Haselbach
21. Juli 2013: Patrozinium der Pfarrkirche St. Jakobus in Haselbach
Predigt beim Patrozinium in der Pfarrkirche St. Jakobus in Haselbach; Pfarrer P. Dominik Daschner OPraem
Zur jährlichen Feier unseres Kirchen- und Pfarrpatrons, des hl. Jakobus, zur Haselbacher Jakobi-Kirta, gehört jedes Mal auch ein kleines Volksfest mit Bierzelt, mit den Marktständen der Fieranten, mit Karussell und Schiffschaukel, mit Losbude und Süßigkeitenstand. Auf einem solchen Jahrmarkt können wir viel für unser Leben lernen. In mancherlei Hinsicht ist er ein Bild für unser Leben insgesamt. Wer mit offenen Augen über das Festgelände geht, kann dabei sogar manchen spirituellen Impuls entdecken, und ich meine, auch einige Parallelen zur Lebensgeschichte unseres Patrons, des Apostels Jakobus, lassen sich da erkennen.
Patroziniumsmesse in der Pfarrkirche St. Jakobus, Haselbach
So ein Volksfest steht für die lockere Seite des Lebens. Es kann in unserem Leben nicht immer bierernst zugehen. Ständig nur heiliger Ernst, das überfordert den Menschen. Wir müssen zwischendurch als Gegengewicht auch die Leichtigkeit des Seins spüren dürfen. Unser Leben braucht den gesunden Wechsel von Anspannung und Entspannung, von Pflicht und Muße, von Ernst und Lockerheit.
Ein solches Plädoyer für die lockere Seite des Lebens aus dem Mund eines Pfarrers mag manchen überraschen. Die Kirche legt doch sonst immer Wert gerade auf Pflichterfüllung, auf Moral, auf einen gewissen Ernst in der Sache, auf Konsequenz im Handeln. Auch den Apostel Jakobus, der ein ziemlicher Eiferer für die Sache Jesu war, der mit Verve und möglichst schnell das Reich Gottes auf Erden errichten wollte, auch ihn und seine Apostelkollegen mag es überrascht haben, dass Jesus sie nach ihren ersten Erfolgen in der Verkündigung, als sie zu ihm zurückkommen und ihm von ihrem Tun berichten, nicht sofort zu neuen Taten ausschickt, sondern sie erst einmal einlädt zum gemeinsamen Ausruhen bei ihm an einem ruhigen Ort, sozusagen zum gemütlichen Beisammensein.
Jesus tut das im Wissen darum, dass auch der Schöpfer am siebten Tag geruht hat. Der Sonntag ist Gottes Geschenk an seine Schöpfung: als Ruhetag, als Ausgleich zur werktäglichen Beanspruchung des Menschen, als Zeit zur Erhebung für die Seele. Jesus weiß: Unser Leben braucht diesen Wechsel. Und das hat er auch seinen Aposteln beigebracht. Auf die richtige Balance zwischen Ernst und Lockerheit kommt es an; dann ist unser Leben im Lot. Ein erster geistlicher Impuls, der sich auf einem Volksfest entdecken lässt.
Auf dem Festplatz unserer Jakobi-Kirta stand die letzten Jahre immer auch ein Karussell. Ausgerechnet heuer, wo ich darüber predigen will, ist es zum ersten Mal nicht dabei. Aber sei's drum. Jeder von uns kennt es ja trotzdem. Ein Karussell ist ein sprechendes Bild für unser Leben, was nicht erst die Band „Haindling" erkannt hat mit ihrem Lied „'s Leb'n is wia a Karussell". Es ist im Karussell wie im richtigen Leben. Vieles dreht sich im Kreis, mal schnell, mal langsam; mit den vielen, immer wiederkehrenden Dingen des Alltags, mit der täglichen Routine. Und mal reißt es uns nach oben – in den Hochzeiten unseres Lebens -, mal fühlen wir uns tief drunten, bei so manchen Tiefschlägen und Niederlagen, die wir im Leben einstecken müssen. Wie in der Schiffschaukel, so können wir auch im Leben nicht immer oben sein. Hier wie dort können wir die Höhepunkte nicht festhalten; sie kommen und gehen. Aber – und das sei vor allem denen gesagt, die sich zurzeit ganz unten, die sich down fühlen – der Blick auf die Schiffschaukel zeigt uns auch, dass sich das Leben aus den Tiefpunkten wieder aufschwingen kann. Das Leben wird nicht immer unten bleiben.
Das Karussell – ein Bild für unser Leben, ja. Aber der Apostel Jakobus hat mit Jesus erfahren, dass unser Leben dennoch mehr ist. Das Karussell dreht sich immer nur im Kreis, es kommt nicht vom Fleck, bis es einmal stehen bleibt, und dann ist die Fahrt vorbei. Mit Jesus haben die Apostel erfahren und bezeugen es uns; unser Leben ist mehr. Es sind nicht nur ein paar Runden auf dieser Erde – mehr oder weniger schön, in ruhiger Fahrt oder turbulent – und irgendwann endet es im Tod, ist es vorbei. Nein: Unser Leben ist kein ewiger Kreislauf von Werden und Vergehen; es hat ein Woher und ein Wohin. Unser Leben geht einem Ziel entgegen. Gerade der hl. Jakobus, der große Pilgerheilige, bezeugt uns diesen Wegcharakter unseres Lebens, dass wir mit unserm Leben auf ein großes Ziel zugehen, und dieses Ziel heißt Auferstehung und ewiges Leben.
Kleine Abbilder davon erfahren wir schon im Leben, wenn es nach Tiefpunkten wieder aufwärts geht, wenn sich nach lähmender Starre neues Leben Bahn bricht. Kleine Vorausbilder für die Herrlichkeit sind das, auf die unser Leben zusteuert, so wie es auch der Apostel Jakobus auf dem Berg der Verklärung mit Jesus erleben durfte, als dort für einen Moment schon die Herrlichkeit des Auferstandenen aufgeleuchtet ist.
Noch ein weiterer Gedanke kommt mir beim Blick auf ein Karussell. Ein Karussell dreht sich immer nur um die eigene Achse, und deshalb kommt es nicht voran. Wir kennen wohl auch Menschen, deren Leben sich nach diesem Modell abspielt, die immer nur um sich selbst kreisen. Wer sich nur um das eigene Ego dreht, der tritt im Leben selber auf der Stelle, und vor allem, er bringt die Welt nicht voran.
Das Bild vom Karusell: Wer sich immer nur im Kreise, nur um das eigene Ego dreht, der tritt im Leben auf der Stelle, er bringt die Welt nicht voran.
Jesus hat seinen Aposteln anderes gelehrt, indem er ihnen ganz besonders die Liebe zum Nächsten gepredigt hat, zum Beispiel mit seinem großen Gleichnis vom Weltgericht. Was am Ende zählt, ist allein das, was einer aus Liebe dem Bruder, der Schwester Gutes getan hat. Wer nicht nur um sich selbst kreist, wer nicht nur für sich haben will, sondern ein Stück von sich absehen kann und auch den anderen im Blick hat, der bringt diese Welt voran, nur der wird diese Welt zum Besseren verändern.
Unser menschliches Miteinander ist eben nicht immer einfach. Auch das lässt sich auf einem Volksfest beobachten. Manchmal kocht da schnell die Seele hoch, umso mehr wenn Alkohol im Spiel ist. So ein Hitzkopf, dem schnell die Galle hochgestiegen ist, war auch unser Patron, der hl. Jakobus. Nicht umsonst hat ihm Jesus den Beinamen „Donnersohn" verliehen. Als man Jesus und seine Jünger in einem Dorf nicht aufgenommen hat, wollte Jakobus Feuer vom Himmel auf die Bewohner regnen lassen. Am liebsten hätte er ordentlich draufgehauen wie auf den berühmten „Hau den Lukas" auf dem Volksfest. Aber Jesus gebietet ihm Einhalt. Jesus steht für einen anderen Umgang der Menschen untereinander.
Dazu passt die kleine Geschichte von einem Hund, die ich gefunden habe, der sich im Jahrmarkt in ein Spiegelkabinett verirrt hat: Als der Hund sich im Spiegel erblickte, fühlte er sich von einem fremden Hund bedroht und fletschte die Zähne. Auch der Hund im Spiegel zeigte seine Zähne. Doch als der Hund mit dem Schwanz wedelte – o Wunder! -, da zeigte sich auch das Spiegelbild freundlich und wedelte mit dem Schwanz. – Benehmen wir uns nicht auch manchmal wie der Hund im Spiegelkabinett: dass wir im anderen schnell den Rivalen sehen und auf Abwehr gehen? Dabei zeigt doch die kleine Geschichte: Mit Freundlichkeit und gutem Beispiel gewinnt man seine Mitmenschen, erreicht man im Leben mehr als mit Drohgebärden und Gewalt.
Spiegelkabinett haben wir auf unserer Jakobi-Kirta keines, aber einen Losstand gibt es dort. Und auch in ihm lässt sich im Zusammenhang mit unserem Pfarrpatron ein Bild entdecken für unser Leben überhaupt und für unser Leben als Christen. Denn jeder will natürlich den Hauptgewinn landen – an der Losbude wie im richtigen Leben. Jakobus und sein Bruder Johannes, so haben wir vorhin im Evangelium gehört, wollten sich die besten Plätze im Reich Gottes sichern. Doch Jesus belehrt sie: Der Erste unter euch soll euer Diener sein. Wenn es nach ihm geht, dann soll es im Leben eben nicht so sein, dass einer alles abräumt und die anderen gehen leer aus. Darum lädt Jesus zum Dienst aneinander ein. So wie wir es im Bierzelt an den Bedienungen sehen. Ohne sie funktioniert so ein Volksfest nicht. Ohne den Dienst aneinander funktioniert menschliches Leben nicht. Nur mit der Bereitschaft zum Dienen springt für alle Menschen ein Gewinn heraus und sichern sich nicht nur einige wenige das große Los.
Am Losstand gibt es aber nicht nur Treffer, sondern auch Nieten. Dass wir im Leben immer wieder auch Nieten ziehen, das hat auch der hl. Jakobus erfahren, als er zusammen mit seinen Fischerkollegen eine ganze Nacht lang geschuftet hatte und nichts gefangen hat. Doch auf das Wort Jesu hin hat er nicht resigniert, sondern seine Netze neu ausgeworfen - mit neuem Mut, gestärkt durch die Verheißung Jesu - und ist mit einem reichen Fang belohnt worden. Jesus ermuntert uns, auch bei Niederlagen nicht aufzustecken, sondern es im Vertrauen auf ihn neu zu probieren. Wer ihn im Boot seines Lebens weiß, der wird auch in Niederlagen nicht untergehen.
Das bezeugt uns unser Pfarrpatron, der hl. Jakobus, mit seinem ganzen Leben. Denn in der Begegnung mit Jesus hat er den Glückstreffen seines Lebens gelandet. Für ihn hat er alles auf eine Karte gesetzt. Hat Familie und Beruf zurückgelassen, um Jesus nachzufolgen. Und er ist nicht enttäuscht worden. Selbst wenn es ihn am Ende als Märtyrer das Leben gekostet hat. Mit Jesus hat er die Fülle des Lebens gefunden, die Jesus denen verheißt, die ihm folgen. Ein Leben, das Sinn macht, das sich lohnt und das seine letzte Erfüllung finden wird in der ewigen Gemeinschaft mit Gott im Himmel.
Ein wenig von dieser Fülle des Lebens lässt uns die heutige Jakobi-Kirta schon verkosten, mit ihren Schmankerln aus der Bierzelt-Küche, mit den Leckereien vom Süßigkeitenstand, mit ihren Vergnügungen für Leib, Seele und Gemüt. Nicht umsonst sagt man vom Gäubodenfest, es sei „a Trumm vom Paradies". Mit dem Gäubodenfest kann unsere Jakobi-Kirta natürlich nicht konkurrieren. Aber das gilt ja letztlich von jedem Volksfest: Es ist ein Stück vom Himmel, ein Vorgeschmack des verheißenen Lebens in Fülle. Auf dem Volksfest allerdings immer nur vorübergehend, für ein paar Tage. Jesus verheißt uns das Paradies in seiner Vollendung, bleibend und für immer.
Der Männergesangsverein Haselbach gestaltete die Patroziniumsmesse musikalisch mit der "Waidlermess" mit. - Seit Jahren gibts beim Jakobimarkt auch das neueste "Mitterfelser Magazin" des AK Heimatgeschichte mit "Mosaiksteinen des Geschehens" in den Gemeinden Ascha, Falkenfels, Haselbach und Mitterfels. (rechts: 2. Vorsitzender des AK Heimatgeschichte Martin Graf)
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