Nicht viel anders als auf dieser Postkarte von 1941 zeigte sich der historische Ortskern von Mitterfels um 1860 (Fliegeraufnahme - Hans Stolz, Buchdruckerei Mitterfels) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
Aus der Mitterfelser Pfarrbeschreibung von 1860
Johann Schröck war 1860 Pfarrer in Mitterfels, und dies schon 8 Jahre lang, so dass er die Verhältnisse gut kannte und auch Vergleiche in der Entwicklung ziehen konnte. Die Pfarrsprengelbildung war bis auf geringe spätere Zuwachse abgeschlossen: Zur Pfarrei zählten 143 Häuser mit 909 Seelen. Für diese Größe stand dem Pfarrer kein Kaplan zur Verfügung, und da er auch über kein eigenes Fuhrwerk verfügte, musste er alle Wege zu Fuß machen. Es kam aber schon vor, dass er für eine Provisur mit einem Bauernwagerl abgeholt wurde.
Sein wichtigster Helfer war der Schullehrer-Mesner, damals der bald 30 Jahre in Mitterfels ansässige Martin Brandner. Er wohnte im Schulhaus gleich neben Kirche und Pfarrhof, von dem die Kirche 1/3 des Eigentumsrechts besaß. Der Lehrer musste das Taganläuten besorgen und bekam dafür von den Bauern die Läutgarben, er musste die Uhr aufziehen und den Pfarrer beim Beichtzettelsammeln begleiten, wofür auch ihm Naturalien zukamen: die "Fastenspeis". Anstelle der Läutgarben wurden in Mitterfels laut Gemeindebeschluss vom 22. 10. 1905 dem Schullehrer-Mesner jährlich 40 Mark aus der Schulkasse entrichtet.
Der historische Ortsteil von Mitterfels hat sich zwischen 1860 und dem Druck dieser Karte kaum verändert. (Postkarte von ca. 1903 - Verlag Jacob Stettmer, Schwarzach; Sammlung Markt Mitterfels, vormals Brembeck). Pfarrhof und Schulhaus sind heute Sitz der Kreismusikschule. - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Ehemaliges Mitterfelser Schulhaus von 1831, heute Haus 2 der Kreismusikschule - Foto aus Chronik Markt Mitterfels - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Unter den Spendeneingängen hatten die 1000 Gulden des Benefiziaten Michael Daller eine besondere Bedeutung. Mit dieser erheblichen Aufstockung der Kirchenstiftung war eine Grundlage vorhanden, dass 50 Jahre später der Wunsch nach einem Mitterfelser Benefizium verwirklicht werden konnte.
Der Pfarrer war damals auch der Schulinspektor. Er stufte seine Schule mit "gut" ein, äußerte sich aber wenig lobend über die vom Lande hereinkommenden Schüler: Sie taugten nicht viel - so steht es in der Pfarrbeschreibung.
Auch den Männern und Burschen hatte der Pfarrer manches anzukreiden, vor allem, dass sie weit weniger gern als die Frauen in die Kirche und zu den Sakramenten gingen, dass sie mit Vorliebe an der Kirchentüre blieben und dann schon vorzeitig ins Wirtshaus drängten. Allerdings habe wenigstens das Fluchen, Schelten, Saufen und die Gotteslästerungen abgenommen.
Auch die Beamten kamen nicht gut weg. Sie sonderten sich ein wenig von der Bevölkerung ab, ließen die Kinder gerne zu Hause taufen und führten sich manchmal nicht schön auf, so dass es besser wäre, wenn sie wegblieben.
Große Sorge machten dem Pfarrer die Geschicke vieler junger Mädchen, die schon frühzeitig in fremde Dienste gehen mussten, dann ohne genügende Aufsicht waren, häufig auch ins Wirtshaus und zu den Tanzmusiken in den drei Wirtshäusern gingen, und dies sogar an den Zunftjahrtagen und an den zwei Kirchweihtagen. Das sei wohl der Grund für die vielen unehelichen Kinder in der Pfarrei - allein 60 innerhalb der vergangenen 10 Jahre, und in einem Verhältnis zu den ehelich geborenen wie 1:4.
Eine letzte Bemerkung in des Pfarrers Beschreibung gehörte dem hl. Grab in der Karwoche: Dies sei viel zu prunkvoll und zu "theatralisch", meinte Pfarrer Schröck. Er hatte dies also auch in acht Jahren seiner Seelsorge in Mitterfels nicht ändern können.
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Historische Tafeln vor den Gebäuden (Text: Franz Wartner)
Das alte Schulhaus (links) und der alte Pfarrhof wurden 1990 saniert und beherbergen seit 1991 die Kreismusikschule - Foto: Herwig Hoinkes
St. Georgs-Kirche und davor die zwei Gebäude der Kreismusikschule (früher: links alter Pfarrhof und rechts altes Schulhaus) - Foto: Herbert Stolz
Der „Virtuelle Rundgang durch das historische Mitterfels“ informiert in Kurzform auch über die St. Georgs-Kirche, das alte Schulhaus und den alten Pfarrhof. Zuerst […hier] klicken und danach auf F (St. Georgs-Kirche), G (altes Schulhaus) und H (alter Pfarrhof).