Grundwasserprobleme in Ostbayern. Schadstoffe aus dem Wasserhahn

 

Analysten warnen: Grundwasserqualität in Ostbayern wird sich bis 2021 drastisch verschlechtern

Landshut/Regensburg. Die Qualität des Trinkwassers wird sich in den kommenden Jahren in großen Teilen Ostbayerns drastisch verschlechtern. Zu diesem Schluss kommen die Verfasser des jüngsten Risikoberichts des Landesamtes für Umwelt (LfU), der die Grundwassersituation in Bayern beleuchtet. Demnach werden bis zum Jahr 2021 die Wasservorkommen in vielen Regionen so stark mit Schadstoffen belastet sein, dass die vorgegebenen Grenzwerte überschritten werden. Hauptursache: das in erster Linie durch die intensive Landwirtschaft in den Boden eingebrachte Nitrat.

Schlecht sehen die Prognosen insbesondere für die Grundwasserspeicher südlich der Donau aus. Die Analysten gehen davon aus, dass in naher Zukunft allein von den 32 Reservoirs im Zuständigkeitsbereich der Wasserwirtschaftsämter Landshut und Deggendorf 22 stärker belastet sein werden, als gesetzlich erlaubt. In der Studie werden diese in die Kategorie „Erreichen der Umweltziele bis 2021 unwahrscheinlich“ eingestuft. Das bedeutet, dass sich, wenn sich nichts ändert, in sieben Jahren in diesen Vorkommen so viel Nitrat und/oder Pflanzenschutzmittel angereichert haben werden, dass das darin gespeicherte Wasser nicht mehr als Trinkwasser zu gebrauchen ist.

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Die Grafik zeigt die Prognose darüber, inwiefern die Wasserspeicher in Niederbayern und der Oberpfalz die durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie gesetzten Maßstäbe bis zum Jahr 2021 erfüllen – oder eben nicht. (Grafik: Seebauer)

 

Vorlandmolassen sowie Malm- und Quartärspeicher besonders betroffen

Gefährdet sind laut Studie die Wasservorkommen in den Vorlandmolassen in Siegenburg (Kreis Kelheim), Mengkofen, Loiching (beide Kreis Dingolfing-Landau), Mallersdorf-Pfaffenberg (Kreis Straubing-Bogen), Rottenburg an der Laaber, Furth, Aham (alle Kreis Landshut), Arnstorf, Pfarrkirchen, Massing, Ering (alle Kreis Rottal-Inn), Ortenburg, Rotthalmünster und Bad Füssing (alle Kreis Passau) sowie die Quartärspeicher in Straubing, Landshut, Mötzing (Kreis Regensburg), Osterhofen (Kreis Deggendorf) und Pocking (Kreis Passau).

Elf Problemregionen macht die Risikoanalyse in der Oberpfalz, im Zuständigkeitsbereich der Wasserwirtschaftsämter Regensburg und Weiden, aus. Betroffen sind demnach die Malmspeicher bei Dietfurt an der Altmühl, Traunfeld (beide Kreis Neumarkt/Opf.), Amberg, Vilseck (Kreis Amberg-Sulzbach), Burglengenfeld (Kreis Schwandorf) und Lappersdorf (Kreis Regensburg), die Grundwasservorkommen im Bruchschollenland bei Neustadt am Kulm, Grafenwöhr (beide Kreis Neustadt/Waldnaab) und Schnaittenbach (Kreis Amberg-Sulzbach) sowie die Speicher im Regensburger Quartär und im Hahnbacher Sattel bei Hahnbach (Kreis Amberg-Sulzbach).

Die Risikoanalyse ist ein Blick in die nahe Zukunft. Was die Forscher liefern, ist eine Abschätzung, welche Wasserspeicher die durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie gesetzten Maßstäbe bis zum Jahr 2021 erfüllen und welche nicht. Das Ergebnis: 38 Prozent des Grundwasserreservoirs in Bayern werden in sieben Jahren – wenn nichts dagegen unternommen wird – stärker mit Schadstoffen belastet sein, als erlaubt. Wie es konkret um die momentane Qualität des Grundwassers im Freistaat – also auch um den Zustand der Vorkommen in Ostbayern – bestellt ist, geht aus der Studie nicht hervor. Die letzten Messergebnisse stammen aus dem Jahr 2004.

Demnächst sollen neue Daten veröffentlicht werden, grundlegende Veränderungen dürften sich daraus aber wohl nicht ergeben: Nach Angaben des LfU haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die durchschnittlichen Nitratgehalte im bayerischen Grundwasser „nicht wesentlich verändert“. Aktuell würde an 14 Prozent der Messstellen im Freistaat ein Nitratgehalt von über 40 Milligramm pro Liter gemessen.

Besorgnis löst die Risikoanalyse insbesondere bei den Grünen aus: Sei das LfU bei seiner vorhergehenden, bis ins Jahr 2015 reichenden, Prognose noch von einer kontinuierlichen Verbesserung des Grundwasserzustandes ausgegangen, zeichne sich nun ein deutlich pessimistischeres Bild, hatte die Landshuter Landtagsabgeordnete Evi Steinberger bei der Veröffentlichung der Daten bilanziert (wir berichteten). Hauptverursacher der Wasserbelastung sind für Steinberger die konventionelle Landwirtschaft, der intensive Ackerbau sowie Schweine- und Geflügelmastbetriebe. Seit Langem schon fordern die Landtags-Grünen deswegen eine Verschärfung der Düngemittelverordnung.

Anders wird die LfU-Untersuchung beim Bayerischen Bauernverband aufgenommen. Den Stempel „allein schuldig“ will man sich hier nicht aufdrücken lassen. Angesichts der schlechten Prognosen insbesondere auch für die Grundwasservorkommen im Bereich des Gäubodens und des Rottals verwehrt sich der niederbayerische BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler vehement gegen eine einseitige Anprangerung: Der Landwirtschaft sei nur ein Teil der Belastung zuzuschreiben, sagt Stadler. Es müsse berücksichtigt werden, dass es „viele weitere diffuse Nähr- und Schadstoffeintragungsquellen“ gebe, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. „So dramatisch, wie zum Teil in der Öffentlichkeit dargestellt, ist die Situation aus vielerlei Gründen nicht.“ Grundsätzlich nehme man die Thematik aber sehr ernst.

BBV-Bezirkspräsident warnt vor verzerrten Prognosen in der Analyse

In Zusammenarbeit mit der Wasserwirtschaft bemühe man sich, auf kooperativem Wege Lösungen zu finden, insbesondere in Problemgebieten. Stadler weist zudem darauf hin, dass sich in Sachen Landwirtschaft und Wasserschutz in den vergangenen Jahren viel getan hat und bereits seit den 80er-Jahren der Stickstoffeintrag in den Boden – die Stickstoffdüngung gilt als eine der Hauptquellen für die Nitratbelastung – reduziert wird. Er warnt vor verzerrten Prognosen in der Studie: „Bis geänderte Bewirtschaftung und Maßnahmen im Grundwasser messbar sind, können bis zu 30 Jahre vergehen, vor allem bei tiefgründigen Böden.“

In den betroffenen Gebieten selbst nimmt man die Prognosen der Wissenschaftler durchaus ernst. So auch im Landkreis Landshut. Von den dortigen Grundwasserreservoirs sind in der Studie gleich mehrere in den Fokus geraten: Zwar liege die Nitratbelastung in der Region derzeit noch unter dem gesetzlichen Grenzwert, sagt Landrat Peter Dreier (FW). Er gehe aber davon aus, dass die Belastung sowohl mit Nitrat als auch mit Pflanzenschutzmitteln in Zukunft weiter zunehmen wird. Bei einigen Trinkwasserbrunnen gebe es bereits Überschreitungen, so der Landrat. Gerade im nördlichen Landkreis und in seiner Heimatgemeinde Hohenthann seien die Auswirkungen einer intensiven Tierhaltung auf das Grundwasser erkennbar. Das mache sich früher oder später auch beim Verbraucher bemerkbar: Die zunehmende Belastung mit Nitrat- und Pflanzenschutzmitteln führe dazu, dass das Grundwasser aufwendig und kostenintensiv aufbereitet werden müsse, so Dreier. Bei einem Brunnen in Pattendorf sei das beispielsweise schon der Fall. Da diese Kosten auf den Verbraucher umgelegt würden, steige auch der Wasserpreis. Zudem müssten immer tiefer liegende Grundwasserstöcke mit teilweise jahrzehntealtem Grundwasser angebohrt werden.

Immer öfter muss auf das Tiefengrundwasser zurückgegriffen werden

Der Zugriff auf die wertvollen tiefer liegenden Wasservorkommen wird zunehmend auch andernorts nötig. So müssen etwa auch im Landkreis Passau immer mehr die Tiefengewässer angegriffen werden. Speziell im Bereich der Pockinger Heide habe sich die Schadstoffbelastung mit Nitrat drastisch entwickelt, heißt es auf der Internetseite des Landratsamts. Der Grund: Intensive Landwirtschaft, dezentrale Abwasserbeseitigung und die zusätzliche Schmutzfracht durch Klärschlamm ließen das oberflächennahe Grundwasser nicht zur Ruhe kommen, informiert die Behörde.

Doch nicht überall in Ostbayern gibt es mit dem Grundwasser Probleme: Sämtlich nicht in der Risikoanalyse des LfU tauchen die im Oberpfälzer- beziehungsweise Bayerischen Wald gelegenen Landkreise Tirschenreuth, Cham, Regen und Freyung-Grafenau auf. Der Freyung-Grafenauer Landrat Sebastian Gruber (CSU) bringt es auf den Punkt: Demnach liegen die Quellgebiete für das Grundwasser in der Region zu einem sehr großen Anteil in Waldgebieten. Dort finde nicht nur keine Düngung statt – auch die hydrogeologischen Strukturen seien andere als in den vor allem betroffenen Regionen entlang Donau, Inn, Rott, Isar und Vils.


Quelle: Claudia Stecher, in Bogener Zeitung vom 11. Dezember 2014 (zeitversetzt übernommener Beitrag aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)

 

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