wie unser kirchliches Gesang­buch heißt: zum Gotteslob, zu einem Loblied für den Herrn. Dazu müssen wir keine ausgebil­deten Stimmen vorweisen können, dafür brauchen wir keine Placido Domingos und Maria Callas sein. Manche Menschen tun sich halt schwer mit dem Singen. Wichtiger ist, dass wir die Melodie Gottes im Herzen tragen und mit unserem Leben zum Klingen bringen. Darauf schaut Gott. Dass unsere Zunge zusammenklingt mit unserem Leben, der Mund mit dem Ge­wissen, die Stimme mit dem Verhalten.

Dieses Gotteslob des Lebens wird von uns wohl nicht immer in schönster Harmonie gesungen werden. Manche Misstöne werden sich darunter mischen. Mitunter wird es Dissonanzen ge­ben im Zusammenleben. Mancher wird aus dem Rhythmus kommen oder den Ton nicht hal­ten können. So sind wir halt. So wie ein Sänger nicht immer gleich gut bei Stimme ist, so ist das auch mit dem Lied unseres Lebens, das wir für Gott singen wollen. Aber wir dürfen auf seine Gnade hoffen. Gott ist kein beckmesserischer Kritiker. Und wir dürfen uns auf Gottes Hilfe verlassen, damit das unverwechselbare Lied je­des einzelnen Lebens zu einem wirklichen Gotteslob wird.

Gott gibt uns dazu Hilfen an die Hand, die viel gemeinsam haben mit Dingen, die jeder Sän­ger und Musiker gut kennt. Da ist der Notenschlüssel: Er steht vor einem Musikstück und steckt den Raum ab, in dem sich die Melodie bewegt. So ziehen uns die Zehn Gebote und die Weisungen der Bergpredigt den Rahmen für ein gottgefälliges Leben. Wenn wir uns mit unse­rem Tun und Lassen in diesem Rahmen bewegen, dann fallen wir mit unserem Leben sicher nicht aus der Tonart.

Dann ist da der Takt, den der Dirigent vorgibt. Chorsänger wissen das: Wenn alle auf den Dirigenten schauen und sich von ihm führen lassen, dann stehen die Chancen gut, dass dabei Musik herauskommt, die sich hören lassen kann. So sollen wir auf Gottes Wort hören und uns vom Beispiel Jesu und den Eingebungen des Heiligen Geistes leiten lassen. Wenn Gott auf diese Weise den Takt in unserem Leben angibt, dann wird es gut gelingen.

Wenn mehrere zusammen musizieren, dann ist die Harmonie zwischen den verschiedenen Stimmen oder Instrumenten ganz wichtig. So ist das auch bei unserem Zusammenleben. Har­monisch wird es dann, wenn wir aufeinander hören. Das ist ja auch für das Singen in einem Chor ganz entscheidend wichtig. Wenn wir darauf hören, wie es dem anderen geht, was er oder sie braucht; wenn wir das „wie dich selbst“ im Hinterkopf behalten, das Jesus als Maß der Nächstenliebe nennt, und seine Goldene Regel für unser Handeln beachten: „Was ihr von an­deren erwartet, das tut auch ihr ihnen.“

Und ein Letztes aus dem Bereich der Musik möchte ich nennen, was uns helfen kann, das Lied unseres Lebens gut zu singen: die Pausenzeichen. Musik besteht ja gar nicht nur aus Tö­nen. Genauso wichtig sind die Pausen dazwischen. Erst in ihrem Zusammenspiel machen sie gute Musik aus. Solche Pausenzeiten in unserem Leben sind die Sonn- und Feiertage, sind Gebet und Gottesdienst, wo wir unser geschäftiges Treiben unterbrechen, zur Ruhe kommen und uns wieder bewusst auf Gott einschwingen. Ein solch gesunder Rhythmus von Beanspru­chung und Ausruhen, von Pflichterfüllung und Zeiten der Muße, von Arbeit und Gebet, ein solcher Rhythmus ist heilsam für unser Leben.

 

Mit diesen Hilfsmitteln, abgeleitet aus der Welt der Musik, werden wir die einmalige und unverwechselbare Melodie unseres Lebens zum Klingen bringen: zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen.

 

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