Kunst, Literatur
St. Jakob, Straubing. Die Königin unter den Kirchen
Festschrift zum Abschluss der Innenrenovierung von St. Jakob erschienen
„Die Straubinger Stifts- und Stadtpfarrkirche St. Jakob und St. Tiburtius ist in vielerlei Hinsicht die Königin unter den Kirchen Niederbayerns. Die spätgotische Architektur bietet gleichsam das Gehäuse, die Hülle, für eine Fülle hochrangiger Kunstwerke aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten. Die Jakobskirche wird so zum Kompendium der lokalen, überregionalen und bayerischen Kunstgeschichte vom Mittelalter bis in die Gegenwart“.
Die Renovierungsarbeiten an der Pfarrkirche St. Jakob sind abgeschlossen. Aus diesem Anlass ist eine Festschrift erschienen. (Fotos: Uwe Moosburger)
Mit diesen gewichtigen Sätzen würdigt Hauptkonservator Dr. Michael Schmidt, stellvertretender Referatsleiter am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München, Straubings päpstliche Basilika minor in der gerade erschienenen Festschrift zur Innenrenovierung. 17 Autoren aus den Bereichen Architektur und Restaurierung, Geschichte und Kunstgeschichte, Bauforschung und Kunst am Bau lieferten Beiträge zu einem Buch mit über 200 Seiten und über 200 Abbildungen, hergestellt in der Cl. Attenkofer’schen Buch- und Kunstdruckerei/Straubinger Tagblatt. Werner Schäfer oblag die Redaktion, Margot Mittermeier besorgte das Layout und die Druckvorbereitung.
Neben dem Geleitwort von Pfarrer Monsignore Jakob Hofmann lieferten Bischof Rudolf Voderholzer, Staatssekretär Bernd Sibler, Oberbürgermeister Markus Pannermayr, Generalkonservator Mathias Pfeil und Dr. Wolfgang Illert als Vorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Grußworte. Schon in dieser illustren Reihe scheinen der Stellenwert der Innenrestaurierung und die Bedeutung der Kirche auf.
Der lange Weg der Außen- und Innensanierung
Der Inneninstandsetzung ging die Außeninstandsetzung der Basilika St. Jakob voran. Im Jahr 1996 hatte die Kirchenverwaltung eine umfassende Sanierung und Restaurierung der Stadtpfarrkirche beschlossen. 1998 begannen die Arbeiten, der 89,5 Meter hohe Turm erhielt ein gewaltiges Baugerüst aus über 21 000 Einzelteilen und mit einem Gesamtgewicht von geschätzten 500 Tonnen. Mit der feierlichen Einweihung der überholten Glocken ging am 25. März 2001 der erste Bauabschnitt zu Ende. Der zweite Bauabschnitt von 2001 bis 2006 umfasste die Sanierung des Kirchenschiffes mit Außenfassaden, Dach und Dachstuhl. In den Jahren 2002/2003 wurde die Instandsetzung der Fenster in die Wege geleitet. Von diesen bis 2009 dauernden erfolgreichen Maßnahmen berichtet in der Festschrift Dr. Ivo Rauch, der Verantwortliche für das fachgerechte Sanierungs- und Restaurierungskonzept.
Im Jahre 2011 wurde die Inneninstandsetzung des gewaltigen Kirchenraums mit seinem Kapellenkranz, mit barockem Freskenzyklus, Hochaltar und Kanzel eingeleitet. Das Kirchengestühl verschwand im ehemaligen Burg-Kino, Einhausungen schützten die verbliebene Ausstattung, ein in sich ausgesteiftes riesiges Raumgerüst wurde emporgezogen, über den Deckengewölben spannte sich eine Arbeitsebene aus Holz von fast 1 500 Quadratmetern.
In der Festschrift beschreibt Architekt Michael Nadler eingangs die Grundidee der Innenrestaurierung. Sie orientierte sich an den Ergebnissen der Restaurierung in den Jahren 1963 bis 1967 und dem damaligen Bemühen um einen zwar von Kunstwerken erfüllten, doch beruhigten, hellen Raum. Nadler macht deutlich: „Die Zentrierung des Raumes auf das liturgische Geschehen hat oberste Priorität und soll stärker herausgearbeitet werden. Die Intention eines umlaufenden Prozessionsweges soll gestärkt werden. Die liturgischen Orte sollen eindeutig definiert werden und die Feier der übrigen Sakramente, besonders der Taufe und Buße, sollen einen würdigen Rahmen finden“.
Es ging aber nicht nur um die Wiederherstellung der Raumgestalt von 1967, sondern auch um die eine oder andere Korrektur, nicht zuletzt am monumentalen Triumphkreuz im Mittelschiff, das von seiner unansehnlichen Grautönung befreit wurde. Für Paul Höschl, Direktor des Bischöflichen Baureferats, war dies ein exemplarisches Unterfangen.
Speziell der schwer beschädigte barocke Freskenzyklus zum Christus- und Marienleben aus dem Jahr 1738 bedurfte einer behutsamen und doch konsequenten Restaurierung auf der Grundlage genauer Voruntersuchungen. Überhaupt spielten solche Analysen des Zustandes vor dem Beginn der eigentlichen Restaurierungsarbeiten eine große Rolle und wurden deshalb in der Festschrift gebührend berücksichtigt.
Von Staub und Ruß und Rost befreit
Das monumentale Triumphkreuz im Mittelschiff wurde von seiner Grautönung befreit.
Die Beiträge in der Festschrift machen eindrucksvoll in Bild und Wort deutlich, in welchem maroden Zustand sich die Basilika befand, mit vollständig Ruß bedeckten Gewölbezonen, mit einem unansehnlichen grauen Schleier über den Wänden, mit abbröckelndem Putz und verschmutzten Figuren und Gemälden.
Gerade die Beiträge der Restauratoren Gabi Landskron und Michael Bengler über die gemalten Fassungen, die Raumfassung und die Wandgemälde belegen überzeugend, wie wichtig und notwendig der hohe Einsatz an technischen, konservatorischen und finanziellen Mitteln war, um die so kostbare Innenausstattung von St. Jakob zu erhalten und wieder im wahrsten Sinne des Wortes anschaubar zu gestalten. Dabei belegen zum Beispiel der Hochaltar und die Kanzel, dass es nicht um vordergründigen Glanz ging, sondern um die Einfügung auch der besonders wertvollen und bedeutenden Teile der Innenausstattung in das große Ganze.
Dies gilt nicht zuletzt für die äußeren Portalzonen, die ebenfalls zum Bauabschnitt Inneninstandsetzung gehörten. Die Natursteine bereiteten dabei durch Versalzung und tiefgreifende Schädigung bis in die Endphase der Instandsetzung ernste Probleme. Sie wurden unter Leitung von Sebastian Endemann gemeistert und in der Festschrift entsprechend gewürdigt.
Dazu kommt die konservatorische und restauratorische Bearbeitung der Terrakottafiguren der südöstlichen Portalvorhalle, die einzigen am originalen Ort erhaltenen Tonplastiken des 15. Jahrhunderts in Straubing. Diese Stifterfiguren des Ehepaars Anna und Hermann Zeller können in ihrem künstlerischen und kunsthistorischen Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden. Davon zeugt in der Festschrift auch die vorzügliche fotografische Erfassung durch Uwe Moosburger, dem die fotografische Dokumentation der Inneninstandsetzung oblag.
Ein weiteres großes Unterfangen war die Restaurierung des Laiengestühls und aller Ausstattungsstücke aus Holz, vom ungemein wertvollen Renaissancegestühl der Dreikönigskapelle bis zu den Blättern der Portaltüren. Am Tag des offenen Denkmals 2012 konnten sich viele Bürger im ehemaligen Burg-Kino nicht nur von der sachgerechten Lagerung der Gestühlsmassen überzeugen, sondern von der staunenswerten Sorgfalt, mit der unter der Leitung von Josef Meiler das Holz der Basilika gesichert und in freundliches und warmes Licht gerückt wurde.
Wohl erstmals durch die Festschrift und durch den Beitrag von Stephan Rudolph werden die Abschlussgitter der Seitenkapellen aus dem 17. und 18. Jahrhundert in ihrem kunsthandwerklichen Wert hervorgehoben. Auch hier zeigen gegenüberstellende Fotos zum Zustand vor und nach der Restaurierung die positiven Ergebnisse auf.
Neue Jahresringe für St. Jakob
Die Bewahrung des Alten schloss in St. Jakob den Blick auf Neues und die Einbeziehung von Neuem nicht aus. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Gestaltung des Altarraumes gewidmet. Mario Schosser schuf dort die anfangs nicht unumstrittene doch zwischenzeitlich als dazugehörig empfundene Arkadenumgrenzung. Das Künstlerpaar Lutzenberger und Lutzenberger widmete sich den liturgischen Orten wie dem Ambo mit seinem zarten Relief der abstrahierten zwölf Apostel, dem Priestersitz und dem Osterleuchter. Es gestaltete auch den Ort des stillen Gebets und der Marienverehrung bei der Lourdes-Grotte (in der Festschrift falsch als „Marienanbetung“ bezeichnet).
Walter Baumberger war für „Licht für St. Jakob“ verantwortlich und orientierte sich mit dem Lichtkonzept an der gotischen Raumstruktur, den wesentlichen Raumteilen und den unterschiedlichen Nutzungsformen für Gottesdienste und Andachten, Konzerte und Gästeführungen. Ein wesentliches Ziel war die Freihaltung des Mittelschiffes von Lichtkörpern. Deshalb wurden in den Seitenschiffen und im Chorumgang schlanke Pendelleuchten mit acht bis zwölf Lichtköpfen abgehängt. Sie ermöglichen ganze Lichtinszenierungen, wie Bambergers Aufnahmen in der Festschrift eindrucksvoll belegen.
Sicher richtig war die Entscheidung, den Chorumgang in seiner Breite und Bedeutung für die Gesamtarchitektur durch die Entfernung der bisherigen seitlichen Kirchenbänke zu unterstreichen und dafür die Chorhauptkapelle zu einem Ort der Andacht zu gestalten. Ein großes Anliegen war besonders Pfarrer Hofmann die Öffnung der Turmstube und des westlichen Zugangs zum Kirchenraum. Tatsächlich ist es für die Besucher der Basilika immer wieder eine freudige Überraschung, wenn sie durch die enge Pforte in das dann als besonders weit und monumental empfundene, sich nach Osten öffnende und erstreckende Gotteshaus treten.
Baugeschichte und Bedeutung der Basilika
Peter Soller verfolgt in der Festschrift die Baugeschichte und Bauentwicklung von St. Jakob bis zum Jahr 1945. Er sieht deutliche Zäsuren nicht nur in den einzelnen Bauphasen des 15. und 16. Jahrhunderts, sondern darüber hinaus in folgenschweren Ereignissen wie der Übertragung des Chorherrenstifts Pfaffenmünster nach St. Jakob im Jahr 1581, den Auswirkungen der Erbfolgekriege des 18. Jahrhunderts, des großen Stadtbrands von 1780 und dem Bemühen um eine Regotisierung am Ende des 19. Jahrhunderts. Zudem gab Peter Soller ein umfangreiches Quellenverzeichnis zur Baugeschichte zum Druck frei.
Zum historischen und künstlerischen Bestand der Jakobskirche gehören über 360 Inschriften und Texte. Anhand von ausgewählten Beispielen würdigt sie Alfons Huber in einem Festschrift-Beitrag als „Zeugnisse der Geschichte und des Glaubens“. Auf „Verborgene Zeugen aus früher Baugeschichte“ verweist Michael Bengler, klärt noch einmal Fragen des Einbaus der spätbarocken/frühklassizistischen Gewölbe und deckt die bedeutsamen Reste der Wandvorlagen vor den Veränderungen von 1784 auf. Zumindest hypothetisch tritt die gotische Form unter den jetzigen Halbsäulen hervor.
Den längsten Beitrag zur Festschrift leistete Michael Schmidt: „Die Stadtpfarrkirche St. Jakob in Straubing – zwischen Hans von Burghausen und den Brüdern Asam. Anmerkungen zur Bau- und Ausstattungsgeschichte“. Gründlich diskutiert Schmidt die Frage des Baubeginns, eingehend zeigt er die verschiedenen Bauphasen auf und ordnet St. Jakob in die Entwicklung der süddeutschen Spätgotik ein. Seine Analyse der Mariä-Tod-Kapelle, der sogenannten Asam-Kapelle, ist zu einem Lehrstück über die Kunst und Geisteswelt des Barocks geworden. Sein Fazit: „Die Dichte an historischer Ausstattung von St. Jakob spiegelt den Atem der Geschichte wider. St. Jakob lebt aus der Fülle dieser Überlieferung, die Zeugnis der Kunst-, Bau- und Stadtgeschichte und vor allem aber der Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte ist“.
Die Festschrift
ist beim Pfarrfest an diesem Wochenende und ab Anfang nächster Woche im Pfarramt St. Jakob, im Leserservice des Straubinger Tagblatts und in den Buchhandlungen zum Preis von 15 Euro erhältlich. Das Pfarrfest zum Abschluss der Innenrestaurierung der Basilika St. Jakob beginnt am Samstag, 23. Juli, um 17 Uhr mit einem Gottesdienst, anschließend finden am Brunnen ein „Spanischer Abend“ und in der Kirche Veranstaltungen statt. Nach dem Festgottesdienst am Sonntag um 10.30 Uhr mit Weihbischof Dr. Josef Graf lädt die Pfarrei St. Jakob zum Pfarrfest ein.
Quelle: Werner Schäfer, in: Bogener Zeitung vom 23. Juli 2016 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)
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