Mitterfels
BR zu Gast bei Gärtnerei Hiendl, Mitterfels - „Unsere kleinsten Mitarbeiter“ …
Aufnahme für die BR-Sendung „Querbeet“: Gärtnermeisterin Siegrun Hiendl und Patrick Scharl, Pflanzenschutzexperte vom Gartencenter Seebauer in München, berichten vor der Kamera über ihre praktischen Erfahrungen im Umgang mit nützlichen Insekten. Fotos: Hans Reimann – Vergrößern durch Anklicken!
… im Kampf gegen Schädlinge - ... mit einem Link zur BR-Mediathek
In der Gärtnerei Hiendl in Mitterfels setzt man auf Insekten im Kampf gegen Schädlinge. Dafür kam eigens der Bayerische Rundfunk, um mehr über die kleinen Helfer zu erfahren.
Viele Pflanzenliebhaber kennen sicher das Problem: Die mit viel Mühe herangezogene grüne Pracht schwächelt, nicht etwa weil es an Wasser oder Dünger mangelt, sondern weil sich ungebetene Gäste breitgemacht haben. Die Rede ist von Schädlingen, wie Blattlaus oder Spinnmilbe. In der Folge wird dann oft auf chemische, teils höchst bedenkliche Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen. Dass es auch anders geht, zeigt die Gärtnerei Hiendl in Mitterfels: Dort setzen die Schwestern Siegrun und Evi Hiendl auf tierische Hilfe.
Schon seit über zehn Jahren werden in dem Gartenbaubetrieb Nützlinge, also Insekten, eingesetzt, die als Fressfeinde von Trauermücken und Co. helfen, die Pflanzen gesund zu halten. „Das funktioniert super“, sagt Siegrun Hiendl. Sie zeigt sich über den Erfolg mit den Nützlingen – ihren „kleinsten Mitarbeitern“ – begeistert. Wie die Arbeit mit den tierischen Helfern funktioniert und welche Vorteile diese Art der Schädlingsbekämpfung mit sich bringt, hat sich nun ein Fernsehteam vom Bayerischen Rundfunk angesehen und dazu einen Beitrag für die Sendereihe „Querbeet“ in Mitterfels gedreht.
Nützliche Helfer vom anderen Ende der Welt
Diese kleinen Helfer sind leicht zu übersehen, aber ihre Wirkung kann groß sein: Die australischen Marienkäfer machen sich auf die Suche nach der Schmierlaus, die eine Pflanze in der Gärtnerei befallen hat. – Vergrößern durch Anklicken!
Der erste Schritt bei der Arbeit mit Nützlingen ist es, die Schädlinge genau zu bestimmen, um den passenden Gegenspieler zu finden. So entscheidet sich Pflanzenschutzexperte Patrick Scharl im Kampf gegen die Schmier- beziehungsweise Wolllaus für australische Marienkäfer. Diese setzt er auf die befallene Pflanze und die Insekten machen sich dann auf die Suche nach Nahrung – die erwähnten Läuse. Probleme für die heimische Tierwelt gebe es nicht, denn zum einen werden die Marienkäfer nur im Innenraum ausgebracht, zum anderen sei es draußen noch zu kalt und die Insekten würden nicht überleben.
Kärtchen wie diese enthalten die Eier von Nützlingen, die so direkt an der Pflanze schlüpfen. – Vergrößern durch Anklicken!
Die Arbeit mit den Nützlingen erfordert mehr Geduld als der Einsatz von Chemikalien, erläutert Siegrun Hiendl. Unabhängig davon ist die Gärtnermeisterin von dem natürlichen Weg überzeugt, zumal immer mehr Pflanzenschutzmittel keine Zulassung mehr bekommen. Das bestätigt auch Scharl. Er weist zudem darauf hin, dass die verbliebenen Mittel in ihrer Wirksamkeit oftmals nachlassen, weil die Schädlinge resistenter werden. Das kann bei Nützlingen nicht passieren: „Der Marienkäfer wird immer die Blattlaus fressen.“
Abgesehen davon sieht er den Vorteil der Nützlinge in der unproblematischen Anwendung, wohingegen die Gesundheitsgefährdung und Geruchsbelästigung durch chemische Mittel für Mitarbeiter und Kunden durchaus ein Problem darstellen. Scharl erwarte zwar nicht, dass alle Gärtnereien vollständig auf Nützlinge umschwenken, betont aber, dass es „mit deutlich weniger Pflanzenschutzmittel geht“.
Umdenken bei den Betrieben und Kunden
Es brauche aber nicht nur das Umdenken in den Betrieben, sondern es ist aus seiner Sicht ebenso notwendig, dass die Kunden ihre Scheu gegenüber den tierischen Helfern ablegen. „Viele wollen nicht, dass es zuhause krabbelt“, sagt der Experte. Das Gegenbeispiel liefere bislang die Trauermücke, die kleinen schwarzen Fliegchen, die in der Erde vieler Zimmerpflanzen stecken und zu einem lästigen Problem werden können. Als deren Gegenspieler kommen sogenannte Nematoden, also Fadenwürmer, zum Einsatz, die laut Scharl immer öfter in den heimischen Wänden genutzt werden. „Das funktioniert bei den Kunden sehr gut.“
Dass auch die übrigen Nützlinge im Kampf gegen Schädlinge erfolgreich sind, zeigt sich in der Gärtnerei Hiendl. Für das Querbeet-Team ist das Fluch und Segen zugleich: Einerseits können sie sich an den gesunden Pflanzen von der Wirksamkeit des natürlichen Pflanzenschutzes überzeugen, andererseits macht es das Fehlen von Schädlingen schwieriger, an konkreten Beispielen die richtigen Nützlinge mit den Experten zu besprechen. „Es klappt schon fast wieder zu gut“, sagt Querbeet-Autor Tobias Bode und lacht, bevor er weiter an den Pflanzen nach etwaigen Schädlingen sucht.
Der Beitrag über die Gärtnerei Hiendl in der Sendung „Querbeet“ war am Montag, 13. März, im BR um 19 Uhr zu sehen.
In der Mediathek kann die Folge bis 9. März 2024 angesehen werden. [... Link zum Video in der Mediathek]
Hans Reimann /BOG Zeitung vom 11. März 2023
Vielschichtiger Pflanzenschutz
Der Einsatz von Nützlingen ist ein wichtiger Bestandteil des Pflanzenschutzes, der auf das Gewächs, dessen Standort und den Schädlingsbefall angepasst werden sollte. Was (Hobby-)Gärtner noch zu beachten haben, erklärt Simone Schmitt, Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege:
Grundsätzlich rät die Expertin zum biologischen Pflanzenschutz, „aus Gründen der Ökologie, Nachhaltigkeit und der Gesundheit von Pflanze, Mensch und Tier“. Dieser sollte dem chemischen Pflanzenschutz vorgezogen werden. Ein Aspekt besteht in der Ausbringung von Nutzinsekten, wie auch im Fall der Gärtnerei Hiendl. Dies sei besonders in Gewächshäusern und Betrieben sinnvoll, die große Stückzahlen der gleichen Pflanzenart kultivieren. „Auch im Privatgarten kann man in geschlossenen Gewächshäusern sehr gut und effektiv mit Nutzinsekten arbeiten. Außerhalb solcher Gewächshäuser halte ich es jedoch nicht für ratsam, viel Geld für Nützlinge auszugeben, die doch zu gerne in die neu gewonnene Freiheit ,abwandern‘.“
In solchen Fällen sei es dagegen sinnvoller, den sogenannten integrierten Pflanzenschutz zu betreiben. Dazu gehört zum einen, gezielt die Biodiversität im Garten zu fördern und natürlicherweise vorkommende Nützlinge anzulocken. „In einem artenreichen Garten, der sich in einem biologischen Gleichgewicht befindet, haben Schädlinge in der Regel genügend natürliche Feinde, die sie in Schach halten“, sagt Schmitt. Wichtig sei es auch, für gesunde und kräftige Pflanzen zu sorgen, denn die sind gegen Schädlinge im Allgemeinen weniger anfällig. Deshalb rät die Expertin, im Privatgarten darauf zu achten, dass die Pflanze an die vorhandenen Standortbedingungen und den Boden angepasst und eine optimale Licht-, Wasser- und Nährstoffversorgung vorhanden ist. Im Gemüse- und Obstbau bestehe außerdem die Möglichkeit, durch die Pflanzung gegen bestimmte Krankheiten oder Schädlinge resistenter Sorten „viel Ärger und aufwändige Bekämpfungsmaßnahmen zu sparen“. Ihr Fazit lautet: „Integrierter beziehungsweise biologischer Pflanzenschutz ist sehr vielschichtig und dennoch kein Buch mit sieben Siegeln. Der Einsatz und die Förderung von Nützlingen im Garten ist einer von mehreren, sehr wichtigen Bestandteilen davon.“ – han –
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