Ascha
Ascha vom eigenen Strom abgeschnitten
Groß ist aktuell natürlich das Interesse, an das Nahwärmenetz angeschlossen zu werden. Die Kapazität ist aber beschränkt. Foto: Bildarchiv Gemeinde – Vergrößern durch Anklicken!
Ascha ist auf dem Papier energieautark.
Die Rechtslage verhindert, dass die Gemeinde es auch in der Praxis ist. Trotzdem …
… setzt man auf grüne Energie. Geprüft wird Wasserstoff.
Wenn es um gelungene Beispiele für die Energiewende geht, fällt ein Name relativ häufig: Ascha. Die Gemeinde ist energieautark, produziert mehr Strom aus Solarenergie, als die Einwohner selbst verbrauchen. Hilft ihr das auch in der aktuellen Energiekrise? Ja, sagt Bürgermeister Wolfgang Zirngibl (CSU) – aber nicht so stark wie erhofft.
Wenn Wolfgang Zirngibl in der Zeitung liest, wie andere Gemeinden darüber streiten, ob sie heuer ihre Weihnachtsbeleuchtung aufhängen oder die Energie lieber sparen sollen, dann kann er sich ein Schmunzeln manchmal nicht verkneifen. „Unser Baum wird heuer auf jeden Fall wieder leuchten“, sagt der Bürgermeister von Ascha. Denn der Strom dafür kommt von einer PV-Anlage mit Speicher. „Und die Sonne stellt uns keine Rechnung.
“Die Sonne zwar nicht – andere Stromanbieter allerdings schon. Nun könnte man denken, Ascha können die massiv gestiegenen Energiepreise angesichts des autarken Status egal sein. Doch so einfach, wie es auf dem Papier klingt, ist es leider nicht. „Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin jeden Tag frustrierter über die aktuelle Situation in Deutschland“, sagt Zirngibl.
Der Hintergrund: Ascha erzeugt zwar mehr als doppelt so viel Strom, wie die Gemeinde selbst benötigen würde, darf durch komplizierte Einspeisegesetze aber nicht alle eigenen Anlagen auch für sich nutzen. So steht die Gemeinde in der Bilanz zwar gut da, bekommt die gestiegenen Preise aber trotzdem zu spüren. „Ich habe aktuell Angebote auf dem Tisch, bei denen der Bruttopreis pro Kilowattstunde Strom bei 86 bis 91 Cent liegt. Bisher waren es 22 Cent“, verdeutlicht Zirngibl.
Abwassergebühren müssen angehoben werden
Besonders bitter: Die Gemeinde wird nicht darum herumkommen, die gestiegenen Preise teilweise auch an die Bürger weiterzugeben. „Bei kostendeckenden Einrichtungen haben wir keine andere Wahl“, so Zirngibl. Das betrifft etwa das Abwasser. Hier müssen wohl die Gebühren angepasst werden, um die höheren Stromkosten aufzufangen. In dieser Hinsicht wird also auch das energiebewusste Ascha voll erwischt.
Anderswo profitiert die Gemeinde dagegen von der Autarkie: Die gestiegenen Gaspreise sind etwa kein Thema. Auch bei der Wärmeversorgung ist Ascha dank seiner Nahwärmeleitungen nicht so stark betroffen wie andere Gemeinden. Hier liegt der Preis pro Megawattstunde stabil bei rund 92 Euro. Dementsprechend groß ist aktuell natürlich das Interesse, an das Wärmenetz angeschlossen zu werden.
Laut Zirngibl werden etwa 35 Prozent der Aschinger Haushalte bereits durch Nahwärme beheizt. „Von den übrigen, die gerne wollen, können wir vielleicht noch einmal 15 Prozent anschließen. Grob geschätzt. Bei dem Großteil geht das aber leider nicht“, bedauert der Bürgermeister.
Am meisten ärgert es Zirngibl, dass seine Gemeinde eigentlich alles Notwendige im Ort hätte – durch rechtliche Vorgaben aber nicht voll nutzen darf. „Die Politik müsste in der aktuellen Lage die Daseinsvorsorge wieder in den Vordergrund stellen und die Kommunen viel mehr in den Fokus nehmen“, fordert der Bürgermeister. Und er bringt auch unkonventionelle Gedankenspiele ins Gespräch. „Stellen Sie sich mal vor, die Politik hätte 200 Milliarden Euro nicht in Hilfspakete, sondern in die Forschung gesteckt. Wo könnten wir da heute stehen? Wir müssen wieder weiterdenken, nicht nur bestehende Lücken stopfen.“
Ascha hat das in der Vergangenheit selbst vorgelebt. Fragen wie nach dem Einsparpotenzial von Weihnachtsbeleuchtung, die sich aktuell viele Kommunen stellen, wurden in Ascha bereits vor über 20 Jahren diskutiert. Als Heizöl und Gas noch billig waren und Photovoltaik sündhaft teuer. Trotzdem wurde in Ascha schon früh ein Bewusstsein für den Klimaschutz geschaffen. Initialzündung waren 1990 Pläne für eine große Mülldeponie, die im Ortsteil Gschwendt entstehen sollte. Die Gemeinde und ihre Bürger machten erfolgreich mobil gegen das Projekt – und dieser gemeinsame Protest schweißte sie zusammen. Als noch kaum jemand vom Klimawandel sprach, richtete Ascha bereits den Fokus auf Nachhaltigkeit.
Zehn Millionen Kilowattstunden im Jahr
Das Ergebnis ist bekannt: Heute ist die rund 1.700 Einwohner zählende Gemeinde energieautark. Allein mit dem Strom, den sie aus den Photovoltaik-Anlagen im Ort gewinnt, kann sie sich bereits selbst versorgen.
Dazu kommen noch Biogasanlagen, eine Holzvergaseranlage auf Pelletbasis und sogar das alte Mühlrad wurde von der Gemeinde wieder instandgesetzt. Insgesamt produziert Ascha jährlich rund zehn Millionen Kilowattstunden Strom. Davon verbraucht die Gemeinde selbst nur vier Millionen – der Rest wird ins öffentliche Netz eingespeist.
Und auch in Zukunft will die Gemeinde weiter eigene Wege gehen: Bei der letzten Bürgerversammlung kam etwa das Thema Wasserstoff zur Sprache. So prüft die Gemeinde Ascha in Kürze, ob sie durch die Elektrolyse von Wasser grünen Wasserstoff herstellen kann.
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