1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 63 b Zwischen den Weltkriegen: Waldbad und Bluttat in Unterhartberg
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
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Zwischen beiden Weltkriegen: b Waldbad und Bluttat in Unterhartberg
Das Waldbad im Perlbachtal
Ein Zugewinn ganz anderer Art fällt auch in diese Zeit: das Waldbad von 1936. Wer das aufgelassene Becken von heute sieht [1988!], hält es kaum für wert, darüber zu schreiben. Aber damals war es weitum das erste Freibad dieser Art; selbst die Straubinger hatten ihre Badeanlage noch an der Donau. Die "Sommerfrische" Mitterfels wollte etwas schaffen, was dem Einheimischen wie dem Fremden zugutekommen sollte. Auslöser der Idee war der Gefängnisverwalter Joseph Obermayer, der sich angetragen hatte, mit den Gefangenen über Wochen dort zu arbeiten.
Gefängnisverwalter Joseph Obermayer – Foto aus „Bilder erinnern …“ - Vergrößern durch Anklicken!
Bürgermeister Hafner erließ einen Aufruf zur Mitarbeit - das Echo war groß. - Vergrößern durch Anklicken!
Jung und Alt und alle Berufsvertreter fanden sich ein, bis hin zum Oberamtsrichter Dr. Kelber, der zu seinem Gefängnisverwalter meinte: "Heute bin ich Ihr Untergebener." Unzählige freiwillige Arbeitsstunden wurden geleistet zwischen Juli 1935 und Sommer 1936. Dann war Einweihung - am 2. August 1936.
„Luftkurort Mitterfels – Schwimmbad“, Postkarte vom Tag der Bad-Einweihung am 2. August 1936 – Verlag unbekannt, Sammlung Otmar Kernbichl - Vergrößern durch Anklicken!
Ein kleines Volksfest wurde abgehalten, und abends trotz der Waldnähe ein kleines Feuerwerk gewagt, und ein Lampionmond zog die Bahn von den hohen Tannen bis herüber zum Steinbruchfelsen.
Das Besondere der Anlage war der herrliche Ruhe- und Erholungsbereich im Perlbachtal. Da wurde auch das meist kalte Wasser in Kauf genommen. An den Sonntagen kamen gern die Straubinger – mit der Bahn: der Bahnhof war ja nur eine Viertelstunde Fußmarsch entfernt - und verbanden einen Badeaufenthalt mit einer Wanderung durchs Perlbachtal. Im Lauf der Jahre wurde manches verbessert, so die Badehütte, ein Tretbecken für Kinder, Spieleinrichtungen, auch das Platzangebot durch weiteres Absprengen des Felsens erweitert. Wieder hielten die Mitterfelser zusammen. Unter allen muss der aus dem Banat heimatvertriebene Prof. Mihailowitsch genannt werden, der mit handwerklichem Geschick einige Wochen umsonst an der neuen Badehütte arbeitete.
Bademeister Otto Hirtreiter – Repro Archiv AK Heimatgeschichte Mitterfels - Vergrößern durch Anklicken!
Immerhin hat das Waldbad bis 1972 Dienst getan, und so mancher hat dort das Schwimmen gelernt.
Das Mitterfelser Waldbad – auch nach dem Zweiten Weltkrieg Treffpunkt für Mitterfelser und beliebtes Ausflugsziel
Die vielen im Umlauf befindlichen Ansichtskarten trugen dazu bei, dass das Mitterfelser Waldbad im idyllischen Perlbachtal trotz des kalten Wassers nicht nur von Jung und Alt aus Mitterfels gern besucht wurde, sondern auch beliebtes Ausflugsziel für auswärtige Gäste war. Hier eine kleine Auswahl von Postkarten und Fotos:
„Mitterfelser Waldschwimmbad“, Postkarte um 1950 (Aufnahme von der Badehütte aus) – Aufn. und Verlag Foto Eiglsperger, Mitterfels; Sammlung Christl Jakob - Vergrößern durch Anklicken!
Großer Besucherandrang beim Badfest 1952 – Fotos im Besitz von Franz Schwinghammer - Vergrößern durch Anklicken!
Selbst im Winter war das Waldbad Treffpunkt für die Mitterfelser Wasserwachtler (von links) Wolfgang Schmidt, Karl Groß, Rudi Keller, Manfred Hohle, Franz Schwinghammer und Götz Lange. - Vergrößern durch Anklicken!
>>> Das könnte Sie auch interessieren: Herwig Hoinkes, Mitterfelser Waldbad und die Wasserwacht, in: Mitterfelser Magazin 28/2022
„Mitterfels Waldschwimmbad“, Postkarte um 1960 – Aufn. und Verlag Foto Eiglsperger, Mitterfels; Sammlung Christl Jakob - Vergrößern durch Anklicken!
„Luftkurort Mitterfels/Bayer. Wald – Waldschwimmbad im Perlbachtal“, Postkarte von 1960 - Aufn. und Verlag Foto Eiglsperger, Mitterfels; Sammlung Christl Jakob - Vergrößern durch Anklicken!
„Luftkurort Mitterfels Waldschwimmbad – Bayer. Wald“, Postkarte um 1968 - Aufn. und Verlag Foto Eiglsperger, Mitterfels; Sammlung Otmar Kernbichl - Vergrößern durch Anklicken!
Nach der Eröffnung des Panoramabades 1972 vereinnahmte die Natur das Becken des Waldbades. – Foto: Sammlung Herwig Hoinkes - Vergrößern durch Anklicken!
Naturspielplatz „Altes Waldbad“, gestaltet von der Sektion Mitterfels des Bayer. Wald-Vereins – Foto: Sammlung Herwig Hoinkes - Vergrößern durch Anklicken!
Seit 2013 Jugendzeltplatz
1988, kurz vor Abschluss des Chronik-Druckes, bleibt nachzutragen, dass das schon seit 16 Jahren tot liegende "Waldbad" nunmehr mit dem Aushubmaterial vom Bau der Behindertenwerkstätte aufgefüllt wurde. [Heute wird das Gelände des ehemaligen Waldbades vom Kreisjugendring des Landkreises als Jugendzeltplatz benutzt. Im Jahre 2013 wurde ein als Aufenthaltsraum und Nachtquartier nutzbarer Holzbau auf dem ehemaligen Schwimmbecken errichtet.]
Flyer des Kreisjugendrings - Vergrößern durch Anklicken!
Umso wertvoller werden uns jetzt die Bilder von einst, für eine ganze Generation eine Erinnerung an ein schönes Stück Alt-Mitterfels.
Bluttat in Unterhartberg
Nach diesen für die Gemeinde bedeutsamen Geschehnissen der zwanziger und dreißiger Jahre möge noch von einem Ereignis im Dezember 1937 berichtet werden, einer Bluttat, die in Mitterfels noch nicht vergessen ist. Die Schlagzeilen der Zeitungen sprechen für sich: "Den Ehemann mit der Axt erschlagen", "Ein teuflisches Weib vor Gericht", "Statt Zuchthaus - Todesstrafe". Was der Tat vorausgegangen war, hatte für den Landwirt Josef Rothammer von Unterhartberg eine einzige Tragödie bedeutet. Als 51-jähriger Wittiber hatte er eine recht zweifelhafte 28-Jährige geheiratet, die einen geistig behinderten Sohn mit in die Ehe brachte.
Das Rothammer-Haus in Unterhartberg steht längs nicht mehr. Der Wald ist über die Siedlungsinsel gewachsen und auch über den Ort der grausigen Tat. - Bild aus: Chronik Markt Mitterfels, Seite 253 - Vergrößern durch Anklicken!
Allzu schnell stellte sich heraus, dass die Frau die Arbeit scheute, umso mehr die Wirtshäuser und eine leichte Art liebte und eigentlich nur auf das baldige Ableben des Mannes und auf das Erbe wartete. Streiten gehörte zum Alltag, immer häufiger auch die Drohung, ihm "das Hackl hinaufzuhauen, dass er in fünf Minuten bei Jesus ist." Der heranwachsende Sohn wurde in gleicher Weise gesteuert, und so hörte der Stiefvater auch aus dessen Mund immer wieder vom "Erstechen, Erschlagen, Umbringen". Ein Beil unterm Kopfkissen der Frau zeigte an, wie ernst alles gemeint war. Am 7. Dezember 1937 geschah es dann: Der inzwischen 19-jährige Sohn Alois kam wieder einmal mit dem Stiefvater in Streit und schlug ihn mit einem Stoßeisen nieder. Die Frau stürzte sich auf den Betäubten und schlug mehrmals mit der Schneidseite des Beils auf ihn ein. Dann forderte sie den wütenden Sohn zum erneuten Zuschlagen auf. Der Tote in der Stube ließ sie beide kalt. Die Frau wechselte die blutüberströmte Kleidung, ging aufgeräumt, manchmal auch singend, nach Mitterfels, zuerst ins Wirtshaus, dann zur Gendarmerie und meldete das "Unglück". Die gleiche Haltung zeigte sie zwei Monate später am Schwurgericht Regensburg; selbst der vom Gerichtsmediziner auf den Richtertisch gelegte Kopf des Erschlagenen rührte sie nicht. Sie machte sich ob ihrer Untat keine allzu großen Sorgen: Die Hauptschuld würde sie auf den geistesschwachen Alois abschieben, dann blieben für sie höchstens vier Jahre (so hatte sie aus vielen Erkundigungen vor der Tat kalkuliert). Das Schwurgericht jedoch entschied auf 15 Jahre Zuchthaus für die Frau und auf fünf Jahre Gefängnis für den Sohn, mit nachfolgender Einlieferung in eine Heil- und Pflegeanstalt. - Frau Rothammer legte Revision ein. Das Reichsgericht in Leipzig verfügte eine nochmalige Verhandlung. Was dabei zutage trat an Vorsätzlichkeit und Überlegung, führte zur härtesten Strafe: Todesurteil für die Frau, fünf Jahre Zuchthaus für den Sohn, danach Einweisung, um weitere mögliche Untaten auszuschalten. Die nochmalige Revision wurde vom Reichsgericht Leipzig verworfen. Kurz vor der Hinrichtung im Januar 1939 schrieb Kreszenz Rothammer einen Reuebrief an den Ortspfarrer Brettner, der ihn beim Gottesdienst verlas und für die Hingerichtete beten ließ. Vom Sohn Alois kamen aus dem Zuchthaus noch kurze Lebenszeichen, danach hörte man nicht mehr von ihm; Geistesschwache hatten im Dritten Reich ja kaum eine Überlebenschance.
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