Diskussion zum Thema „Migration - eine Chance?“ im Mitterfelser Mondi-Treff

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Der Historiker Wolfgang Hammer, die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann und Moderator Walter Peter (von rechts) diskutierten über Migration als Chance. (Foto: erö)

Die Menschenrechte gelten auch für Flüchtlinge - ... dazu ein Interview mit Johanna Uekermann

Mit seiner Vortrags- und Diskussionsreihe „Von Migration zur Integration“ setzt der Asylhelferkreis Interkulturelles Lernen seine Bemühungen um die Integration von Flüchtlingen fort. Nach dem Vortrag „Das alte Syrien“ mit Kulturkuratorin Birgit Gigler fand jetzt im Mondi-Haus ein öffentlicher Diskussionsabend zum Thema „Migration – eine Chance?“ mit dem Historiker und Buchautor Wolfgang Hammer und der Juso-Bundesvorsitzenden Johanna Uekermann statt.

„Nehmen wir die Migranten ernst und versuchen wir sie zu verstehen“, bat Moderator Diakon Walter Peter zu Beginn. Mit dem Gedicht „Willkommen“ von Günther M. Doliwa stimmte Ali Jassim die zahlreichen Zuhörer auf den Abend ein.

Flüchtlinge kommen zu uns als Mahnung und Zeichen dafür, dass eine Änderung von Grundverhaltensweisen nötig ist, um einen stabilen, gesellschaftlichen Ausgleich zu schaffen, erklärte Wolfgang Hammer in seinem Vortrag.

Auch Bundesrepublik an Kriegen beteiligt

Er sprach über Kriege, ihre Verursacher und Ursachen – auch die Bundesrepublik sei direkt oder indirekt an Kriegen beteiligt –, über den Nutzen von Flüchtlingen für aufnehmende Länder und den Leidensdruck der Betroffenen und betonte: „Die Menschenrechte sind universal und gelten auch für Flüchtlinge“. Nicht Grenzzäune seien das Mittel zum Leben auf dieser Welt, sondern das An- und Ausgleichen allzugroßer Unterschiede, das Führen einer gleichberechtigten Kommunikation und die Geduld bei langen Verhandlungen“. Durch Bildung, Arbeit und Anerkennung der Menschenrechte können Flüchtlinge bei uns Erfolg haben, zeigte sich Hammer überzeugt. Ein Modell, das auf andere Länder übertragbar ist und mithelfen könnte, den Frieden zu sichern.

Johanna Uekermann nahm unter anderem zur gegenwärtigen Situation in der Flüchtlingsfrage Stellung. „Menschen gehen nicht zurück, weil man sie an der Integration hindert. Wer damit Migrationspolitik machen will, produziert nur Langzeitarbeitslose, diesmal aber in einer ganz anderen Dimension“. Uekermann stellte den Integrationsplan der SPD vor mit mehr Plätzen in Kita und Ganztagsschule, mehr zusätzlichen Stellen für Lehrer und Sozialpädagogen, einer schnellen Aufenthaltsgenehmigung nach erfolgreicher Ausbildung für einen raschen Zugang zum Arbeitsmarkt.

Sprachkurse, Praxis und bezahlbarer Wohnraum

Dieser Zugang könnte mit Förderprogrammen und der Verknüpfung von Sprachkursen und Praxis verbessert werden. Rechtliche Hürden sollten abgebaut werden. Nicht zu vergessen die Aufstockung des sozialen Wohnungsbaus für bezahlbaren Wohnraum. „Ich bin dafür, dass junge Menschen während ihrer Ausbildung und in den ersten zwei Berufsjahren hierbleiben dürfen. Das ist auch im Sinn der Unternehmen, die Planungssicherheit brauchen“, betonte Uekermann. Aber wir verlangen von den Flüchtlingen auch, dass sie unsere Grundwerte teilen und respektieren.

In der Diskussion ging es unter anderem um das Abkommen mit der Türkei, um Lügen und Vorurteile gegenüber Flüchtlingen, um die mangelnde Solidarität in der EU bei der Verteilung von Flüchtlingen, um die negativen, wirtschaftlichen Auswirkungen der Grenzkontrollen, um Neiddebatten und die Frage, wer an Kriegen verdient. Das sei schwer zu durchschauen, meinte Hammer. Die USA sollten auf ihre Verantwortung hingewiesen werden, meinte ein Zuhörer.

„Flüchtlinge wollen ihre Religion in Frieden leben“

Ein praktischer Vorschlag: Schon bei der Registrierung sollte bekannt gemacht werden, welches Handwerk ein Flüchtling beherrscht. Beklagt wurde die viel zu langsame Familienzusammenführung. Mit den verschiedenen Religionen gebe es in Mitterfels keine Probleme. „Die Flüchtlinge fliehen von den Extremisten des IS und wollen friedlich ihre Religion leben, sie aber niemandem überstülpen“. Es gelte, Gemeinsamkeiten, auch in den Religionen zu finden, wie es bereits täglich beim Mondi-Treff geschieht, meinte Diakon Walter Peter.

Der nächste Vortrag in der Reihe findet am Freitag, 3. Juni, zum Thema „Trauma - den Schrecken überwinden“ mit Psychotherapeutin Julia Lermer statt.

Quelle: Elisabeth Röhn, in: Bogener Zeitung vom 27. April 2016 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)

>>> Bericht als pdf-Format [... hier]


 

„Keine Naturkatastrophe“ - Johanna Uekermann spricht im Interview über die Flüchtlingsthematik

interview johanna uekermann 025 bog ztg 00 220416 wDie Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann

Am 22. April 2016 fand um 19.30 Uhr im Mondi-Haus eine öffentliche Diskussion zum Thema „Migration – eine Chance ?“ statt. Referenten waren die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann und der Historiker Wolfgang Hammer. Veranstalter war der Interkulturelle Asylhelferkreis Mitterfels. In einem Interview sprach Johanna Uekermann über die spezielle Problematik beim Thema Flüchtlinge.

Die Flüchtlingsflut hat das gesellschaftliche Klima in Deutschland geändert. Wie sehen Sie diese Entwicklung und wie bewerten Sie sie ?

Johanna Uekermann: Ich tue mich schwer mit dem Begriff „Flüchtlingsflut“. Wichtig ist zuallererst daran zu denken, dass es Menschen sind, die bei uns Schutz suchen. Es bricht ja keine Naturkatastrophe über uns herein. Ich finde es großartig, wie engagiert viele bei uns die Flüchtlinge willkommen heißen und sie unterstützen, beim Deutsch lernen, bei Behördengängen und vielem mehr. Gleichzeitig macht mir Sorgen, dass es einige gibt, die versuchen Angst und Hass gegen Flüchtlinge zu schüren. Allen voran die AfD. Da müssen wir als Gesellschaft widersprechen.

Wie kann Deutschland das aktuelle Problem mit Flüchtlingen lösen, wie schaffen wir das ?

Uekermann: Die Bürger leisten vor Ort enorm viel, damit wir es schaffen. Was wir jetzt brauchen, ist mehr finanzielle Unterstützung, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Wir müssen investieren in neue Wohnungen, in Bildung und Integrationskurse. Das kommt allen zugute.

Wie sehen Sie die längerfristige Entwicklung Deutschlands in wirtschaftlicher und sozialpolitischer Hinsicht ?

Uekermann: Alles in allem steht Deutschland gerade sehr gut da. Sorgen mache ich mir um die ungleiche Verteilung von Vermögen in unserem Land. Wenn Leute das Gefühl bekommen, abgehängt zu werden, entsteht gesellschaftlicher Sprengstoff. Wir sollten dringend mehr tun, damit die Schere zwischen Arm und Reich sich wieder schließt. Unsere Zukunft ist aber auch sehr eng mit der Zukunft in Europa verknüpft. Wenn Grenzen in Europa geschlossen werden, leidet darunter auch der Warenhandel. Wenn andere Länder in Not geraten, leidet nicht nur deren Wirtschaft, sondern auch unsere. Wir sind also gut beraten, immer auch die Probleme unserer Nachbarn im Auge zu behalten. Das gilt für uns in Deutschland wie in Europa.

Die SPD befürwortet Waffenexporte. Wie lässt sich das mit einer Friedenspolitik verbinden ?

Uekermann: Die SPD setzt sich schon lange für eine restriktivere Waffenexportpolitik ein. Das ist ein guter erster Schritt. Langfristig finde ich, dass wir Waffenexporte generell verbieten müssen. Frieden schafft man nicht mit Waffen.

Sie haben ja ihre Heimat in Mitterfels und arbeiten viel in Berlin. Worin unterscheidet sich das Leben an den beiden Orten ? Wie wirkt sich das auf ihre Ideen aus ?

Uekermann: Es ist schon toll, in Niederbayern verwurzelt zu sein und sich im Kreistag um die Lage vor Ort zu kümmern, und regelmäßig auch Großstadtluft in Berlin schnuppern zu können. Was man sofort merkt: Da gibt’s natürlich ganz unterschiedliche Probleme. In Neukölln fährt die U-Bahn im Fünf-Minuten-Takt, in Mitterfels fährt der Bus nur wenige Male am Tag. Gerade für junge Menschen ist das oft ziemlich schwierig, denn ohne eigenes Auto kommt man bei uns nicht weit. Dafür explodieren in Berlin aber gerade die Mietpreise. In einem sind sich die Berliner und Niederbayern aber ganz ähnlich: Die Menschen wünschen sich gerade jetzt eine gerechtere Gesellschaft. Gute Arbeit, sichere Renten, eine gute Gesundheitsversorgung und mehr Geld für Bildung sind hier und da die bestimmenden Themen.

Wie können Flüchtlinge unser Leben in Deutschland bereichern ?

Uekermann: Die Menschen, die jetzt zu uns gekommen sind, werden unsere Gesellschaft an vielen Stellen bereichern. Zum einen kulturell, aber auch wirtschaftlich, mit neuen Ideen und Innovationen. Ich finde es gut, in einer vielfältigen Gesellschaft zu leben und immer wieder Neues kennenzulernen. Deshalb finde ich auch, es gibt keinen Grund zur Panik. Gemeinsam kriegen wir das hin.

Interview: Wolfgang Hammer, in: Bogener Zeitung vom 22. April 2016 (Zeitversetze Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)

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