1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 48 Des Landgerichts Wandel und Ende (1838/1861/1879)
Aufgrund der Zunahme der Bevölkerung und des großen Gerichtsbereiches wurde 1838 ein weiteres Landgericht mit Sitz in Bogen errichtet. - Vergrößern durch Anklicken!
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
Des Landgerichts Wandel und Ende (1838/1861/1879)
Schon bei den Reformen unter Montgelas 1799 und 1803 hatte sich gezeigt, dass auch ein jahrhundertelang bestehendes mächtiges Amt nicht gegen Veränderungen gefeit ist. Bedrohlich stark waren die Bestrebungen, das Landgericht nach Bogen zu verlegen, am stärksten im Jahr 1818. Eine Eingabe von Bogener Bürgern an die Regierung des Unterdonaukreises kam zu diesem Zeitpunkt besonders gelegen, weil in Mitterfels sich der neue Landrichter Markus Meier voll hinter diese Verlegungswünsche stellte. Er untermauerte seinen Antrag mit "politischen und staatswirtschaftlichen Gründen", letztlich aber waren es doch nur lauter örtliche Belange. Das Schloss war für die Behörde zu klein geworden, die Wohnungen für die Beamten im Dorf entsprachen nicht (der Landgerichtsaktuar Franz von Poschinger hatte sich daher selbst ein "Taglöhnerhäuschen" gebaut), die Pfleggründe waren samt und sonders veräußert, wobei der Amtsvorgänger Märkl stets auf seinen Vorteil bedacht war und ein großes Privatvermögen anzusammeln verstand, dem Staat aber hatte er, wie Meier anführte, "nur die nackte Hülle des Schlosses zurückgelassen, das sich aus der kleinen Zahl von ärmlichen Hütten erhebt". Auch um die Versorgung stand es schlecht, man war auf den Straubinger "Bot" angewiesen, und keine Land- und Vicinalstraße führte bis zum Schloss - die ging am Rande von Mitterfels vorbei.
Der Einsturz des Bergfrieds der Mitterfelser Burg 1812 war mit ein Anlass für den neuen Mitterfelser Landrichter Markus Meier eine Verlegung des Landgerichts nach Bogen zu fordern. (Detail eines Gemäldes im Oberalteicher Pfarrhaus, Foto: Franz Tosch) - Vergrößern durch Anklicken!
Der Einsturz des Bergfrieds am Pfingstmontag 1812 früh um 6.00 Uhr veranlasste Meier zu der Bemerkung, dass die Fronfeste nunmehr aussehe "wie ein Umfang von Kerkern aus den Tagen Jerusalems". (Mit dem "kleinen Jerusalem" nach Professor Gmelchs überschäumender Phantasie besteht kein Zusammenhang - das wurde erst 1873 "geboren".) Das Schlusswort in Meiers Begründung klang vernichtend: dass es in Bayern wohl keinen so elenden Gerichtssitz gäbe wie in Mitterfels, und dass es auf der schmalen Bergzunge auch keinerlei Ausdehnungsmöglichkeit gäbe.
Aber der König entschied anders. Am 5. Dezember 1820 verwarf er alle Verlegungspläne und forderte von Landgericht und Rentamt Vorschläge, wie durch Ankauf oder Neubau die Raumnot zu beseitigen wäre.
König Ludwig I. von Bayern verwarf 1820 noch alle Verlegungspläne des Landgerichts von Mitterfels nach Bogen. (Ludwig I. im Krönungsornat, Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1826 – Neue Pinakothek München) - Vergrößern durch Anklicken!
Aus: Franz Sartorius und Karl Wolf, Regierungssekretäre, Geschäfts- und Adreß-Handbuch für den Regierungsbezirk Niederbayern, Landshut 1841 - Vergrößern durch Anklicken!
1838 kamen die Bogener dann doch zu einem Landgericht, und dies zum größten Teil auf Kosten des Mitterfelser Gerichts. Auslöser war die 1837 erfolgte Bildung des "Kreises Niederbayern" (der den Unterdonaukreis ablöste) und die damit geplante Erhöhung der Landgerichte. Am 25. April 1838 entstand das neue Landgericht Bogen, wofür das Landgericht Mitterfels seine südlichen Gemeinden abzutreten hatte, das Landgericht Deggendorf weitere 7 Gemeinden (1857 bekam Deggendorf einen Teil zurück). Mitterfels blieb das weitaus größere Gericht. (Siehe Karte oben!)
„Eintheilung des Königreichs Bayern in 15 Kreise“: Straubing und Mitterfels kamen 1810 vom Regenkreis in den Unterdonaukreis, der 1837 ohne große Veränderungen zum Bezirk Niederbayern wurde. (Königlich Baierisches Regierungsblatt, München 1808, Kartograph: Alois Senefelder - Grafik: Franz Tosch) - Vergrößern durch Anklicken!
1848 vergrößerte sich der Arbeitsumfang für die Landgerichte, weil die Hofmarken vom Staat abgefunden wurden. Damit verschwanden die vielen Patrimonialgerichte, und alle Bürger unterstanden nun voll dem Landgericht.
1860 wurde aus dem Landgericht das für die Steuerfestsetzung zuständige Taxamt herausgelöst und dem Rentamt Mitterfels eingegliedert.
1861 aber brachte den wohl einschneidendsten Eingriff für die Bedeutung des Landgerichts: Am 10. November 1861 wurden in Bayern auch auf der unteren Ebene Verwaltung und Rechtspflege getrennt - dabei aber nicht an jedem der zwei Gerichtssitze eine Verwaltungsbehörde geschaffen, sondern nur eine in Bogen: das Bezirksamt Bogen, geführt von einem "Bezirksamtmann".
1862 wurden auch die Notariate zu selbständigen Ämtern (vgl. Kapitel 42). Mitterfels erhielt damals sein Notariat - es besteht bis heute.
1879 kam dann das Ende einer großen Geschichte: Das Landgericht Mitterfels (und auch Bogen) wurde, nach einer schon am 21. 7. 1877 bekanntgegebenen Verordnung, zum Amtsgericht - mit der Oberbehörde in Straubing (bis 1932), unter dem Oberlandesgericht Nürnberg. Dieses Amtsgericht bestand noch knapp hundert Jahre (bis 1973), aber die "große" Geschichte war für immer erloschen. (Über die neue Geschichte vgl. Kapitel 63 und 69.)
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