Kunst, Literatur
Mit dem Sensenmann durch die Geschichte
Hans Vicari (links) diskutiert mit Gunter Bergmann in dessen Atelier bei Mengkofen über den Holzschnitt zum Kapitel „Tod und Zweiter Weltkrieg in Straubing“.
Hans Vicari und Gunter Bergmann über das Buch „Da Doud vo Schtraubing“
Tänzelnd, grinsend, fiedelnd, zähnefletschend, mit Trompete und ernst. Todernst. So sieht er aus, „da Doud vo Schtraubing“. Für das Buch, das am 23. November erscheint, hat Hans Vicari 24 Texte geschrieben und Gunter Bergmann hat 24 Holzschnitte erschaffen. Wir haben uns mit ihnen darüber unterhalten, welche Charakterzüge der „Tod von Straubing“ hat und erfuhren, dass beide mit viel Heiterkeit und Humor an dieses Thema gingen.
Straubinger Tagblatt: Sie haben über zehn Jahre an dem Buch „Da Doud vo Schtraubing“ gearbeitet. Eine lange Zeit...
Gunter Bergmann: Das stimmt. Vor ungefähr zehn Jahren hab’ ich geäußert, dass ich gern am Ende meiner Laufbahn einen Totentanz machen möchte. Dann hat der Hans gesagt, dass er schon lange einen schreiben wollt’. Damals haben wir noch recht gelacht, wahrscheinlich, weil wir da noch so jung waren (lacht). Das war der Anfang – und der hat längere Zeit geruht.
Hans Vicari: Zu Allerheiligen hab’ ich immer Geschichten über den Tod für das Straubinger Tagblatt geschrieben. Irgendwann hab’ ich mich sogar selbst als Tod verkleidet – mit einer Halbmaske aus Gips und einem schwarzen Hut. In St. Peter hab’ ich mich vor ein Grab gesetzt und Geige gespielt.
Gunter Bergmann: Da hab’ ich dich sogar drauf angesprochen, ob wir das Buch nicht mit Szenen mit dir machen. Aber das Konzept haben wir schließlich verworfen.
„Da Doud vo Schtraubing“ ist schließlich ein Gang durch Straubings Geschichte geworden. Welche Zeit behandelt das Buch?
Hans Vicari: Es beginnt damit, dass der Tod über die Donau nach Straubing kommt. Da hat er eine Vision, eine Vision von der Stadtsilhouette. Denn die gab’s damals ja noch nicht. Der erste Teil handelt von der Zeit um 7 000 vor Christus in Lerchenhaid.
Gunter Bergmann: Auf meinem Holzschnitt dazu sieht man nur die Hand des Todes, wie sie den Vorhang der Geschichte ein wenig zur Seite zieht.
Hans Vicari: Die Geschichte geht bis in die Jetzt-Zeit und sogar darüber hinaus ...
Rund 9 000 Jahre Geschichte: Wie geht man da vor?
Gunter Bergmann: Ich hatte die Idee, 24 Stücke anzufertigen. Weil der Tod 24 Stunden am Tag arbeitet und unterwegs ist. Pausenlos. Dazu wollten wir 24 Kapitel aus der Straubinger Geschichte zuordnen.
Hans Vicari: Wobei wir schon über die Grenzen der Stadt hinaus geschaut haben, in den Gäuboden. Da hat sich bei mir übrigens der Naturschutzgedanke aufgedrängt.
Gunter Bergmann: Wir haben überlegt, ob wir nur Epochen, wie die Pest, bearbeiten oder ob wir das mit Einzelereignissen mischen, wie dem Schicksal der Agnes Bernauer. Wir wollten einfach etwas auswählen, das für uns markant ist.
Entstanden sind 24 Geschichten zu 24 Holzschnitten. Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden vorstellen?
Gunter Bergmann: Jeden Entwurf hab’ ich mit Hans abgesprochen. Also die Skizze, denn beim fertigen Holzschnitt kann man ja nichts mehr verändern. Wir haben das intensiv diskutiert. So lange, bis es der Herr Dichter genehmigt hat. (lacht)
Welcher Holzschnitt entstand als erstes?
Gunter Bergmann: Der Holzschnitt, auf dem der Tod über die Donau nach Straubing kommt.
Hans Vicari: Ja, der ist vom Wald rausgekommen. Der ist ein Waidler, ein Haglbuachana. (lacht) Zwischen Gunter und mir hat ein intensiver Austausch stattgefunden, einmal in der Woche haben wir uns getroffen und sonst immer E-Mails – in tiefstem bayerisch – hin- und hergeschrieben.
Gunter Bergmann: Man kann sagen, dass die Zusammenarbeit zum „Doud vo Schtraubing“ von großer Heiterkeit begleitet war. Der Tod ist zornig und fantasievoll
Der Untertitel des Buches ist „Ein Gäuboden-Totentanz“: Tanzen steht ja auch für Heiterkeit ...
Hans Vicari: Die Idee hinter einem Totentanz ist die: Der Mensch wird vom Tod angefasst und er bewegt die Menschen hinüber. Das geschieht tänzelnd. Das Tänzeln kann fröhlich oder traurig sein. Tod und Mensch können singend davonziehen.
Jedes Kapitel im Buch ist auf Hochdeutsch und in niederbayerischer Mundart verfasst. Warum?
Hans Vicari: Weil der Tod bei uns daheim ist ... Gunter Bergmann: ... das ist ja unser Tod, der Tod von Straubing.
Jeweils am Ende eines Kapitels befinden sich Anmerkungen über die Historie.
Hans Vicari: Das Buch ist historisch fundiert. Nur bei der Geschichte des Augsburger Domherrn ist dem Tod ein wenig die Fantasie durchgegangen ...
Und wie ist er so, der Tod?
Hans Vicari: Ich hab’ ihn so angelegt, dass er von Haus aus gefühllos ist. Nur hie und da wird er zornig. Immer dann, wenn er drauf kommt, dass die Menschheit immer dümmer wird, zu viel frisst und die Umwelt kaputt macht.
Gunter Bergmann: Ich hab’ ihn so dargestellt, dass er immer gegenwärtig ist. Einmal nur durch seine Hand, ein ander mal mit Kapuze und Sense und beim letzten Bild sitzt er beim Vicari aufm Schoß. Er ist eben immer gegenwärtig, aber halt jedes Mal in anderer Form – aber die Leute sterben halt auch alle anders.
Unweigerlich macht man sich beim Durchblättern Gedanken über den eigenen Tod. Wie geht es Ihnen?
Gunter Bergmann: ... irgendwann hat einer von uns gesagt: Jetzt dürf ma uns beeilen, sonst überholt er uns noch. (lacht)
Hans Vicari: Genau. Nicht, dass uns der Tod den Griffel aus der Hand nimmt. (lacht) Man merkt: Uns ist nie der Humor ausgegangen.
Gibt es einen Brandner Kasper im Buch? Einen, der verhandelt und vielleicht entkommt?
Gunter Bergmann: Nein. Wir akzeptieren es so, wie es ist. Das ist eine Lebenseinstellung.
Hans Vicari: Und dann sag’ ich: Aus is und gar is und schad’ is, dass wahr is.
Interview: Sophie Schattenkirchner
Info Das Buch „Da Doud vo Schtraubing – ein Gäuboden-Totentanz“ erscheint im Verlag Attenkofer. Es ist ab Donnerstag, 23. November, zum Preis von 29,80 Euro erhältlich im Leserservice (Telefon 09421/940-6700; 0871/850-2710), in allen Verlagsgeschäftsstellen, im Buchhandel sowie unter www.verlag-attenkofer.de. Die Arbeiten von Gunter Bergmann zum „Doud vo Schtraubing“ sind ab Donnerstag, 23. November, bis Weihnachten in der Schalterhalle der Volksbank zu sehen.
Quelle: Sophie Schattenkirchner/BOG Zeitung vom 18. November 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)
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