"Gedächtnis Niederbayerns in modernen Räumen"

neubau staatsarchiv landshut 

 

Pressemitteilung Bayerisches KM / Beitrag von Hans Kratzer in der SZ / Links . . .

 

LANDSHUT. Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle eröffnete am 15. Juli 2016 gemeinsam mit Dr. Margit Ksoll-Marcon, der Generaldirektorin der Staatlichen Archive in Bayern, in einer Feierstunde formell den Neubau des Staatsarchivs Landshut. Das Staatsarchiv für Niederbayern war zuvor auf der Burg Trausnitz untergebracht, musste allerdings aus Platzgründen verlagert werden.
„Archive sind das Gedächtnis unserer Gesellschaft und vermitteln zugleich Heimatbewusstsein und Identität – das Staatsarchiv Landshut ist das Gedächtnis Niederbayerns“, so Bayerns Wissenschaftsminister Spaenle. Entsprechend umfangreich gestalte sich der Bestand des Staatsarchivs Landshut. Er umfasst rund 2,6 Millionen Dokumente vom hohen Mittelalter bis in die Gegenwart: Urkunden, Karten, Pläne, Verwaltungsakten – und das auf 18.000 Regalmetern. Nach den derzeitigen Erwartungen sind die Magazine des Neubaus für einen Zeitraum von einem halben Jahrhundert ausgelegt.

„Der Archivneubau in Landshut, für den der Landtag gut 24 Millionen Euro bereitgestellt hat, erfüllt sämtliche Anforderungen an einen modernen Archivbau. Magazine mit sehr guten konservatorischen Bedingungen, einen modernen Lesesaal mit modernen Computerarbeitsplätzen sowie Räumlichkeiten für Ausstellungen und besondere Veranstaltungen. Hier ergeben sich neue Chancen in der Vermittlungsabriet. Deshalb freue ich mich, dass das Staatsarchiv Landshut sich verstärkt an Schulklassen wenden will. Weitere Chancen einer intensivierten Nutzung des Staatsarchivs Landshut wie aller Bayerischer Archive ergibt sich aus der Digitalisierung wichtiger Bestände der staatlichen Archive.“, so der Minister. Für ihn stellen die Digitalisierung und die Aufnahme der dabei entstehenden digitalen Unterlagen in ein „digitales Archiv“ eine der zentralen Herausforderungen dar, der sich das Archivwesen stellt.

Im Rahmen der Feierstunde wurde auch die Ausstellung „Das Gedächtnis Niederbayerns. Das Staatsarchiv Landshut“ eröffnet, die bis zum 30. September zu sehen sein wird.
Im Juni 2016 hatte war ein Magazinbau des Staatsarchivs Augsburg eingeweiht worden, im Oktober erfolgt der Spatenstich für einen Magazinbau des Staatsarchivs Bamberg.

Quelle: Dr. Ludwig Unger, Pressemitteilung des Ministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Nr. 269 vom 15. Juli 2016

Daten zur Baumaßnahme:
- Entwurf zum Staatsarchiv Landshut stammt vom Architekturbüro Prof. Rudolf Hierl aus München - 
  Sichtziegelbau, Niedrigenergiehaus
- Grundstücksgröße rund 4.400 Quadratmeter
- Bruttorauminhalt rund 141.000 Kubikmeter auf vier Etagen
- Grundsteinlegung für den Neubau des Staatsarchivs Landshut am 20. Juli 2012
- Richtfest am 13. April 2013
- Eröffnung 15. Juli 2016
- Baukosten gesamt rund 24,25 Millionen Euro


 

Das Gedächtnis Niederbayerns

von Hans Kratzer, Süddeutsche vom 15. Juli 2015

In den Morgenstunden des 21. Oktober 1961 brach auf der Burg Trausnitz in Landshut ein Feuer aus, das sich schnell durch die ganze Burg fraß. Die alten Renaissance-Trakte sanken in Schutt und Asche. Darüber hinaus verbrannten in dem in der Burg untergebrachten Staatsarchiv Regalflächen voller alter Schriftstücke, Urkunden und Akten. Dabei gingen unersetzliche Zeugnisse und Dokumente verloren, in denen fein verästelt festgehalten war, wie die Vorfahren gelebt und was sie gedacht hatten.

Immerhin handelten die Archivare nach dem verheerenden Brand klug und weit vorausschauend, indem sie die vom Löschwasser durchtränkten und vom Feuer angesengten Bände nicht auf den Müll warfen, sondern sie trockneten und laminierten. Von da an arbeitete die Zeit wieder für das Archiv. Denn die famosen Fortschritte in der Restaurierungstechnik machen es heute möglich, zerstörte Akten wieder lesbar zu machen.

Das Staatsarchiv auf der Burg unterzubringen, war aus historischer Sicht verständlich, denn die Trausnitz ist als einstiger Stammsitz der Wittelsbacher Herzöge ein historischer Brennpunkt. "Unter konservatorischen Gesichtspunkten aber war das eigentlich unverantwortlich", sagt der Historiker Hermann Rumschöttel, der ehemalige Chef der staatlichen Archive in Bayern.

In dem Archiv herrschte seit Jahrzehnten Platzmangel, es war abgelegen und auch klimatisch problematisch. Große Mengen des dort gelagerten Papiers sind nämlich extrem fragil und empfindlich, vor allem das schlechte Säurepapier, das im 19. Jahrhundert verwendet wurde.

Schon seit den frühen 90er Jahren wurde um einen Ausweg politisch gerungen, aber erst 2010 genehmigte der Landtag den fast 25 Millionen Euro teuren Neubau im Stadtviertel Nikola, der an diesem Freitag im Rahmen eines Festakts offiziell eröffnet wird. Ob das Gebäude aus archivtechnischer Sicht Maßstäbe setzt, muss sich noch zeigen, aber der Bau macht auf die Besucher jetzt schon Eindruck.

2,6 Millionen Dokumente - also 18 Kilometer Archivgut

In den hochmodernen und klimatisierten Magazinen liegen, beginnend mit den ältesten Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, 2,6 Millionen Dokumente zur Geschichte Niederbayerns. Das Landshuter Staatsarchiv verwahrt derzeit 18 Kilometer Archivgut, jährlich kommen etwa 300 Meter Akten hinzu, die Platzreserven reichen für 50 Jahre.

Für Landshut hat dieser Neubau eine weitaus größere Bedeutung, als sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Archive führen oft ein Schattendasein. "Immerhin ruht hier das schriftliche Gedächtnis von Niederbayern", sagt Margit Ksoll-Marcon, die Generaldirektorin der Staatlichen Archive Bayerns. Ihr unterstehen neben dem neuen Haus in Landshut auch noch die übrigen Staatsarchive in Amberg, Augsburg, Bamberg, Coburg, München, Nürnberg und Würzburg. Dazu kommt noch das Bayerische Hauptstaatsarchiv, in dem vor allem die Registraturen und Akten der staatlichen Zentralbehörden und der säkularisierten Klöster sowie der alten Hochstifte verwahrt werden

Die Standorte sind ein Problem - die Entscheidung für Kitzingen löste Entsetzen aus

Insgesamt sind in diesen Häusern 44 Millionen Archivalien eingelagert, die zum Teil bis in das 8. Jahrhundert zurückreichen. Die frühesten Urkunden sind ob ihrer Aura jederzeit imstande, beim Betrachter Ehrfurcht zu erwecken. Das älteste bayerische Archivale ruht im Staatsarchiv Würzburg. Es stammt aus dem Jahr 777 und betrifft einen Vorgang im Bezirk Hammelburg. Unterzeichnet hat es Karl der Große höchstselbst.

Natürlich hat ein Kulturstaat ein Interesse daran, diese Schätze zu bewahren. Gerade in Bayern, wo der Begriff der Staatlichkeit einen hohen Stellenwert besitzt, wird die Archivpolitik gut gepflegt. Seit 1990 gibt es ein Bayerisches Archivgesetz, das die Archivierung von Unterlagen normt und regelt. Und es wird, wie das Beispiel Landshut zeigt, auch Geld in die Hand genommen.

Zuletzt hatte Augsburg ein neues Staatsarchiv erhalten, das war im Jahr 1991. Da dort die Aufnahmekapazität schon fast wieder ausgeschöpft ist, wurde das Gebäude nun um fast 3000 Quadratmeter Archivfläche erweitert. Während in allen anderen Bundesländern die Neigung vorherrscht, die Archive in einem einzigen Landesarchiv zu zentralisieren, setzt Bayern weiter auf die Regionalisierung. Jeder Bezirk im Freistaat hat sein eigenes Archiv.

Freilich löst diese Politik gelegentlich auch Frustrationen aus. Die Entscheidung der Staatsregierung, das Staatsarchiv für Unterfranken von Würzburg nach Kitzingen zu verlegen, hat bei Archivaren und Archivbenutzern blankes Entsetzen hervorgerufen. Bisher galt stets der Grundsatz, ein Staatsarchiv benutzerfreundlich und identitätskonform im Zentrum eines Bezirks zu betreiben, im Fall Würzburg blieb die Politik aber beratungsresistent. [… mehr dazu]

Verglichen mit anderen Herausforderungen aber sind die Standorte ein eher marginales Problem der Archive. Fast alle Archivalien sind Unikate, all die gelagerten Akten, Urkunden, Fotos, Karten, Pläne, Plakate, Briefe, Telegramme und Filme bilden ein gigantisches Gedächtnis des Landes und ein herausragendes Kulturgut.

Große Bedrohung für die alten Dokumente

Leider schweben viele dieser Objekte in größter Gefahr. Mindestens 25 Millionen bayerische Archivalien sind vom Säurefraß bedroht. Das Geld und vor allem die personellen Ressourcen, die man zur Digitalisierung aller Archivalien bräuchte, fehlen bei weitem, sagt Frau Ksoll-Marcon.

Die Digitalisierung ist für die Archive eine Jahrhundertaufgabe. Die elektronische Aktenführung und die ständige Änderung der Speichertechnik verlangen hochkomplexe Lösungen, die noch nicht überall in Sicht sind. Es gibt in Bayern ja auch noch 2056 Gemeinden, die ebenfalls eigene Archive führen. Das Problem der Langzeitspeicherung der dortigen Akten wird in der Politik bislang noch verdrängt.

 


 

Links

>>> Die Staatl. Archive Bayerns [http://www.gda.bayern.de/home/]

>>> Staatsarchiv Landshut [http://www.gda.bayern.de/archive/staatsarchiv-landshut.html]

>>> Staatl. Archive - Publikationen [http://www.gda.bayern.de/publikationen/nachrichten-aus-den-staatlichen-archiven-bayerns/]

>>> Nachrichten aus den Staatl Archiven [http://www.gda.bayern.de/uploads/media/Nach69-7.pdf]

 

 

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