Wie es im Landkreis langsam mit Faschingsbällen und Umzügen losging

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Er brachte den Fasching ins Dorf: H. Hirtreiter führt mit einem Röckchen und einem lustigen Hütchen den Zug durch Mitterfels an. Hinten links ist „die Lilli“, die Wirtin der Friedenseiche, zu sehen. (Foto: Liesl Wacker)

Liesl Wacker, Mitterfels, berichtet

Die närrische Zeit wird in Bayern noch nicht allzu lange gefeiert. Wie es bei uns im Landkreis langsam mit Faschingsbällen und Umzügen losging, daran kann sich Liesl Wacker (83) aus Mitterfels noch genau erinnern.

Ach ja, Fasching – es war immer sehr lustig, aber für mich auch meist stressig. Das ganze Jahr lang war ich eine hundertprozentige Waidlerin, aber ab dem 11. November brach das Kölsche bei mir durch. Denn in Köln bin ich geboren, die ersten acht Jahre meines Lebens wohnte ich dort. Unsere Oma nähte meinem Bruder und mir damals die tollsten Kostüme. Doch dann wurde es still: Wir zogen nach Bayern und hier war der Fasching total unbekannt.

Einige Jahre später sah man einen Herrn Hirtreiter mit Röckchen über der Herrenhose, einem lustigen Hütchen auf dem Kopf und einen Dirigentenstock schwingend, das Dorf rauf und runter marschierend. Mit dabei war „die Lilli“, die Wirtin der Friedenseiche. Sie spielte auf dem Schifferklavier Märsche oder lustige Lieder. Bald hatten sich die Kinder diesem Umzug angeschlossen und die Geschäftsleute warfen Guttis (Kamelle). Ich hatte damals die Rot-Weiße Garde gegründet und wir marschierten auch mit. Meist war ich ein Schulmädchen mit Schulranzen und sammelte die Guttis ein. Das anschließende Verteilen der Süßigkeiten war Schwerstarbeit. Da kamen Beschwerden wie „Die hot drei Rote, i bloß oans!“ und so weiter. Zu der Zeit waren die Kinder noch dankbar um jede Süßigkeit.

Während dieses Faschingstreiben über die Jahre hinweg immer kleiner wurde, wurde der Faschingszug in Haselbach immer größer und bekannter. Deshalb waren wir bald bei „de Hoslbäcka“ dabei. Erst waren wir als kleine Fußgruppe unterwegs, aber dann hat mein Mann aus dem Balkenmäher und dem Zweiradanhänger einen Motivwagen gemacht. Im Jahr drauf hatten wir schon einen kleinen Traktor. Unsere Motive waren Schlümpfe, Zigeuner, Fleckerlkostüme, Funken oder Türken mit einer Moschee auf dem Wagen. Vergessen darf ich auf keinen Fall die Kinder und Lehrkräfte der damaligen Hausaufgabenstube der Mitterfelser AWO, ihr Entchentanz kam sehr gut an!

Ja, es war eine schöne Zeit. Aber für mich bedeutete der Fasching auch viel Arbeit: die ganzen Kostüme nähen, den Traktor und den Anhänger dekorieren oder bespannen. Nach zehn Jahren hatten wir keine Lust mehr. Dafür habe ich mich wieder ans Schreiben von Büttenreden gemacht. Ich kam als Senn mit „Auf der Alm, do gibt’s koa Sünd“, als Suleika, die Türkin, als entlassener Bundeswehrler oder als Politiker. Der Hammer für die Jungen war „Skandal um Rosi“ oder der mit Tochter Gabi und Sohn Norbert gesungene Schlager „Casanova“ –, wir trugen Leder und glänzenden Fummeln. Natürlich hatten wir auch wallende Perücken.

Dann kam die Zeit bei der Straubinger AWO. Hier durfte ich viele Senioren zum Lachen bringen. Da fällt mir spontan die Cilli ein, die habe ich überredet, das zweite „Herzilein“ zu machen (Wildecker Duo). Es war ihr erster Auftritt und sie hatte großes Lampenfieber. Wir hatten großen Erfolg – Cilli spielte auf der Mundharmonika wunderbar die Zwischenmusik.

Aber nun muss ich mich noch mal um viele Jahre zurückversetzen. In Mitterfels war lange Zeit der Sudetenball der Ball überhaupt: Supermusik, Bombenstimmung und die besten Masken. Mein Mann und ich gehörten jedes Jahr mit einem Kostüm dazu. Aber auch Nachbarn und Bekannte hatte ich schon angesteckt.

Als „Russe“ hatte ich ein besonderes Erlebnis. Ein Esel wollte unbedingt wissen, ob der Russe ein Weiberleit oder ein Mannerleit war. Ich wurde also begrabscht. Als meine Abwehr mit dem Ellenbogen keine Wirkung zeigte, hob ich den Stiefel leicht an und der Esel bekam eins auf das Schienbein. Endlich hatte ich Ruhe, allerdings, mein Schreck war groß, als bei der Entmaskierung der Lehrer meines Sohnes im Eselskostüm steckte.

Dann hörte ich eines Tages, dass es keinen Sudetenball mehr geben sollte. Als ich nun die Frau Pöschl traf – so viel ich mich erinnere, war sie im Vorstand –, fragte ich gleich, ob es wirklich stimmt.

Die Antwort war: „Ja. Die Musik wird teurer, wir werden auch nicht jünger und die Faschingskostüme werden immer weniger.“ Einen Augenblick war ich sprachlos, aber dann: „Frau Pöschl, ich besitze etwa 25 Kostüme, ich verspreche ihnen, dass ich mindestens 25 Personen finde, die maskiert kommen.“ Frau Pöschl sagte: „Ja wissn S’, Liesl, es haben ja schon viele bedauert, dass unser Ball nicht mehr sein soll. Ich verspreche ihnen, mein Mann und ich werden versuchen, die Vorstandschaft zu überreden, dass wir doch noch mal ein Faschingsvergnügen halten.“ Und so geschah es.

Als das Frühjahr kam, besuchte uns Frau Pöschl. Ich frage überrascht, ob ich was ausgefressen habe. Sie sagte: „Aber Liesl im Gegenteil, der Vorstand hat beschlossen, dass wir ihnen ein kleines Dankeschön überreichen.“ Es hat mich riesig gefreut, als sie einen Männerkopf aus der Tasche zog, ich glaube, er wird „Wurzelsepp“ genannt. Dieses herrliche Geschenk hängt heute noch bei uns im Wohnzimmer.

(Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)

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