Deutsche Geschichte
KZ Flossenbürg. Erinnernde Mahnung im „Tal des Todes“
Im sogenannten „Tal des Todes“ hinter dem Aschehügel soll im Sommer 2015 ein Denkmal aufgestellt werden. (Fotos: al)
Alfred Kainz wird im KZ Flossenbürg ein Denkmal setzen – Modellentwurf überzeugt Jury
Auch fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist die Erinnerung an das erschütternde Leid und die Verbrechen der Nationalsozialisten allgegenwärtig. Es gibt viele Zeugnisse der Unmenschlichkeit der NS-Vergangenheit. Eines davon ist das Konzentrationslager Flossenbürg im Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Mindestens 30 000 Häftlinge kamen dort während der Haft ums Leben. Das ehemalige Konzentrationslager ist heute eine Gedenkstätte. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat heuer im Frühjahr einen Wettbewerb unter mehreren Künstlern ausgelobt, der die Anfertigung eines Mahnmals zur Erinnerung an die in Flossenbürg ermordeten, beziehungsweise zu Tode gekommenen Sinti und Roma zum Inhalt hatte. Kürzlich erhielt der Pfaffenberger Bildhauer Alfred Kainz die schriftliche Mitteilung, dass sein Entwurf als Sieger aus diesem Wettbewerb ausgewählt wurde.
Das Modell zeigt, wie das Mahnmal in Flossenbürg ausschauen wird.
Unterhält man sich mit Alfred Kainz, so kommt zutage, dass er sich mit dieser Aufgabenstellung und somit mit dieser dunklen Seite deutscher Geschichte eingehend befasst hat. Natürlich hat er sich vor der Einreichung seines Entwurfs auch vor Ort Gedanken gemacht. Er war auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers. Dieses umfasst rund die Hälfte des früheren Häftlingsbereichs und Teile des SS-Bereichs. Einige der Originalgebäude sind erhalten geblieben, darunter Wachtürme, das Krematorium, Teile des Arrestbaus sowie die ehemalige Lagerwäscherei und Lagerküche.
Mahnmal soll das an Sinti und Roma begangene Unrecht verdeutlichen
Alfred Kainz war erschüttert, was er in Flossenbürg sah. Dies betraf nicht nur die noch vorhandenen Gebäude, sondern auch das Außengelände, wo überwiegend Sinti und Roma zur Zwangsarbeit eingesetzt waren. Vorwiegend das „Tal des Todes“ eröffnete ihm einen Abgrund voller Grauen. Dort im „Tal des Todes“ soll das neue Denkmal aufgestellt werden und Alfred Kainz hat sich bereits an die Arbeit gemacht.
Alfred Kainz machte sich wochenlang Gedanken, wie man all dieses geschehene Unrecht an den Sinti und Roma verdeutlichen kann. Letztendlich entschied sich der Bildhauer für ein Denkmal aus schwarzem Basalt in Form eines Flugzeugflügels der „Messerschmidt Bf 109“, ein Kampfbomber, der bis Kriegsende gebaut wurde. Dieser schwarze Basalt steht als Zeichen für die Qualen der Sinti und Roma, die zur Arbeit und Herstellung von Kriegsgerät gezwungen, gefoltert und ermordet wurden, schreibt er in der Begründung zu seinem Denkmalvorschlag.
Alfred Kainz hat davor einen Dreieckstein platziert. Er erinnert in Kontur und Farbe an die „Winkel“, die KZ-Häftlinge als Kennzeichnung trugen. Die Oberfläche des Steines hat eine schräge Bruchfläche, die symbolisch auf das Leid der gebrochenen Menschen hindeutet.
Wie der Künstler zudem erklärte, soll eine Schrift eingemeißelt und mit naturgrauer Farbe getönt werden. Die Inschrift soll wie folgt lauten: „Zum Gedenken an die unter der Naziherrschaft in Flossenbürg und seinen Außenlagern Zwodau und Wolkenburg ermordeten Sinti und Roma“.
Das Konzentrationslager in Flossenbürg gilt als das erste Lager der „zweiten Generation“. Es entstand ab 1938 abseits von wichtigen Verkehrsstraßen 20 Kilometer östlich von Weiden. Der Standort erschien wegen seiner Granitsteinbrüche besonders günstig. Für den SS-Wirtschaftskonzern sollten jährlich 12 000 Kubikmeter Werksteine produziert werden, vor allem für die Nürnberger Parteibauten. Das Stammlager war ursprünglich für 1 600 Häftlinge errichtet worden und wurde 1941 für 3 000 Häftlinge erweitert. Später war es total überbelegt.
Im April 1945 waren noch 16 000 Häftlinge im KZ Flossenbürg
So waren im April 1945 dort noch 16 000 Häftlinge untergebracht. Innerhalb der sieben Jahre waren in Flossenbürg und seinen rund 100 Außenlagern etwa 100 000 Gefangene registriert. Mindestens 30 000 überlebten die Brutalität des Regimes nicht. In Flossenbürg mussten die Häftlinge aber nicht nur im Steinbruch arbeiten. Dort wurden auch Teile für die Rüstungsindustrie und auch für die Flugzeuge gefertigt und genau daran knüpfte der Pfaffenberger Bildhauer an.
Sinti und Roma werden nach 1933 schrittweise entrechtet und aus dem öffentlichen Leben in Deutschland ausgegrenzt. Die Nürnberger Gesetze stufen „Zigeuner“ als „Fremdrassige“ ein. Ab 1938 erfolgt die totale Erfassung der Sinti und Roma, diskriminierende Sonderbestimmungen erschweren ihr Leben. 1940 beginnt ihre Deportation ins besetzte Polen. Auf der Grundlage von Himmlers Erlass vom Dezember 1942 werden Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich und allen besetzten Ländern Europas nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Mehrere Hunderttausend von ihnen fallen dem Völkermord zum Opfer. Sie sterben bei Massenerschießungen oder in Konzentrationslagern. In Flossenbürg sind mindestens 660 Sinti und Roma inhaftiert, unter ihnen 511 Frauen. Sie werden vor allem in den Außenlagern Wolkenburg und Zwodau zur Zwangsarbeit für Rüstungsfirmen eingesetzt.
Konzept und Idee des Entwurfs haben die Jury überzeugt
Das Konzept und die Idee von Alfred Kainz überzeugten die Jury. So schreibt das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst an den Pfaffenberger Künstler in seiner Entscheidung unter anderem: „Der Entwurf Ihres Denkmals trifft in hervorragender Weise sinnbildlich die Zerstörung der Sinti- und Romakultur und den menschenverachtenden Umgang des NS-Regimes mit von diesem Regime als unerwünschten Personengruppen stigmatisierten Betroffenen“.
Alfred Kainz in seiner Galerie mit einem Modellfoto und einer Zeichnung des geplanten Denkmals, welches als Siegerentwurf ausgewählt wurde.
Für Alfred Kainz bedeutet dieser neuerliche Gewinn bei einem künstlerischen Wettbewerb eine Bestätigung seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem gestellten Thema. Unter anderem mit diesem Mahnmal soll das furchtbare Geschehen in Flossenbürg und den Außenlagern vor dem Vergessen und Verdrängen bewahrt werden. Alfred Kainz hofft natürlich, dass sein Gedenkstein die Besucher daran erinnert, dass ein solcher Krieg und solche Verbrechen nie wieder geschehen dürfen. Er soll zudem immer wieder von neuem zum Frieden mahnen und eine Versöhnung der Menschen einfordern.
Klar ist natürlich, dass ein solches Mahnmal nicht so einfach im Handumdrehen entsteht. Die Bearbeitung der Steine erforderte eine gewisse Zeit und so wird die Aufstellung der Erinnerungssteine vermutlich im Frühsommer 2015 erfolgen.
Quelle: Alois Lederer, in: Bogener Zeitung vom 13. Dezember 2014 (zeitversetzte Übernahme des Beitrags aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)
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