Umweltthemen
Landwirte stellen freiwillig Ausgleichsflächen für Wiesenbrüter zur Verfügung
Tafeln, gestiftet von RMD, weisen nun darauf hin, wenn sich der Landwirt für den Naturschutz einsetzt. (Fotos: mh)
„Wir haben einen guten Kompromiss gefunden“
Straubing-Bogen. Mittlerweile sind aus anfänglich fünf Landwirten 18 geworden. Sie alle haben ein Ziel: Kiebitzen, Feldlerchen und Rebhühnern wieder eine Heimat zu bieten. Durch den Hochwasserschutz und den Ausbau der Dammanlagen ist der Lebensraum für Wiesenbrüter knapp geworden. In einem Pilotprojekt, das in der Brutsaison im Frühjahr 2016 seinen Anfang genommen hat, können Landwirte freiwillig Flächen zur Verfügung stellen, ohne dass diese dabei der landwirtschaftlichen Produktion entnommen werden. Am Freitag wurden einige dieser Felder gemeinsam begutachtet.
Vertreter der Regierung sowie des Bauern- und Landschaftspflegeverbands und einige Landwirte zeigten sich dabei sehr erfreut über die ersten Erfolge des PIK-Projekts – den produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen. Dabei hat der Landwirt gleich drei Vorteile: Arbeitserleichterung, da auf den Flächen weder gedüngt noch gespritzt wird; der Landwirt setzt sich für den Naturschutz ein und verdient sogar noch daran, da für die Ausgleichsflächen Prämien ausgezahlt werden. „Die Flächen werden dabei nicht aus der landwirtschaftlichen Produktion herausgerissen“, erklärte Frank Schuster von der Rhein-Main-Donau Wasserstraßen (RMD) GmbH. Sie ist verantwortlich dafür, Ausgleichsflächen zu schaffen, vor allem für diese Wiesenbrüter, denen aufgrund der Hochwasserschutzmaßnahmen nur noch sehr wenig Lebensraum zur Verfügung steht.
Bei einer Begehung am Freitag haben sich die Teilnehmer von den Fortschritten der PIK-Maßnahmen überzeugt.
Unterschiedlich dichte Strukturen geeignet
Feldlerchen und Kiebitze haben beispielsweise in der Brache bei Altenmoos/Hagenau neuen Lebensraum gefunden. „Vögel wollen Rohbodenstellen und unterschiedlich dichte Strukturen“, erklärte Julia Wänninger vom Landschaftspflegeverband Straubing-Bogen. Sie betreut das Projekt vor Ort und sucht immer wieder das Gespräch mit den Landwirten. Diese Brache wurde im Herbst 2016 angelegt. Sie soll in der Regel einmal im Jahr umbrochen werden, da der Wuchs sonst zu dicht und der Lebensraum für Kiebitze dann unattraktiv werde. „Den Stoppelacker einmal durchgrubbern – das ist gut für die Kiebitze“, ergänzte Klaus Rachl von der Regierung von Niederbayern. Nur wenige Meter weiter steht ein Getreidefeld mit einer erweiterten Reihe – also mit 25 Zentimetern Saatreihenabstand statt 12,5 Zentimetern. „So kommt noch Licht ins Feld“, erklärte Wänninger. Dass das Getreide weder gedüngt noch gespritzt wurde, erstaunte so manchen Landwirt: „So sauber. Das gibt’s ja gar nicht.“ Ab Herbst soll es bezüglich der Reihenabstände eine kleine Änderung geben. „Wir wollen auf 30 Zentimeter erhöhen“, so Wänninger. Doch der Plan stößte bei manchen Landwirten am Freitag auf wenig Begeisterung. Sie sehen vor allem in den Saatmaschinen ein Problem. Ob auch die besser umsetzbaren 28 Zentimeter durchgesetzt werden können, wolle man noch diskutieren. „Wir möchten noch mehr nachbessern“, sagte Wänninger. Nur so könne man es den Vögeln noch leichter machen. Strahlend bunt und herrlich duftend zeigt sich auch die Blühwiese bei Anning. Dort wurde die Saat im Herbst vergangenen Jahres aufgetragen, die Sonnenblumen sind jedoch im Winter erfroren und im Frühjahr nicht mehr erblüht. „Für die Maßnahme ist das nicht relevant“, erklärte Wänninger. Wichtig sei, dass viel Ackerkräuter auf der Fläche vorhanden sind, die den Tieren Nahrung bieten. „In dieser Gegend habe ich auch schon einige Kiebitze gesehen“, erzählte Wänninger. Ein Erfolg. Sehr sauber ist der Acker gegenüber. Auch hier greift die Maßnahme eines erweiterten Reihenabstands. Im Gegensatz zu dem Feld in Altenmoos steht hier das Getreide im zweiten Jahr. „Aber immer noch sehr sauber“, so die Reaktion der Landwirte. „Vor allem aufgrund des Unkrauts waren viele am Anfang etwas skeptisch“, meinte Wänninger. Viele befürchteten einen kleinen Urwald an Unkrautpflanzen. Die Feldbegehung überzeugte die Landwirte jedoch vom Gegenteil. Obwohl das Getreide sehr schön aussah, der Blick nach der Ernte auf die Waage sei aber etwas ernüchternd gewesen, wie ein Landwirt bekannt gab – doch genau dies sei im Prämiensatz für die Maßnahme bereits eingerechnet. Schuster spricht hier unter anderem auch von entgangenen Deckungsbeiträgen. Immer wieder brachte Landwirte bei dieser Begehung auch Vorschläge, um die Maßnahmen zu optimieren oder zu erweitern. Einige wollten wissen, ob man nicht Grünflächen aufnehmen oder den Zuckerrübenanbau integrieren kann. Das, und auch, ob es Maßnahmen für Ökolandwirte geben soll, will man demnächst im Gremium durchsprechen. „Wir müssen nun Erfahrungen sammeln und nachbessern“, sagte Rachl von der Regierung. „Es soll nämlich schon auch noch Sinn machen – für den Landwirt und die Wiesenbrüter“, meinte auch Julia Wänninger.
Dieses Getreide wurde mit erweitertem Saatreihenabstand angebaut.
18 Landwirte stellten Flächen zur Verfügung
Dass man aber auf einem guten Weg sei, davon zeigte sich auch Gerhard Stadler, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes, überzeugt. Besonders gut finde er die „Integration der Ausgleichsflächen in die Produktion, und zwar auf freiwilliger Basis“. Die Landwirtschaft in den Hochwasserschutz einzubeziehen sei mehr als nötig. Schuster von der RMD lobte vor allem den Mut der Landwirte. „Besonders bezüglich des Unkrauts herrschte am Anfang starke Unsicherheit.“ Doch die Zahlen sprechen für sich: Mittlerweile wuchs die Zahl von fünf auf 18 Landwirte. Die gesamte Fläche, die sie für die Maßnahmen freiwillig zur Verfügung stellen, liegt bei derzeit rund 73 Hektar. Bislang wurden vier Maßnahmenarten ausgearbeitet: Ackerbrache, Blühfläche, das Lerchenfenster und der erweiterte Saatreihenabstand. „Das Lerchenfenster wurde bis jetzt noch nicht umgesetzt“, so Wänninger. Das Interesse der Landwirte sei diesbezüglich noch sehr gering. Was jedoch derzeit vermehrt gebraucht werde, sind Brachflächen für Kiebitze. Die Kompensationsmaßnahmen zeichnen sich vor allem durch ihre Flexibilität aus. Es gibt unterschiedlich lange Verträge für die Landwirte, je nach Feld und Lage könnten auch Maßnahmen kombiniert werden. Julia Wänninger kann deshalb bis jetzt ein gutes Fazit ziehen. „Wir haben einen guten Kompromiss zwischen Natur und Landwirtschaft gefunden.“ – mh – Info Wer Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen will, soll sich bei Julia Wänninger vom Landschaftspflegeverband Straubing-Bogen unter Telefon 09421/973284 melden. Die Maßnahmen werden in Zusammenarbeit des Landschaftspflegeverbandes Straubing-Bogen, des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege und dem Planungsbüro Bosch und Partner im Auftrag der RMD ausgeführt. Umgesetzt werden die Maßnahmen in den Landkreisen Straubing-Bogen und Deggendorf.
Quelle: mh/BOG Zeitung vom 1. Juli 2017 (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)
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