Museen
Mitterfels. Detektivarbeit im Museum
Der Altar steht bereits im Ausstellungsraum. Restaurator Alfons Empl (links) hat den Altar im Jahr 2020 restauriert. Elisabeth Vogl kümmert sich nun um die Gestaltung des neuen Ausstellungsraumes. Foto: Verena Lehner – Vergrößern durch Anklicken!
Seit 2019 steht im Mitterfelser Burgmuseum ein Altar, von dem keiner recht wusste, woher er stammt und was es damit auf sich hat. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet.
Rund 20.000 Exponate lagern im Burgmuseum Mitterfels. Jedes einzelne hat seine eigene Geschichte. Diese zu erforschen, ist derzeit die Hauptaufgabe von Kunsthistorikerin Elisabeth Vogl. „Das ist wichtig, damit wir wissen, was wir hier im Museum eigentlich alles haben“, erklärt die Vorsitzende des Burgmuseumsvereins.
Wie mühsam, aber auch spannend diese Arbeit ist, hat sich jetzt bei einem Objekt gezeigt, das dem Verein seit einigen Jahren Rätsel aufgibt: ein neugotischer Altar. Wie Elisabeth Vogl das Geheimnis um die Herkunft des Altars gelüftet hat, gleicht einer Detektivarbeit, die im Folgenden Schritt für Schritt beleuchtet werden soll:
Wie der Altar ins Museum kam:
Im Jahr 2016 wird mit den Renovierungsarbeiten des ehemaligen Kißlhauses in der Mitterfelser Burgstraße begonnen. Im Zuge dessen wird ein Stadel abgerissen, in dem sich ein hölzerner Altar befand, der schon seit vielen Jahrzehnten im Besitz der Familie Kißl war und als Fronleichnamsaltar diente. Auf Wunsch der Familie kam der Altar dann im Jahr 2019 in das Mitterfelser Burgmuseum.
Die These mit der ehemaligen Pfarrkirche Kreuzkirchen: Wie es mit Familienerbstücken so ist, rankten sich auch um diesen Altar viele Geschichten. Eine diese Geschichten, die in der Familie erzählt wurde, war, dass dieser Altar noch aus der ehemaligen Mitterfelser Pfarrkirche in Kreuzkirchen stammt, und zwar aus der Erweiterungszeit im Jahr 1734. So richtig glauben konnte Elisabeth Vogl das nicht. Denn sie hatte bereits im Jahr 2014 gemeinsam mit Dr. Friedrich Fuchs vom Diözesanmuseum Regensburg die Figuren des Altars auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts datiert, also neugotischer Stil. Dennoch: Die These mit Kreuzkirchen hielt sich hartnäckig.
Eine kleine Inschrift bringt den großen Erkenntnisgewinn: Im Jahr 2020 ließ der Burgmuseumsverein den Altar für gut 1.600 Euro sorgfältig restaurieren. Dazu kam der Altar zu dem Restaurator Alfons Empl nach Landshut. Der entdeckte auf der Rückseite im Altaraufbau eine kleine Bleistift-Inschrift: „Bei Schreiner Meister/Schreiner/Regensburg 1872“. „Diese Inschrift bestätigte, dass der Altar aus dem Jahr 1872 stammt und somit dem neugotischen Stil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuzuordnen war“, erzählt Vogl. Die These mit Kreuzkirchen war somit obsolet. Dennoch: Woher der Altar stammt, wusste man immer noch nicht. Bis dieses Rätsel gelöst werden konnte, sollten noch mal drei weitere Jahre vergehen.
Ein Vortrag als Initialzündung:
Im Frühjahr dieses Jahres wird Elisabeth Vogl gebeten, dass sie im Rahmen einer Veranstaltung in der frisch renovierten Sankt Georgskirche in Mitterfels einen kleinen Vortrag über deren Innenausstattung hält. „Deshalb habe ich mich überhaupt erst näher mit der Einrichtung der Georgskirche befasst“, erzählt Vogl. Im Zuge dessen hat sie sich von Martin Graf vom Arbeitskreis Heimatgeschichte einen Band über den Historismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kirchen und Klöstern ausgeliehen. Darin findet sie einen Entwurf des Regensburger Domvikars Georg Dengler – ein Geistlicher mit einer Liebe zum Zeichnen von Entwürfen – mit der Unterschrift: „1870 Hochaltar Mitterfels“. Daneben eine kleine Fußnote mit einem Literaturverweis. „Diesen Literaturverweis habe ich dann tatsächlich gefunden und als ich gelesen habe, was da steht, konnte ich es erst gar nicht glauben“, erzählt Vogl. Dort stand nämlich, dass die Regensburger Firma für Kunst und Kirchenausstattung „Georg Schreiner und Sohn“ den Hochaltar von 1870 für die Georgskirche angefertigt hat. „Damit können wir mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, dass diese Firma auch den Seitenaltar von 1872 gefertigt hat und unser Altar hier im Museum aus der Sankt Georgskirche stammt.“
Diese Postkarte brachte den letzten Beweis. Rechts ist der Altar zu sehen, der jetzt im Museum steht. Repro: Postkartensammlung Franz Riepl – Vergrößern durch Anklicken!
Eine Postkarte als Beweis:
Um diese These noch hieb- und stichfest zu machen, bat Elisabeth Vogl Franz Tosch, ebenfalls vom Arbeitskreis Heimatgeschichte, ihm alle alten Postkarten zu geben, die etwas mit der Georgskirche zu tun haben. In der Postkartensammlung von Franz Riepl wurde sie schließlich fündig. Auf einer Karte ist der Innenraum der Georgskirche zu sehen, deutlich darauf abgebildet: Der Altar aus dem Museum. „Damit hatten wir den endgültigen Beweis.“
Raum für die Georgskirche
Was Kunsthistorikerin Elisabeth Vogl neben der Lösung des Rätsels rund um den Altar besonders freut, ist, dass das Ganze gezeigt hat, wie wichtig eine Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitskreis Heimatgeschichte und dem Burgmuseumsverein ist. Die Geschichte mit dem Altar sei ein Musterbeispiel dafür, wie historische Forschung und Museumsarbeit verzahnt sind. „Deshalb mein Credo: Zusammen können wir so viel bewirken.“
Diese gute Zusammenarbeit hat nun dazu geführt, dass im Mitterfelser Burgmuseum bald ein neu konzipierter Ausstellungsraum für die Dauerausstellung entstehen kann, der der Mitterfelser Sankt Georgskirche gewidmet wird. Kernobjekt wird der neugotische Altar. Der Mitterfelser Pfarrer Pater Dominik Daschner unterstützt das Ganze und stellt für die Ausstellung zwei Kanontafeln zur Verfügung, die noch erhalten sind, und die früher auf dem Altar standen. Auch das alte Uhrwerk der Turmuhr der Georgskirche soll darin zu sehen sein ebenso wie ein Modell der Kirche, das für die Renovierung angefertigt worden ist.
Das Besondere an diesem Modell: Es wurde im Rahmen eines Kunstprojektes für geflüchtete Jugendliche unter Anleitung zweier irakischer Architekten gefertigt. „Das war das erste Mal überhaupt, dass diese Architekten mit christlicher Baukunst in Berührung kamen“, erinnert sich Elisabeth Vogel. Umso mehr freut sie sich deshalb, dass das Modell jetzt einen Platz im Museum findet.
Ein besonderes Schmankerl ist auch die Lage des neuen Ausstellungsraumes. Wirft der Besucher einen Blick aus dem Fenster, dann sieht er genau auf die Rückseite der Georgskirche, eine Dreikonchen-Anlage. Das bedeutet, dass der Abschluss der Kirche wie ein Kleeblatt geformt ist. „Und das ist etwas ganz Besonderes“, sagt Elisabeth Vogl.
Verena Lehner/BOG Zeitung vom 19. Juli 2023 (Gen. der Lokalredaktion)
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