Mitterfels
„Singen weckt die Freude in Kindern“
Der Kinderchor der Kreismusikschule probt jeden Donnerstag von 17 bis 17.45 Uhr. Wer mitmachen möchte, darf jederzeit zu einer Schnupperstunde vorbeischauen. Nach den Osterferien geht es wieder los. Mehr Infos gibt es unter Telefon 09961/942000. Foto: Kreismusikschule – Vergrößern durch Anklicken!
Seit diesem Schuljahr gibt es wieder einen Kinderchor an der Kreismusikschule.
Leiterin Andrea Karl-Brandl erzählt im Interview, warum Singen für Kinder wichtiger denn je ist.
Dass das Singen und das Musizieren einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern hat, ist kein Geheimnis mehr. Umso wichtiger ist es, der Musik wieder mehr Raum im Alltag der Kinder zu geben, wie auch Andrea Karl-Brandl, Lehrerin an der Kreismusikschule Straubing-Bogen, weiß. Sie hat in diesem Schuljahr den Kinderchor der Kreismusikschule wiederbelebt. Warum sie das gemacht hat und warum Singen die Kinder stark fürs Leben machen kann, erzählt sie im Interview.
Frau Karl-Brandl, Sie haben in diesem Schuljahr den Kinderchor der Kreismusikschule wiederbelebt. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Andrea Karl-Brandl: Weil das Singen oder auch das Musizieren allgemein für mich ein wunderbares Mittel ist, um bei Kindern die Freude für die schönen Dinge im Leben zu wecken. Das wird in der heutigen, schnelllebigen Zeit für unsere Kinder immer wichtiger. Und je früher man damit anfängt, umso besser.
Sie arbeiten in diesem Chor mit Kindern zwischen fünf und acht Jahren. Warum ist das ein gutes Alter?
Karl-Brandl: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade in diesem Alter die Kinder sehr gut zum Singen und Musizieren zu motivieren sind und man dadurch eben jene Freude an der Musik sehr gut wecken kann. Und sie sind leicht zu begeistern. Meine Chorkinder sind beim Singen immer total glücklich.
Welche Vorteile bringt das Singen den Kindern?
Karl-Brandl: Es gibt ja mittlerweile viele Studien, die die positiven Effekte des Singens belegen. Es werden nicht nur Glückshormone freigesetzt, das Singen fördert auch die Sprachentwicklung bei Kindern. Forscher haben einmal eine Erhebung unter Kindern verschiedenster Gesellschaftsschichten gemacht. Dabei kam heraus, dass es unter Kindern, die bereits in der frühen Kindheit gesungen haben, viel weniger Legastheniker gibt. Und sie profitieren auch von der Gemeinschaft in einem Chor.
Das soziale Miteinander wird gefördert?
Karl-Brandl: Genau. In einem Chor lernen Kinder sehr früh, dass sie etwas gemeinsam schaffen können. Sie haben ein gemeinsames Ziel, woran sie arbeiten. Und es ist immer wieder schön, zu sehen, wie manche Kinder in der Gruppe aufblühen. Da gibt es Kinder, die es sich niemals trauen würde, alleine vorzusingen. Aber eingebettet in der Gruppe mögen sie das. Da stehen sie plötzlich mit Freude auf einer Bühne und singen.
Kann jedes Kind singen?
Karl-Brandl: Eindeutig ja. Ich habe in meiner langen Zeit als Musikpädagogin die Erfahrung gemacht, dass jedes Kind, das wirklich singen will, das auch lernen kann. Bei manchen dauert es vielleicht etwas länger, bei anderen geht es schneller, bis sie dahin kommen, wo sie hinwollen.
Aber braucht es nicht auch eine gewisse Begabung, um beim Singen oder Musizieren ein Erfolgserlebnis zu haben?
Karl-Brandl: Nein. Das ist ja das Schöne an der Musikschule. Hier geht es nicht darum, dass die Kinder ein gewisses Ziel erreichen müssen wie in der normalen Schule. Es geht darum, dass sie mit Freude musizieren. Und diese Freude zu aktivieren ist meine Aufgabe als Musiklehrerin. Mir geht es nicht darum, dass die Kinder supergut in etwas werden. Mir geht es darum, dass sie etwas so spielen oder singen können, dass das für sie ein Erfolg ist. Und dazu kann man jeden bringen, egal, mit welcher Begabung er zum Chor oder zum Musikunterricht kommt.
Aber es soll ja schon irgendwann richtig klingen, oder?
Karl-Brandl: Natürlich. Daran arbeiten wir in unseren Chorstunden. Dafür sind sie da. Am Anfang sind immer welche dabei, die vielleicht ein bisschen falsch singen. Aber das gibt sich nach einiger Zeit. Das richtige Singen kommt dann ganz von allein.
Andrea Karl-Brandl. Foto: Fotostudio Stern
Wie sieht denn eine Chorstunde bei Ihnen aus?
Karl-Brandl: Am Anfang stehen wir im Kreis und machen ein paar Atem- und Stimmübungen. Dann beginnen wir mit dem Singen. Derzeit proben wir ein paar Kirchenlieder, weil wir demnächst einen Gottesdienst gestalten wollen. Ein Ziel zu haben ist wichtig. Kinder leben vom Publikum, von der Rückmeldung. Am Schluss einer jeden Chorstunde dürfen dann die Kinder sich noch wünschen, was wir singen.
Was singen die Kinder besonders gern?
Karl-Brandl: Im Grunde sind sie für alles zu begeistern. Sogar für die Kirchenlieder, weil sie wissen, dass sie die vor Publikum singen dürfen. Was sie aber besonders gern mögen, ist, wenn wir Lieder von der Biermösl-Blosn singen. Diese etwas gscherten Texte gefallen ihnen einfach, die finden sie lustig.
Momentan sind fünf Kinder im Kreismusikschul-Chor. Sie würden sich natürlich mehr wünschen. Haben Kinder immer weniger Zeit für Musik in ihrem Leben?
Karl-Brandl: Soweit ich das beobachten kann, leider ja. Die Musik bekommt immer weniger Raum im Alltag der Kinder. Sie werden zugedröhnt mit tausend Dingen. Es gibt ein Überangebot an Freizeitmöglichkeiten. Dazu noch die Schule und die Tage der Kinder sind voll. Dabei wäre die Musik eine wunderbare Möglichkeit für die Kinder, wieder mehr Ruhe in ihr Leben zu bringen.
Wie meinen Sie das?
Karl-Brandl: Die Musik ist ein Türöffner dafür, innere Freude zu entwickeln. Freude, die aus mir selbst herauskommt und nicht durch irgendetwas von außen geschaffen wird. Und dieses Wissen, dass sie selber etwas machen können, das ihnen Freude bereitet, ist für ein Kind ein Geschenk. Denn Musik kann auch ein Rückzugsort sein. Wenn ein Kind in seinem Stück, in seinem Lied drin ist, dann vergisst es alles andere um sich herum. Und das macht sie stark.
Interview: Verena Lehner/BOG Zeitung vom 19. März 2024
Info
Andrea Karl-Brandl ist 52 Jahre alt und unterrichtet an der Kreismusikschule Gesang, Akkordeon und Klavier. Ihre Leidenschaft gilt dem Chorgesang und der Chorarbeit mit Kindern. Nach ihrer Ausbildung an der Berufsfachschule für Musik in Plattling, studierte sie Akkordeon und Gesang an der Hochschule für Musik in Nürnberg. Sie engagiert sich europaweit in den verschiedensten Chören und beteiligt sich an renommierten Chorprojekten. In den vergangenen zehn Jahren wirkte sie an der bayerischen Staatsoper in München bei vielen Projekten mit und ist deutschlandweit als Solistin unterwegs.
Kinderchöre werden unterschiedlich gut angenommen
Neben der Kreismusikschule gibt es auch noch andere Möglichkeiten für Kinder, in der Gruppe zu singen. Doch nicht immer ist es vor Ort so einfach, das Angebot aufrecht zu erhalten, wie ein Blick in einige Gemeinden zeigt. Entweder findet sich keine Chorleitung oder – auch das kommt vor – das Angebot wird nicht angenommen.
In Ascha hat sich beispielsweise im Sommer vergangenen Jahres der Kinderchor „Sonnenkinder“ neu gegründet. Der Chor probt jeden Mittwoch von 15.30 bis 16.30 Uhr im Pfarrheim in Ascha. Die Verantwortlichen würden sich jedoch – ebenso wie der Kinderchor der Kreismusikschule – freuen, wenn noch mehr Kinder kommen würden. Wer mitmachen möchte, kann sich bei Pastoralreferent Florian Weiß, Telefon 0151/24107074, melden.
Auch lange Zeit eine aktive Singgruppe waren „Die jungen Stimmen“ in Loitzendorf. Geleitet wurden sie von Traude und Helmut Schlecht. Nachdem sich das Ehepaar zurückgezogen hatte, fand sich niemand mehr, der die Leitung übernimmt. Traude Schlecht findet das sehr schade, wie sie in einem Telefonat mit unserer Redaktion sagt. „Es hat immer unglaublich Spaß gemacht, mit den Kindern zu arbeiten.“ Sie seien so leicht für etwas zu begeistern gewesen, hätten alles mit Freude aufgenommen.
In Oberschneiding gab es ebenfalls vor einigen Jahren noch einen Kinderchor. Doch die Leiterin, Carolin Anzinger, wurde beruflich versetzt. Und es kam Corona. „Das war sehr schade, weil das Angebot nicht aufrechterhalten werden konnte, obwohl es gut angenommen wurde“, erzählt Anzinger. Allerdings gebe es im Trachtenverein die Möglichkeit zu singen und zu tanzen.
Ein Beispiel für einen Kinderchor, bei dem es richtig gut läuft, ist der Kinderchor Parkstetten. Geleitet wird er seit 15 Jahren von Maria Herpich. 26 Buben und Mädchen im Altern von sechs bis 14 Jahren treffen sich dabei zum Singen. Sie gestalten Gottesdienste in der Pfarrei, singen bei Senioren-Nachmittagen oder sind auch bei Veranstaltungen von Vereinen dabei, wie beim Weihnachtsmarkt in Parkstetten. „Wir treffen uns immer freitags zur Probe und machen auch ein Probenwochenende in Windberg. Gemeinsame Kinobesuche oder Übernachtungen im Pfarrheim dürfen auch nicht fehlen“, erzählt Maria Herpich.
Verena Lehner/BOG Zeitung vom 19. März 2024
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