Kalenderblatt 25. Juli 1995: Das „neue“ alte Siebziger Denkmal

Nach 100 Jahren eine „Wiedergeburt” (am 25. Juli 1995)

 

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Durch die Burgstraße fährt im Schritttempo der große Gemeinde-Unimog - vorneweg ein Begleiter und Aufpasser, den granit’nen Obelisk am Seil, der an starken Trossen am Geräteträger baumelt. Es geht dem neuen Standort des „Siebziger-Denkmals” zu, wo Fundament und Umrandung schon vorbereitet sind, und wo der nach 40 Jahren wiederentdeckte Denkmalssockel bereits aufgestellt ist. (Abb. 1)

Abb. 1: Einzug in aller Stille

 

Der Unimog ist am Ziel - Helfer stehen bereit - die „Wiedergeburt” kann starten. Doch der Unimog schafft es nicht:Die Auslage für den Geräteträger ist zu groß, der Obelisk zu schwer, der Sockel zu hoch (Abb. 2). Und während ein zweites Fahrzeug unterwegs ist, schwere Bahnschwellen für eine Auffahrtrampe heranzuschaffen (Abb. 3), vertreiben sich Helfer und Zuschauer die Zeit, das Gewicht des Obelisken zu schätzen und auch im Kopf auszurechnen nach alter Formel „Rauminhalt mal spezifisches Gewicht”. Mit rund 23 Zentner lagen sie, wie Berechnungen ergaben, gar nicht schlecht.

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Abb. 2: Am Ziel - doch zum Aufheben fehlt die Kraft

 

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Abb. 3: Eine kleine Rampe wird angelegt: Nun geht es

 

Dann folgt der zweite Versuch (Abb. 4), und mit „näher heran” und „höher heraus” gelingt es: Der Obelisk schwebt über dem Kubus. Die Betonschicht wird eingestrichen, die verplombte Kupferblechkassette mit „Urkunde” eingelegt, und unter Führen und Schwenken der Obelisk ganz genau aufgesetzt. Jetzt werden die Trossen gelockert, der Unimog setzt zurück (Abb. 5).

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Abb. 4: Zwei Mal muss aufgesetzt und eingerichtet werden

Zufrieden wird das vollendete Werk betrachtet - doch plötzlich sehen es alle:Der Obelisk steht schief! An der Auflage kanns nicht fehlen - die Wasserwaage lügt doch nicht! Jetzt stellt sich heraus, dass die als Frontseite gedachte Seite eine andere Neigung hat als die anderen drei. In Unkenntnis der früheren Zuordnung hatte man sie um 90 Grad gedreht. Da hilft nun nichts, als wieder heranfahren, wieder vertauen, anheben, drehen, wieder ausrichten und aufsetzen;und natürlich zur Sicherheit und Bestätigung wieder mit der Wasserwaage nachprüfen. Jetzt muss der Bogner Albert zum dritten Mal dem Arbeitsbock auf die Hörner steigen, jetzt darf er alles abbauen. Und alle sind’s zu-frieden; da darf ein Erinnerungsbild nicht fehlen (Abb. 6).

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Abb. 5: Die Tragseile werden gelöst - das Denkmal steht

DENK7 KopieAbb. 6: Ein „Gründungsfoto” als Erinnerung

 

Das Gesamtbild wird von allen für gut befunden. Der frühere Standort, nur zwei Häuser weiter unten, hätte nicht mehr getaugt - da sind jetzt Parkplätze und Gehsteig. Mit der einstigen Idylle war es schon 1945 vorbei, als die amerikanischen Besatzer Umzäunung und Bäume um’s Denkmal radikal herausgerissen hatten. 1952 hatte man Verständnis dafür, dass es dem Ausbau der Burgstraße weichen musste - ein neuer Standort sollte gefunden werden. Doch es kam anders: Der beschriftete Denkmalssockel verschwand in einer Bauschuttgrube in Weingarten - nur wenige „Eingeweihte” wussten davon. Der Obelisk, allein wie einJammerzeichen, stand etliche Jahre auf dem damals noch ungestalteten kleinen Dreieck vor dem Popp-Garten und kam dann in die Anlage hinter dem neuen Kriegerdenkmal - auch allein und ohne Bezug.

Das Wiederfinden des Sockels durch den Bauern Eibauer war ein Zufall, die Überlassung an die Gemeinde gegen einen anderen Granitblock (als Sockel für ein Feldkreuz) eine lobenswerte Geste. Und so kam es am 25. Juli 1995 zur „Wiedergeburt” des rund hundertjährigen Denkmals.

Was noch fehlt, ist die vollständige Erneuerung der Inschrift. Vorerst hat man nur die Frontseite lesbar gemacht. Da steht (Wiedergabe wie am Denkmal):                        

             Errichtet

     im Jahre 1893 vom

     Veteranen und Krieger

         Verein Mitterfels

Die Inschrift der anderen drei Seiten ist stark verwittert, etliches kaum mehr lesbar.

Auf der Rückseite erfahren wir die Widmung:

         Zur Erinnerung

     an die den Folgen d.

     glorreich. Feldzugs

     1870/71 erlegenen

             Krieger

An den Seiten ist der Betroffenen gedacht:

     Joh. Setz Soldat beim 9.

     Kgl. Jäg. Btl. gest. zu

     Buchberg am 11. Juni 1873

     Jos. Kern Soldat beim                      

     Kgl. Inf. Leib.Reg. gest. zu

     Rogendorf am 4. Juni 1876

Wir ersehen daraus, dass keiner im Krieg gefallen war, und dass die beiden an Kriegsfolgen Verstorbenen auch keine Mitterfelser waren:Kern aus Rogendorf gehörte zur Gemeinde Haselbach, Setz war ein Bauernknecht aus der Mettener Gegend. Das damalige Behördendorf Mitterfels brauchte ein Denkmal für die patriotischen Gedenktage. Auch 1918 traf man sich dort zur Heimkehrerfeier, und bis 1923 auch zu den Heldengedenkfeiern - dann wurde ein weiteres Kriegerdenkmal für 1914/18 errichtet.

Die Wiedererrichtung des „Siebziger Denkmals” ist eine schöne Geste zum alten Mitterfels. Auf unseren Dörfern wird es nur wenige davon geben.

Text und Fotos: Franz Wartner

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