Bei den Ärmsten im Himalaya

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Enge Kontakte entstanden zwischen den beiden Praktikantinnen und den zu betreuenden Kindern. Fotos: privat – Vergrößern durch Anklicken!

Clara Dirscherl und Rebekka Karl berichten von ihrem fünfmonatigen Praktikum in Ostnepal, vermittelt von der „Kinderhilfe Nepal e.V. Mitterfels“

Warum gehen zwei junge Frauen aus Straubing für fünf Monate nach Nepal? Die eine, Rebekka Karl, 22 Jahre, hatte ihre Ausbildung zur Erzieherin abgeschlossen und sympathisierte mit dem Gedanken, vor dem Einstieg in ein festes Arbeitsverhältnis Erfahrungen zu sammeln, und dabei wenn möglich ein soziales Projekt zu unterstützen. Clara Dirscherl wollte als 18-Jährige zunächst wie viele nach dem Abitur reisen, wobei allerdings wie bei Rebekka der soziale Aspekt im Vordergrund stand.

Clara erfuhr durch einen Zeitungsartikel von der „Kinderhilfe Nepal“, die regelmäßig Praktikanten für fünf Monate in den Himalaya-Staat vermittelt. Rebekka wurde durch einen Stand des Vereins auf das Projekt aufmerksam. Beide nahmen Kontakt mit dem Gründerehepaar Uli und Herbert Schneeweis in Mitterfels auf, die den jungen Frauen mit Informationen zu Flug, Visum und Versicherung zur Seite standen und organisatorisch unterstützten.

So landeten Rebekka Karl und Clara Dirscherl am 20. September 2022 in Kathmandu und weiter ging es mit dem Bus in die Region Itahari im Südosten Nepals. Der Verein fördert neben verschiedenen Projekten in Nepal ein Bildungsprojekt in der Stadt Itahari. Dieses wendet sich an Menschen der untersten Kaste in Nepal, die sogenannten „Musahars“ („Der, der die Maus isst“).

Der Großteil der Erwachsenen arbeitet als Tagelöhner und versucht, durch das geringe Einkommen die Familie zu ernähren. Geld sparen für medizinische Versorgung, Kleidung und Sonstiges ist für die meisten unmöglich. Oft ist man schon erleichtert, wenn der Reis für alle reicht. Um ihren Familien finanziell helfen zu können, müssen viele Kinder der Kaste bereits in jungen Jahren arbeiten und auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen. Durch das Projekt werden die Kinder nachhaltig dabei unterstützt, weiterhin zur Schule gehen zu können, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Dabei ist eine Menge Aufklärungs- und Motivationsarbeit bei den Eltern nötig, die dafür oft kein Verständnis haben. Aufgabe der „Volunteers“, der Praktikanten, ist es, bei kostenlosem Nachhilfeunterricht, Schulbegleitung und Aufklärungsarbeit mitzuwirken und das Team vor Ort zu unterstützen.

Kinder bekommen Nachhilfeunterricht

Gegen 6.30 Uhr werden die Kinder zum Nachhilfeunterricht abgeholt, der bis 8:45 Uhr dauert, berichten Rebekka und Clara. Danach gehen die Schüler wieder nach Hause, um in ihren Lehmhütten für sich und ihre Geschwister zu kochen, zu essen und sich die Schuluniform anzuziehen, da dann in der staatlichen Schule der Unterricht beginnt. Nach einem kurzen Austausch mit den Nachhilfelehrern gilt es nun für die Volunteers gegen 9 Uhr mit den Sozialarbeitern in den Familien in der Community Themen wie Familienplanung, Hygiene, Gesundheit, Sparen und Erziehung zu behandeln.

„Bei den Team-Besprechungen begegnete man sich stets auf Augenhöhe“, so Clara Dirscherl. „Lehrer haben in der Regel nur Kurse durchlaufen. Häufig fehlt es ihnen an Fachkenntnis oder didaktischen Methoden.“ Allein durch die eigene Bildung und die selbst erlebte Unterrichtsgestaltung in ihrer Schulzeit konnten Clara und Rebekka die Lehrer vor Ort gut unterstützen, da diese selbst nicht Zugang zu einer vergleichbaren Bildung hatten. Darüber hinaus konnte Rebekka auch bereits erworbenes Wissen im Bereich der Pädagogik einbringen.

Gegen 9.45 Uhr begleiten die Volunteers mit dem Schoolguide die Kinder in die Schule und fahren anschließend zur Mittagspause nach Hause, wo man danach mit der täglichen Unterrichtsvorbereitung beginnt. Clara und Rebekka unterrichteten am Nachmittag Englisch in der staatlichen Schule.

Erfreut stellten die beiden jungen Frauen fest, dass vor allem die Kinder positiv auf ihre Anwesenheit reagierten. Sie verfolgten die Lerninhalte aufmerksam und hatten Spaß am abwechslungsreichen Unterricht der Volunteers. Viele Kinder waren trotz offiziellen Verbots Gewalt in der Erziehung, egal ob von Lehrern oder der Familie, gewohnt. Oftmals waren die Kinder sich selbst überlassen, da die Eltern arbeiten mussten und teilweise keine Lehrer in den Klassen waren.Im Gespräch mit Clara Dirscherl und Rebekka Karl wird deutlich, wie dankbar die beiden heute nach ihrer Rückkehr aus Nepal sind. Oft denken sie an die Freunde und Wegbegleiter aus dieser Zeit und an die Lebensbedingungen dort, beispielsweise wenn sie zuhause eine warme Dusche genießen oder die riesige Auswahl an Lebensmitteln in den Supermärkten sehen. Sie denken vor allem an die Kinder, die oft ohne ausreichende Mahlzeit zu den Treffen mit ihren Betreuern kamen. „Alleine, dass wir jederzeit satt werden und uns sogar aussuchen können, was wir essen wollen, ist ein Geschenk, das für uns in Deutschland viel zu selbstverständlich geworden ist!“, sagt Rebekka.

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Fünf Monate waren Clara Dirscherl und Rebekka Karl Teil eines Teams aus nepalesischen Lehrern und Sozialarbeitern in einer Community in Itahari. – Vergrößern durch Anklicken!

Blindenprojekt in Kathmandu

Neben der Mitwirkung am Bildungsprojekt in Itahari hatten die beiden Praktikantinnen Gelegenheit, zwei Tage ein Blindenprojekt des Mitterfelser Vereins mit 20 blinden Schulkindern einer sogenannten „Integrations-Regierungsschule“ zu begleiten, was allerdings bedeutet, dass die blinden Kinder in den Klassenräumen mit weiteren 70 bis 80 Kindern sitzen und nicht nach ihren Bedürfnissen unterrichtet werden. Inklusion findet nicht statt. Behinderte Menschen finden in Nepal kaum Berücksichtigung, was auch Clara und Rebekka erfahren mussten, als sie eine Gruppe am sogenannten „Weltbehinderten-Tag“ zu Fuß durch den chaotischen Straßenverkehr von Katmandu begleiten durften.

Obwohl diese jungen Menschen wissbegierig und fleißig sind, haben sie kaum Aussichten auf eine selbstbestimmte Zukunft. Der „Verein Kinderhilfe Nepal“ unterstützt über einen Zusatzunterricht für die Sehbehinderten und Blinden in den Fächern Mathematik, Englisch und Computer, denn nur mit guten Noten besteht eine geringe Chance.

Befragt nach dem Fazit ihrer Zeit auf der anderen Seite der Welt betonen Clara und Rebekka, dass sie die Zeit in Nepal als Bereicherung für ihr Leben sehen. Sie sind dankbar für all die Herzlichkeit der Menschen, die sie dort kennenlernen durften und die stets teilen, auch wenn sie selbst nichts haben.

Praktikum in Nepal

Wer sich bei der „Kinderhilfe Nepal“ als Praktikant bewerben möchte, kann dies tun bei Schneeweis in Mitterfels, Weingarten 11. Auch unter www.kinderhilfe-nepal-mitterfels.de können sich Interessierte informieren.Voraussetzungen: ein offener und herzlicher Charakter, Freude an der Arbeit mit Kindern, Bereitschaft sich im Verein und im Heim einzubringen und verschiedene Aufgaben für beide zu übernehmen, Kreativität, um die Freizeit der Kinder sinnvoll und abwechslungsreich zu gestalten, Motivation neue Ideen und Projekte umzusetzen, Grundkenntnisse Word/Excel, gute Englischkenntnisse. Im Laufe eines Praktikums, für das man fünf Monate investieren sollte, lebt man in einer externen Wohnung, erledigt dort kleinere und größere Aufgaben und lernt Land und Menschen kennen. Aufgaben sind etwa: Freizeitgestaltung/Betreuung der Kinder, Hilfe bei den Hausaufgaben, Kinder in die Schule bringen/abholen und da Mitanpacken, wo Arbeit anfällt.  

Irene Haberl/BOG Zeitung vom 24. Juni 2023

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