1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 13 Das Pfleggericht Mitterfels (um 1280 - 1799)

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Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.

Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.

13 Das Pfleggericht Mitterfels (um 1280 - 1799)

Das Landgericht (im späten 13. Jahrhundert Pfleggericht genannt, wenn dem Landrichter ein Pfleger an die Seite trat) war eine Universalbehörde. Sein Aufgabenbereich umfasste alles, was heute auf Landratsamt, Finanzamt, Landgericht und militärische Verteidigung verteilt ist.

Die übergeordnete Behörde war seit 1255 das "Vitztumsamt Straubing" mit seinen 16 Gerichten, ab 1506 das "Rentamt Straubing" mit 24 Gerichten, ab 1810 der "Unterdonaukreis" in Passau, ab 1837 der "Kreis Niederbayern" mit 27 "Landgerichten".

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Herzog Otto II. (1206-1253) erbte das Gebiet der Grafen von Bogen

Das Pfleggericht Mitterfels zählte mit zu den größten im Herzogtum Bayern. Sein Umfang betrug 24 Meilen (180 km), der Bezirk reichte vom Markt Falkenstein im Westen bis Egg nahe Deggendorf. Der Pfleger hatte die Oberaufsicht über die 50 im Gerichtsbezirk gelegenen Herrschaften, Hofmarken, Edelsitze, sowie über Bauern, Bürger und Soldknechte, die als Urbarleute dem Herzog unmittelbar unterstanden (siehe Aufstellung in Kapitel 17).

Der ausgedehnte, wegemäßig aber schlecht erschlossene Gerichtsbezirk war zur leichteren Verwaltung in Unterämter geteilt, Schergenämter, in denen der Scherg die Arbeiten und Funktionen des Pflegamtes ausübte.

Im zweiten bayerischen Urbar von 1280 sind für das Gericht Mitterfels folgende Schergenämter genannt:

  • Das Schergenamt Mitterfels, später Amt Landasberg und um 1700 als "Thurnamt" bezeichnet,
  • das "Schwenchenamt zu Weißach auf dem Bühel" bei Schwarzach,
  • das Schergenamt zu Weibern bei Bernried,
  • das Amt in Kriseszell, das später auch das Rattenberger Amt heißt,
  • das Schergenamt im Heuwisch, das später auch als das Poschinger Amt bezeichnet wird,
  • das Amt Fahrendorf bei Mariaposching, das aber im dritten Urbar von 1310 bereits zum Amt im Heuwisch geschlagen ist.

Später (noch vor 1715) wurden zwei weitere Schergenämter gebildet:

  • das Amt Kößnach an der Donau,
  • das Amt Schwarzach, das frühere "Schwenchenamt zu Weißach". Dieses Amt hatte immer wieder auch ein Eigenleben geführt, bis es Ende des 18. Jahrhunderts wieder mit dem Pfleggericht Mitterfels vereinigt wurde.

Mitte des 18. Jahrhunderts hießen die Ämter: Thurnamt, Landasberg, Schwarzach, Rattenberg, Kößnach, Waldpropstamt (um Kasparzell), Poschinger Amt, Weybinger Amt.

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Pfleger und Richter

Von der allerersten Zeit abgesehen, waren Pflegamt und Richteramt zwar unter einer Behörde, aber auf zwei Personen verteilt: auf den "Praepositus" oder "Praefectus" (Pfleger) und den "Judex" (Richter).

Vor allem als das Volksrecht durch das geschriebene Landrecht abgelöst war, musste der Richter ein Jurist sein. Der Pfleger entstammte meist einem adeligen Geschlecht und war häufig von Haus aus vermögend: mit einem Edelsitz, einer Hofmark, mit Pachtbauern, oder auch mit einem Amte bei Hofe oder in der Armee. Dann konnte leicht sein, dass er auswärts wohnte und nur von Zeit zu Zeit hierher kam, wo er einen "Pflegsverwalter" fungieren li(von 1522 bis 1646 fast durchgehend der Fall). Als 1391-93 drei Ramsperger dem Mitterfelser Gericht vorstanden (Karl, Hartprecht und Hans), sollen diese sogar mit den ganzen Beamten nach Altrandsberg gewechselt haben. Die Pflege konnte auch nach Ableben von "Ihro Gnaden dem Hauptpfleger" auf dessen Witwe samt unmündigen Kindern übergehen. Es wundert nicht, dass die Pflege manchmal mehr ein Ehrenamt oder eine "Gnadenpflege" war, eine Einnahmequelle und willkommene Pfründe, die Arbeit aber andere taten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg galten allerdings strengere Kriterien: Da gab es fast nur mehr "Pflegskommissäre", die Gesetzeswissenschaften studiert hatten und Volljuristen waren.

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Gerichtsschreiber und weitere Beamte und Bedienstete am Pfleggericht

Als Seele des ganzen Gerichts darf man den Gerichtsschreiber sehen, den "Scriba provincialis" (so 1718) oder "Archigrammaticus" (wörtlich: "Erzsprachkünstler") oder "Oberschreiber" (so 1726, auch 1696). Er war der stetig Bleibende, während andere wechselten; bei ihm liefen alle Fäden zusammen; er hatte meist eine gute Bildung und eine gründliche Praxis an einem Gericht, vielleicht sogar ein Examen an einem Regierungssitz. Ihm zur Seite standen der "Mitterschreiber" und der "Drittschreiber“.

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Grabtafel in der Schutzengelkapelle in Haselbach für den Mitterfelser Gerichtsschreiber Wolf Joachim Grießenauer (1710-1722). Die Tafel befand sich ursprünglich in der Haselbacher Pfarrkirche St. Jakob. Vergrößern durch Klick ins Foto!

Der Schriftverkehr war ungeheuerlich, dazu umständlich in Sprache und Behördenweg, oft mit ganzen Ketten von Anfragen und Rückfragen. Es gab stets eine Unmenge zu protokollieren, zu deponieren, zu ratifizieren: Stiftsbriefe für die neu aufzuziehenden Bauern, Übergabebriefe, Ausnahmebriefe, Heiratsbriefe, Heiratslizenzen, Vormundschaftsbestellungen , Inventaraufstellungen, Verträge zwischen Erblassern und Erben, Schuldverschreibungen, Kaufbriefe, "Ankunftsbriefe" bei Einheiraten, Geldwechsel für die als Geldverleiher häufig auftretenden Gotteshäuser. In den "Briefprotokollen" ist das ganze bäuerliche Leben, soweit es mit der Obrigkeit zu tun hatte, eingefangen.

Ein anderer Beamter war der "Procurator", ein Bevollmächtigter, etwa im Sinne eines Notars (dazu vier Namen: 1634: Vitus Endres, 1663: Reissacher, 1689-1701: Sebastian Thürriegel, der in Scheibelsgrub wohnte, 1765: Johann Druckmüller).

Unentbehrlich für die vielen kleinen Gänge war der "Nuntiarius" (Amtsbote) oder "Tabelarius": 1657: Tabelarius KißI, 1674: Gerichtsbote Franz und der Nuntiarius Schmaz.

Der „Fronbote“ - das „Mädchen für alles“: Einberufungen und Vorladungen besorgen, zwischen Herren und Bauern und Handwerkern hin- und herlaufen. Versammlungen überwachen, dem streunenden Gesindel wehren, Landfahrer festnehmen, dem "Eisenscherg" behilflich sein, wenn dieser einen Säufer oder Flucher in die "Bockpfoazn" spannte oder eine "Ieichtsinnige" Person in die "Breche" (Schandsäule ) stellte; er unterstützte die „Holzheye“ gegen Forstfrevler und Wilddiebe, rief die Bauern zum Scharwerk auf, sorgte für eine Einweisung des Gerichts, wie der von 1685: "Gegenwärtiges Soldatenweib soll von R. Obermayer zu Herrenberg von heint dato an auf ein Monath lang mit Quartier und auch der nothdurfft versehen werden. 16. März 1685. Anna Maria Clössingerin sambt 2 Kindern. Churfrt. Ghrt. Mitterfels". * (Hier fungiert, wie oben erwähnt, eine Witwe samt Kindern als Pflegerin, nämlich die Witwe des verstorbenen Pflegers Franz von Klosen zu Haidenburg. )

Weitere Beamte waren die "Lictores", die Schergen: der "Stubenscherg" als Gefängniswärter, der "Eisenscherg" als Strafvollstrecker. Schergen hatten von ihrer Tätigkeit her einen schlechten Ruf, durften keine Ehrenämter bekleiden, waren mehr und mehr geächtet, konnten praktisch nur in Familien gleichen Standes einheiraten. Nicht verwunderlich, dass sich 1655 ein Stubenscherg als "Stubenamtmann" bezeichnete, was besseren Klang hat.

Zu den einfachen Bediensteten zählten die Kutscher und Reitknechte des Pflegers, auch der Jagdaufseher wie der "Venator in praefectura Mitterfels" Joseph Griebl, der 1795 den Posten aufgab und das Scheibelsgruber Wirtshaus von seiner Mutter übernahm.

Mit Geldeintreiben hatten zu tun: der "Mautner" (Telonearius) für Brückenzölle, der "Ungelter" für die indirekten Steuern (Ungeld) auf Wein, Leinwand, Getreide, Vieh, die außer Landes gingen; die „Geldeinheber“ auch für die Steuern, Gefälle, Gilten. Der Pfleger selbst war auch der "Kastenpropst" (Granator), der alles verrechnete und den schuldigen Teil an das "Regiment" zu Straubing lieferte oder an die Hofkammer zu München, die Naturalien zum Kasten nach Oberalteich, den ihm zustehenden Teil für sich und zur Entlohnung der Beamten.

Militärischer Auftrag und Instandhaltung der Burg

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Die Burg instand zu halten war eine Aufgabe des Pflegers (Gemälde von Franz Anton Rauscher, um 1750)

Eine besondere Aufgabe bedeutete dem Pfleger der militärische Auftrag. Er befehligte im Krieg den Heerbann seines Gerichts aus adeligen Herren und deren Knechten, aus dem bäuerlichen Landaufgebot, später aus den bezahlten Söldnern. War der Pfleger selbst Offizier, dann kümmerte er sich sowieso mehr um die seit 1625 neugeordneten "Landfahnen" seines Bezirks. Die Bauern wurden oft auch nur zum Aufwerfen von Landwehren und Erdschanzen eingesetzt, wie man sie noch heute findet (z. B. am Schanzenberg bei Traitsching).

Jedes Jahr, meist am Fronleichnamstag, war "Harnischschau", bei der der Pfleger die Knechte und das Landaufgebot und vor allem den Nachwuchs musterte. Es war die Aufgabe des Pflegers, die Burg gut instand zu halten, sie immer auch den Zeiten angepasst zu verstärken und zu modernisieren.

Kosten für Behördenapparat

Die Kosten für diesen Behördenapparat waren verhältnismäßig niedrig. Die Entlohnung erfolgte weitgehend in Naturalien, in der Nutznießung von Pfleggründen, auch der Wälder für das nötige Brennholz. Eigene Höfe gehörten zum Amt: Auhof, Buchhof, Rosenhof, Steckenhof, Bruckhof. Auch die untergeordneten Amtsleute hatten meist ein kleines Haus mit einem Krautgarten davor, einem Stall und einer kleinen Scheune. Geldbeträge flossen in ausreichendem Maße aus den Zehnten, aus Amtsgebühren, Polizeistrafen, Strafgeldern, Zöllen, Mauten, auch aus verpachteten Pflegsgründen. Ein Teil davon stand dem Pfleger zu, einen Anteil erhielt der Richter. Trotzdem wurden immer wieder Klagen laut, dass die Amtsleute des Pflegers, manchmal auch er selbst, habgierig, gewissenlos und roh seien und die Geldstrafen nach ihrem Gutdünken festsetzten. Es wird schon so gewesen sein, weil es der Herzog mehrmals untersagte (z. B. 1444), auch das Freihalten bei Gerichtssitzungen, das Verlangen des Freiweins.

Dem Pfleger stand schließlich die zwar nicht sehr große, aber schöne und vor allem sichere Wohnung im Schlosse zu, mit einem Garten im Zwinger, mit der Möglichkeit auch, vom hohen Bergfried aus das Umland weit überschauen zu können.

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