Umweltthemen
Insektenschwund: Ursache und was wir tun können
Vortrag des Bayerischen Wald-Vereins Mitterfels
Mitterfels. Auf Einladung des Bayerischen Wald-Vereins, Sektion Mitterfels, referierte Johannes Selmansberger vom Bund Naturschutz in Landshutin Wort und Bild über die Zusammenhänge, die ...
... durch das seit Jahren zu beobachtende Insektensterben zum Ungleichgewicht in der Natur führen. Der Referent zeigte auf, was getan werden kann, um diese für die Natur sehr schädliche Entwicklung zu stoppen.
Die Insekten sind die artenreichste Tiergruppe und seit Jahren weltweit in ihrer Zahl im Abnehmen, was sich negativ auf Flora und Fauna auswirkt. Insekten sind die wichtigsten Pflanzenbestäuber, sie regulieren Schädlinge und dienen vielen anderen Tieren, hauptsächlich unseren heimischen Singvögeln, als Futter. Im Rahmen der Reduzierung der Insekten wird auch verstärkt ein Rückgang unseres Vogelbestandes feststellbar.
Herr Selmansberger, der selbst ursprünglich aus einer Landwirtschaft stammt und als Imker mit den Lebensumständen der Bienen eng vertraut ist, konnte einen guten Überblick über diese Entwicklung geben. Einzelne Berufsstände, wie z. B. die Landwirte, wolle er mit seinen Ausführungen nicht an den Pranger stellen, aber auch nicht aus ihrer besonderen Verantwortung für den Erhalt unserer schönen Schöpfung entlassen. Die Gesellschaft insgesamt sei gefordert, jeder in seinem speziellen Bereich, wenn hier eine Wende zum Besseren erreicht werden soll. Ein hoffnungsvolles Zeichen sei der große Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“, dessen Ziele ja jetzt offensichtlich auch in der Politik angekommen sind; hier sollte die Weiterentwicklung gespannt beobachtet werden.
Selmansberger führte im Einzelnen aus, dass nach der sog. Krefelder Studie aus dem Herbst 2017 insbesondere folgende Punkte in der Hauptsache dafür verantwortlich seien, dass der Insektenbestand seit ca. 30 Jahren um 75 % zurückgegangen und ganze Arten bereits ausgestorben seien: Die meisten Insekten würden zwar durch den Straßenverkehr getötet; aber auch die Verarmung der Landschaft trage einen großen Teil dazu bei.
Durch die industrielle Landwirtschaft ist die einstige Vielfalt mit Weiden, Äckern, Streuobstwiesen, Hecken, Feuchtgebiete nicht mehr vorhanden, aus einer artenreichen Kulturlandschaft wurde vielfach eintöniges Agrarland, Wildtiere und Wildpflanzen hätten hier keine Überlebenschancen. Durch die Aufgabe kleinerer Landwirtschaften und das damit verbundene Höfesterben, das seit längerem in verstärktem Maße zu beobachten ist, wird diese Entwicklung noch beschleunigt.
Der von vielen erwartete und richtige Ausstieg aus der Atomenergie hatte dann allerdings zur Folge, dass zur Belieferung von Biogasanlagen riesige Maisfelder entstanden; die eintönige Fruchtfolge erfordere immer größeren Einsatz von Giften und Kunstdüngern, die daraus entstehende Überdüngung trägt ebenfalls dazu bei, dass viele Wildbienen und Insekten, unter- und oberirdisch, ihren Lebensraum verlieren.
In Deutschland als waldreiches Land sei die Forstwirtschaft ebenfalls eine wichtige Landnutzung; auch hier sorge der intensive Eingriff bei der Bewirtschaftung durch z. B. schwere Maschinen, durch die eine Bodenverdichtung erfolgt, dafür, dass es immer weniger Kleinlebewesen gibt, auch hier tut im weiteren der Einsatz von Pestiziden ein übriges. Naturwälder und Waldwildnis, wie z. B. der Nationalpark Bayerischer Wald, sind ein positives Gegenstück, sie gibt es aber noch zu selten.
Als weitere Punkte, die zu den Verlusten der Bienen- und Insektenarten führen, zählt Herr Selmansberger noch die Versiegelung der Böden z. B. durch die Herstellung neuer Industrie- und Gewerbegebiete, Siedlungen sowie von Straßen auf (über 60 ha fruchtbarer Boden verschwindet dadurch zur Zeit jeden Tag allein in Bayern). Auch durch die starke nächtliche Beleuchtung unserer Dörfer und Städte sterben sehr viele nachtaktive Insekten, entweder durch Verbrennen oder vor Erschöpfung, da ihr Tag-Nacht-Lebensrhythmus dadurch nachhaltig gestört ist. Und auch Privatgärten hätten einen nicht unerheblichen Anteil: Durch Einsatz von Pestiziden und häufig eine sterile Gestaltung eignen sich viele Gärten nur sehr eingeschränkt als Lebensraum für Insekten.
All das zeige, so resümiert Herr Selmansberger, dass die Probleme, die überwiegend durch Menschenhand entstanden sind, nur wieder in den Griff zu bekommen seien, wenn alle an einem Strang ziehen. Ein Landwirt, der auf Bio umstelle, müsse auch sicher sein, dass er für seine Erzeugnisse Abnehmer findet, die auch bereit sind, einen entsprechenden Preis dafür zu zahlen, Direktvermarktung müsse sich lohnen. Generell sollte die Landwirtschaft wieder naturverträglicher werden, hier sei vor allem auch die Politik gefordert, viele Landwirte seien dazu bereit. Es sollten sich auch alle aufgefordert fühlen, etwas dafür zu tun, dass wieder genügend Blumen und Pflanzen wachsen, die von Bienen und Insekten als Lebensgrundlage genutzt werden. Gartenliebhaber und Kleingärtner sollten auf den Anbau besonderer bienen- und insektenfreundlicher Blumen und Sträucher achten. In Städten und Gemeinden sollten zusätzliche Blühwiesen entstehen, in die teilweise naturleeren Industrie- und Gewerbegebieten könne durch das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern ebenfalls ein großer Beitrag geleistet werden; Lindenbäume eignen sich hierfür besonders gut. Blühstreifen entlang von Straßen, Bächen und Flüssen nehmen nicht viel zusätzliches Land in Anspruch, können der Natur aber einen großen Dienst erweisen. Es könne keine Lösung sein, wenn Imker mit ihren Bienenstöcken in die Städte umsiedeln müssten, da dort inzwischen bessere Nahrungsvoraussetzungen wie in ländlichen Gebieten seien.
Erfreulicherweise sind auch, verstärkt durch die Diskussionen in Verbindung mit dem Volksbegehren, schon eine ganze Reihe Initiativen entstanden, die sich um den Schutz von Bienen und Insekten kümmern, Landwirte bieten z. B. Teile ihrer Äcker und Wiesen zum Pachten als „Blühwiese“ an. Im Hinblick auf den weiten Fortschritt hinsichtlich der Beeinträchtigung der Lebensräume für die Kleinlebewesen und die großen globalen Zusammenhänge sind das jedoch nur sehr kleine Schritte: Mit einer kleinen Tüte mit Samen für eine Bienenwiese können diese Probleme in absehbarer Zeit sicher endgültig nicht gelöst werden, aber es ist ein sehr guter Anfang. So wie ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern!“
Zum Abschluss bedankte sich Martin Graf, Vorsitzender des Bayerischen Wald-Vereins Mitterfels, bei Johannes Selmansberger für die sehr beeindruckenden Ausführungen; eine Diskussion mit den Besuchern schloss sich an.
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