Bilderbuch der Baugeschichte
Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass die Geschichte eines alten Gebäudes in Mitterfels eine bedeutsame Wendung erfuhr.
Im Rahmen der „Agenda 21“ wurde im Jahr 2000 der Arbeitskreis „Gemeinsamkeit leben“ gegründet. Leiterin war Maria Birkeneder, Schriftführerin Doris Metzger. Zu den Zielen gehörte unter anderem die „Sanierung und Nutzbarmachung der denkmalgeschützten Hien-Sölde in Zusammenarbeit mit dem Gebäudeeigentümer BRK“. Damals ahnte niemand, dass daraus die Rettung des fast 600 Jahre alten Bauernhauses und damit eines unglaublich seltenen Gebäudes hervorgehen würde – der „Historischen Hien-Sölde“.
Zu diesem Zeitpunkt war die Situation kritisch: Nach dem Auszug der letzten Bewohnerin Cilli Attenberger im Jahr 1996 stand das ehemalige Kleinbauernhaus leer, war stark sanierungsbedürftig und wurde von manchen als „Schandfleck“ gesehen, ein Abriss ernsthaft diskutiert. Was lange nur als altes Bauernhaus in der Burgstraße galt, entpuppte sich 2002 als bauhistorische Sensation: Das Erdgeschoss der Hien-Sölde stammt aus dem Jahr 1436. Das Gebäude gilt nach heutigem Wissensstand als ältester bäuerlicher Blockbau Niederbayerns.
Diese Erkenntnis gab den Anstoß für eine neue Bürgerinitiative. Eine Gruppe engagierter Mitterfelser – an der Spitze Maria und Bernd Birkeneder – gründete 2006 den Förderverein „Freundeskreis Historische Hien-Sölde Mitterfels“ mit dem Ziel, das Haus zu erhalten und einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Nach ersten Sicherungs- und Aufräumarbeiten durch den Freundeskreis begann ab 2010 die umfassende Restaurierung der Sölde. Dach, Speicher, Innenräume und die technische Ausstattung wurden denkmalgerecht erneuert. Finanziert durch Vereinsmittel, Spenden und öffentliche Förderprogramme konnte das Gebäude 2013 wiedereröffnet und einer dauerhaften kulturellen Nutzung zugeführt werden.
Ort für vielfältige Veranstaltungen
Vereinsvorsitzende Maria Birkeneder eröffnete die neue Dauerausstellung.
Seitdem wird die Hien-Sölde als Ort für Ausstellungen, Volksmusikforschung und vielfältige Veranstaltungen genutzt. In dieser Woche konnte Maria Birkeneder eine neue Dauerausstellung in der Hien-Sölde eröffnen. Nur weil „die richtigen Leute am richtigen Platz waren“, sei ein derartiges Vorhaben zu schultern gewesen. Sie dankte dem Schreiner Otto Vogl aus Haselbach für den fachgerechten Einbau des Depots für die Fundstücke, dem Architekten Tido Brussig für die Gestaltung der Ausstellung und den Bauhofmitarbeitern für ihre beständige Unterstützung. Besonders hob sie jedoch das Wirken von Alexandra Geyermann und ihrer Helferin Brigitte Schäfer hervor, die in akribischer Kleinarbeit die vielen Exponate und gefundenen Teile inventarisiert haben und die wertvolle Arbeit der Schriftführerin Doris Metzger, die wesentlich auch die Finanzen im Blick hatte.
Das neu gestaltete Dachgeschoss erzählt nun nicht nur die Geschichte des Hauses, sondern auch die der Restaurierung selbst. Bilder, Zeichnungen, Filme und originale Materialien erwecken das Bauwerk zum Leben. „Hier wird sozusagen das Bilderbuch der Baugeschichte aufgeschlagen“, fasste Historikerin und Archäologin Elisabeth Vogl den Wert der Ausstellung zusammen.
Elisabeth Vogl zeichnet für die Texte in der Dauerausstellung verantwortlich und übernahm die Führung durch die Exponate.
Sie führte die Gäste der Eröffnung durch die Räume und wusste Anekdoten zu erzählen: Vom wiederentdeckten originalen Schlüssel der Stubenkammer, der im Türstock eingebaut worden war, über die Nutzung der Hien-Sölde als Schulhaus ab 1809, wovon in der Bodenauffüllung gefundene Schiefergriffel und Rechenschusser zeugen, bis hin zu seltenen Baumerkmalen.
Finanziell wurde das Projekt unterstützt von der ILE nord23, „Regionalbudget Kleinprojekte“, dem Amt für ländliche Entwicklung und der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern. Das Herzstück jedoch war und ist die ehrenamtliche Arbeit von geschichtlich interessierten Bürgerinnen. „Respekt“ war daher ein Wort, das man bei den Grußrednern oft hörte. Matthias Wallner, als Vorsitzender der ILE, zeigte sich beeindruckt vom Ergebnis der Arbeiten. Ebenso würdigte Bürgermeister Andi Liebl die Ausstellung, denn „der Wunsch nach einer Dauerausstellung wurde in der Gemeinde schon lange gehegt“. Für Mitterfels gibt es damit einen Ort mehr, an dem Vergangenheit und Gegenwart auf eindrucksvolle Weise zusammentreffen.
Pressemitteilung Freundeskreis/bj vom 1. Dezember 2025


