Mitterfels
Mitterfels. „Die Bilder bleiben im Kopf“
Konrad Feldmeier ist bei Einsätzen der Feuerwehr immer vorne mit dabei. Auch auf der B 20 hat er schon einige – tödliche – Unfälle miterlebt. Foto: Konrad Feldmeier – Vergrößern durch Anklicken!
Konrad Feldmeier ist seit 22 Jahren bei der Feuerwehr Mitterfels aktiv.
Dadurch hat er schon viele Einsätze auf der B 20 erlebt – auch einige mit tödlich verunglückten Menschen.
Konrad Feldmeier ist seit 22 Jahren bei der Feuerwehr Mitterfels. Dabei hat er schon einige tödliche Unfälle auf der B 20 erlebt. Darüber hat er auch in einem Video für eine Aktion der Polizei Niederbayern gesprochen, das auf Facebook und Instagram zu sehen ist.
Konrad Feldmeier sitzt vor einer dunkelgrauen Wand. Er wirkt traurig, als er über einen Unfall spricht, der sich im August 2020 auf der B 20 im Landkreis Straubing-Bogen ereignet hat. Ein Auto hat dabei versucht, einen Lastwagen zu überholen, und schafft es nicht. Als der Fahrer wieder hinter dem Sattelzug einscheren will, kollidiert er mit einem Transporter. „Auf der Anfahrt zur Einsatzstelle hat es dann schon geheißen, dass mehrere Personen schwerst verletzt sind“, erzählt Feldmeier.
Nachdem sich der Einsatzleiter ein Bild von der Situation verschafft hat, bittet er einige der Kameraden, die es sich zutrauen, einen der vier verunfallten Männer zu reanimieren – für die anderen drei kommt bereits jede Hilfe zu spät, der Fahrer des Transporters wurde mit dem Rettungswagen schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Auch Feldmeier reanimiert.
Sein Erlebnis schildert er nicht einfach so. Das Video, das auf Facebook und Instagram zu sehen ist, hat das Polizeipräsidium Niederbayen hochgeladen. Unter dem Hashtag „VisionZeroB20“ wollen die Beamten darauf aufmerksam machen, wie wichtig angepasste Geschwindigkeit ist – vor allem auf der B 20. Dort kam es zwischen Straubing und Cham seit 2020 zu sieben Verkehrsunfällen, bei denen Menschen gestorben sind.
Seit 22 Jahren Mitglied bei der Feuerwehr
Feldmeier hat einige davon selbst miterlebt. Denn seit 22 Jahren ist er bereits bei der Feuerwehr Mitterfels, aktuell als stellvertretender Kommandant. Etwa ein- oder zweimal pro Jahr gebe es einen Unfall mit Toten, zu denen er und seine Kameraden zur Technischen Hilfeleistung (THL) gerufen werden. Zwar baue man mit der Zeit eine Routine auf, aber tragisch seien solche Unfälle immer. Im Nachgang spricht man mit den anderen Einsatzkräften darüber, um es besser zu verarbeiten. „Ich habe aber auch einen Kollegen, der fährt zu THL-Einsätzen nicht mehr mit.“ Denn nicht jeder stecke die Momente, die sich bei einem tödlichen Verkehrsunfall ergeben, einfach so weg.
Das tut aber auch Feldmeier nicht. „Die Bilder bleiben auch noch ein paar Tage im Kopf und kommen hoch, wenn man wieder darüber spricht“, sagt er im Gespräch mit der Heimatzeitung. Dazu zähle neben dem Unfall im August 2020 auch einer, der schon zehn Jahre zurückliegt: Im Juni 2012 war eine vierköpfige Familie auf der B 20 unterwegs, als die 30-jährige Mutter aus ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn geriet. Dort kollidierte der Wagen mit einem Taxi, in dem der 61-jährige Fahrer sowie zwei Männer im Alter von 25 und 26 Jahren saßen. Die jungen Männer sowie die beiden Kinder der Familie kamen dabei ums Leben.
„Als wir ankamen lagen die beiden Kinder schon auf der Straße und wurden vom Rettungsdienst reanimiert“, sagt Feldmeier. Solche Bilder sehe man auch Jahre später noch so vor sich, als hätten sie sich erst kürzlich abgespielt. Feldmeier gehört zu den Menschen, die trotz der psychischen Belastung über diese Situationen sprechen können. Das ist auch ein Grund, wieso er bei der Aktion des Polizeipräsidiums mitgemacht habe. Denn nur, wenn man darüber spricht und die Geschehnisse nach außen trägt, können die Verkehrsteilnehmer über die Folgen von Unachtsamkeit und zu hoher Geschwindigkeit aufgeklärt werden.
Doch warum passieren ausgerechnet auf der B 20 so viele Unfälle? „Sie ist relativ hoch frequentiert“, sagt Feldmeier. Teilweise zweispurig, an anderen Stellen dreispurig. Das verlocke oftmals zu riskanten Überholmanövern und zu hoher Geschwindigkeit. „Es wirken ganz andere Kräfte beim Begegnungsverkehr als auf einer Autobahn.“ Eine mögliche Lösung wäre laut dem Feuerwehrler ein dreispuriger oder sogar Autobahn-ähnlicher Ausbau. Ob das jedoch zu einer unfallfreien B 20 führe, wisse auch er nicht.
Rettungsgasse entscheidet auch über Dauer des Staus
Einen Appell hat Feldmeier aber noch an die Bevölkerung, außer vorsichtig zu fahren und sich an Geschwindigkeiten zu halten: „Bitte eine Rettungsgasse bilden!“ Denn diese entscheide über Leben und Tod. Außerdem dauere auch ein Stau länger, wenn die Rettungskräfte dadurch erst später am Unfallort eintreffen. Und bis alle Verkehrsteilnehmer verinnerlicht haben, wie wichtig ein angepasstes Fahrverhalten ist, hilft Feldmeier weiterhin mit all seinen Möglichkeiten.
Das ist #VisionZeroB20
Im Schnitt sind bei einem Unfall neben dem Opfer auch 113 weitere Personen betroffen, berichtet das Polizeipräsidium Niederbayern. „Das wusste ich auch nicht“, sagt der Mitterfelser Feuerwehrler Konrad Feldmeier. Aber eigentlich sei es klar, denn die Einsatzkräfte vertreten zwar als Gesamtheit die Feuerwehr, kommen jedoch als Einzelpersonen an den Unfallort.
Um über die Folgen von Raserei aufzuklären, hat sich Feldmeier auch bereit erklärt, sich für die Kampagne „#VisionZeroB20“ vor die Kamera zu setzen. Aufmerksam auf ihn wurde das Sachgebiet Verkehr vom Polizeipräsidium Niederbayern „nach der Sichtung einiger Sachverhalte von schwerwiegenden Verkehrsunfällen“, wie Polizeihauptkommissar Maximilian Bohms auf Nachfrage erklärt. Doch das Video mit Feldmeier war nicht das einzige, das in der Bevölkerung zum Bewusstsein für die Gefahren von zu hoher Geschwindigkeit führen sollte. Auch „intensive Geschwindigkeitsüberwachungsmaßnahmen“, sprich Blitzaktionen, wurden durchgeführt. Weil diese in weiten Teilen der Bevölkerung nicht auf viel Begeisterung stoßen, sollten mit mehreren Videos auch die „Menschen hinter der Uniform“ gezeigt werden.
Konrad Feldmeier berichtet im Video von einem Einsatz auf der B 20. Screenshot: Polizeipräsidium Niederbayern/ff
„Wir wollten aber mit maximaler Transparenz den üblichen Vorwurf, die Polizei wolle ja nur abkassieren, entkräften und zeigen, dass wir ein sehr wichtiges Ziel mit unserer Aktion verfolgen“, sagt Bohms. Ein Ziel, das allen wichtig sein sollte: Schwere und tödliche Verkehrsunfälle vermeiden und verhindern. Der Verweis auf die Studie (ein Unfalltoter – 113 Betroffene) sollte die Gefahr, selbst betroffen sein zu können, greifbarer machen. Gleichzeitig sollte damit gezeigt werden, dass Rettungs- und Einsatzkräfte – auch wenn es Teil ihres Berufes ist – durchaus auch mit der Verarbeitung von solchen Unfällen kämpfen.
Polizei will ihren Beitrag zum gesetzten Ziel leisten
Doch für was steht der Hashtag „VisionZeroB20“ jetzt genau? Er sollte „kurz und prägnant aussagen, worum es geht: Keine tödlichen Verkehrsunfälle auf der B 20“, erklärt Bohms. Dieses Ziel sei freilich kaum bis gar nicht zu erreichen, da bei der Verkehrssicherheitsarbeit zu viele Zahnrädchen ineinandergreifen würden. „Mit der intensivierten Geschwindigkeitsüberwachung wollten wir als Polizei unseren Beitrag zu diesem Ziel leisten, indem wir die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit und Spitzengeschwindigkeiten auf der B 20 reduzieren.
“Zielgruppe der Aktion, die bereits Ende November beendet wurde, seien primär die Verkehrsteilnehmer, die regelmäßig auf der B20 unterwegs sind, gewesen. Doch auch alle anderen Menschen sollten für die Gefahren von überhöhter Geschwindigkeit sensibilisiert werden. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre (von 2012 bis 2022) haben sich auf der B 20 im Raum Straubing-Bogen und der Stadt Straubing 18 tödliche Unfälle ereignet, bei denen insgesamt 26 Personen gestorben sind.
Alle Videos zur Aktion gibt es ...... auf der Instagramseite des Präsidiums unter @polizei_niederbayern
Franziska Brown/BOG Zeitung vom 6. Januar 2023 (mit Gen. dfer Lokalredaktion)
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