Brauchtum
Bogenberg 2015. Einzug mit der Pfingstkerze besiegelt die Wallfahrt – Gelübde erfüllt
Der Aufbruch in Niederwinkling Richtung Bogenberg
Schritt für Schritt dem Berg näher
Es ist geschafft: Nach einem 75 Kilometer langen Fußmarsch ist der dreizehn Meter lange und mit rotem Wachs umwickelte Fichtenstamm, der rund fünfzig Kilogramm wiegt, nach eineinhalb Tagen gut in der Wallfahrtskirche auf dem Bogenberg angekommen. Mit „Kemmts guad aufi“-Wünschen, Glockengeläut oder Beifallklatschen wurden die Pilger auf den einzelnen Etappen zwischen Holzkirchen und Bogen immer wieder gegrüßt. Die Ankunft in der Rautenstadt verfolgten etliche Ehrengäste sowie hunderte Besucher. Den Kraftakt, die Pfingstkerze stehend vom Stadtplatz über den Pilgerweg hinaufzutragen, meisterten die Holzkirchner mit Bravour. Wallfahrtsleiter Thomas Haslinger zeigte sich nach dem Einzug in die Kirche glücklich über das erreichte Ziel und den guten Verlauf der Fußwallfahrt.
Beim Marterl in Pfelling grüßen die Wallfahrer die Mutter Gottes knieend im Gebet. (li.) - Bürgermeister Franz Schedlbauer trägt die Pfingstkerze traditionell nach der Pause in Neuhausen.
Angeführt von Zeremonienmeister Rudi Nowak und der Blaskapelle Degernbach geht es für die Wallfahrer zur letzten Etappe.
„Weil ich für so vieles dankbar bin, deshalb bin ich heute wieder dabei“, sagt Franz Ebner bescheiden. Der Mann ist 76 Jahre alt. Ausgerüstet mit Hut und Wanderstock marschierte er heuer von Holzkirchen aus bereits zum 58. Mal mit zur Gnadenmutter vom Bogenberg. Viele Wegbegleiter – egal ob Jung oder Alt – dachten während des Bittgangs wie er oder brachten persönliche Anliegen mit ein. Die Pfingstkerzenwallfahrt mit ihrer langen Tradition bewegte die Menschen damals wie heute.
Schon vor über 500 Jahren versprachen die tiefgläubigen Menschen aus dem Holzland südlich der Donau, der Gottesmutter vom Bogenberg alljährlich diese besondere Kerze zu stiften. Das Gelübde, das die Holzkirchner bis heute treu erfüllen, wurde – laut Überlieferung - aus großer Not gemacht. Damals wütete der Borkenkäfer in den Wäldern rund um Holzkirchen und gefährdete mit der Vernichtung der Gehölze eine lebensnotwendige Existenzgrundlage der Bevölkerung. Das Vertrauen zur Bogener Gottesmutter wurde belohnt, die Plage verschwand bald darauf.
Aufbruch 5 Uhr morgens
Im Uhrzeigersinn und aufrecht tragend ging es für die Kerzenträger samt der „langen Stang“ am Pfingstsamstag nach dem Wallfahrergottesdienst um 5 Uhr um die Kirche und den Brunndoblberg, während sich der Pilgerzug erstmals formierte. Bereits am Vorabend wurde der mit Wachs umwickelte Fichtenstamm vom Haslinger-Anwesen in Schöfbach stehend zum rund einen Kilometer entfernten Gotteshaus befördert.
Mit dem ersten Etappenziel Vilshofen im Visier ging es für die rund 220 Wallfahrer von Holzkirchen samt Pfingstkerze – liegend auf den Schultern zweier Männer – Richtung Bogenberg. Nach der Frühstückspause überquerte die stets wachsende Pilgerschar die Donaubrücke in Vilshofen. Betend und singend ging es zu den jeweiligen Etappen Hofkirchen, Winzer und Niederalteich, bevor das Tagesziel – die Heilig-Grab-Kirche am Stadtplatz in Deggendorf – erreicht wurde.
Mit einem Wallfahreramt begann Tag zwei der Pilgerreise – am Pfingstsonntag um 5 Uhr. Vom der Deggendorfer Stadtmitte aus steuerten die Fußwallfahrer das Ziel Neuhausen an. Bei der hier eingelegten Rast ließen sich Teilnehmer ihr Frühstück schmecken, ehe zur nächsten Etappe Richtung Niederwinkling aufgebrochen wurde. Schritt für Schritt kamen die Wallfahrer dem Landkreis Straubing-Bogen und damit auch ihrem Ziel immer näher. Nach der Mittagspause in „Winkling“ wurde in Welchenberg die Kerze traditionell ein kurzes Stück aufgestellt getragen, bevor der Weg zum Marterl nach Pfelling führte. An dieser Stelle erblicken die Wallfahrer das erste Mal den Bogenberg und begrüßen alljährlich die Gnadenmutter mit einem eigenen Gebet.
Nach einer kurzen Verschnaufpause setzte sich der mittlerweile doppelt so große Wallfahrtszug – unter Obhut von Polizei, BRK und Helfern der Feuerwehren – wieder in Bewegung zur letzten Etappe vor dem Aufstieg auf den Bogenberg. Mit Zeremonienmeister Rudi Nowak an der Spitze und begleitet von der Blaskapelle Degernbach erreichten die Wallfahrer schließlich um halb zwei den Stadtplatz in Bogen. Unzählige Zuschauer und eine starke Abordnung an Ehrengästen aus Politik, Wirtschaft und Kirche bedachten die Gläubigen mit einem anhaltenden Applaus. Bevor die „lange Stang“ traditionell an das „Edenhofer-Haus“ angelehnt wurde, entfernten die Holzkirchner die Rindenstücke von der Pfingstkerze, die zum Schutz der Wachsschicht beim Tragen notwendig waren. Kleine Durstlöscher für die Wallfahrer wurden währenddessen von Hans Hofmann und seinen Familienmitgliedern ausgeschenkt.
In kurzen Worten begrüßten Landrat Josef Laumer und Bürgermeister Franz Schedlbauer, der die gesamte Strecke mitpilgerte, den Pilgerzug mit Wallfahrtsleiter Thomas Haslinger an der Spitze. Stellvertretend für die überaus starke Anzahl der Ehrengäste – darunter zahlreiche örtliche aber auch überörtliche Politikvertreter – lobten das Stadtoberhaupt und der Landkreischef die fortwährende Aufrechterhaltung dieses einmalig schönen Brauchtums und die damit verbundene Gläubigkeit. Auch der Hausherr vom Bogenberg, Pater Richard, ließ die Pilger wissen, dass sie von der Gnadenmutter stets mit offenem Herzen empfangen werden.
Studenten aus Würzburg trugen auf ihren Schultern die Madonna. (li.) - Nach der Ankunft wurden die „Lohen“ (Baumrindenstücke) abgenommen.
Der Weg auf den Berg
Nach dem Begrüßungszeremoniell und dem Aufstellen des Pilgerzuges kamen schließlich die Kerzenträger ein letztes Mal zum Einsatz. Abwechselnd trugen rund zehn kräftig trainierte Männer die Opfergabe senkrecht stehend über den Stadtplatz und den steilen Pilgerweg hinauf zum Bogenberg. In den einzelnen Gesichtern der Träger war nicht nur die gewaltige Anspannung ersichtlich, sondern auch jede Menge Schweißperlen. Hunderte Gäste aus nah und fern säumten den Weg zur Wallfahrtskirche und quittierten die Leistung der Männer mit Beifall und Staunen. Bei der Wallfahrtskirche angekommen umrundeten die Kerzenträger – abermals wie in Holzkirchen – das Gotteshaus.
Der Einzug in die Wallfahrtskirche besiegelte nicht nur die Pilgerreise, sondern berührte einmal mehr Pilger und Gottesdienstbesucher. Unter Beifall wurde die Pfingstkerze seitlich vor dem Hauptaltar befestigt. Dass Beten gut tut und die Seele gesund macht, übermittelte Festprediger Abt Hermann Kugler beim kirchlichen Schlussakt, der zusammen mit mehreren Geistlichen in der voll besetzten Wallfahrtskirche gefeiert wurde.
Abt Hermann Kugler (Bildmitte) predigte zum Thema „Beten macht gesund“.
Quelle: sp, in: Bogener Zeitung vom 26. Mai 2015 (zeitversetzte Übernahme des Beitrags aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)
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