Museen
Kreismuseum Bogenberg: Sonderausstellung "Typisch Landleben?" - Teil 2
Teil 2: Die Heimatfotografie der 1930er Jahre
Erika Groth-Schmachtenberer bei Filmarbeiten 1944, Slg. Universitätsbibliothek (UB) Augsburg
Im Kreismuseum Bogenberg läuft derzeit eine Sonderausstellung mit historischen und heutigen Fotografien: Typisch Landleben? so fragt die Ausstellung, in der acht Fotografen seit der Zeit um 1900 vorgestellt werden. Es geht nicht um Landschafts- oder Architekturfotografie, sondern darum, wie gewerbliche und Amateurfotografen die Menschen der Region Straubing-Bogen im 20. Jahrhundert abgelichtet haben und wie die Fotografierten sich selbst sehen wollten. Zahlreiche unveröffentlichte Fotografien werden erstmals präsentiert und in Bezug zu den Werken bereits bekannter Fotografen gesetzt. Dadurch ergeben sich neue Blickwinkel auf die Bilder und auf das dargestellte Landleben. In lockerer Folge soll diese Ausstellung den Lesern vorgestellt werden und Interesse an einem Museumsbesuch wecken; der zweite Teil befasst sich mit der sog. „Heimatfotografie" der 1920er- bis 1940er-Jahre.
Gäubodentracht 1934, Foto von E. Groth-Schmachtenberger, Slg. UB Augsburg
Scheitelweihe Mariaposching 1939, Foto von E. Groth-Schmachtenberger, Slg. UB Augsburg
Erst damals wurde das Land verstärkt „ländlich" dargestellt: alte Bräuche, goldglänzende Trachten und markante „Typen" aus dem Bayerischen Wald entwickelten sich zu wichtigen Bildthemen – ganz im Gegensatz zu der „modernen" Sichtweise der Zeit um 1900: Wollten zur Jahrhundertwende – und das zeigt das Plakatmotiv der drei Metzger aus der Sammlung von Rupert Venus – die Menschen als Bürger „auf der Höhe der Zeit" erscheinen, so fand in den 1930er-Jahren vor allem ländliche Folklore, das bunte, prunkende und auffällige Landleben das Interesse der Fotografen. Drei Vertreter dieser „Heimatfotografie" werden in der Ausstellung vorgestellt.
Werbung für die „Heimat": Hanns Rohrmayr
Der Straubinger Lehrer Hanns Rohrmayr (1886-1953) lichtete mit einer kleinen handlichen Glasplattenkamera seit Mitte der 1920er-Jahre das Straubinger Stadtleben wie auch Motive aus dem Bayerischen Wald ab. Als aktives und leitendes Mitglied des Vereins „Bayerwald" zeigte er seine Glasplattendias auf Vereins- und Heimatabenden, druckte sie in der Vereinszeitschrift ab und bestückte mit ihnen die von ihm 1924 begründete Straubinger Stadt- und Kreisbildstelle. Seine Fotos dienten v.a. öffentlichen Zwecken, sie sollten Werbung für die „Heimat" machen und Schulkinder wie auch interessierte Erwachsene über die Geschichte und Gegenwart der näheren Umgebung informieren. Das Stadtarchiv Straubing hütet den bislang teilweise unbearbeiteten Nachlass der Rohrmayr´schen Glasplatten und hat eine Auswahl davon für die Sonderausstellung entliehen, allerdings ohne Abbildungserlaubnis in Druckform, weswegen hier keine Bilder von Hanns Rohrmayr gezeigt werden können.
Die Städterin blickt auf's Land: Erika Groth-Schmachtenberger
In München hat Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992) nicht nur ihre Fotografenausbildung erhalten, sondern sie lebte zeitweise auch hier und arbeitete seit 1933 als freiberufliche „Bildberichterstatterin" (Pressefotografin) vor allem für Bildzeitschriften. Sie führte als wirtschaftlich unabhängige und durch ein eigenes Auto mobile Frau ein modernes Leben, hatte aber gleichzeitig fotografisch einen Blick für das Alte: Besonders das Landleben, das sich für sie u.a. in ländlichen Bräuchen und in prunkenden Trachten bei Festumzügen manifestierte, wurde ihr bevorzugtes Bildmotiv. In handwerklich hochwertigen Fotografien hielt sie – im oft „heroischen" und „dramatischen" Stil der 1930er-Jahre – Frauen in Gäubodentracht oder Osterbräuche fest. Ihren Fotoblick und ihre Motive behielt sie auch nach 1945 bei. Erika Groth-Schmachtenbergers Nachlass findet sich heute auf sehr zahlreiche Institutionen verteilt, für die Ausstellung konnten Aufnahmen von der Universitätsbibliothek Augsburg, dem Freilichtmuseum Finsterau und dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg entliehen werden.
Zuschauer Pfingstwallfahrt Bogenberg, Foto von E. Groth-Schmachtenberger, Slg. UB Augsburg
Eine Malerin als Fotografin: Fany Bauer aus Bogen
Die Malerin und Fotografin Fany Bauer 1948, Slg. Hans Neueder
Ebenfalls als Fotografin arbeitete Franziska Bauer (1898-1977): 1933 eröffnete sie in Bogen ein Fotogeschäft, allerdings ohne eine spezielle Fotoausbildung gemacht zu haben. Sie war an der „Damenakademie des Künstlerinnen-Vereins" in München zur „Malerin und Kunstgewerblerin" ausgebildet worden, lebte seit Mitte der 1920er-Jahre wieder in ihrem Heimatort Bogen und hatte u.a. Kontakte zum Bayerwald-Verein – als Künstlerin in der Straubinger Heimatausstellung 1924 und als selbst aktive „Trachtlerin". 1937 nahm Fany Bauer an einem „Deutschen Trachtentreffen" in Bayreuth statt – von ihr gibt es Aufnahmen in Gäubodentracht, die in der Bildauffassung denen von Erika Groth-Schmachtenberger ähneln – Beispiel für den stilbildenden Zeitgeschmack der 1930er-Jahre. Daneben lichtete Fany Bauer seit den 1930er-Jahren bis zu ihrem Tod 1977 das öffentliche Leben des Marktes und seit 1952 der Stadt Bogen ab. Das Stadtarchiv Bogen verwahrt zahlreiche chronologisch angelegte Fotoalben zur Stadtgeschichte, sie werden in der Ausstellung in einer Bilderschau vorgeführt. Auffallend an Fany Bauers „handwerklichen Lichtbildern" – wie sie ihre Aufnahmen selbst nannte – ist ihre malerische Bildauffassung. Auch wenn es sich um dramatische Ereignisse wie ein Hochwasser handelte, wurden diese eher idyllisch und ästhetisierend dargestellt, mit Signatur und Bildunterschrift. Besonders bei Aufnahmen aus den Sammlungen von Hans Neueder, dem Kreismuseum Bogenberg und von Alois Bräu – die für die Ausstellung zusammengetragen wurden, zeigt sich dies.
Hochwasser im Gegenlicht 1941, Foto von Fany Bauer, Slg. Hans Neueder (Abb. links) - Dramatische Sprungszene bei der Eröffnung des Bogener Freibades 1963, Foto von Fany Bauer, Slg. Stadtarchiv Bogen
Öffnungszeiten: Mi und Sa 14-16 Uhr, Sonn- und Feiertag 10-12 und 14-16 Uhr. Führungen für Gruppen ab 10 Personen auch außerhalb der Öffnungszeiten nach Voranmeldung unter Tel. 09422-5786.
Der AK Heimatgeschichte Mitterfels begann sein neues „Arbeitsjahr" im Herbst 2013 mit einer Führung durch die Sonderausstellung „Typisch Landleben? Fotografen und ihre Blicke auf die Menschen der Region Straubing-Bogen seit 1900" durch die Leiterin des Museums, Frau Barbara Michal.
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