Ein Blick in Stefan Seyfrieds Sammlung: Eine Geschichte hinter jeder Taste

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Stefan Seyfried sitzt an einem Tafelklavier von der Firma Érard Fréres, datiert 1807. Den Klang des Instruments kann er auf viele Weisen manipulieren, da das Instrument vier Pedalen mit verschiedenen Funktionen hat. Fotos: Manuel Bogner – Vergrößern durch Anklicken!

Der stellvertretende Leiter der Kreismusikschule in Mitterfels hat 13 alte und seltene Tasteninstrumente bei sich Zuhause stehen.

„So langsam geht mir der Platz aus“, sagt Stefan Seyfried und lacht, während er …

… in das Dachgeschoss seines Hauses geht. Er betritt ein großes Zimmer, in jeder Ecke steht ein großes Tasteninstrument. „13 Stück sind es inzwischen“, erzählt der stellvertretende Leiter der Kreismusikschule Straubing-Bogen. „Irgendwo liegt auch noch ein Keyboard und hinten steht meine elektronische Orgel. Die zähle ich aber nicht dazu.“

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"So langsam geht mir der Platz aus." – Vergrößern durch Anklicken!

Der Musiker sammelt seit Jahren historische Tasteninstrumente und gibt ihnen ein neues Zuhause. Diese unterscheiden sich zum Beispiel in der Mechanik, also wie ein Ton beim Drücken einer Taste entsteht, aber auch in der Klangfarbe, der Bauart und vielen anderen Aspekten. Das bedeutet: Was Tasten wie bei einem Klavier hat, muss nicht nur ein Klavier sein. Als erstes Exemplar kaufte sich Seyfried zum Beispiel ein sogenanntes Clavichord. Kurz darauf wurde er bei einem Kurs für alte Musik gefragt, ob er ein Cembalo habe. „So wurden es mit der Zeit immer mehr, auch weil ich mit vielen Sammlern und Experten in Kontakt war.“ Die Sammlung ist im fließenden Übergang entstanden, sagt Seyfried. Fast als hätten sie sich selbst vermehrt.

Für all seine Instrumente hat Seyfried laut eigener Schätzung etwa die Summe ausgegeben, die eine Limousine der Oberklasse kosten würde. Dazu kommen die Kosten der Instandhaltung. Verkaufen könne man sie heute nur schwer, erklärt Seyfried. Die Preise seien im Keller und die Instrumente nur noch etwas für wahre Liebhaber.

Die Instandhaltung kann sehr aufwendig sein

In Seyfrieds Wohnzimmer steht ein Klavier des Herstellers Érard Fréres: Das auf 1807 datierte Instrument aus Paris wurde mit neuen Saiten und Tasten restauriert. Der alte Belag aus Elfenbein und Ebenholz ist jedoch weiterhin auf den Tasten, auch der Rest des Klaviers ist im Originalzustand. „Ein befreundeter Cembalobauer wollte einmal einen Dämpfer reparieren“, erzählt Seyfried. „Doch da hat wohl schon mal wer rumgetüftelt, denn wir haben auf den alten Dämpfern Schnipsel einer französischen Zeitung aus dem Jahr 1807 gefunden.“

Seyfried hat das Instrument im Internet bei einer Klavierbauerin ersteigert. Viele seiner Instrumente hat er auf der Verkaufsplattform „eBay“ oder ähnlichen Seiten im Internet gefunden. Das Érard Fréres war bereits restauriert. „Dadurch war es relativ günstig, da die Restauration das Dreifache gekostet hätte.“ Bei der Ersteigerung des Instrumentes habe Seyfried aber Konkurrenz gehabt: Ein Schweizer hat auch auf das Tafelklavier geboten. „Doch der hätte sowieso ein Problem gehabt, das Elfenbein über die Grenze zu kriegen“, sagt Seyfried und lacht.

Oben in seinem Dachgeschoss stehen die restlichen Instrumente, sowie ein Thermometer und ein Messgerät für Luftfeuchtigkeit. So schafft er die bestmöglichen Voraussetzungen für die Instrumente. „Dann muss ich die Saiten auch nicht so oft stimmen“, sagt der Musiker. „Ich habe die Wahl: Entweder ich investiere viel Zeit oder Geld.“ Je mehr Chöre ein Instrument hat, desto mehr Saiten sind auf einer Taste gespannt – und umso länger muss Seyfried tüfteln, um den richtigen Ton zu bekommen.

Bei dem kompliziertesten Klavier in seiner Sammlung kann das Stimmen bis zu 90 Minuten dauern, da das Instrument teils dreichörig ist. Das bedeutet, dass Seyfried diese Noten dreimal stimmen muss, bis er es wieder spielen kann. Es handelt sich dabei um ein Klavier des Herstellers Louis Kulmbach. Dieses Instrument hat sogar eine eingebaute Pauke, die jedoch nicht erhalten blieb. An dieser Stelle befindet sich nun ein Holzbrett, das ein quietschendes Geräusch von sich gibt, wenn Seyfried die Pedale drückt. „Wenn ich viel Zeit habe, mache ich da ein dünnes Fell hin“, sagt er.

Von Mozart und schottischen Schlössern

Hinter vielen Instrumenten in Seyfrieds Dachgeschoss stecken spannende Geschichten: Auf einem Klavier steht zum Beispiel kaum lesbar „John Hingston, Fitzroy Square, London“. Doch ob John Hingston ein Ladenbesitzer oder Hersteller des Klaviers war, ist unklar. Seyfried fand das Instrument bei einem Händler, der die Bauteile in einer Kiste in London aufgetrieben hatte. Der Verkäufer in der britischen Hauptstadt wollte keinen Rabatt auf andere Einkäufe geben, deshalb bekam er stattdessen die Kiste. Nachdem das Tafelklavier wieder zusammengebaut war, fiel auf, dass die Beine fehlten. Seyfried kaufte es mit neuen Beinen – und recherchierte mehrere Jahre lang, wer denn nun John Hingston sei.

Lange hatte er keinen Erfolg, bis der Musiker eines Tages zufällig auf der Plattform „Pinterest“ auf Bilder eines schottischen Schlosses stieß. Jemand hatte die Inneneinrichtung fotografiert: Darunter auch ein Klavier ohne Beine – von John Hingston. Diese zufällige Bildunterschrift bestätigte Seyfried, dass es doch weitere Klaviere von diesem Mann gibt. „Ich weiß aber nur von diesen zwei“, sagt Seyfried. „Die Machart erinnert mich zudem eher an ein Instrument der Firma Broadwood. Denn im Resonanzboden ist ein Spalt, in dem die Mechanik erweitert wurde. Dadurch erhält man einen größeren Tonumfang, also zusätzliche Tasten und Noten.“

Das seltenste und älteste Stück aus Seyfrieds Sammlung ist jedoch ein Pantaleon, ein kleines Tafelklavier aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhundert, das den Klang eines großen Hackbretts nachempfindet. Zudem hat er Cembali und Spinette, sowie mehrere Clavichorde. Darunter ist auch das neuste Instrument: Ein Clavichord, das nach Mozarts Reiseklavier gebaut wurde. Auf dem kleinen Instrument konnte sich der Komponist austoben, ohne jemanden zu stören.

An jeder Taste hängen für Seyfried besondere Erinnerungen, Geschichten und historische Fakten. „Inzwischen weiß ich nicht mehr, was ich noch brauchen könnte“, sagt er. „Es wird sowieso langsam zu eng. Aber aus Erfahrung kann ich sagen: Irgendetwas Neues finde ich immer.“ 

Information:

Wer einen Einstieg in die Welt des Clavichords will, kann am 13. April zu Stefan Seyfrieds Vortrag zu dem Instrument kommen. Weitere Informationen unter www.musikschule.straubing-bogen.de

Manuel Bogner/BOG Zeitung vom 3. April 2024 (Gen. der Loklredaktion)

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