Glossen, Realsatire & Co.
Abgelenkt, unkonzentriert und nervös
Der Publizist und Zukunftsforscher Matthias Horx (59) warnt vor den Schattenseiten der digitalen Welt. Immer online zu sein, sei nicht ratsam. Zudem werde Medien-Sucht in wenigen Jahren „so sanktioniert sein wie das Rauchen“, sagte Horx der Deutschen Presse-Agentur.
Herr Horx, Sie sind Zukunftsforscher und befassen sich mit den Trends von morgen. Wie sehr beherrscht mittlerweile das Internet und Online-Sein unseren Alltag?
Matthias Horx: Das Sich-Überschlagen der digitalen Welle findet jetzt statt. Das haben wir Zukunftsforscher schon vor Jahren erkannt. Wir realisieren allmählich, dass wir in einer Kultur der Störung leben, in der wir zunehmend abgelenkt, unkonzentriert, fahrig und nervös, ja geradezu asozial werden. In wenigen Jahren wird das Suchtverhalten mit den elektronischen Medien so sanktioniert sein wie das Rauchen. Man wird dann als ungebildet und charakterschwach gelten, wenn man auf sein Smartphone starrt. Und an vielen Orten wird die Nutzung elektronischer Geräte verboten sein.
Was resultiert denn aus diesem „Sich-Überschlagen der digitalen Welle“?
Mehr und mehr Menschen ziehen Bilanz und hinterfragen die Heilsbotschaft des Digitalen. Führt das Internet wirklich zu mehr Wissen, besserer Information, guter Kommunikation und höherer Produktivität? Sind Beurteilungen von Hotels und Produkten im Netz glaubwürdig? In den USA gibt es einen neuen Kult der „technologischen Schüchternheit“. Die amerikanische Internet-Aktivistin Alexa Clay hat diesen Begriff geprägt. Sie sagt: „Digitale Technologien desorientieren und überreizen das archaische, menschliche Orientierungssystem. Um es sinnvoll zu nutzen, brauchen wir eine neue Treue zu unseren genuin menschlichen Bedürfnissen.“
Was sind daneben die wichtigsten Trends der Mediennutzung?
Wir haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen massiven Diffusionstrend erlebt: Medien wurden allgegenwärtig, multi-kanal, mobil, interaktiv – und gleichzeitig immer flacher, schneller, unbedeutender. Wenn man heute eine Nachrichten-Website anklickt, finden sich dort Porno-Berichte aus dem „Dschungelcamp“ neben sieben Tipps zur Katzenpflege und der Frage, warum Obama ein tragischer Held ist. Die Klick-Logik führt zu einer Beliebigkeit, die alles in Bedeutungslosigkeit verwandelt.
Wie sieht es Ihrer Meinung nach beim Fernsehen aus?
Dort ist es ähnlich: Die Aufmerksamkeit schwindet, TV zerlegt sich in unendlich viele Bilder-Ströme, das Geschäftsmodell der „Sendeschema-Kanäle“ geht zu Ende. Wir sind uns sicher, dass es in den nächsten Jahren zu einer Re-Fokussierung kommt. Einerseits werden sich Medien wieder mehr Sinn- und Interpretationsfragen zuwenden, andererseits führt das Web zu mehr Spezialisten-Plattformen.
Wie verändert das Internet die Wirtschaft, zum Beispiel mit App-Diensten wie dem Fahrdienstvermittler und Taxi-Konkurrenten Uber?
An Uber sieht man, dass Ausbeutungs-Geschäftsmodelle auch in der „Share Economy“ weiterexistieren. Während das Smartphone erst Teilungsmodelle wie Carsharing möglich macht, setzt Uber auf die brachiale Technik der Marktzerstörung. Das wird schiefgehen, es werden sich langfristig kooperative Modelle durchsetzen, Mitfahrzentralen neuen Typs. Allerdings lässt sich die Taxi-Branche jetzt etwas einfallen, um Service und Qualität zu erhöhen.
Kommen wir zum politischen Weltgeschehen. Angesichts der Krisen und kriegerischen Konflikte – die Zeiten werden rauer, oder?
Es entsteht so etwas wie die neue Ernsthaftigkeit. Lifestyle-Fragen wirken plötzlich seltsam deplatziert. Gleichzeitig wuchern Verschwörungstheorien, der Hysterisierungs- und Erregungsgrad wächst. Das ist die Gefahr, dass wir uns aus lauter Angst von den Erregungsherden anstecken lassen und Teil einer Front werden.
Stehen wir auf der Schwelle zu einem Flächenbrand?
So schrecklich die Konflikte mit der Terrormiliz IS und in der Ukraine sind – sie haben eine innere Selbst-Begrenzung. Moderne Gesellschaften sind nicht mehr so leicht formier- und mobilisierbar. Wir zweifeln mehr, die öffentliche Meinung ist viel differenzierter, widersprüchlicher, psychologisierter. Wir verstehen, dass Gewalt immer aus der Schwäche kommt. Fanatische Feldzüge wie der IS-Terror haben im Grunde schon verloren, wenn sie anfangen. Sie sind ja nun nicht gerade attraktiv für Menschen, die ein einigermaßen hoffnungsvolles Leben haben.
Was unterscheidet die neuen Konflikte generell?
Beide Konflikte stehen für einen neuen Typus des „Kränkungskrieges“. Der wahre Gewaltantrieb liegt in einer tief empfundenen Beleidigung, einer historischen Demütigung – einem katastrophalen Verlust an Selbstwertgefühl. Die IS-Kämpfer sind die Verlorenen der Weltgesellschaft, im Grunde auf dem Selbstmord-Trip. Jetzt könnte man angesichts der vielen Gedemütigten auf der Welt einen endlosen Flächenbrand voraussagen. Aber es gibt ja auch viele Gewinner der Globalisierung. Und die bilden eine Gegenkraft.
Zur Person
Matthias Horx (59) ist einer der renommiertesten Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum. Der studierte Soziologe arbeitete zunächst als Journalist und eröffnete 1993 mit Peter Wippermann das Trendbüro in Hamburg. Fünf Jahre später gründete er sein Zukunftsinstitut, das mittlerweile in Frankfurt am Main angesiedelt ist. Das rein privatwirtschaftlich organisierte Institut hat in den Büros in Frankfurt, München und Wien gut 30 Mitarbeiter und verfügt über ein Netzwerk von 30 Referenten. Horx ist Dozent für Trend- und Zukunftsforschung an mehreren Universitäten.
>>> Zur Webseite Matthias Horx [... hier].
Quelle: Jörn Perske, in: Bogener Zeitung vom 23. Dezember 2014 (zeitversetzt übernommener Beitrag aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Benno und die Räuber vom Perlbachtal
- Eine „Dipferlscheißerin“ in Haselbach
- Windberg. Kultur- und Festspielverein mit Videofilmabend
- Mitterfels/Scheibelsgrub. „Jeder soll Chance bekommen“
- Haselbach: Adventliches Singen
- 27. Mitterfelser Christkindlmarkt um die Burg 2024
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 68 Kirchliche Einrichtungen nach 1945
- St. Johann/Falkenfels. Konzert am ersten Adventssonntag
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Waldleben ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Mitterfelser Beitrag zum Festjahr „800 Jahre Bayerische Rauten“
- MM 11/2005. „Erinnerung und Mahnmal für die Zukunft“
- MM 11/2005. Vergessen und Verdrängen? Oder: Vom Wissen zum Gewissen?
- MM 11/2005. „Jetzt gehören wir dem Amerikaner!“
- MM 11/2005. Morgens um fünf holte sie der Gendarm
- MM 11/2005. Hakenkreuz – Aushängeschild der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Es begann in Kreuzkirchen
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Eine Bücherei entsteht
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Baugebiet Pimaisset Mitterfels. Mit Regenwasser die Toilette spülen
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Mitterfelser Beitrag zum Festjahr „800 Jahre Bayerische Rauten“
- MM 11/2005. Hakenkreuz – Aushängeschild der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)
- MM 11/2005. Morgens um fünf holte sie der Gendarm
- MM 11/2005. „Erinnerung und Mahnmal für die Zukunft“
- MM 11/2005. „Jetzt gehören wir dem Amerikaner!“
- MM 11/2005. Vergessen und Verdrängen? Oder: Vom Wissen zum Gewissen?
- Kalenderblatt Allerseelen. Zwei Münchner Friedhöfe der besonderen Art
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- MM 11/2005. Seite des herausgebenden Vereins: AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- „Kein kleiner Waidler-Adel“
- Waldleben ...
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh