. . . und im ehemaligen Landgericht
Der letzte Abschnitt eines uralten Handelsweges von Böhmen an die Donau
Fünf Streckenverläufe kommen für den letzten Abschnitt des Baierwegs zwischen Perasdorf und Gaißing in Frage. (Skizze: Josef Fendl, Grafik: Repro)
Der Baierweg zwischen Sankt Englmar und Mariaposching
Der immer wieder in Prospekten und Reiseführern genannte Baierweg ist das Relikt eines uralten Handelswegs aus dem böhmischen Kessel an die Donau, wo er in andere Fernstraßen einmündete. Auch das keltische Oppidum (befestigte Siedlung, Anm. d. Red.) Wischlburg und das benachbarte römische Kleinkastell Steinkirchen (beide Gemeinde Stephansposching)sind sicher nicht zufällig am Ende des genannten Weges angelegt. Das Gleiche gilt für die Umschlagstellen für Salz aus der Salzburger und der Berchtesgadener Saline in den benachbarten Dörfern Mariaposching und Waltendorf, die ebenfalls der „Mündung“des Baierwegs geschuldet sind. Zum großen Teil führte er als Hochweg – „Hochweg kommt auch als Ortsname vor – im kürzestmöglichen Verlauf von der Donau nach Taus/Domaslice. 1997/1998 in Mainstorf aufgefundene Artefakte aus der Zeit der Schnurbandkeramiker (rund 2700 v. Chr.) und der Latene-Zeit (400 v. Chr.) sprechen für eine viele Jahrtausende andauernde Nutzung.
Heidnische Bräuche „bei den Steinen“
Im 9. Jahrhundert führten kirchliche Synodalbeschlüsse eine ganze Reihe von verbotenen heidnischen Bräuchen auf, unter anderem auch die, „die bei den Steinen verrichtet werden“. Möglicherweise deuten die Ortsnamen Schwarzenstein, Heilnstein und Wetzstein an einer der Baierwegtrassen auf solche religiöse „Wegmarken“ beziehungsweise „Kultobjekte“ hin. Auch die Galgenberge in Sankt Englmar und Bad Kötzting verwiesen auf den viel begangenen Weg, der durch die Markbuchen (bei Sankt Englmar) eine geopolitische Würdigung erfuhr. Sogar der Name „Eselsberg“ bei Einfürst könnte ein sprachliches Überbleibsel der alten Handelsroute sein, denn bis zum 13. Jahrhundert wurde der Warenverkehr mit Lasttieren erledigt. Erst dann setzte sich zunächst der zweiräderige und später der vierräderige Karren durch. In diesen geografischen Kontext passte noch die Lage verschiedener am Wege liegender Burgställe: Loham, Schwarzenstein und Lengfeld – abgesehen davon, dass der Baierweg auch die Westgrenze der agilolfingisch/karolingischen Schenkung an das Kloster Metten dargestellt haben dürfte. Im Hochmittelalter ist diese Trasse identisch mit den Pfarreigrenzen: So gehörten zum Beispiel alle Perasdorfer Ortschaften, die östlich des Baierwegs lagen, bis 1834 zur Pfarrei Schwarzach. Der Bauer der Rodungsinsel Kostenz musste also zwei Stunden Fußweg zur Pfarrkirche auf sich nehmen.
Degenberger machten die Penzkofer zu Pflegern
Als man später Wasserläufe als Grenzen favorisierte, könnte die Zurückverlegung des Baierwegs an den Rohrmühlbach beziehungsweise die Schwarzach zur Gründung des gleichnamigen mettensischen Maierhofes geführt haben. Seine Kirche wurde dem Patronat des Heiligen Martin, des „Staatsheiligen“ der Merowinger und Karolinger, unterstellt. Dabei könnte der alten Siedlung Penzkofen, auf einer Anhöhe über dem Rohrmühlbach gelegen und bereits um 1170 urkundlich erwähnt, eine gewisse strategische Bedeutung zugefallen sein. Ursprünglich war sie wohl Sitz eines freien Bauern, der dann in die Abhängigkeit des Klosters Metten kam und schließlich zum Bogenschen Ministerialensitz aufstieg. Nach dem Aussterben der Bogener (1242) machten die Degenberger die Penzkofer – ihre früheren Gefolgsleute aus der Kreuzzugszeit? – zu Pflegern auf einigen ihren zahlreichen Burgen.
Rohrmühlbach als Grenze zwischen den Pfarreien
Die Rolle des Rohrmühlbachs als Grenze zwischen Mettener und Niederaltaicher Gebiet ist auch noch aus den alten Pfarreigrenzen ersichtlich. Westlich gelegene Höfe und Ortschaften gehörten zur niederaltaichischen Pfarrei Mariaposching, auch wenn sie – wie Gaißing und Mühlberg – von Schwarzach nur 20 Minuten, von Mariaposching dagegen zwei Stunden entfernt waren. Im sogenannten Heuwisch (aus „hiwisk“, geschlossener Grundherrschaftsbezirk) verlief der Weg allerdings zunächst nicht durch den damals noch versumpften Lindforst, sondern über den Gaissinger Höhenrücken und den Odenberg.
Fünf Varianten sind denkbar
Unter diese Voraussetzungen kann man zwischen Sollach (bei Perasdorf) und Gaissing folgende Varianten des Baierwegs annehmen: Die älteste Trasse führte – von Perasdorf kommend – über den Schwarzenstein und Heilnstein zur (heutigen) Rohrmühle und dürfte dann am (späteren) Schönbühl vorbei nach Einfürst geführt haben, das schon 1156 als „ainfirst“ in Windberger Urkunden genannt ist. Da aber das „Loch“ bei der Rohrmühle sicher die meiste Zeit des Jahres versumpft war, wird der Weg vermutlich nur bei ausgesprochener Trockenheit zu begehen gewesen sein – im Normalfall wird er von Heilnstein nach Einfürst und weiter zum Gaißinger, dem wahrscheinlich einzigen echten „-ing“-Ort des Schwarzacher Winkels geführt haben, von wo aus er über den Odenberg und die Romanensiedlung Winkling als „Speckweg“ an die Donau bei Mariaposching verlief. Eine alternative Strecke wäre auch von Perasdorf aus über Lengfeld nach Gattendorf und Wetzstein denkbar. Ein Umweg, der dafür witterungsunabhängig ist und weitgehend ohne große Höhenunterschiede auskommt, wäre eine Strecke über Meidendorf und Oppersdorf nach Einfürst, den „-dorf“-Namen wie Mainstorf, Rottendorf und Gattersdorf nach ebenfalls mettensische Gründungen. Prof. Dietrich Manske von der Universität Regensburg hält nach der Anlegung eines mettensischen Maierhofes Schwarzach eine Abführung des Baierwegs von Sollach über Kohlwessen und Allersdorf nach Schwarzach für denkbar. Damit stiege dann auch die strategische Bedeutung der Burg Degenberg.
Quelle: Josef Fendl/BOG Zeitung vom 11. August 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer Sperrfrist)
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