Kulturelles Leben
"Zugehen auf Weihnachten" - Zum 1. Adventssonntag
Predigt in der Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach von P. Dominik Daschner OPraem
„Einmal werden wir noch wach, heißa, dann ist Weihnachtstag!“ Nein, liebe Schwestern und Brüder, ich habe mich nicht im Kalender vertan.
Die Zahl, die da genannt wird, die stimmt heute, am ersten Advent, natürlich noch nicht. Bis Weihnachten ist es schon noch ein gutes Stück länger hin.
Zugehen auf Weihnachten – Warten-Können fällt nicht leicht.
Aber diese Liedzeile aus dem vorweihnachtlichen Kinderlied passt in unserem Zugehen auf Weihnachten gut zum heutigen Evangelium. Vom Wachwerden wird da gesungen. Zur Wachsamkeit ruft Jesus seine Jünger auf.
Wachwerden, das kennen wir. Am Morgen ins Leben zurückkehren, die Augen aufschlagen, mit mehr oder weniger Lust aus dem Bett steigen - mit Zähneputzen, Duschen und was sonst zur morgendlichen Routine gehört, den neuen Tag beginnen. Wie oft noch? Im Blick auf unsere Lebenszeit, weiß diese Zahl niemand zu benennen. Im Zugehen auf Weihnachten schon eher. 26-mal noch, wenn wir im Kalender genau nachzählen; einmal noch, wie es am Vorabend von Weihnachten im Kinderlied in gespannter Erwartung heißt. Denn mit dem Warten-Können ist das so eine Sache; das fällt uns nicht leicht. Dem modernen Menschen, wie es scheint, immer weniger. Der Adventskranz, der uns im Zugehen auf Weihnachten begleitet, will uns das Warten etwas erleichtern.
Weihnachten nicht „verpennen“: Nicht schläfrig durch Welt und Zeit tappen!
Ein Kinderreim dichtet deshalb mit dem Adventskranz vor Augen: „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür.“ Und augenzwinkernd hat jemand hinzugedichtet: „Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt!“
Verpennen - oder etwas vornehmer ausgedrückt: verschlafen - werden wohl nur wenige das Weihnachtsfest. Oder doch? - „Einmal werden wir noch wach“, heißt es im Kinderlied. Ja, aufstehen werde ich schon. Aber werde ich wirklich wach, hellwach sein? Werde ich aufgeweckt sein für das, was der Tag bringt? Werde ich hellwach wahrnehmen, was um mich herum geschieht? Werde ich aufmerksam sein für das Leben, das mich umgibt und mich anspricht? Werde ich aufgeweckt sein für das Neue, das mich herausfordert? Oder tappe ich schläfrig durch Welt und Zeit?
Zugehen auf Weihnachten: Intensiver leben
Mancher tut zwar morgens die Augen auf, sein Leib wird wach, aber sein Geist schläft weiter. Und dann wird er nicht nur Weihnachten verschlafen, sondern das Leben; das, worauf es ankommt, wenn er - Gott – kommt, wie es in einem modernen geistlichen Lied heißt. Darum möchte ich Tag für Tag mit Leib und Geist aufwachen. Das möchte ich mir vornehmen für diesen Advent, im Zugehen auf Weihnachten: wach sein, wachsamer durchs Leben gehen.
Dadurch wird das Leben reich. Denn ich nehme mehr wahr von dem, was um mich herum geschieht. Manches wird mich ansprechen, woran ich sonst achtlos vorbeilaufe. Manches wird mich berühren, womit ich sonst nicht in Berührung komme. Manches wird mich aufregen und ärgern, was ich sonst gar nicht erst sehe. Doch genau das macht das Leben reich und spannend. Wach in der Welt leben, bedeutet: mehr erleben, intensiver leben.
Gottes Ankunft nicht verschlafen. Er spricht auf vielfältige Art im Lebensalltag zu uns.
In solcher Wachheit liegt eine Chance für den, der nach Gott sucht. Denn das Wort der Bibel ist sicher nicht die einzige Sprache Gottes. Er hat auch ganz andere Möglichkeiten: Er kann durch die Schönheit der Schöpfung zu uns sprechen, durch den Anspruch von Ereignissen, die mich berühren. Er kann durch Geschenke sprechen, die er mir täglich macht: meine Gesundheit, mein Leben, ein lieber Mensch an meiner Seite. All das kann Sprache Gottes sein. Nicht zuletzt können es die Widerwärtigkeiten und Zumutungen des Lebens sein, durch die hindurch er mich anspricht, mich herausfordert.
An Weihnachten feiern wir Christen nicht nur, dass Jesus, Gottes Sohn, vor zweitausend Jahren Mensch geworden ist, um uns Menschen nah zu sein. Wir feiern auch, dass er täglich in unser Leben tritt; seine Ankunft im Lebensalltag hier und heute. Auch das ist Advent, ist Inhalt dieser besonderen Zeit jetzt, im Zugehen auf Weihnachten: für diesen seinen alltäglichen Advent wachsam zu sein. Diese Ankunft möchte ich nicht verschlafen. Sie soll mich wach finden, damit wirklich Weihnachten wird.
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