"Der Advent - ist eine Einladung, das Warten wieder zu lernen" - Zum 1. Adventssonntag

 

Predigt am 1. Adventssonntag von Pfarrer P. Dominik Daschner OPRAEM, Pfarrgemeinschaft Mitterfels-Haselbach

Es ist jedes Jahr die gleiche Leier: Bis endlich der erste Advent da ist, ist in den Geschäften und Kaufhäusern schon wochenlang Weihnachten. Am liebsten würde man schon Anfang Novem­ber die ersten Weihnachtsmärkte eröffnen. Sobald Halloween vorbei ist, schmücken viele Leute ihre Häuser bereits mit Lichterketten. Und wenn dann endlich Weihnachten ist, hat jeder die Nase längst voll von Weihnachtsmusik und Tannengrün, von Krippe und Lichterketten. Der Advent, der doch eigentlich eine Zeit der Erwartung ist, eine Zeit des Wartens auf das eigentli­che Fest, der Advent ist tot. Wir können einfach nicht mehr warten. Alles muss gleich und sofort passieren.

In den Texten der Heiligen Schrift, die am 1. Advent verkündet werden, ist viel von der Zukunft die Rede: „Es werden Tage kommen...“, heißt es in der Lesung; und: „in jenen Tagen wird Juda gerettet werden!“ Versprechen für die Zukunft sind das. Und im Evangelium macht es Jesus nicht anders: „Es werden Zeichen sichtbar werden am Himmel“, heißt es da zum Beispiel, und: „Wenn all das beginnt: dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe!“ Aber bis heute ist nichts dergleichen geschehen. Wir warten immer noch. Natürlich, Katastrophen, wie sie Jesus im Evangelium schildert, hat es seitdem genug gegeben. Auch im eigenen Leben haben manche schon ihre privaten Katastrophen erlebt: Zeiten, in denen wir das Gefühl hatten: Da stürzt alles über mir zusammen. Das ist das Ende. Ich weiß einfach nicht mehr weiter! An Katastrophen in der Welt mangelt es sicher nicht. Aber die Erlösung, das Heil, das danach kommen soll, darauf warten wir immer noch.

Vielleicht ist das mit ein Grund, dass wir uns so schwer tun mit dem Warten: weil wir eigentlich nicht mehr glauben, dass sich in der Zukunft das erfüllt, wonach wir uns eigentlich sehnen. Also lieber hier und jetzt alles erleben und rausholen, was geht. Lieber alles gleich haben; wer weiß, was die Zukunft bringt!

Was die Bibel für die Zukunft verspricht, ist die Ankunft des Messias. „In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen. Er wird für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land!“ Das Volk Israel wartet voller Sehnsucht auf den Erlöser. Wenn er kommt, wird alles Elend ein Ende haben, und alles, wonach wir uns im Tiefsten sehnen, wird sich dann erfüllen: Recht und Gerechtigkeit überall, Frieden, Glück, ein Ende von allem Leid.

Nur, das ist so eine Sache mit diesen Verheißungen des Alten Testaments. Als Christen glauben wir doch: Der Messias ist ja längst gekommen. Das feiern wir schließlich an Weihnachten. Aber sind damit unsere Sehnsüchte schon erfüllt? Ist die Welt plötzlich zu einer heilen Welt geworden? Im Gegenteil, das Kind in der Krippe war von Anfang an selbst dem ganzen Elend der Welt hilflos ausgesetzt: geboren als Obdachloser in einem Stall, schon als Kind verfolgt, später von den Menschen abgelehnt und schließlich auf grausame Weise umgebracht. Und damit soll eine neue, friedvolle Welt anbrechen?

Und als ob das nicht genug wäre, verspricht uns Jesus, dass er am Ende der Zeiten wiederkom­men wird, und dann wird endlich die Gerechtigkeit anbrechen, dann wird sich alle unsere Sehnsucht erfüllen. Also noch weiter warten!

Das Problem ist nur: Mittlerweile haben es viele aufgegeben zu warten. Sie glauben nicht mehr, dass sich am Ende etwas ändern wird in der Welt. Deshalb versuchen sie, aus diesem Leben möglichst viel für sich herauszuholen. Sie haben es aufgegeben, sich nach etwas zu sehnen, auf was wir vielleicht noch lange warten müssen. Wir leben in einer Welt, die das Warten verlernt hat. Und mit dem Warten haben viele auch ihre Sehnsucht begraben. Und das ist schlimm.

Der Advent, der jetzt beginnt, ist eine Einladung, das Warten wieder zu lernen. Und vielleicht ist das Kamel, das an manchen Krippen zu finden ist, dafür ein guter Wegbegleiter. Kein anderes Tier hat so viel Ausdauer und Kondition, kein anderes Tier kann so lange Wüstenzeiten über­stehen und bleibt trotzdem auf dem Weg.

 

Der Advent ist eine Einladung, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen, wieder das Warten zu lernen. Und mit dem Warten wächst auch unsere Sehnsucht. Der Advent ist im Grunde wie eine Oase in der Wüste, wo das Kamel noch einmal Wasser trinkt und Kraft schöpft für die letzte Etappe des Weges. Die treibende Kraft ist unsere Sehnsucht. Die gilt es neu zu entdecken. Denn darum geht es im Advent: unserer Sehnsucht auf die Spur kommen; wieder einmal bewusst dem nachspüren, wonach wir uns eigentlich sehnen. Denn unsere Sehnsucht ist wie der Stern, der die Weisen und ihr Kamel geführt hat. Wer keine Sehnsucht mehr spürt, wer nichts mehr vom Leben erwartet, der wird auch Gott nicht begegnen, wenn er kommt.

Ich wünsche uns allen, dass diese Adventszeit uns hilft, das Warten wieder zu lernen. Das Kamel, das den weitesten Weg zur Krippe hatte, kann uns da ein guter und treuer Wegbegleiter sein. Nur wer sich auf diesen Weg macht, der wird am Ende auch dem Kind in der Krippe begegnen. Und das wünsche ich uns allen von Herzen.

 

BESINNUNG - KAMEL

 

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Ich bin ja vieles gewohnt, aber so was ist noch nicht da gewesen. Nicht, dass ich mich beklagen will. Wir Kamele sind es ja gewohnt, weite Strecken durch die Wüste zu marschieren, und lassen uns dabei auch gerne reichlich bepacken. Aber auf eine solche Reise hat man mich noch nie geschickt. Keiner weiß, wohin die Reise überhaupt geht. Das muss man sich mal vorstellen: Unser Karawanenführer ist ein Stern! Die haben einen Stern aufgehen sehen, und jetzt trotten wir Kamele und der Rest der Karawane diesem Stern nach. Wohin soll das nur führen?

Das ist nicht irgendein Stern, haben meine Herren gesagt. Dieser Stern will uns etwas sagen. Er sagt uns, dass etwas in der Welt passiert, was alles ändern wird. Da soll ein Kind geboren werden, das alles auf den Kopf stellen wird. Na schön, hab ich gesagt. Und wenn schon? Das ist doch kein Grund, hier alles stehen und liegen zu lassen und diesem Stern nachzujagen.

Doch, haben sie gesagt. Wir haben unser ganzen Leben lang auf diesen Augen­blick gewartet. Unser ganzes Leben lang haben wir gehofft, dass wir den Stern eines Tages entdecken werden. Und jetzt ist er da. Wer sich diesen Stern richtig anschaut, der kann gar nicht mehr anders, der muss alles stehen und liegen lassen und ihm nach. Wer einfach so weitermacht, als wäre nichts passiert, für den wird sich auch nichts ändern. Der bleibt immer im alten Trott. Nur wer sich auf den Weg macht, dessen Sehnsucht wird sich auch erfüllen. Sei froh, Kamel, dass wir dich mitnehmen auf den Weg!

Da hab ich mir den Stern mal genauer angeschaut. Und tatsächlich, es ist, als ob das, wonach ich mich im tiefsten Herzen sehne, in diesem Stern ist. Und man muss ihm einfach folgen.

Ich weiß, dass es noch ein langer Weg ist, aber wir Kamele haben Ausdauer, und die braucht man auf dem Weg. Da sind manchmal lange Wüstenstrecken zu durch­stehen, ohne Wasser, ohne ein Zeichen von Leben - absolute Trostlosigkeit. Da gibt es auch mal Enttäuschungen, und es gibt manchmal Nächte und Wochen, in denen man den Stern nicht sieht, weil Wolken ihn verdunkeln oder Sand­stürme. Wie leicht irrt man dann vom Weg ab! Das kann einen schon fertig ma­chen. Da braucht man einen langen Atem und Ausdauer.

Aber wenn ich den Stern dann wieder vor Augen habe, kann ich auch solche Strapa­zen aushalten. Er funkelt in der Nacht, und er sagt mir, dass am Ende meines Weges ein Licht ist, das mich für alle Mühen belohnt.

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